AG Frankfurt am Main zum Zweiten: AG Frankfurt verurteilt erneut HUK-COBURG Allg. Vers. AG zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 23.3.2015 – 29 C 338/15 (97) -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

hier und heute stellen wir Euch auch noch das zweite Urteil aus der Urteilsreihe des AG Frankfurt am Main zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG vor. Nicht nur der Dezernent der 30. Zivilabteilung, auch der zuständige Richter der 29. Zivilabteilung des AG Frankfurt am Main verurteilte mit kurzem  und richtigem Urteil die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung der vorgerichtlich rechtswidrig gekürzten Sachverständigenkosten. Lediglich der Verweis auf das BGH-Urteil vom 22.7.2014 – VI ZR 357/13 – ist unpassend. Bei dem Rechtsstreit, der dem Revisionsverfahren VI ZR 357/13 zugrunde lag, handelte es sich um (an Erfüllungs Statt) abgetretene Sachverständigenkosten, während hier der Geschädigte selbst aus eigenem Recht den restlichen Schadensersatz geltend macht (= VI ZR 225/13). Lest aber selbst das weitere Urteil aus unserer Wochenendreihe und gebt dann bitte Eure Kommentare ab. 

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker

Amtsgericht Frankfurt am Main
Aktenzeichen: 29 C 338/15 (97)

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger,

gegen

HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG vertr. d. Vorstand, Lyoner Str. 10, 60524 Frankfurt am Main

Beklagte,

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main – Abteilung 29 – durch den Richter Dr. F. ohne mündliche Verhandlung im Verfahren nach § 495a ZPO für Recht erkannt:

1.   Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 300,09 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.12.2014 zu zahlen.
2.   Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.   Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe
(wegen § 313a Abs. 1 ZPO ohne Tatbestand)

Die Klage ist zulässig und begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten aus abgetretenem Recht ein Schadensersatzanspruch in zuerkannter Höhe wegen des Verkehrsunfalls am 12.11.2014 aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 249, 398 BGB zu.

Der von dem Geschädigten an den Kläger abgetretene Schadensersatzanspruch beläuft sich auf die Sachverständigenkosten in Höhe von 750,09 Euro ohne Mehrwertsteuer, wovon die Beklagte außergerichtlich 450,00 Euro regulierte.

Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert die Abtretung nicht an fehlender Bestimmtheit der abgetretenen Forderung. Durch die vom Kläger verwendete Abtretungsklausel werden die abgetretenen Ansprüche hinreichend bestimmt.

Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO bildet der auf der Basis der zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen getroffenen Preisvereinbarung geschuldete Betrag ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Ausnahmsweise sind die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden, wenn sie für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen (BGH, Urteil vom 22.07.2014, Az. VI ZR 357/13 = NJW 2014, 3151).

Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die von dem Sachverständigen in Rechnung gestellten Beträge aus Sicht des Geschädigten erkennbar über den üblichen Preisen gelegen haben. Die Höhe der Gutachterkosten liegt unterhalb der von vielen Gerichten als maßgeblich für die Beurteilung angesehenen Grenze von 25 % der Reparaturkosten. Die Beklagte trägt zudem nicht substantiiert vor, dass die konkret berechneten Beträge von den üblichen Beträgen abweichen und für einen Laien erkennbar war, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festgesetzt hat. Die Beklagte trägt lediglich vor, dass die Kosten überhöht sind und die jeweiligen Tätigkeiten in kürzerer Zeit hätten erbracht werden können. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es aber nicht darauf an, ob die berechneten Kosten dem Aufwand der Tätigkeit entsprechen oder im Einzelfall überteuert sind.

Der Anspruch des Klägers auf die geltend gemachten Zinsen ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruhtauf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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3 Antworten zu AG Frankfurt am Main zum Zweiten: AG Frankfurt verurteilt erneut HUK-COBURG Allg. Vers. AG zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 23.3.2015 – 29 C 338/15 (97) -.

  1. schmidt123 sagt:

    man fragt sich, wie viele Klatschen die HUK noch braucht um endlich die Rechtslage zu begreifen.
    Ich werde jedenfalls die HUK bei der nächsten Wahl der Versicherung nicht in die Wahl einbeziehen. Da ist man ja „angeschissen“, wenn’s mal kracht.

  2. Padre Johannes sagt:

    Ich lese: „Ausnahmsweise sind die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden, wenn sie für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen (BGH, Urteil vom 22.07.2014, Az. VI ZR 357/13 = NJW 2014, 3151).“

    Ja, wann und was bedeutet denn „Ausnahmsweise“?
    Warum drücken sich die Juristen/Richter immer wieder so schwammig aus, dass geradezu irrwitzige Interpretationen möglich sind ? Was ist denn für einen unbedarften Geschädigten „erkennbar erheblich“ ? 25% der Reparaturkostenhöhe? Woher kommt eine solche Grenzziehung und welche tragfähige Begründung soll es dafür geben? Ist das Unfallopfer ein Richter am AG, muss dann für den Begriff „erkennbar erheblich“ von einer anderen Beurteilungsbasis ausgegangen werden? Und wie ist das bei einem Unfallopfer, das beispielsweise sogar Vorsitzender einer Berufungskammer wäre, die mit solchen Vorgängen -wie hier- auch befasst ist ? Muss vieleicht für die Zuordnung des Begriffes „erkennbar erheblich“ auch noch zwischen einem Geschäftsmann und einer Hausfrau unterschieden werden oder gar nach Konfession oder Altersgruppen? Wären 30% der Schadenhöhe oder gar 50% der Schadenhöhe aus einer ex post Betrachtung an eine Beurteilung mit dem Begriff „erkennbar erheblich“ anzubinden?
    Warum scheint es so schwierig zu sein, einen eindeutigen Begriff, der schadenersatzrechtlich auch für das Volk verständlich ist, zu etablieren, wenn überhaupt erforderlich. Gerade wenn man die nachfolgende Passage der Entscheidungsgründe liest , scheint die Erforderlichkeit entbehrlich zu sein, denn sie trifft den Kern der Beurteilung und zeigt, dass Einwendungen bezüglich einer angeblichen Nichterforderlichkeit oder unsubstantiiert behaupteten Überteuerung n i c h t
    e r h e b l i c h sind, wie in der Regel auch nicht seitenlange Überlegungungen zur Höhe von Nebenkostenpositionen unter dem Dach werkvertraglicher Gesichtspunkte, weil in den Entscheidungsgründen zutreffend ausgeführt wurde:

    „Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es aber nicht darauf an, ob die berechneten Kosten dem Aufwand der Tätigkeit entsprechen oder im Einzelfall überteuert sind.“

    Es kann nicht übersehen werden, dass einem Unfallopfer auch hier ein Verstoss gegen die Schadengeringhaltungspflicht nicht zu unterstellen ist, wenn man ihm zubilligt, dass eine Preiserkundigungspflicht am Markt nicht besteht (weil überhaupt nicht realisierbar) und ihm später ex post Betrachtungen um die Ohren gehauen werden, obwohl der BHG unmißverständlich und ausreichend ausführlich dargelegt hat, was aus der ex-ante Sicht des Unfallopfers zu bedenken ist.
    Der Trick der honorarkürzenden Versicherungen besteht nun darin, unter Berufung auf die BGH-Entscheidung aus Juli 2014 die Bedeutung dieser ex ante Position und damit die Indizwirkung zu beerdigen. Zweifelsohne ist damit ein nicht leichtes Unterfangen verbunden, dieser Fehleinschätzung entgegenzutreten und themaverfehlende Fußangeln zu beseitigen. Nach wie vor
    wird u.E. in Urteilen die Frage eines Auswahlverschuldens in Verbindung mit einem eindeutigen Verstoß gegen die Schadengeringhaltungspflicht immer noch viel zu wenig abgehandelt und zur Abkürzung der schadenersatzrechtlich beurteilungsrelevanten Grundbetrachtung das zu berücksichtigende „Werkstattrisiko“ vernachlässigt, denn auch das gilt nach dem Grundgedanken für verursachte Sachverständigenkosten. Man erkennt daran, dass der BGH keinewegs grundlos ein Überprüfungsverbot angesprochen und die Regulierungsverpflichtung auch für als überhöht behauptete Honorar verdeutlicht hat.

    Pax vobiscum
    Padre Johannes

  3. Juri sagt:

    Da ist er wieder, wenn auch unzutreffend – der nette Hinweis auf BGH VI ZR 357/13. Unser aller Dank gilt dem begnadeten Anwalt der das erreicht hat.
    Das wird uns noch um die Ohren fliegen – da bin ich mir sicher.

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