Behaupten contra Beweisen

In den letzten Monaten habe ich verstärkt festgestellt, dass sich bei einigen Versicherern die Unsitte

behaupten statt beweisen

verstärkt eingenistet hat.

Beispielsweise wird behauptet ein Fahrzeug habe einen reparierten (oder unreparierten) Vorschaden, der durch den Geschädigten und dessen SV nicht angegeben worden sei. Da dem Geschädigten in seiner Haltedauer von drei Jahren kein Vorschaden bekannt ist und er das Fahrzeug unfallfrei gekauft hat, wird der Versicherer schriftlich gebeten mitzuteilen wo und in welchem Umfang der Schaden vorhanden gewesen sein soll bzw. wann dieser eingetreten ist. Trotz mehrfacher Aufforderung durch den Anwalt des Geschädigten bleibt der Versicherer stumm. Eine Selbstauskunft über die Informa GmbH zum Fahrzeug ergab, dass an dem Fahrzeug noch nie ein Schaden abgrechnet worden ist oder geltend gemacht wurde.

Ein anderer Fall betrifft die Behauptung der Sachverständige der Versicherung habe festgestellt, dass an einem Fahrzeug Vorschäden an einem beizulackierenden Teil vorhanden seien, sodass eine Beilackierung gar nicht hätte kalkuliert werden dürfen oder zumindest Abzüge hätten berücksichtigt werden müssen. Davon abgesehen seien auch die Sachverständigenkosten nicht auszugleichen. Auf die mehrfache Nachfrage welche Schäden denn vorliegen sollen und ob diese durch den Sachverständigen der Versicherung fotografisch festgehalten worden sind, gab es nur ausweichende Antworten.

Mittlerweile ist in drei solcher Fälle der vollständige Schadenersatz beim jeweiligen VN eingetrieben worden.

Andere Einwendungen beschäftigen sich mit angeblichen „objektiven Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass sich der Schadenfall nicht so zugetragen haben wie ausgeführt.“ Was aber diese objektiven Tatsachen sein sollen, wird nicht mitgeteilt. Warum denn nicht?

Also liebe Sachbearbeiter bei den Versicherungen. Ich setze mich gerne mit berechtigten Einwendungen auseinander. Diese sollten aber begründet oder bewiesen werden. Wenn ein Bild eines Vorschadens vorliegt, wieso wird es nicht übersandt? Von uns Sachverständigen wollt Ihr ja auch Bilder, auf denen der besichtigte Schaden erkennbar ist. Oder werden Gutachten ohne Bilder auch zur Regulierung herangezogen?

Wenn Ihr ein Fahrzeug habt, an dem bspw. durch den Vorbesitzer bereits ein Schaden gemeldet worden ist, der dem jetzigen Besitzer aber nicht bekannt ist, wieso gibt es keine Informationen über den Vorschaden?

Das Verhalten nach Art Ludwig XIV ( L’État, c’est moi) ist nicht Sinn und Zweck einer Schadenregulierung. Und was vom Geschädigten gefordert wird, kann ich vom Schädiger und seiner Vertreter allemal fordern.

 

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9 Antworten zu Behaupten contra Beweisen

  1. Willi Wacker sagt:

    Hallo Andreas,
    Danke für Deinen prima Beitrag.
    Du hast recht: Alle deutschen Versicherer sind nicht Ludwig XIV. (-> Das Gesetz, das bin ich!). So absolutistisch ist unsere Zeit in der Demokratie nicht mehr. Also ist festzuhalten, dass die Versicherer, wie eindrücklich das Urheberrechtsurteil des BGH gezeigt hat, sich an Recht und Gesetz zu halten haben. Noch haben die Versicherer nicht zu bestimmen. Die Versicherer haben die gesetzliche Verpflichtung, den angerichteten Schaden zu regulieren, indem der ursprüngliche Zustand vor dem Schadensereignis wiederherzustellen ist. Der Schädiger hat den früheren Zustand wiederherzustellen! Das ist ein Imperativ! Das bedeutet, dass der Schädiger gar nichts fordern kann, er hat zu regulieren, und zwar in der gesetzlich vorgeschriebenen Art und Weise, sonst nichts. Behaupten ins Blaue hinein, hat gar keine rechtliche Wirkung! Behaupten kann jeder. Beweisen ist das Zauberwort. Deshalb haben genügend Instanzgerichte der Versicherungswirtschaft ins Versicherungsbuch geschrieben, dass pauschale Einwände nicht erheblich sind. Es muss schon substantiiert vorgetragen werden, und zwar auch bereits vorgerichtlich.
    Also in Zukunft nicht lange korrespondieren, sondern sofort Klagen. Und dann den Unfallverursacher verklagen. Was kümmert Dich noch die ignorante Kfz-Haftpflichtversicherung. Der Geschädigte nimmt den Schädiger aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis der unerlaubten Handlung gem. der §§ 823 ff. i. V.m. § 249 ff BGB in Anspruch.
    Mich würde nur brennend interessieren, um welche ignorante Versicherung es sich wieder gehandelt hat. Doch wohl nicht die HUK, oder ??
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi

  2. RA Schepers sagt:

    Ich fände es gut, wenn die Fälle konkret benannt werden.

    Versicherung xy, Schaden-Nummer …., Schreiben vom …

    Dann könnten wir Anwälte auch entsprechend konkret bei Gericht vortragen (in vergleichbaren Fällen) und so dem Gericht die Strukturen dieses Handelns substantiiert aufzeigen…

  3. Andreas sagt:

    Hallo Willi,

    die HUk war auch dabei. 🙂

    Ansonsten die alten Bekannten wie R+V, DEVK, HDI.

    Viele Grüße

    Andreas

  4. Willi Wacker sagt:

    Hallo Herr Kollege Schepers,
    ich glaube, das geht nicht. Einen Fall mit Schadennummer einer Versicherung zu benennen, verletzt das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Person, denn über die Schadennummer ist eine bestimmte Person zu konkretisieren, und das ist nicht rechtens.
    Nicht umsonst werden in den Urteilen, die hier eingestellt werden, Hinweise auf eine bestimmte Person weggelassen.
    Mit freundl. koll. Grüßen
    Willi Wacker

  5. Glöckchen sagt:

    Rockefeller wurde einmal gefragt:“wie sind Sie denn sooo reich geworden?“
    Antwort(lächelnd):“Tja,ich habe es eben immer verstanden,den Dollar nicht auszugeben.“
    Mir scheint,dass manche Versicherer das Prinzip Rockefeller mittlerweile aus reeller Angst vor der eigenen Pleite zum Exzess treiben müssen.
    Was ist eigentlich eine „systemrelevante Versicherung“?
    Also ich kenn´keine!
    Klingelingelingelts?

  6. Marcel sagt:

    Hab gerade das Problem mit der HDI.
    Mir fuhr jemand auf mein parkendes Auto (vorne). Wollte keine Polizei…
    Ich hab nen Gutachten machen lassen, woraufhin die HDI ein Gegengutachten mit Unfallnachstellung in Auftrag gab, weil der Unfallverursacher meinte, ich hätte einen Vorschaden zugegeben (hab ich nie)! Nun wurde anscheinend festgestellt, dass an meiner Stossstange ein Kratzer war (1-1,5 cm Durchmesser). Dieser Schaden würde nicht zum gegnerischen Fahrzeug passen! Ich bin der Meinung, dass der Schaden gurch die zerbrochene Nummernschildhalterung, die durch den ML hoch geschoben wurde, verursacht wurde.
    Jetzt werden meine Gutachterkosten von der Regiulierungssumme abgezogen. Mal abgesehen davon, dass das Gegengutachten mal eben 260€ niedriger lag als meines.
    Wie sehen denn da meine Chancen mit einem Anwalt aus und was kostet mich das?

  7. hans olg sagt:

    Selbst Mahnbescheid gegen den Verursacher direkt machen (24 €),bei Einspruch muß er im Prozeß den Vorschaden beweisen, er selbst fällt als Zeuge aus.Der Gutachter kann zusätzlich bezeugen, das der Schaden vom Verursacher stammen kann und offensichtlich frisch war, Angehörige oder Bekannte wissen eventuel auch das dort vorher kein Schaden war.
    Nun zur Anwaltskostenfrage:(für ihn oder sie) zu wenig!
    (Kommt ne Frau zum Anwalt und fragt was hier eine Beratung kostet, sagt der Anwalt 250 € für 3 Fragen fragt die Frau finden sie das nicht ziemlich teuer, nee sagt der Anwalt und wie ist die dritte Frage?)

  8. Andreas sagt:

    Es sind zwar nicht alle Einzelheiten bekannt, was eine Gesamtbeurteilung schwierig macht, aber folgendes kann allgemein ausgeführt werden:

    Der Kratzer im Stoßfänger spielt nur dann eine Rolle (wenn er denn tatsächlich Vorschaden war), wenn sich durch die Reparatur des Stoßfängers eine Wertverbesserung für das Fahrzeug insgesamt ergibt, ansonsten spielt der Kratzer gar keine Rolle.

    Ob die durch den HDI veranlassten Kosten Ihnen zur Last gelegt werden können, ist eine rechtliche Frage, allerdings wage ich das zu bezweifeln.

    Sie sollten auf jeden Fall einen Termin bei einem Verkehrsrechtsanwalt vereinbaren und sich beraten lassen.

    Grüße

    Andreas

  9. Marcel sagt:

    Hallo und vielen Dank für die Antworten.

    Ich habe einen ehemaligen ADAC Verkehrsanwalt angerufen und ihn zu dem Vorfall befragt. Dieser meinte, dass es sich, ohne Rechtsschutzversicherung, nicht lohnen würde, dagegen anzugehen. Es könnte nämlich sein, dass ich im Nachhinein auch noch die Kosten für ein drittes Gutachten tragen muss.
    Jetzt mal ehrlich, ich finde es sehr betrügerisch, wie die Versicherung hier vorgeht. Der Stoßfänger ist kaputt und muss ausgetauscht werden. Da spielt es doch gar keine Rolle, ob dieser Kratzer hatte oder nicht! Da muss eh ein neuer dran!
    Selbst, wenn der Kratzer da war und durch Spotrepair hätte repariert werden können, ist das doch kein Grund, einfach das Gutachten nicht zu bezahlen! Ein Anwalt will nicht helfen, weil der Ärger es ihm wohl nicht Wert ist und der Kunde sitzt dumm da!
    Vor allem hatte mein Gutachter ja schon im Gutachten geschrieben, dass das Fahrzeug allgemeine Gebrauchsspuren aufweist (also auch Kratzer) und deshalb kein Abzug wegen Wertminderung durch den Schadensfall berechnet werden kann.
    Ich fühle mich verarscht und machtlos, mein Recht durchzusetzen, weil mir das Geld fehlt, einen Rechtsstreit mit der Versicherung einzugehen!

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