AG Eilenburg weist mit kritisch zu betrachtendem Urteil vom 4.1.2017 – 9 C 1198/15 – die Restschadensersatzklage des Sachverständigen aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zurück.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

heute Morgen beginnen wir mit einem mehr als kritisch zu betrachtenden, offensichtlich nicht rechtskräftigen, Urteil des Amtsgerichts Eilenburg (Sachsen). Wie in letzter Zeit so üblich, hatte die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. die von dem Sachverständigen berechneten Kosten gekürzt. Die Sachverständigenkosten beruhten auf einer Honorarvereinbarung zwischen Geschädigtem und Sachverständigem. Die Höhe des Grundhonorars war an die Schadenshöhe gekoppelt. Da der Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten gemäß § 398 BGB an den Sachverständigen wirksam abgetreten war, machte der Sachverständige aus abgetretenem Recht den Restschadensersatz geltend. Nachdem die HUK-COBURG vorgerichtlich an den Sachverständigen aufgrund der Abtretungsvereinbarung gezahlt hatte, rügte sie im Prozess plötzlich die Aktivlegitimation des Sachverständigen. Zu Recht hat das Gericht dieses widersprüchliche und gegen § 242 BGB verstoßende Verhalten der HUK-COBURG zurückgewiesen. Bei der Entscheidung zur Höhe der (abgetretenenen) Restschadensersatzforderung war die (junge) Richterin aber augenscheinlich überfordert. Sie wirbelte mit der Rechtsprechung hin und her. An diesem Urteil kann man wieder gut erkennen, wie mit der jüngsten Rechtsprechung des VI. Zivilsenates unter Mitwirkung des Bundesrichters Wellner den Instanzgerichten Sand in die Augen gestreut wird. So wird in dem Urteil argumentiert, dass die Rechnung zwar überhöht sei, aber nicht im Bereich des Wuchers. Andererseits seien aber 24% „Überhöhung“ für den Geschädigten ohne weiteres als erkennbar überhöht zu erkennen. Dann wird wieder auf die Indizwirkung nur bei bezahlten Rechnungen verwiesen, ohne zu überlegen, dass sich in der unbezahlten Rechnung eine Zahlungsverpflichtung für den Schuldner wiederspegelt. Bekanntlich ist höchstrichterlich anerkannt, dass die Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung einen Schaden darstellt. Diesen Schaden auszugleichen, verlangt der Gläubiger, sprich der Geschädigte, von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer. Dass die Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung der tatsächlich erbrachten Zahlung gleichgestellt ist, lernt jeder Jurist bereits spätestens im zweiten Semester. Derartige gravierende Fehler dürfen eigentlich auch einer jungen Richterin, die gerade aus dem Assessorexamen kommt, nicht passieren. der § 287 ZPO wird völlig fehlinterpretiert. So meint die erkennende Richterin, mit der Schadenshöhenschätzung könnten auch einzelne Rechnungspositionen überprüft werden. Dabei besagt bereits der Begriff „Schätzung der Schadenshöhe“, dass es auf die Höhe des Schadens maßgeblich ankommt. Und für so eine Schlechtleistung bekommt die Richterin zum Monatsbeginn im Voraus dann noch ihr Beamtengehalt. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass nach Angaben des Einsenders gegen das Urteil Berufung eingelegt worden ist. Es bleibt nun abzuwarten, wie die Berufungskammer des LG Leipzig entscheiden wird. Lest selbst das Urteil des AG Eilenburg und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Eilenburg

Zivilabteilung

Aktenzeichen: 9 C 1198/15

Verkündet am: 04.01.2017

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., Bahnhofsplatz, 96444 Coburg, vertr. d. d. Vorstand, d.vertr.d.d. Sprecher Dr. Wolfgang Weiler

– Beklagter –

wegen Schadensersatz                                                                                            v
hat das Amtsgericht Eilenburg durch
Richterin G.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2016 am 04.01.2017

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3.  Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 113,37 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus einem Verkehrsunfallereignis aus abgetretenem Recht.

Am 18.09.2012 ereignete sich in Delitzsch ein Verkehrsunfall. Unfallgeschädigter war die … GmbH aus Landsberg, Der Schädiger war bei der Beklagten haftpflichtversichert. Die Beklagte haftet dem Grunde zu 100 % hat die Beklagte anerkannt. Der Kläger hat zur Ermittlung der Reparaturkosten für den Geschädigten ein Sachverständigengutachten erstattet. Zwischen dem Geschädigten und dem Kläger wurde die Vereinbarung getroffen, dass die Sachverständigenkosten nach der Schadenshöhe abgerechnet werden sollten. Nach dem Gutachten ergaben sich Reparaturkosten i.H.v. 3.052,90 EUR brutto (2,565,46 EUR netto). Mit Rechnung vom 20.09.2012 hat der Kläger über seine Sachverständigenleistungen abgerechnet und hier einen Betrag i.H.v. 715,92 EUR brutto (601,61 EUR netto) in Rechnung gestellt. Hierbei hat er ein Grundhonorar für die Gutachtererstellung I.H.v. 438,95 EUR angesetzt. Nebenkosten hat er dabei wie folgt geltend abgerechnet:

– Kosten für den 1. Fotosatz je Foto 2,47 EUR, bei 8 Fotos also insgesamt 19,76 EUR,
– für den 2. Fotosatz je Foto 1,70 EUR, bei 8 Fotos also insgesamt 13,60 EUR,
– für Porto und Telefonkosten eine Pauschale von 18,26 EUR,
– für Schreibkosten je Seite 3,59 EUR, bei 16 Seiten Insgesamt 57,44 EUR,
– für die Schreibkosten der Kopie je Seite 2,57 EUR, bei 16 Seiten insgesamt 41,12 EUR und
– Fahrtkosten für 12 km pro Kilometer 1,04 EUR insgesamt also 12,48 EUR.

Der Kläger ist zum Vorsteuerabzug berechtigt. Vorgerichtlich hat die Beklagte 488,24 EUR als Nettobetrag an den Kläger gezahlt.

Der Kläger behauptet zur Abrechnung sei Bezug auf die Honorartabelle 12 2010 genommen worden, was sich aus der als Anlage FRE 1 ergebe. Diese hänge im Sachverständigenbüro sichtbar für den Geschädigten aus. Wenn der Kunde nicht in den Laden gekommen sei, dann habe der Sachverständige diese dabei gehabt und dem Kunden gezeigt. Es seien Mahnkosten i.H.v. jeweils 6,00 EUR entstanden, für die Mahnungen vom 14.11.2012 und vom 27.11,2012. Der Kläger ist der Auffassung, soweit sich die Beklagte erstmals im Prozess auf eine fehlerhafte Abtretung berufe, sei dies treuwidrig. Selbst für den Fall, dass die Kosten überhöht seien, ergebe sich kein Mitverschulden des Geschädigten, da diesem kein Auswahlverschulden zur Last falle. Spätestens seit Ablauf der im Schreiben vom 26.10,2012 zum 04.11.2012 gesetzten Frist, befände sich die Beklagte im Schuldnerverzug.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 125,37 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 113,37 EUR seit dem 05.11.2012 sowie aus 12,00 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, vereinbart sei lediglich die entgeltliche Erstellung eines Gutachtens gewesen. Es habe keine Vereinbarung über eine Abrechnung nach einer bestimmten Honorartabelle gegeben. Die Abtretung des Geschädigten an die Klägerin sei unwirksam, da sie den Geschädigten unangemessen benachteilige, da der Sachverständige den Abtretenden neben der Schädigerseite in Anspruch neben könne, der Geschädigte dann aber nach Befriedigung des Sachverständigen aufgrund der Abtretungserklärung keine Möglichkeit habe, den aufgewendeten Betrag beim Schädiger ersetzt zu verlangen.

Die Klage ist am 16.12.2015 beim AG Eilenburg eingegangen und wurde der Beklagten am 08.01.2016 zugestellt.

Hinsichtlich weiteren Vorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

I.

Die Klage ist zulässig.

Das Amtsgericht Eilenburg ist zuständig.

Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 20 StVG, weil sich der Verkehrsunfall in Delitzsch ereignet hat. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 23 Mr. 1, 71 Abs. 1 GVG, weil der Streitwert unter 5.000,00 EUR liegt.

II.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht keinen weltergehenden Schadensanspruch bzgl. der Sachverständigenkosten gemäß §§ 398, 823, 249 BGB, 7, 17, 18 StVG i.V.m. 115 VVG.

1.
Die Abtretungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Geschädigten ist wirksam.

Durch die Abtretungsvereinbarung hat die Geschädigte … GmbH ihre ihr gegenüber der Beklagten zustehenden Schadensersatzansprüche, die dem Grunde nach unstreitig sind, wirksam an den Kläger abgetreten, gemäß §§ 398 f. BGB. Die Abtretungserklärung ist Insbesondere nicht zu unbestimmt und enthält auch keine überraschende Klausel. Sie enthält jedoch auch entgegen der Auffassung der Beklagten keine unangemessene Benachteiligung für die Geschädigte. Der Sicherungsabtretung des Anspruchs auf Zahlung der Sachverständigenkosten durch die Geschädigte liegt nämlich auch ohne gesonderte ausdrückliche Vereinbarung eine stillschweigende Rückabtretungsvereinbarung zugrunde, die nach dem endgültigen Wegfall des Sicherungszwecks wirksam wird (so auch AG Mannheim, Urteil vom 29.10,2016, Az.: 10 C 132/16).

Selbst wenn man dies nicht so sehen würde, wäre die Beklagte jedenfalls nicht mehr befugt, die Aktivlegitimation des Klägers zu bestreiten. Die Beklagte hat auf die Sachverständigenkosten unstreitig eine Teilzahlung i.H.v. 488,24 EUR netto gezahlt. Nach Auffassung des Gerichts hat die Beklagte mit dieser Teilzahlung die Forderung des Klagendem Grunde nach anerkannt. Bei der Beklagten handelt es sich um ein großes Versicherungsunternehmen, das über eine Rechtsabteilung verfügt und daher davon auszugehen ist, dass sie die Ansprüche, die gegen sie erhoben werden dem Grunde nach prüft, bevor sie, wenn auch nur teilweise, eine Regulierung veraniasst. Die Beklagte verstößt jedoch gegen das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens nach § 242 BGB, wenn sie zuerst eine nach ihrer Auffassung angemessene und abschließende Zahlung an den Kläger leistet, sich dann aber später im Rechtstreit darauf beruft, dass der Anspruch bereits dem Grunde nach wegen einer nicht wirksamen Abtretung insgesamt nicht besteht (LG Leipzig, Urteil vom 20.01.2016, Az.: 8 S 334/15).

2.
Über den bereits gezahlten Betrag hinaus kann der Kläger jedoch keine weiteren Sachverständigenkosten von der Beklagten verlangen.

a)
Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13; BGH, Urteil vorn 26. April 2016 – VI ZR 50/15).

Der Geschädigte kann jedoch vorn Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten; insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkelten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstiger» Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13). Der Geschädigte muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13). Dies wird in der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 26. April 2016 jedoch dergestalt eingeschränkt, dass dem Geschädigten im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten (bzw. später berechneten) Preise obliege (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15). Seiner ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungslast genügt der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Denn der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bildet (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des zur Hersteilung „erforderlichen“ (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs, 2 Satz 1 BGB. In ihm schlagen sich die beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder (BGH, Urteil vom 22, Juli 2014 – VI ZR 357/13). Präzisierend führt der Bundesgerichtshof in seiner jüngsten Rechtsprechung aus, nicht die Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solche, sondern allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand bilde einen Anhalt zur Bestimmung des zur Hersteilung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – VI ZR 50/15, LG Stuttgart, Urteil vom 14. Juli 2016 – 5 S 164/15).

Hinsichtlich der Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Sachverständigenkosten ist die Klägerin grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtig. Dabei sind die tatbestandlichen Voraussetzungen, die der Bundesgerichtshof für die Indizwirkung einer Rechnung aufgestellt hat, – tatsächliche Begleichung der, Rechnung durch den Geschädigten in Übereinstimmung mit der Preisvereinbarung -, im vorliegenden Fall jedoch bereits deshalb nicht erfüllt, weil der Geschädigte die Rechnung nicht selbst beglichen, mithin keinen eigenen Aufwand gehabt hat. Die Indizwirkung hinsichtlich der Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten greift vorliegend infolgedessen nicht ein.

b)
Um zu überprüfen, ob die vereinbarten bzw. in Rechnung gestellten Kosten erforderlich sind, waren zum Vergleich die üblichen Kosten zu bestimmen. Diese Bestimmung erfolgt mittels Kostenschätzung gemäß § 278 ZPO.

Nach der Rechtsprechung ist dazu nicht lediglich eine Gesamtsumme vorzunehmen, vielmehr ist eine Einzefbetrachtung anzustellen, differenziert nach dem Grundhonorar und den aufwandsbezogenen Nebenkosten, da die Nebenkosten nicht losgelöst von den üblicherweise tatsächlich ersatzfähigen Aufwendungen berechnet werden können, (BGH Urteil vom 22.07.2014, VI ZR 357/13).

Entgegen der Auffassung der Beklagten war insbesondere auch keine gesonderte Vereinbarung hinsichtlich der Nebenkosten erforderlich gewesen. Wie die Beklagte darauf kommt, dass über die Vereinbarung eine entgeltliche Gutachtenerstellung gerade nur ein Grundhonorar vereinbart worden sei und gerade keine Nebenkosten erschließt sich nicht. Selbstverständlich sind Nebenkosten jedoch nur zu erstatten, wenn diese im konkreten Fall tatsächlich angefallen sind.

Dem Gericht war es nicht verwehrt, die Schadensschätzung ohne Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens durchzuführen, weil das Gericht nach § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO die Schadensschätzung nach freier Überzeugung nach seinem Ermessen vornehmen kann. Der Schätzung der Höhe der erforderlichen Sachverständigenkosten nach § 287 Abs. 1 ZPO müssen jedoch tragfähige Anknüpfungspunkte zugrundeliegen. Sie darf nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen (BGH, Urteil vom 22.07.2014, VI ZR 357/13).

Insbesondere war zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an die Ortsüblichkeit bei einen Werklohn nach § 632 BGB hier keine Berücksichtigung finden konnten. Denn auch wenn tatsächlich der Sachverständige hier seine Kosten geltend macht, macht er diese ja immer noch aus abgetretenem Recht und damit als originäre Schadensersatzansprüche geltend.

Soweit es das Grundhonorar des Sachverständigen betrifft, hat das Gericht die Schätzung nach der BVSK-Befragung 2011 durchgeführt. Da lediglich dieser Jahrgang zum Schadenszeitpunkt vorlag. Die generelle Anwendbarkeit einer derartigen Honorarbefragung eines Sactv verständigenverbandes für das Grundhonorar ist In der Rechtsprechung anerkannt. Für die Bemessung der Nebenkosten, mit Ausnahme der Fahrtkosten,hat das Gericht die Bestimmung des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes als Orientierungshilfe herangezogen, was seit der Entscheidung des BGH vom 26.04.2016, Az.: VI ZR 50/15, ebenfalls anerkannt ist.

c)
Hinsichtlich der konkreten Schätzung ist das Gericht wie folgt vorgegangen:

Aus der Tabelle der BSVK-Honorarbefragung 2011 hat das Gericht zunächst aus1 der Spalte der Schadenshöhe von 2.750,00 EUR netto bis 3.272,50 EUR brutto, den Wert aus der Spalte HB I, hier 333,00 EUR, und den Wert aus der Spalte HB III, hier 409,00 EUR, herausgesucht. Aus diesen beiden Werten hat das Gericht einen Mittelwert gebildet, hier: 371,00 EUR.

Die Heranziehung des Mittelwertes aus HB I und HB III ist anerkannt, da dies ausreichend ist, um Extremwerte zu eliminieren (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 28.07.2016, Az.: 5 S 333/15 und LG Freiburg, 27.11.2016, Az.: 3 S 145/16).

Hinsichtlich der Nebenkosten hat das Gericht die Bestimmungen des JVEG als Orientierungshilfe herangezogen.

Die Berücksichtigung von Kosten für den 2. Fotosatz scheitert auch nicht daran, dass Aufwendugen für die Anfertigung von Kopien und Ausdrucken zuerkannt wurde. Die Einschränkung in § 12 Abs. 1 Nr. 2 JVEG, wonach derartige Aufwendungen nur ersatzfähig sind, wenn die Fotos nicht Teil des schriftlichen Gutachtens sind, wurde erst aufgrund des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes 2013 in die Bestimmungen aufgenommen und waren in der Fassung zum Zeitpunkt der Erstattung des streitgegenständlichen Gutachtens nicht enthalten (vgl. BGH, 26.04.2016, Az.; VI ZR 50/15).

Für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens schätzt das Gericht die erforderlichen Kosten aus Praktikabilitätsgründen nicht nach der Zahl der Anschläge, wie dies § 12 Abs. 1 Nr. 3 JVEG vorgibt, sondern wie auch in früheren Fassungen des JVEG vorgesehen, nach der Seitenzahl, (vgl. LG Freiburg, Urteil vom 24.11.2016, Az.: 3 S 145/16). Hier war auch die Gesamtzahl der Seiten zu berücksichtigen. Unabhängig davon, wie sehr diese bedruckt waren. Die Auffassung der Beklagten, Teile der Seiten könnten nicht abgerechnet werden, weil diese nur zum Teil bedruckt seien, führt hier zu weit, da eine Aufspaltung danach wie sehr eine Seite bedruckt ist, praxisuntauglich ist, da schon nicht klar ist, wie die Beklagte differenzieren will, ab wie viel Prozent Bedruckung der Seite sie von einer ganzen Seite ausgehen will.

Was die Höhe der Fahrtkosten betrifft, hält das Gericht die Regelung des JVEG nicht für geeignet, da sich diese nicht an den tatsächlichen Kosten orientiert, sondern an der Höhe der steuerlicher Anerkennung privat genutzter Fahrzeuge (BT-Drucksache 15/1971, Seite 177, 232). Vielmehr ist es angemessen, diese anhand der von verschiedenen Anbietern erstellten Autokostentabellen und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung verschiedener Landgerichte, die der BGH gebilligt hat (Urteil vom 26.04.2016, Az.: VI ZR 50/15) auf 0,70 EUR/km zu schätzen.

Mithin hat das Gericht nachfolgende Nebenkosten geschätzt: Für den 1. Fotosatz pro Foto Kosten i.H.v. 2,00 EUR, für den 2. Fotosatz pro Foto 0,50 EUR, für die Porto- und Telefonkosten 15,00 EUR pauschal, für die Schreib- und Druckkosten 2,00 EUR/Seite und für die Schreibund Druckkosten in Kopie  0,50 EUR/Seite. Somit ergibt sich, bei Abrechnung von jeweils 8 Fotos im 1. Fotosatz ein Wert von 16,00 EUR und im 2.Fotosatz ein Wert von 4,00 EUR, daneben 15,00 EUR Porto und Telefonkosten, sowie bei Berücksichtigung von 16 Seiten 32,00 EUR Schreib- und Druckkosten und 8,00 EUR Schreib- und Druckkosten in Kopie. Bei einem unstreitigem Fahrtaufwand von 12 km ergibt sich ein Fahrtkostenaufwand von 8,40 EUR. Insgesamt ergibt sich damit ein Nettobetrag i.H.v. 454,40 EUR, brutto würde dies 540,47 EUR betragen.

Zur Übersichtlichkeit folgende tabellarische Ansicht:

Kostenposition    Anzahl/    abgerechnete    abgerechnet    Schätzung        Schätzung
.                            Einheit       Einzelposition    gesamt            Einzelposition   gesamt

1. Fotosatz           8 Fotos            2,47                19,76                        2                    16
2. Fotosatz           3 Fotos             1,70               13,60                       0,5                   4
Porto/Telefon    Pauschal          18,26               18,26                      15                    15
Schreib-&            16 Seiten          3,59                57,44                        2                    32
Druckkosten
Druckkosten       16 Seiten          2,57                 41,12                       0,5                    8
(Kopie)
Fahrtkosten        12 km               1,04                 12,48                       0,7                   8,4
Grundhonorar                          438,95               438,95                   371                  371
Gesamt netto                                                       601,61                                          454,40
Mwst.                   19%                                          114,31                                            86,34
Gesamt brutto                                                      115,32                                         540,74

Im Vergleich mit den vom Gutachter abgerechneten Kosten ergibt sich damit ein Überschuss von über 24 %, sodass eine Überhöhung gegeben ist.

d)
Der Kläger hat für die bestrittene Behauptung dem Geschädigten sei bei Beauftragung des Klägers eine Honorartabelle bekannt gegeben worden, keinen Beweis angeboten, sodass zu seinen Lasten davon auch nicht auszugehen war.

Auf die Frage, ob im Falle einer gerade nicht bewiesenen konkreten Honorarvereinbarung nach einer bestimmten Honorartabelle überhaupt eine Erkennbarkeit der Überhöhung der Gutachterkosten zu prüfen ist (dagegen KG Urteil vom 30.04.2015, Az.: 22 U 31/14, LG Mannheim, Urteil vom 05.02.2016, Az.: 1 S 119/15 und LG Freiburg, Urteil vom 24.11.2016, Az.: 3 S 148/16) kommt es hier nicht an. Denn selbst für den Fall, dass auch hier eine Überprüfung der Erkennbarkeit der Erhöhung vorgenommen werden müsste, läge jedenfalls eine Erkennbarkeit der Überhöhung vor.

Mit einer Überschreitung der gerichtlich berechneten üblichen Vergütung um etwas mehr als 24 %, liegt der Betrag noch nicht in einem Bereich, welche an Sittanwidrigkeit oder Wucher grenzt und allein deshalb unangemessen wäre.

Die Überhöhung der Kosten war für den Geschädigten jedoch erkennbar. Die errechneten Kosten überschreiten die übliche Vergütung. Ein durchschnittlicher, mit der Materie des Gebührenrechts für Sachverständige nicht befasster Geschädigter ist zwar mit den üblichen für die konkrete Schadensfeststellung abrechenbaren Kosten des Sachverständigen nicht vertraut. Die Kosten sind vorliegend bei einer Überhöhung um etwas mehr als 24 %, jedoch in einem Maß überhöht, dass ein Laie Anlass gehabt hätte, diese zu überprüfen. Im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots hat der Geschädigte nämlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der von Sachverständigen bei Vertragsschluss geforderten bzw. später berechneten Preise vorzunehmen (BGH, Urteil vom 26.04.2016, Az.: VI ZR 50/15). Ein Geschädigter mit seinen Erkenntnis-und Einflussmöglichkeiten sowie mit den möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten (vgl. die sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung) konnte vorliegend erkennen, dass die abgerechneten Kosten überhöht waren.

Bei einer Überschreitung von mehr als 1/5 der üblichen Kosten kann von einer Erkennbarkeit ausgegangen werden. Auch wenn möglicherweise hinsichtlich des Grundhonorars eine Erkennbarkeit gerade nicht gegeben ist, da dies nicht zu Positionen gehört, die der Geschädigte abschätzen kann, weil er mit derartigen Positionen im täglichen Leben zu tun hat. Sowohl bei den Aufwendungen für Fahrten mit dem Auto als auch denen für Fotos, Kopien und Druck handelt es sich jedoch, auch wenn sie im Rahmen eines Geschäftsbetriebes angefallen sind, um Kosten des täglichen Lebens, mit denen ein Erwachsener üblicherweise im Alltag konfrontiert ist und deren Höhe er typischerweise auch ohne besondere Sachkunde abschätzen kann (BGH, Urteil vom 26.04.2016, Az.: VI ZR 50/15).

Der Geschädigte konnte deshalb erkennen, dass die vom Kläger berechneten Beträge, also insbesondere das Kilometergeld von 1,04 EUR/km, die Kosten von 2,47 EUR für den 1. Fotosatz pro Foto und die Kosten von 1,70 EUR für den 2. Fotosatz pro Foto und insbesondere die Kopierkosten von 2,57 EUR/Seite den tatsächlich erforderlichen Aufwand deutlich überschreiten.

Dabei war insbesondere auch zu berücksichtigen, dass auch dem Laien bewusst sein dürfte, dass mit den Nebenkosten nicht nur Aufwendungsersatz für die dortigen Positionen geleistet werden soll, sondern zugleich auch eine Gewinnmarge enthalten ist. Eine deratfge Überschreitung der üblicherweise anfallenden Kosten, musste dem Geschädigten jedoch ins Auge springen.

Selbst wenn also eine Erkennbarkeit der Überhöhung zu prüfen war, läge hier eine solche unzweifelhaft vor, womit ein Verstoß des Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht vorliegt, sodass in der Folge die der den von der Beklagten bereits gezahlten Betrag übersteigender Kosten nicht erstattungsfähig sind.

e)
Mangels Hauptsacheanspruch hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Nebenkosten oder Zinsen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war auf den Antrag des Klägers gemäß § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten in der Rechtsprechung streitig erörtert wird und zu diesem Thema bereits in den vergangenen Jahren und insbesondere in diesem Jahr schon höchstrichterliche Urteile ergangen sind, aufgrund derer immer noch Fragen offen sind.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Eilenburg weist mit kritisch zu betrachtendem Urteil vom 4.1.2017 – 9 C 1198/15 – die Restschadensersatzklage des Sachverständigen aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zurück.

  1. Enno sagt:

    Voll das wilde Leben.
    Enno

  2. Iven Hanske sagt:

    Ich hatte schon vergessen, dass ich hier klage, werd mal schauen das hier nichts in der Berufung schief läuft.

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