So sieht es aus, wenn der Versicherer seine „mitversicherte Personen“ im Regen stehen läßt: AG Reinbek verurteilt die Halterin zur Zahlung der gekürzten Sachverständigenkosten (15 C 246/16 vom 02.06.2016)

Mit Urteil vom 02.06.2016 (15 C 246/16) hat das AG Reinbek die Halterin des bei der VHV Versicherung versicherten Fahrzeuges zur Zahlung von 132,44 € nebst Zinsen sowie der Kosten einer Halteranfrage verurteilt.

Offensichtlich war die Versicherungsnehmerin/Halterin nicht orientiert, weil sie keine Benachrichtigung ihrer Versicherung erhalten hatte, nach der diese die Forderung des Sachverständigen nicht vollständig ausgeglichen hat. Dieses Regulierungsverhalten ist schlichtweg unerträglich, läßt doch die Versicherung ihre Versicherungsnehmer sehenden Auges in Messer laufen. Pfui Deibel!

Inhaltlich: Auch in Reinbek gilt: der Rechnungsendbetrag ist massgeblich. Erstritten wurde dieses Urteil von der Kanzlei Hamburger Meile.

Die Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 132,44 € und 5,10 € gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 249 Abs. 1, Abs. 2, 398 BGB.

Unstreitig hat die Beklagte ein Verkehrsunfall verursacht, indem sie mit ihrem Fahrzeug gegen das ordnungsgemäß geparkte Fahrzeug der Geschädigte Frau X  hundertprozentige Haftung der Beklagten für dieses Unfallereignis ist zwischen den Parteien nicht streitig. Eben­falls ist unstreitig, dass die geschädigte Frau X die Klägerin am xx.xx.xxxx mit der Erstellung eines Schadensgutachtens für deren Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen yy.yy.yyy auftragt und dabei ihren Anspruch auf Erstattung der Sachverständigekosten gegen die Beklagte sicherungshalber an die Klägerin abgetreten hatte. Ebenfalls ist unstreitig, dass die Geschädigte mit der Klägerin eine Vergütungsvereinbarung entsprechend der Preisliste der Klägerin (Anlage K2 zur Klageschrift) getroffen hatte. Schließlich ist unstreitig, dass die Klägerin am xx.xx.2016 ihr Gutachten erstellt, einen unfallbedingten Schaden in Höhe von 2.500,84 € netto ermittelt und ge­genüber der Geschädigten die Kosten für die Erstellung des Gutachtens in Höhe von 696,41 € brutto abgerechnet hatte.

Gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 249 Abs. 1, Abs. 2 BGB haftet die Beklagte als Halterin und Fahrerin des unfallverursachenden Fahrzeugs für die Kosten, die für die Schadensbeseitigung erforderlich sind. Dabei ist allgemein anerkannt, dass zu den insoweit nach § 249 BGB erforderlichen Kosten auch die Kosten gehören, die zur Ermittlung der Schadenshöhe notwendig sind. Dies schließt, sofern nicht nur ein Bagatellschaden vorliegt, auch die Kosten für ein Schadensgutachten ein. Da hier unstreitig der unfallbedingte Schaden 2.500,84 € netto betrug, lag ein Bagatellschaden nicht vor. Soweit sich die Beklagte mit Argumentation verteidigt, die Schadensbegleichung sollte durch ihre Haftpflichtversicherung erfolgen, übersieht die Beklagte, dass die Verpflichtung der Haftpflichtversicherung zur Schadensübernahme gegenüber der Klägerin lediglich neben der Ver­pflichtung der Beklagten selbst besteht. So hat zwar die Klägerin auch nach § 115 VVG einen An­spruch auf Zahlung der Gutachtenkosten gegen die Versicherung der Beklagten, sie hat aber den gleichen Anspruch auch gegen die Klägerin aus den oben genannten gesetzlichen Normen. Die Versicherung und die Beklagte stehen der Klägerin insoweit als Gesamtschuldner gegenüber. Die Klägerin könnte sowohl die Beklagte und die Versicherung als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen, aber auch nur einen der beiden. Die Klägerin hat sich hier dafür entschieden, die Be­klagte in Anspruch zu nehmen. Dies ist nicht zu beanstanden und liegt im Ermessen der Kläge­rin. Es ist an der Beklagten, ggf. ihren Anspruch als Versicherungsnehmerin gegen ihre Versiche­rung geltend zu machen.

Soweit die Beklagte des weiteren zur Verteidigung ausführt, dass sie das Gutachten nicht in Auf­trag gegeben habe, übersieht sie, dass sie nicht vertraglich von der Klägerin in Anspruch genom­men wird, sondern aus abgetretenem Recht. Es handelt sich also um einen Schadensersatzan­spruch der Unfallgegnerin der Beklagten, den diese lediglich abgetreten hat an die Klägerin.

Auch der Höhe nach bestehen hier keine Bedenken, dass die Kosten für das Gutachten, also die Klageforderung, erforderlich im Sinne von § 249 BGB sind. Im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ist insbesondere der Endbetrag der Rechnung ausschlaggebend. Die An­nahme, dass der Betrag in Höhe von 563,97 €, den die Versicherung der Beklagten an die Kläge­rin schon geleistet hatte, aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Position des Geschädigten zweckmäßig und angemessen erscheint, der Betrag in Höhe von 696,41 € hingegen nicht, erschließt sich ohne nähere Darlegung nicht. Im übrigen hat die Beklag­te auch keine Einwendungen gegen die Schadenshöhe selbst vorgetragen. Nicht nur das Grund­honorar, sondern auch die Nebenkosten waren vertraglich vereinbart, ohne dass die Geschädigte Zweifel an der Angemessenheit der Preisvereinbarung hätte haben müssen.

Zu den erforderlichen Rechtsverfolgungskosten gehören auch die von der Klägerin schlüssig dar­gelegten und von der Beklagten nicht bestritten Auskunftskosten in Höhe von 5,10 €.

Der Zinsanspruch folgt aus Verzugsgesichtspunkten gemäß §§ 286, 280, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hatte durch die sie vertretene Versicherung (§ 10 Abs. 5 AKB) mit Schreiben vom 24.2.2016 endgültig und ernsthaft die Zahlung verweigert, so dass eine Mahnung zur Begründung des Verzuges entbehrlich war und der Verzug mit Ablauf des 24.02.2016 eingetreten ist.

Soweit das AG Reinbek.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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1 Antwort zu So sieht es aus, wenn der Versicherer seine „mitversicherte Personen“ im Regen stehen läßt: AG Reinbek verurteilt die Halterin zur Zahlung der gekürzten Sachverständigenkosten (15 C 246/16 vom 02.06.2016)

  1. Hasse noch ne Frage? sagt:

    Hallo, Babelfisch,
    der oder die Richterin hat kein Getöse um den an sich selbstverständlichen Schadenersatzanspruch veranstaltet, sondern kurz und bündig ausgeführt:

    „Auch der Höhe nach bestehen hier keine Bedenken, dass die Kosten für das Gutachten, also die Klageforderung, erforderlich im Sinne von § 249 BGB sind. Im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ist insbesondere der Endbetrag der Rechnung ausschlaggebend.

    Die An­nahme, dass der Betrag in Höhe von 563,97 €, den die Versicherung der Beklagten an die Kläge­rin schon geleistet hatte, aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Position des Geschädigten zweckmäßig und angemessen erscheint, der Betrag in Höhe von 696,41 € hingegen nicht, erschließt sich ohne nähere Darlegung nicht.“

    Es gibt sie noch, die Richterinnen und Richter die ihre Aufgabenstellung sauber erledigen.

    Hasse noch ne Frage?

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