AG Berlin-Mitte verurteilt mit klaren Worten die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 21.1.2016 – 21 C 3071/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Hannover geht es weiter nach Berlin. Nachstehend stellen wir Euch ein Urteil des Amtsgerichts Mitte aus Berlin zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG vor. Die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG hatte wieder einmal die berechneten Sachverständigenkosten nach eigenem Gutdünken gekürzt. Da der Geschädigte nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall grundsätzlich Anspruch auf vollständigen Ersatz der erforderlichen Sachverständigenkosten hat, war eine Klage gegen die HUK-COBURG unverzichtbar. Besser wäre es gewesen, direkt den Schädiger, also den bei der HUK-COBURG Versicherten, zu verklagen. Aber sei es, wie es ist. Aufgrund der Restschadensersatzklage hat das erkennende Gericht zunächst zur Abtretung eine sehr umfangreiche Begründung abgegeben. Ich befürchte jedoch, dass die Bemühungen des Gerichts zur Einsicht bei der HUK-COBURG wieder umsonst waren. Kostenlos war das Lehrstück für die Versichertengemeinschaft der HUK-COBURG  auf alle Fälle nicht, denn diese hat die durch die unsinnigen Schadensersatzkürzungen der HUK-COBURG zusätzlich entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten letztlich zu tragen. Lest selbst das Urteil des Amtsgerichts Mitte und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Mitte

Im Namen des Volkes

Urteil gem. § 495a ZPO

Geschäftsnummer: 21 C 3071/15                                                     verkündet am: 21.01.2016

In dem Rechtsstreit

des Herrn …

Klägers,

gegen

die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Mitte, Zivilprozessabteilung 21, Littenstraße 12 -17, 10179 Berlin, im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 23.12.2015 eingereicht werden konnten, durch die Richterin S.

f ü r    R e c h t    e r k a n n t :

1.  Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 168,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.04.2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.04.2013 zu zahlen.

2.  Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO verzichtet.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 168,70 Euro nebst Zinsen nach §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG, 398, 249 Abs. 2 S. 1 BGB sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 Euro zu.

1. Der Kläger ist aktivlegitimiert.

a. Die Abtretung des Schadensersatzanspruchs durch den Geschädigten  K. an den Kläger mittels Erklärung vom 25.01.2013 (Anlage K1, Bl. 14 d.A.) ist wirksam. Ebenso die Abtretungserklärung der Geschädigten H. vom 04.01.2013 (Anlage K 5, Bl. 19 d.A.). Die Abtretungserklärungen wurden gegenüber dem hiesigen Kläger durch die jeweils ursprünglich Geschädigten Fahrzeugeigentümer abgegeben, die Beklagte hat die Eigentümerstellung der ursprünglich Geschädigten nicht in erheblicher Weise bestritten.

Die Beklagte hat vorprozessual bereits jeweils einen erheblichen Teilbetrag der Gesamtgutachterkosten, nämlich im Schadensfall K. gemäß Abrechnung vom 18.02.2103 (Anlage K4, Bl. 16-17 d.A. in Höhe von 474,00 Euro und damit bis auf einen Restbetrag von 54,09 Euro, und im Schadensfall H. gemäß Abrechnung vom 22.01.2013 (Anlage K 8, Bl. 22 -23 d.A.) in Höhe von 766, 00 Euro bis auf einen Restbetrag in Höhe von 114,61 Euro gegenüber dem Kläger den Schadensfall der ursprünglich Geschädigten nach Maßgabe der vorgenannten Abtretungserklärungen vom 25.01.2013 und 04.01.2013 reguliert und die vorgenannten Beträge gegenüber dem Kläger zur Zahlung angewiesen. Soweit die Beklagte jedoch bereits vorprozessual in erheblichem Umfang in die Regulierung gegenüber dem Kläger eingetreten ist, ist ihr ein weiteres Bestreiten der Aktivlegitimation innerprozessual verwehrt.

Unstreitig hat die Beklagte den überwiegenden Teil der Schadens ohne Geltendmachung der fehlenden Aktivlegitimation des Klägers reguliert. Zwar können die Zahlungen ohne Abgabe weiterer Erklärungen nicht per se als deklaratorisches Schuldanerkenntnis gewertet werden, jedoch erfolgt – gerade in Ansehung des vorprozessualen Regulierungsverhaltens – das Bestreiten der Eigentümerstellung des geschädigten Zedenten ins Blaue hinein. So hätte es der Beklagten nunmehr oblegen, substantiiert und unter Bezugnahme auf konkrete Anhaltspunkte zu den nunmehr behaupteten Bedenken hinsichtlich der Eigentümerstellung näher vorzutragen.

Dies ist hier lediglich unter Bezugnahme auf die weitere Abtretungserklärung des Klägers gegenüber der … GmbH vom 28.01.2014 (Bl. 65 d.A.) erfolgt. Diese beseitigt jedoch nicht die Aktivlegitimation des Klägers. Es kommt nicht darauf an, ob die von der Klägerseite vorgelegte Abtretungserklärung hinreichend bestimmt ist, da der Kläger jedenfalls mit Erklärung der … GmbH vom 01.12.2015 (Anlage K11, Bl. 69 d.A.) aktivlegitimiert ist. Der Kläger ist danach zur Geltendmachung der hier streitgegenständlichen Forderungen, erfasst in der Anlage K11 unter den Schadensnummern 2613… für den Schadensfall K. und 2612… für den Schadensfall H. ermächtigt, die streitgegenständlichen Forderungen im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Die Prozessführungsbefugnis des Klägers ist gegeben. Nach Maßgabe der Rechtsfigur der gewillkürten Prozessstandschaft kann der Kläger ausnahmsweise auch ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend machen, wenn er vom materiell-rechtlichen Anspruchsinhaber dazu bevollmächtigt wurde und der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung des Anspruchs hat und die Beklagte hierdurch keine Nachteile erleidet. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, die Bevollmächtigung liegt mit dem Schreiben vom 28.01.2014 vor, s.o.. Das schutzwürdige Interesse des Klägers folgt daraus, dass die Klärung der Werthaltigkeit der Forderung zwischen ihm und der … GmbH erhebliche ist. Ferner ist auch die Beklagte nicht durch die Prozessstandschaft benachteiligt, da durch das Ermächtigen zum Führen des Rechtsstreits und der Geltendmachung im eigenen Namen für den Kläger seitens der … GmbH das Urteil auch für und gegen diese wirkt. Eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Geltendmachung durch den Prozessstandschafter ist nicht ersichtlich.

b.  Auch sind die Abtretungserklärungen vom 25.01.2013 und 04.01.2013 nicht nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen §§ 3, 5 RDG unwirksam. Gemäß § 5 Abs. 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit anderen Tätigkeiten, hier der Gutachtertätigkeit des Klägers, dann erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine solche erlaubte Nebenleistung gegeben ist, bestimmt sich stets nach deren Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der zu erbringenden Hauptleistung, § 5 Abs. 1 S. 2 RDG. Die hiesige klageweise Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des geschädigten Kunden des Klägers, der aufgrund eines Verkehrsunfalls ein Sachverständigengutachten über die an seinem Fahrzeug entstandenen Sachschäden anfertigen lässt, ist eine für den Sachverständigen zulässige Nebenleistung zur Ausübung seiner Hauptleistung, die in der Anfertigung des Sachverständigengutachtens selbst besteht. Maßgeblich für die hier getroffene Auslegung des RDG ist hierbei der Wille des Gesetzgebers selbst. Dieser hat mittels der Neufassung des RDG nachgerade die Berechtigung zur Einziehung von Kundenforderungen nicht mehr vom Eintritt des Sicherungsfalles abhängig machen wollen. Die diesbezügliche gesetzgeberische Entscheidung traf der Gesetzgeber gerade vor dem Hintergrund der – wie hier gegeben – Fälle der Sachverständigen (vgl. BT-Drs. 623/06, S. 96 ff.). Die Haupttätigkeit des Klägers ist nämlich die Erstellung von Sachverständigengutachten. Die weitere Nebenleistung erbringt er allein im Fall der Nichtzahlung des (vollständigen) Honorars durch den Versicherer des Unfallverursachers. In der damit verbundenen Geltendmachung seines (teilweisen) Honorars ist keine umfassende Beratung des Unfallgeschädigten selbst zu sehen. Auch bestand keine Verpflichtung des Sachverständigen in erster Linie den Geschädigten selbst, seinen Kunden und Zedenten, in Anspruch zu nehmen.

c.  Ferner ist die Abtretung auch nicht wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des § 398 BGB unwirksam. Die Abtretungserklärungen vom 25.01.2013 und 04.10.2013 entsprechend jedenfalls auch den Bestimmtheitsanforderungen des § 398 BGB. Sie umfasst keine Mehrzahl von Forderungen des Geschädigten aus dem betreffenden Verkehrsunfall und beschränkt sich konkret auf den möglichen Schadensposten der Sachverständigenkosten (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.2011, VI ZR 260/10 in: NJW2011, 2713). So weist die streitbefangene Abtretungserklärung vom 31.08.2014 im letzten Absatz den Bruttoendbetrag der gesamten Gutachterkosten in Höhe von 608,15 Euro aus. Auch der schadensursächliche Verkehrsunfall selbst ist in der Abtretungserklärung selbst mindestens bestimmbar bezeichnet. Es wurden Unfallzeitpunkt, Unfallort, Versicherungsnehmer bei der Beklagten unter Angabe der Versicherungsscheinnummer sowie im weiteren die Gutachtennummer selbst angegeben. Anhaltspunkte für eine fehlende Bestimmtheit der Abtretungserklärung sind im Übrigen nicht ersichtlich.

2. Der geltend gemachte Anspruch ist auch der Sache nach und in der geltend gemachten Höhe nicht zu beanstanden, insbesondere nicht die abgerechneten Nebenkosten und die Höhe der Grundgebühr. Die Gutachtenkosten sind mit den nachfolgenden Grundsätzen der §§ 249, 254 Abs. 2 BGB vereinbar. Diese gelten nach der Abtretung auch für die Geltendmachung durch den Sachverständigen selbst.

a. Ein Verkehrsunfallgeschädigter kann grundsätzlich einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeug beauftragen und vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Hersteilungsaufwand Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen. Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Verkehrsunfallgeschädigten machen würde. Gleichwohl ist unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB der Geschädigte gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Dies verlangt von ihm jedoch nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf auch im Rahmen von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift vernachlässigt werden, dass nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll. Daher ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte des Verkehrsunfalls den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Verkehrsunfallgeschädigten, insbesondere auf seine individuellen Schwierigkeiten zu nehmen. Allgemein darf sich der Verkehrsunfallgeschädigte bei der Beauftragung eines Kraftfahrzeugsachverständigen aber schon damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor Marktforschung nach einem preislich günstigeren Sachverständigen betreiben (BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13 in: NJW 2014, 1947 (1948); KG, Urteil vom 30.04.2014, 22 U 31/14 in: BeckRS 2015, 10435 Rn. 28).

Bei der vom Gericht sodann vorzunehmenden Schadensschätzung nach Maßgabe des § 287 ZPO bildet der in Übereinstimmung mit der Rechnung der ihr zugrunde liegenden Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Aufwandes. Hierin schlagen sich die beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten nieder (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13 in: NJW 2014, 1947 (1948); BGH, Urteil vom 22.07.2014, VI ZR 357/13 in: NJW 2014, 3151; KG, Urteil vom 30.04.2014, 22 U 31/14 in: BeckRS 2015, 10435 Rn. 29).

Hinsichtlich der Methode zur Abrechnung der Grundgebühr muss sich der Verkehrsunfallgeschädigte vom Schädiger gerade nicht auf eine bestimmte Abrechnungsmethode verweisen lassen, wie die Honorarumfrage bzw. das Gesprächsergebnis eines Sachverständigenverbandes, mithin auch nicht auf das von der Beklagten in Bezug genommene HUK-Tableau (vgl. BGH, Urteil vom 11.02,2014, VI ZR 225/13 in: NJW 2014, 1947 (1948 f.).

b.  Die Berechnung der Grundgebühr ist auch nicht unangemessen hoch. Nur wenn der Verkehrsunfallgeschädigte erkennen kann, dass der von ihm gewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13 in: NJW 2014, 1947 (1949). Solche Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich und auch durch die Beklagte nicht hinreichend substantiiert dargetan. Die Berechnung der hier in Ansatz gebrachten Grundgebühr in Höhe von 395,00 Euro für die Begutachtung eines Bruttoschadens in Höhe von 3.230,60 Euro stellt mit einem Prozentsatz von 12,23 % kein überhöhtes Honorar dar. Die Höhe der hier in Ansatz gebrachten Grundgebühr bewegt sich noch im Rahmen der in Berlin und Brandenburg üblichen Sachverständigenvergütung.

c.  Auch unterliegt die Geltendmachung von Nebenkosten neben der Grundgebühr keinen grundsätzlichen Bedenken. Zudem ist auch die Höhe der in Ansatz gebrachten Nebenkosten nicht zu beanstanden, sondern noch angemessen. Dass der Geschädigte von vornherein erkannt haben müsste, dass Nebenkosten unangemessen hoch oder gänzlich unbegründet seien, die branchenüblichen Preise als deutlich überschreiten würden, ist nicht ersichtlich. Eine willkürliche Festsetzung der Positionen oder ein offensichtliches, krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Honorar hat sich dem hier geschädigten Zedenten jedenfalls nicht aufdrängen müssen.

3. Dem Kläger steht ferner der geltend gemachte Zinsanspruch sowie der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unter Verzugsaspekten nach §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 BGB zu. Die Höhe der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten ist auch sachlich und rechnerisch zutreffend.

II.

Die prozessuale Nebenentscheidung hinsichtlich der Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Die Berufung war mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 511 ZPO nicht zuzulassen.

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3 Antworten zu AG Berlin-Mitte verurteilt mit klaren Worten die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 21.1.2016 – 21 C 3071/15 -.

  1. Dipl.-Ing. Harald Rasche sagt:

    Guten Tag, sehr geehrte CH-Redaktion,
    Auch diese Entscheidung des AG Berlin-Mitte ist durchaus ein lehrreiches Urteil, findet sich doch in den Entscheidungsgründen ein Gedankengang, den man sich merken sollte, da er voll ins Schwarze trifft:

    „Hinsichtlich der Methode zur Abrechnung der Grundgebühr muss sich der Verkehrsunfallgeschädigte vom Schädiger gerade nicht auf eine bestimmte Abrechnungsmethode verweisen lassen, wie die Honorarumfrage bzw. das Gesprächsergebnis eines Sachverständigenverbandes, mithin auch nicht auf das von der Beklagten in Bezug genommene HUK-Tableau (vgl. BGH, Urteil vom 11.02,2014, VI ZR 225/13 in: NJW 2014, 1947 (1948 f.).“

    Auf die Wortwahl Grund“gebühr“ kann man insoweit dennoch locker hinwegsehen.-

    Mit freundlichen Grüßen

    Dipl.-Ing. Harald Rasche
    Bochum & Tangendorf

  2. Willi Wacker sagt:

    Hallo Herr Rasche,
    sicherlich ist das Honorartableau der HUK-COBURG kein geeigneter Maßstab für die Erforderlichkeit der berechneten Sachverständigenkosten.
    Diese Einholung eines Sachverständigengutachtens ist dann zweckmäßig und erforderlich, wenn der Geschädigte selbst nicht in der Lage ist, den Schaden zu beziffern und den Umfang des Schadens anzugeben. Dann gehören die berecheten Sachverständigenkosten zu dem erforderlichen Wiederherstellungsaufwand.
    Wenn diese Kosten für den Geschädigten nicht erkennbar deutlich überhöht sind, sind sie zu ersetzen.
    Auf Tabellenwerte aus dem Honorartableau der HUK-COBURG kommt es schadensersatzrechtlich nicht an.
    Mit dem AG Mitte hat endlich einmal wieder ein Gericht das Honorartableau der HUK-COBURG als das bezeichnet was es ist, nämlich ein Papier für den Mülleimer.

  3. Kfz-Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. Harald Rasche sagt:

    @ Willi Wacker
    Deinem Kommentar entnehme ich:

    „Diese Einholung eines Sachverständigengutachtens ist dann zweckmäßig und erforderlich, wenn der Geschädigte selbst nicht in der Lage ist, den Schaden zu beziffern und den Umfang des Schadens anzugeben. Dann gehören die berechneten Sachverständigenkosten zu dem erforderlichen Wiederherstellungsaufwand.“

    Nicht nur angesichts des BGH-Urteils vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13 ist es tragfähig in erheblichem Umfang zu bezweifeln, ob sich der angesprochenen Begriff der „Erforderlichkeit“ überhaupt auf die Höhe i m m e r individuell entstehender Gutachterkosten beziehen kann, denn 100% Haftung bedingen schon vor dem Hintergrund und der begrenzten Auslegungsmöglichkeit des § 249 S. 1 BGB auch 100 % Schadenersatz (siehe auchj weiter unten).
    Praxisorientiert sind „objektiv“ erforderliche Sachverständigenkosten regelmäßig ein individuell bedingter Rechungsendbetrag, der beispielsweise im Großraum Hamburg ein anderer sein kann als vergleichsweise in Leipzig oder München oder gar im Bayrischen Wald oder auf Sylt.

    Und dann regt die folgende Passage aus den Entscheidungsgründen dieses Urteils auch zu weiteren Ünerlegungen an:

    “ Als erforderlich sind nach der ständigen Rechtssprechung des Senats diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein „verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch“ IN DER LAGE DES GESCHÄDIGTEN“ machen würde.“

    Welche Art von „Aufwendungen“ damit damit gemeint sein könnten, wird im Urteil nicht näher erläutert und das ist auch verständlich, zumal gerade der „vernünftige und wirtschaftlich denkende Mensch“ regelmäßig die entstehenden Kosten bekanntlich nicht beeinflussen kann. Die Höhe der für die Schadenbeseitigung erforderlichen Kosten bezieht sich nicht nur auf die Kosten für ein „Schadengutachten“ sondern auch auf andere Kostenstellen, wie Abschleppkosten, Reparaturkosten, Anwaltskosten, Leihwagenkosten usw.

    Räumt man einem Geschädigten ein, dass er einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenhöhe beauftragen durfte und dazu kein Marktrecherche von im verlangt werden kann (was praktisch auch überhaupt nicht möglich wäre), so wäre es duchaus denkbar, dass der VI. Zivilsenat tatsächlich mit dem Begriff der Erforderlichkeit gerade primär nicht die Höhe der Sachverständigenkosten gemeint haben könnte, sondern der Begriff – schadenersatzrechtlich gesehen – sich vielmehr bezieht auf die Berechtigung zur Einholung eines Schadengutachtens.

    Zur Vermeidung von Missverständissen erfolgte wahrscheinlich deshalb auch eine weitere bedeutsame Überlegung:

    “ Das Gebot zu „wirtschaftlich vernünftiger“ Schadensbehebung verlangt jedoch, wie der Senat ebenfalls bereits ausgeführt hat, vom Geschädigten nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Falle so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Denn in letzterem Fall wird der Geschädigte nicht selten Verzicht üben oder aber Anstrengungen machen, die sich im Verhältnis zum Schädiger als überobligatorisch darstellen und die dieser vom Geschädigten nicht verlangen kann.“

    „Bei dem Bemühen um eine „wirtschaftlich vernünftige“ Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf a u c h im Rahmen von Abs. 2 Satz 1 des § 249 BGB nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden, dass nämlich dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll (vgl. Steffen, NZV 1991, 1, 2; ders. NJW 1995, 2057, 2062).
    Deshalb ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen.“

    Also schadenersatzrechtlich völlig richtig: Ex ante Sichtweise und Sichtweite der Geschädigten hat Vorrang vor einer werkvertraglich ausgerichteten ex post Sichtweite des Schädigers.-
    Mit der dem Geschädigten zugestandenen Beauftragung eines Sachverständigen hat er den Rahmen des als erforderlich anzusehenden gewahrt und damit ist eine t e i l w e i s e behauptete Nichterforderlichkeit sachlich und logisch unmöglich.

    Dipl.-Ing. Harald Rasche
    Öbuv. Sachverständiger
    Bochum & nTangendorf

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