Gothaer Allgemeine Versicherung AG bezieht sich auf Urheberrecht, verletzt dieses aber selbst bei Restwertgeboten aus der Internetrestwertbörse

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

ein aufmerksamer Leser dieses Blog hat dem Autor die Kopie eines Schreibens der Gothaer Allgemeine Versicherung AG in Köln aus 2015 übersandt. Dieses Schreiben, das noch nicht einmal von einem Sachbearbeiter unterzeichnet ist, wollen wir Euch hier jedoch zum Schmunzeln bekannt geben. Die Gothaer bezieht sich auf das Urheberrecht, wenn es ihr nützt und verletzt es, wenn es ihr ebenfalls nützt, zum Beispiel, wenn Lichtbilder eingesandter Schadensgutachten eingescannt und an die Internetrestwertbörse weitergereicht werden oder die Gutachtenlichtbilder an externe Prüfdienstleister, wie Control-Expert u.a. weitergeleitet werden (siehe z.B. CH-Beitrag vom 02.05.2011). Diese Weitergabe ist durch den BGH als nicht zulässig entschieden worden. Ich verweise auf das Urteil des I. Zivilsenates des BGH vom 29.4.2010 – I ZR 68/08 -, über das wir hier im Blog auch berichtet haben. So nun aber zum erwähnten Schreiben der Gothaer. Lest selbst und gebt bitte Eure Meinungen zu dem Inhalt des Schreibens ab.

Gothaer Allgemeine Versicherung AG                                                                          Kompetenzcenter Schaden

Schadenservice                                                                                                                                                      Telefon: 0221                                                                                                                                               Telefax: o221                                                                                                                                           E-Mail: schaden@gothaer.de

Köln, den …. 2015

An …..

……

Schadennummer                                                                                                          Versicherungsnummer                                                                                                                 Ereignis vom                                                                                                                                 Versicherte Person

Sehr geehrter ….

eine Kopie der ärztlichen Unterlagen schicken wir mit. Bitte beachten Sie hierzu folgenden Hinweis:

Das Urheberrecht schützt Gutachten und ärztliche Berichte. Diese dürfen grundsätzlich nur für den Zweck für den sie bestimmt sind, genutzt werden. Nicht erlaubt ist die Auswertung dieser Unterlagen für andere versicherungsrechtliche oder sonstige Zwecke ohne eine vorherige schriftliche Einverständniserklärung durch den Arzt (Urheber).

Bitte verstehen Sie, dass wir deshalb die vorgenommene Berechnung nicht ändern können.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Schadenserviceteam

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12 Antworten zu Gothaer Allgemeine Versicherung AG bezieht sich auf Urheberrecht, verletzt dieses aber selbst bei Restwertgeboten aus der Internetrestwertbörse

  1. Hein Blöd sagt:

    @WW
    sehe ich anders!
    I ZR 68/08 hat das Recht des Urhebers auf öffentliche Zugänglichmachung der Lichtbilder als verletzt angesehen bei erlaubnisloser Weitergabe der Lichtbilder an eine Restwertbörse.
    Von verbotener Weitergabe des Gutachtens an externe Prüfdienstleister steht da aber nix.
    Ich bitte um Prüfung der getroffenen Aussage und Korrektur!

  2. Willi Wacker sagt:

    Hallo Hein Blöd,
    das Urheberrechtsurteil des BGH vom 29.4.2010 ist mir bekannt. Um die Restwertgebote aus dem Internet abgeben zu können, mussten die Versicherer die in dem Gutachten enthaltenen Lichtbilder weitergeben. In dem Sinne war der Vorspann auch gemeint. Da eine Erlaubnis der Urheber nicht vorlag, hat der BGH diese Weitergabe als rechtswidrig angesehen. Ob die Lichtbilder in dem Gutachten an die Restwertbörse weitergegeben werden oder an die externen Prüfdienstleister macht m.E. keinen Unterschied, denn in beiden Fällen liegt eine Erlaubnis zur Weitergabe durch den Urheber regelmäßig nicht vor.

    Wenn die Gothaer meint, dass das Urheberrecht auch Gutachten schützt, und damit eine Weitergabe ohne Erlaubnis nicht zulässig ist, dann ist auch – im Erstrechtschluss – für die Gothaer die erlaubnislose Weitergabe der Gutachten unzulässig, wird aber von der Gothaer praktiziert, wie der verlinkte Beitrag zeigt.

    Dieser Beitrag sollte auch nur zeigen, dass man nicht Wasser predigen und Wein selbst trinken kann.
    Aber Danke für den Hinweis und Aufforderung zur Korrektur.

  3. Hein Blöd sagt:

    @WW
    nein,nicht die Weitergabe der Lichtbilder,sondern die öffentliche Anbietung der Lichtbilder wurde vom BGH beanstandet,siehe §17 I UrhG.
    Du liegst falsch und du willst das nicht einsehen,ich hab´s verstanden.
    Leider kommt durch eine solche Fehlinterpretation der Irrglaube auf,der Versicherer dürfe die Lichtbilder nichteinmal an seine externen Dienstleister weitergeben.
    Was,wenn ein Gutachter Deiner fehlerhaften Rechtsansicht folgt und ein Unterlassungsverfahren gegen eine Versicherung anstrengt,nur weil das Gutachten zur Prüfung an Controlexpert oder DEKRA weitergegeben wurde.
    Wirst Du dann für die finanziellen Folgen dieses verlorenen Prozesses aufkommen?
    Stattdessen fühlst du dich „auf den Schlips getreten“wenn ich versuche Dir hier eine Brücke zu bauen.
    Korrespondenz beendet!

  4. RA Schepers sagt:

    @ Willi Wacker

    Wenn der Schuldner für seine (Teil-)Zahlung keine Zahlungsbestimmung trifft, kann der Glaübiger diese auf die Schuld so anrechnen, wie er will…

    „wie er will“ ist vielleicht etwas mißverständlich. Er kann nach §§ 366, 367 BGB verrechnen.

  5. Willi Wacker sagt:

    Auch dieser Beitrag über die Gothaer Versicherung ist im Jurablog angegeben.

  6. Captain Blaubär sagt:

    Hein Blöd, W.W. braucht keine Ratschläge!
    Der Leitsatz lautet: „Erstattet ein Sachverständiger im Auftrag eines Unfallgeschädigten ein Gutachten über den Schaden an einem Unfallfahrzeug, das dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners vorgelegt werden soll, ist der Haftpflichtvesicherer grundsätzlich nicht berechtigt, die im Grutachten enthaltenen Lichtbilder ohne Einwilligung des Sachverständigen in eine Restwertbörse im Internet einzustellen…“
    Wie werden die Lichtbilder in der Internetrestwertbörse eingestellt? – Indem der Haftpflichtversicherer diese in die Restwertbörse weitergibt.
    Damit meint W.W. mit Sicherheit bei der Weitergabe die öffentliche Zugänglichmachung in der Restwertbörse.
    Und jetzt kommt die weitere Schlussfolgerung von W.W., wie ich sie verstehe. Wenn die Weitergabe (zur öffentlichen Zugänglichmachung) an die Restwertbörse nicht zulässig ist, dann muss auch die Weitergabe der Lichtbilder zusammen mit dem Gutachten an externe Dienstleister zur (öffentlichen) Bekanntgabe günstigerer Reparaturmöglichkeiten und günstigerer Verwertungsmöglichkeiten gleich betrachtet werden. Und an der Ansicht ist was dran. Darüber kann man ja diskutieren. Offenbar bist du aber an einer Diskussion nicht interessiert, indem du die Korrespondenz abbrichst, wie ein Eingeschnappter. Aber auch in der Kindersendung war Hein Blöd nicht gerade der hellste.

  7. virus sagt:

    „Das Urheberrecht schützt Gutachten und ärztliche Berichte. Diese dürfen grundsätzlich nur für den Zweck für den sie bestimmt sind, genutzt werden. Nicht erlaubt ist die Auswertung dieser Unterlagen für andere versicherungsrechtliche oder sonstige Zwecke ohne eine vorherige schriftliche Einverständniserklärung durch den Arzt (Urheber).“

    Genau so verstehe ich das Urheberrechtsgesetz auch. Unter Verwendung eines Werkes „Kfz-Schadengutachten“ mittels Vervielfältigung und Übersendung an Fremdfirmen (rechtswidrige) Gewinne zu realisieren, verstößt gegen das Urheberrecht.

    Siehe z.B. bzw. insbesondere:

    Urheberrechtsgesetz

    § 14 Entstellung des Werkes
    Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden.

    § 15 Allgemeines
    (1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

    1.
    das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
    2.
    das Verbreitungsrecht (§ 17),
    3.
    das Ausstellungsrecht (§ 18).

    (2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

    1.
    das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
    2.
    das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
    3.
    das Senderecht (§ 20),
    4.
    das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
    5.
    das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

    (3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder (hier u.a. Restwertbörsen, Controlexpert, DEKRA, Carexpert), der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

    § 16 Vervielfältigungsrecht
    (1) Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.
    (2) Eine Vervielfältigung ist auch die Übertragung des Werkes auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- oder Tonfolgen (Bild- oder Tonträger), gleichviel, ob es sich um die Aufnahme einer Wiedergabe des Werkes auf einen Bild- oder Tonträger oder um die Übertragung des Werkes von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen handelt.

    Quelle/Original: Gesetze im Internet http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/BJNR012730965.html#BJNR012730965BJNG000101377

  8. JDL sagt:

    Ist es nicht überwiegend so, dass die externen Prüfdienstleister diesen Rechtsverstoß begehen, da sie die Unfallakten für Versicherungen vorbearbeiten? Hier z.B. Allianz und Control€xpert.
    Die Restwertangebote werden z.B. von Control€xpert im Vorfeld schon eingeholt, bevor die elektronische Akte bei der Versicherung eingeht. Natürlich wird dabei auch gleichzeitig die Schadenhöhe „überprüft“.

  9. RA Schepers sagt:

    Im BGH-Urteil heißt es in Rn. 14

    b) Die Vorinstanzen haben weiter mit Recht angenommen, dass die Beklagte diese Lichtbilder durch das Einstellen ins Internet im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht und damit in das dem Lichtbildner nach§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 UrhG zustehende ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben, eingegriffen hat.

    Öffentlich gemacht durch das Einstellen ins Internet, nicht durch Weitergabe an Dritte.

  10. Buschtrommler sagt:

    @JDL….
    Die Firmen SSH, controlexpert und carexpert sind im Grunde keine selbständigen Firmen, sondern outgesourcte Mitarbeiter der Versicherer, genauso wie Premiumcheck ein Firmenableger der SSH ist.

  11. Willi Wacker sagt:

    Hallo Herr Kollege Schepers,
    wenn ich geschrieben habe, dass die Lichtbilder an die Restwertbörse weitergegeben wurden, so vollzieht sich diese Weitergabe durch Einscannen und Weiterleitung auf elektronischem Wege an die entsprechende Internetadresse. Insofern muss an sich nicht mehr die körperliche Aushändigung vorstellen. Sie haben insofern Recht, als es um das öffentlich Zugänglichmachen (im Internet) geht. Aber in dem Sinne war es auch von mir gedacht.
    Mit freundl. koll. Grüßen
    Willi Wacker

  12. Franz E. sagt:

    Im Blog von Rechtsassessor Roland Richter – rolands blog – wird mächtig auf Willi Wacker und den Blog Captain-Huk herumgehackt. Schaut mal rein. Mehr muss man dann aber auch nicht mehr sagen.
    Ich hoffe, dass W.W. auf das Angebot nicht eingeht. Offenbar ist er bisher dem Angebot nicht erlegen. Von mir kann er einen guten Kaiserstühler erhalten.

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