AG Frankfurt am Main entscheidet mit Urteil vom 13.8.2015 – 32 C 2383/14 (84) – gegen die Allianz Vers AG hinsichtlich restlichen Schadensersatzes bei der fiktiven Schadensabrechnung, insbesondere hinsichtlich der Verweisung, zu den restlichen Sachverständigenkosten und Anwaltskosten, patzt aber bei der merkantilen Wertminderung.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

heute veöffentlichen wir für Euch hier noch ein Urteil aus Frankfurt am Main zur fiktiven Schadensabrechnung, zur Wertminderung, zu den Rechtsanwaltskosten und zu den Sachverständigenkosten. Wir meinen, dass es sich bis auf die Ausführungen zur Wertminderung um eine positive Entscheidung handelt. „Anerkannte Berechnungsmethoden“ zur Wertminderung – wo gibt es denn so etwas? Gerade der BGH hatte festgestellt, dass den Rechnungsmethoden die sachverständige Feststellung immer vorzuziehen ist. Meint der vom Gericht bestellte Gutachter vielleicht die selbstgestrickten Tabellen irgendwelcher „Minderwertberechner“ ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Marktgegebenheiten? Und so was soll „anerkannt“ sein? Von wem bitte? Von Fachleuten bestimmt nicht. Insoweit ist die Entscheidung des Gerichts hinsichtlich der merkantilen Wetminderung nicht nachvollziehbar. Lest aber selbst das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willin Wacker

Amtsgericht Frankfurt am Main                                                 Verkündet It. Protokoll am:
Aktenzeichen: 32 C 2383/14 (84)                                               13.8.15

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägerin

gegen

Allianz Versicherungs AG v.d.d. Vorstand, Theodor-Stern-Kai 1, 60596 Frankfurt am Main

Beklagte

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht L. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2015 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 469,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2014 sowie 78,90 EUR weitere vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen sowie sie in Höhe weiterer 273,11 EUR vorgerichtlicher Sachverständigenkosten gegenüber dem Ing-Büro K. freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 21% und die Beklagte 79% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

TATBESTAND

Die Klägerin begehrt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfallereignis vom xx.04.2014 auf der Homburger Landstraße in Frankfurt am Main. Die alleinige Einstandspflicht der beklagten als Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Fahrzeuges im Unfallzeitpunkt ist zwischen den Parteien unstreitig. Allein die Schadenshöhe steht im Streit. Die Klägerin, als Eigentümerin des unfallbeschädigten Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen … begehrt für unfallbedingte Schäden Ersatz wie folgt:

Nettoreparaturkosten laut Gutachten K. : 1.686,33 EUR
abzüglich hierauf gezahlter                       1.217,27 EUR
Wertminderung:                                           400,00 EUR
abzüglich hierauf gezahlter                          200,00 EUR
Gutachterkosten                                          787,19 EUR
abzüglich hierauf gezahlter                          513,78 EUR

Die Klägerin begehrt weiter den Ersatz restlicher vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Die Beklagte hat auf Basis eines von ihr in Auftrag gegebenen Prüfgutachtens reguliert und die Klägerin auf die Werkstatt Fa. G. verwiesen.

Die Klägerin behauptet,

die Fa. G. beschäftige keinen Kfz-Meister und könne deswegen Elektrik und damit verbundene Mechanikarbeiten nicht durchführen.

Die unfallbedingte Wertminderung betrage 400,00 EUR.

UPE-Aufschläge und Verbringungskosten seien allgemein ortsüblich.

Die Klägerin ist der Ansicht,

das Sachverständigenhonorar sei angemessen und erforderlich.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 669,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2014 sowie 78,90 EUR weitere vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen, hilfsweise sie insoweit freizustellen sowie sie in Höhe weiterer 273,11 EUR vorgerichtlicher Sachverständigenkosten gegenüber dem Ing-Büro K. freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet,

das Klägerfahrzeug könne in der Firma G. GmbH zu Nettoreparaturkosten von 1.217,27 EUR sach- und fachgerecht instand gesetzt werden. Bei dem benannten Betrieb handele es sich um einen qualifizierten Kfz-Meisterbetrieb, in dem eine fachgerechte und nach Herstellerrichtlinien hochwertige Reparatur gewährleistet sei. Es sei sichergestellt, dass der Qualitätsstandard des Betriebes regelmäßig durch einen Verband oder eine Zertifizierungsstelle überprüft werde. Es würden ausschließlich Originalersatzteile verwendet und der Betrieb gewähre auf alle Karosserie- und Lackierarbeiten eine mindestens zweijährige Garantie. Aufgrund der modernen Ausstattung und der umfangreichen Erfahrung des Betriebes sei sichergestellt, dass die erforderlichen Arbeiten am Klägerfahrzeug gleichwertig einer markengebundenen Fachwerkstatt durchgeführt werden können. Der geringere Nettoreparaturkostenbetrag sei auf niedrigere Stundenverrechnungssätze zurückzuführen, die nicht auf Sonderkonditionen mit der Beklagten zurückzuführen seien. Es handele sich vielmehr um marktübliche und allgemein zugängliche Aushanglöhne. Der Betrieb biete auch einen kostenlosen Hol- und Bringservice an.

Die unfallbedingte Wertminderung betrage 200,00 EUR.

Sie ist der Ansicht, bereits das Sachverständigengrundhonorar sei übersetzt und weiter durch die Nebenkosten künstlich aufgebläht.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie durch Vernehmung des Zeugen G. . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen O. vom 12.02.2015 (Bl. 89-120 d.A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2015 (Bl. 155 d.A.) Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I.
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der Klägerin steht gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 Abs. 1, 17, 18 StVG, 249 BGB i.V.m. § 115 VVG gegen die Beklagte ein weiterer Schadenersatzanspruch in tenorierter Höhe zu.

1.
Die Klägerin darf ihrer Berechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen. Der Beklagten ist der Nachweis einer gleichwertigen und mühelos zugänglichen, günstigeren Reparaturmöglichkeit in der Werkstatt der Fa. G. GmbH in Neu-Isenburg nicht gelungen. Die Werkstatt ist der Geschädigten jedenfalls nicht mühelos zugänglich. Denn die fast 20 km vom Wohnort der Klägerin entfernte Werkstatt verfügt nicht über einen kostenlosen Hol- und Bringservice. Der Zeuge G. hat insoweit in seiner Vernehmung bekundet. Ein solcher Service müsse extra gebucht werden und schlage im Normalfall mit 55 EUR zu Buche.

Der Klägerin ist die Reparaturmöglichkeit auch deswegen nicht mühelos zugänglich, da ohne größeren Aufwand, nämlich eine vorherige persönliche Vorsprache in der Werkstatt, deren allgemein zugängliche Aushanglöhne nicht in Erfahrung zu bringen sind. Dieses Ergebnis der Begutachtung bestätigte der Zeuge G. in der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2015. Er bekundete, dass am Telefon über die Preisgestaltung der Referenzwerkstatt keine Auskünfte erteilt werden. Damit ist dem Geschädigten eine Überprüfung der Verweisung durch die Versicherung aber unmöglich. Hierauf muss er sich nicht einlassen.

Nach dem Ergebnis der Begutachtung kommt der Sachverständige überdies zu dem Schluss, dass die angefragten Werkstätten sämtliche Ersatzteil-Aufschläge berechnen. Die vom Sachverständigen K. zugrunde gelegten 20% bewegen sich innerhalb der Bandbreite der angefragten Werkstätten und sind mithin nicht zu beanstanden, § 287 ZPO.

Die Beklagte hat der Klägerin auf Basis des Gutachtens K. mithin weitere 469,06 EUR zu erstatten.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 BGB.

2.
Die Klägerin kann auch Freistellung von weiteren Sachverständigenkosten in Höhe von 273,11 EUR verlangen.

Aufgrund der alleinigen Beurteilung des Ersatzfähigkeit der geltend gemachten Sachverständigenkosten anhand ihrer Erforderlichkeit i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kommt es auf die Frage der Üblichkeit des Honorars i.S.d. § 632 BGB und damit auf die Frage, ob als Schätzgrundlage die BVSK-Honorarbefragung, eine Pauschale im Verhältnis zur Höhe der Reparaturkosten oder ein Zeithonorar zugrunde zu legen ist, und ob und in welcher Höhe Nebenkosten abrechenbar sind, nicht entscheidungserheblich an. Entscheidend für die Bejahung der Erforderlichkeit i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB der in Rechnung gestellten Sachverständigenvergütung ist vielmehr, dass vorliegend für den geschädigte Zedenten eine etwaige Überhöhung der ihm in Rechnung gestellten Sachverständigenvergütung nicht erkennbar war und er seine Pflichten zur Schadensminderung nicht verletzt hat.

Kosten für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens sind gemäß § 249 BGB als Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte, dem Grunde nach erstattungsfähig. Aus dem Grundanliegen des § 249 BGB, dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers einen möglichst vollständigen Schadensausgleich zukommen zu lassen, folgt für die Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung für zweckmäßig und notwendig halten durfte und in vernünftigen Grenzen gehalten hat, dass eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen ist, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflüssmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten, zu nehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.1996 – VI ZR 138/95, NJW 1996, 1958). Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung betreiben (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris Rn. 7). Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris Rn. 9). Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besondere Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris Rn. 8). Ein einfaches Bestreiten der Erforderljchkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris Rn. 8). Dem Schädiger verbleibt in jedem Falle die Möglichkeit darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris Rn. 11).

Vorliegend ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Klägerin von vorneherein hätte erkennen können, dass der von ihr beauftragte Sachverständige überhöhte Grund- oder Nebenkosten für die Begutachtung ansetzen werde. Zu einer Recherche nach einem Sachverständigen mit einem günstigeren Honorarangebot war die Geschädigte gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet. Dass die vereinbarten und sodann berechneten Gutachterkosten eine derartige Höhe erreicht haben, dass bei der Geschädigten vernünftigerweise Zweifel an der Erforderlichkeit der Rechnungshöhe aufkommen mussten, ist insbesondere unter Berücksichtigung der Bestimmung eines Grundhonorars sowie der Aufschlüsselung der angefallenen Kosten in Grund- und im Einzelnen gesondert aufgeführten Nebenkosten in dessen Rechnungen nicht erkennbar. Eine evidente Überteuerung vermag das Gericht im Hinblick auf die Mehrforderung von 273,11 EUR nicht zu erkennen.

3.
Ein Anspruch auf weitere Wertminderung steht der Klägerin nicht zu. Der Sachverständige hat ausführlich und nachvollziehbar anhand der anerkannten Berechnungsmethoden auf Basis des Alters und der Laufleistung sowie des Wiederbeschaffungswertes des klägerischen Fahrzeuges eine mittlere Wertminderung von 200,00 EUR ermittelt. Dies entspricht dem beklagtenseits bereits insoweit regulierten Betrag.

4.
Als Teil des ersatzfähigen Schadens kann die Klägerin aber Ersatz weiterer vorgerichtlicher Anwaltskosten aus einem Gegenstandswert von 2.698,52 EUR verlangen. Es ergibt sich insoweit kein Gebührensprung, so dass die geltend gemachten 78,90 EUR die Restforderung darstellen. Es kann dahinstehen, ob die streitgegenständliche Rechnung der Prozessbevollmächtigten bereits beglichen wurde oder lediglich eine Naturalrestitution im Wege der Forderungsfreistellung gefordert werden kann. Der Klägerin steht nämlich jedenfalls gemäß § 250 BGB letztlich ein Zahlungsanspruch zu. Die Beklagte hat spätestens mit der Klageerwiderung deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die weitere Schadensübernahme auch hinsichtlich der außergerichtlichen Auslagen ablehnen. In diesen Fällen kann der Gläubiger unmittelbar Geldersatz fordern, da die Aufforderung zur Herstellung bloßer Formalismus wäre. Die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung im Sinne des § 250 BGB ist bereits entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung von Schadensersatz oder Naturalrestitution endgültig verweigert (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 67.A., 2008, § 250 Rn 2 m.w.N. aus der Rspr.).

II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung u. SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Frankfurt am Main entscheidet mit Urteil vom 13.8.2015 – 32 C 2383/14 (84) – gegen die Allianz Vers AG hinsichtlich restlichen Schadensersatzes bei der fiktiven Schadensabrechnung, insbesondere hinsichtlich der Verweisung, zu den restlichen Sachverständigenkosten und Anwaltskosten, patzt aber bei der merkantilen Wertminderung.

  1. C.Lambert sagt:

    Hallo, Willi Wacker,

    hinsichtlich der gesetzlichen Erstattungsverpflichtung für die einem Unfallopfer entstandenen Gutachterkosten hat das AG Frankfurt auch mit diesem Urteil unmissverständlich die rechtswidrige Vorgehensweise eines Midglieds des GDV deutlich gemacht und insoweit völlig zutreffend u.a. ausgeführt:

    „Aufgrund der alleinigen Beurteilung des Ersatzfähigkeit der geltend gemachten Sachverständigenkosten anhand ihrer Erforderlichkeit i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kommt es auf die Frage der Üblichkeit des Honorars i.S.d. § 632 BGB und damit auf die Frage, ob als Schätzgrundlage die BVSK-Honorarbefragung, eine Pauschale im Verhältnis zur Höhe der Reparaturkosten oder ein Zeithonorar zugrunde zu legen ist, und ob und in welcher Höhe Nebenkosten abrechenbar sind, nicht entscheidungserheblich an. Entscheidend für die Bejahung der Erforderlichkeit i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB der in Rechnung gestellten Sachverständigenvergütung ist vielmehr, dass vorliegend für den geschädigte Zedenten eine etwaige Überhöhung der ihm in Rechnung gestellten Sachverständigenvergütung nicht erkennbar war und er seine Pflichten zur Schadensminderung nicht verletzt hat.“

    Aber auch das, was honorarkürzende Versicherungen immer aus verständlichen Gründen ignorieren, wurde durch die zuständige Richterin noch einmal wie folg angesprochen:

    „Aus dem Grundanliegen des § 249 BGB, dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers einen möglichst vollständigen Schadensausgleich zukommen zu lassen, folgt für die Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung für zweckmäßig und notwendig halten durfte und in vernünftigen Grenzen gehalten hat, dass eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen ist, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflüssmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten, zu nehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.1996 – VI ZR 138/95, NJW 1996, 1958). Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung betreiben (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris Rn. 7).“

    Und auch in richtiger Anbindung weiter:

    „Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besondere Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder (BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris Rn. 8).“

    Zu der schadenersatzrechtlich zu beurteilendenden Erstattungsverpflichtung der einem Gechädigten entstandenen Gutachterkosten ein beachtenswertes Urteil mit viel Substanz, das ohne einen krankhaften
    Klimmzug nach einem Honorartableau auskommt.

    Diese Richterin des AG Frankfurt hat damit dargetan, dass sie durchaus eigenständig und souverän den nach dem Gesetz zu beurteilenden Sachverhalt abhandeln konnte, was allerdings in der Wertminderungsfrage leider nicht gelungen ist, denn ein qualifizierter und unabhängiger Kfz.-Sachverständiger wird nicht auf eine angeblich „anerkannte Berechnungsmethode“ für die Höhe der Merkantilen Wertminderung zurückgreifen, weil kein Teilnehmer an einem breit gefächerten Gebrauchtwagenmark nach einer solchen schematisierten Berechnungsmethode die Höhe der Merkantilen Wertminderung berechnet und schon von vornherein deshalb ein Betrag von 200,00 € keine realistische
    Objektabwertung darstellen kann.

    Mit freundlichen Grüßen

    C. Lambert

  2. Hans-Jürgen S. sagt:

    Geneigte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
    welche Bedeutung hat denn die Begrifflichkeit „merkantil“ im ureigensten Sinne?
    Ich darf hier den Duden zitieren:
    „den Handel betreffend; kaufmännisch“
    französisch mercantile < italienisch mercantile, zu: mercante = Händler, zu: mercare …

    Oder anstatt den Handel:
    die Versicherung,
    >den Schädiger,
    >die Justiz
    >die Theorie dazu betreffend?

    Nein! Weil nämlich alleine der Handel am Markt diesen Wert regelt!
    Und wer kennt den besser als der Sachverständige, der nach:
    regionalen, aktuellen, den Fahrzeugdaten entsprechenden Gesichtspunkten diesen merkantilen Minderwert dann vertret- und nachweisbar festlegt?
    Etwa ein Richter und die Justiz damit per se???
    Oder der der es bezahlen muss, nämlich die Versicherung?
    Hier sollte auch der Fokus auf das Integritätsinteresse des Geschädigten gelegt werden.
    Als wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch kann dieser Anspruch sehr wohl nachvollzogen werden.
    Oder wer kauft denn bitte ein vergleichbares, aber bereits verunfalltes Fahrzeug für nur
    200,- Euro weniger?
    Da sind die Sachverständigen sowieso schon schwer auf der Spur der Versicherer unterwegs.
    Unter 500,- Euro locken Sie keinen Käufer mehr hinter dem Ofen vor.
    Und schon gar nicht diesen Richter, Sachverständige, Sachbearbeiter, Anwälte der Versicherung.
    Persönlich finde ich die Doppelmoral einfach unangebracht.
    Gerade habe ich mich dazu mit einem ehemaligen Kollegen dazu in einem Fall versucht zu verständigen.
    (der jetzt auf die dunkle Seite der Macht gewechselt ist)
    Er sagt ganz klar, dass er jetzt wider besseres Wissen dazu verpflichtet worden ist.
    Und zitiert u.a. in der Begründung im betreffenden Gutachten dazu das BGH, VI ZR 257/03.
    Womit wir bei den „Nebelkerzen*“ sind, die die Versicherer ganz bewusst aufstellen.
    *(Zitat RA Otting / Gedächtnisprotokoll)
    Womit versucht wird der Bogen von der Theorie zur Praxis zu schlagen an folgendem Praxisbeispiel:
    Ich möchte ein Fahrzeug veräußern, kläre den Interessenten ordnungsgemäß über diesen sach- und fachgerecht instandgesetzten Vorschaden auf und entgegne der Forderung nach Preisnachlass mit dem Verweis auf den BGH!
    (Weil der Gutachter der Versicherung des Schädigers , dass ja damals so festgelegt hat.)
    Was denken Sie was obsiegt?
    Theorie oder Praxis?
    Womit sich der Kreis schließt hinsichtlich der Bedeutung „merkantile Wertminderung“
    Vielleicht sollten wir die Begrifflichkeit zur einfacheren Verständlichkeit dahingehend untersetzen mit dem Wort „marktübliche“ Wertminderung.

    Beste Grüße H.-J Schulze

  3. G.v.H. sagt:

    @Hans-Jürgen S.
    dieser Beitrag sollte zumindest nachdenklich stimmen, denn die Frage: „Oder wer kauft denn bitte ein vergleichbares, aber bereits verunfalltes Fahrzeug für nur 200,- Euro weniger?“ ist praxisorientiert ebenso verständlich, wie die Vermutung: „Da sind die Sachverständigen sowieso schon schwer auf der Spur der Versicherer unterwegs. Unter 500,- Euro locken Sie keinen Käufer mehr hinter dem Ofen vor.“ Man darf es ruhig einmal deutlich sagen und anprangern: Ein Sachverständiger der eine angeblich „anerkannte Berechnungsmethode“ dem Gericht andient, hat von einer qualifizierten Marktrecherche 0 Ahnung, denn er sollte eigentlich wissen, dass mit jedweder schematisiert angelegten Berchnungsmethode
    v o r g e b e n d und pauschaliert über die Minderwerthöhe durch Zubilligung bestimmt wird und nicht
    e r k e n n e n d der tatsächlichen Marktsituation Rechnung getragen wird. Die maßgebliche Bezugsgröße für den Merkantilen Minderwert ist und bleibt der Fahrzeugwert, denn dieser Objektwert wird gemindert auf Grund der Offenbarungspflicht. Damit wird in einer beurteilungsrelevanten Recherche das Fragenpaket zielgerichtet gebündelt. Vielleicht hätte der vom Gericht beauftragte Kollege der hier zuständigen Richterin einmal erklären sollen, was denn eine „mittlere Wertminderung“ ist und wie mit einer angeblich anerkannten Berechnungsmethode (von wem eigentlich ?) im konkreten Fall der Prozentsatz von Gebrauchtwageninteressenten ausreichend sicher dargestellt werden kann, die ein solches Unfallfahrzeug überhaupt nicht kaufen würden.ich bin mir absolut sicher, dass er mit einer solchen Erklärung hoffnungslos gestrandet wäre. Schade ist nur, dass die Richterin die „Anknüpfungstatsachen“ zur Sachaufklärung nicht weiter hinterfragt hat.

    G.v.H.

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