AG Grimma verurteilt die HUK 24 AG im Ergebnis richtig zur Zahlung restlichen Schadensersatzes in Form der abgetrenenen restlichen Sachverständigenkosten, allerdings mit nicht überzeugender Begründung ( AG Grimma Urteil vom 25.8.2017 – 2 C 1116/16 – ).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

zum Wochenende stellen wir Euch heute doch noch ein Urteil im Schadensersatzprozess um gekürzte Sachverständigenkosten vor. Es handelt sich um ein Urteil des AG Grimma vom 25.8.2017 – 2 C 1116/16 -, bei dem das Gericht in dem Rechtsstreit gegen die HUK 24 AG zu Beginn völlig zutreffend auf die Tatsache hingewiesen hat, dass der BGH die Sachverständigenkosten als über § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteil ansieht. Der entsprechende Absatz im Urteil ist durch den Autor besonders hervorgehoben. Allerdings verfällt das Gericht dann in den alten Trott, indem die Einzelposten der Sachverständigenkostenrechnung nach § 287 ZPO überprüft werden, ohne nachzudenken, dass § 287 ZPO eine Darlegungs- und Beweiserleichterungsnorm zugunsten des Klägers ist. Im Übrigen hätte im Rahmen der Schadenshöhenschätzung lediglich der Endbetrag Berücksichtigung finden dürfen, denn § 278 ZPO ist eine Schadenshöhenschätzung, nicht eine Überprüfungsnorm einzelner Rechnungsposten. Folgerichtig hatte der BGH in der vom erkennenden Gericht zitierten Entscheidung VI ZR 67/06 unter Randnummer 13 auch festgestellt, dass weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt ist, eine Preiskontrolle durchzuführen (BGH VI ZR 67/06 Rn. 13; BGH VersR 2004, 1189, 1190 f.). Daher ist das nachfolgend dargestellte Urteil des AG Grimma in dem Rechtsstreit des aus abgetretenem Recht klagenden Sachverständigen gegen die HUK 24 AG nur im Ergebnis richtig. Dass der Geschädigte seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der vollständigen Sachverständigenkosten gemäß der Rechnung des Sachverständigen an diesen erfüllungshalber gemäß § 398 BGB abgetreten hat, ändert nichts daran, dass es sich um einen Schadensersatzanspruch handelt und nicht um einen eigenen oder abgetretenen Werkohnanspruch (vgl. BGH VI ZR 491/15 Rn. 22). Schadensersatz bleibt Schladensersatz, auch wenn der Schadensersatzanspruch abgetreten wird. Im Übrihen ist der Sachverständige, den  der Geschädigte zur Feststellung des Schadensumfangs und der Schadenshöhe hinzuzieht, der Erfüllungsgehilfe des Schädigers im Rahmen der Wiederherstellung des vor dem Schadensereignis bestehenden Zustandes (OLG Naumburg DS 2006, 283 = NJW-RR 2006, 1029). Insoweit ist auch verständlich, dass es sich bei den Sachverständigenkosten um unmittelbar mit dem Schaden verbundene und gemäß § 249 I BGB auszugleichende Vermögensnachteile handelt, sofern die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (BGH VI ZR 67/06 Rn. 11). Obwohl das Urteil im Ergebnis richtig ist, nämlich dass die HUK 24 AG zur Zahlung restlichen, abgetretenen Schadensersatzes verurteilt wurde, so überzeugt die Begründung nicht. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. 

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker

Amtsgericht Grimma

Abteilung für Zivilsachen

Aktenzeichen: 2 C 1116/16

Verkündet am: 25.08.2017

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK 24 AG, Willi-Hussong-Staße 2, 96440 Coburg, vertr.d.d.Vorstand, d.v.d.d. Vorstandsvorsitzenden Detlef Frank

– Beklagte –

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Grimma durch
Richterin am Amtsgericht …
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25.08.2017 am 25.08.2017

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 61,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 15.11.2013 zu zahlen.

2.        Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten der Rechtsanwälte … in Höhe von 70,20 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11.11.2013 durch Zahlung an die Rechtsanwälte … freizustellen.

3.        Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert beträgt 61,78 EUR.

Tatbestand

Auf die Abfassung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

Der Klägerin steht ein weitergehender Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte insoweit zu, als sie restliche Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens geltend macht.

Die geltend gemachten restlichen Sachverständigenkosten sind gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erstattungsfähig. Die Begutachtung des Schadens war unstreitig erforderlich und verstieß angesichts der Schadenshöhe nicht gegen die Schadenminderungspflicht der Klägerin. Der Höhe nach entsprechen die Sachverständigenkosten hier hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten dem, was ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch für erforderlich halten durfte.

Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Insoweit kommt es nicht darauf an, welche Beträge der Geschädigte bezahlt hat, sondern welcher Aufwand als „erforderlich“ zur Wiederherstellung angesehen werden kann. Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger, noch das Gericht im Schadensprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (BGH VersR 2004, 1189). Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars (AG Essen, VersR 2000, 68).

Die Frage, ob nach einem Verkehrsunfall ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB verlangt werden kann, ist zu bejahen. Dies ließ sich im Grunde bereits aus der Entscheidung des BGH vom 04.04.2006, NJW 2006, 2472, entnehmen, auch wenn diese allein das Verhältnis zwischen Gutachter und dem Auftraggeber betraf. Der BGH hat seine Rechtsansicht bestätigt mit Urteil vom 23.01.2007, VI ZR 67/06.

Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungs-aufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erschienen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Insoweit ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpfiichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.

Der BGH hat in seiner letzten Entscheidung vom 26.04.2016, VI ZR 50/15, folgendes erklärt:

„Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeuges gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist.“

Dem Geschädigten obliegt im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsschluss geforderten oder später berechneten Preise.

Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter im Rahmen der Schätzung der bei der Begutachtung anfallenden und erforderlichen Nebenkosten gemäß § 287 ZPO die Bestimmung des JVEG als Orientierungshilfe heranzieht.

Die Bemessung der Höhe des Schadenersatzanspruches ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen hat, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt hat, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen hat oder seine Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat.

Der BGH hat insoweit seine Rechtsprechung nicht abgeändert, als er davon ausgeht, dass der besonders freie Tatrichter eine Schätzungsgrundlage suchen und finden muss, aufgrund derer er die angemessenen Sachverständigenkosten errechnet. Dass der BGH in diesem Fall JVEG zugrunde gelegt hat, liegt daran, dass das erstinstanzliche Gericht die Schätzung auf dieser Grundlage durchgeführt hat. Der BGH hat jedoch nicht dadurch zum Ausdruck gebracht, dass das JVEG die einzig mögliche Schätzungsgrundlage ist, sondern vielmehr, dass der Tatrichter die Schätzungsgrundlage selbst wählen kann und insoweit besonders frei ist.

Das AG Grimma geht nicht von der Schätzungsgrundlage des JVEG aus, sondern vielmehr von der BVSK 2013.

Die von der Klägerin geltend gemachte Kostenrechnung überschreitet nicht den Rahmen dessen, was ein verständiger Mensch als zweckmäßig und notwendig ansehen durfte. Hiervon geht das Gericht im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO aus.

Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadenersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadenbetrages wird als Erfolg geschuldet. Hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (BGH, Urteil vom 04.04.2006, X ZR 122/05).

Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Sachverständige hier eine aus Grundhonorar und Nebenkosten zusammengesetzte Rechnung erstellt. Die abgerechneten Nettokosten überschreiten die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung. In Ermangelung einer konkreten Vereinbarung über die Höhe des Honorars bemisst sich dieses gemäß § 632 Abs. 2 BGB nach der üblichen Vergütung.

Während das Grundhonorar im Einzelfall recht einfach anhand der Tabellenwerte aus der BVSK-Befragung 2013 oder den individuellen Berechnungslisten des Sachverständigen bestimmt werden kann, liegt dies bei den Nebenkosten anders, da sie lediglich in Einzelpositionen aufgeführt werden. Wie hoch sie üblicherweise insgesamt anfallen, ergibt sich aus den Tabellen nicht. Deshalb hat das Gericht hinsichtlich der Nebenkosten im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die angemessene Vergütung selbst festzusetzen. Von Nebenkosten im eigentlichen Sinne kann man nur dann sprechen, wenn es sich um eine im Verhältnis zur Hauptforderung untergeordnete Bedeutung der Kostenposition handelt. In der Rechtsprechung wird eine Grenze derart gezogen, dass die Nebenkosten in Relation zum Grundhonorar in der Regel nicht mehr als 25 % betragen dürfen (AG Arnsberg, Urteil vom 17.06.2009, a.a.O. und Anmerkung Woite hierzu: juris, PR Verkehrsrecht 9/2010, Anm. 5).

Dieser Auffassung schließt sich das Gericht an. Von Nebenkosten kann daher nur gesprochen werden, wenn diese mehr als ein Viertel der Hauptforderung ausmachen.
Dem ist vorliegend nicht so. Der Sachverständige hat als Nebenkosten einen Betrag von insgesamt 124,30 EUR netto in Rechnung gestellt. Dies entspricht ca. 21 % des Grundhonorars von 594,00 EUR netto. Daher sind die vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Nebenkosten auch keine solchen Positionen, die bereits vom Grundhonorar abgedeckt sind.

Der geltend gemachte Anspruch war daher zuzusprechen.

Die geltend gemachten Zinsen ergeben sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

Die Rechtsanwaltskosten beruhen auf den §§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. 1, 13 RVG.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

III.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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2 Antworten zu AG Grimma verurteilt die HUK 24 AG im Ergebnis richtig zur Zahlung restlichen Schadensersatzes in Form der abgetrenenen restlichen Sachverständigenkosten, allerdings mit nicht überzeugender Begründung ( AG Grimma Urteil vom 25.8.2017 – 2 C 1116/16 – ).

  1. Iven Hanske sagt:

    Leider nur geschrieben und nicht praktiziert! Also juristischer Schrott! :
    „Insoweit kommt es nicht darauf an, welche Beträge der Geschädigte bezahlt hat, sondern welcher Aufwand als „erforderlich“ zur Wiederherstellung angesehen werden kann.“

    „Dem Geschädigten obliegt im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsschluss geforderten oder später berechneten Preise.“

    „„Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeuges gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist.“

  2. R-REPORT-AKTUELL sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    danke für die Einstellung und Deine Kommentierung dieses Urteils des AG Grimma. Einiges an diesem Urteil ist bemerkenswert deutlich, anderes gleichwohl verfehlt und überflüssig.

    Zunächst ein guter Start in den Entscheidungsgründen bis auf die Bezugnahme hinsichtlich § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Klägerin wollte die ihr entstandenen Gutachterkosten ersichtlich nicht fiktiv abrechnen.

    Den nachfolgenden Textblock könnte man zur Vermeidung von Missverständnissen allerdings auch deutlicher fassen:

    „Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand [nur] die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erschienen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, [sofern] er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Insoweit ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpfiichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.“

    Das „nur“ ist so überflüssig, wie ein Kropf und dürfte begrifflich auch der Ansatz sein, auf eine vermeintliche Überprüfungsnotwendigkeit hinzuwirken. Zu dem dem Begriff „sofern“ bleibt festzuhalten, dass sie die für die Schadenbeseitigung aufzuwendenden Kosten regelmäßig nicht beeinflussen kann und das schon gar nicht „im Rahmen des ihr Zumutbaren“, weil sie gerade nicht ex ante zu einer Erforschung des IHR zugänglichen Marktes verpflichtet ist, um einen für den Schädiger und dessen Haftpfiichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.

    Eine „gewisse Plausibilitätskontrolle“ ist darauf beschränkt, ob der Sachverständige die Rechnungspositionen fehlerfrei addiert hat, ob er anhand der Schadenhöhe und der Geschäftsbedingungen nach dem eigenen Honorartableau das Grundhonorar richtig ermittelt hat, ob nach den grundsätzlichen weiteren Abrechnungsmodalitäten die Fahrtkosten zutreffend berücksichtigt wurden und die Kopien sowie die Schreibkosen und Fotokosten unter jeweiliger Berücksichtigung der Stückzahlen richtig ermittelt wurden, denn selbst ein Kostenbeamter bei Gericht macht auch nichts anderes. Damit erschöpft sich dann aber auch schon die Begrifflichkeit, was eine „gewisse Plausibilätskontrolle“ angeht und nur wer den Grundatz des Schadenersatzes gem. § 249 S.1 BGB ausblenden möchte, bedient sich dann eines subjektiv geprägten Dritten. Diese fiktive Schattenfigur wird dann in ihren Mustereigenschaften subjektiv geprägt von den Vorstellungen des Gerichts, das eine andere Zielsetzung im Auge hat, die sich entweder beschränkt auf normative Zubilligung von teilweise gekürzten Kosten.

    Begrüßenswert sind jedoch die folgenden Überlegungen des Gerichts:

    „Dass der BGH in diesem Fall JVEG zugrunde gelegt hat, liegt daran, dass das erstinstanzliche Gericht die Schätzung auf dieser Grundlage durchgeführt hat. Der BGH hat jedoch nicht dadurch zum Ausdruck gebracht, dass das JVEG die einzig mögliche Schätzungsgrundlage ist, sondern vielmehr, dass der Tatrichter die Schätzungsgrundlage selbst wählen kann und insoweit besonders frei ist.“

    Wenn auch eine Schätzung gemäß § 287 ZPO nicht veranlasst war, weil mit der Rechnung des Sachverständigen schon ein Dokument vorlag, das durch irgendwelche Honorarerhebeungen von Berufsverbänden in seiner absoluten Genauigkeit vorrangig ist, hätte das Gericht es bei der der Feststellung belassen können:

    „Die von der Klägerin geltend gemachte Kostenrechnung überschreitet nicht den Rahmen dessen, was ein verständiger Mensch als zweckmäßig und notwendig ansehen durfte. Hiervon geht das Gericht im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO aus.“

    Die Schätzung müsste sich allerdings auf eine Gesamtkostenbetrachtung beziehen, wobei eine Grenzziehung für die Nebenkosten bei 25 % des Grundhonorars keine Rechtsgrundlage hat, da diese im Gegensatz zum Grundhonorar immer unabhängig von der Schadenhöhe sind. Andernfalls würde auch Sinn und Zweck der BGH-Grundsatzentscheidung des VI. Zivilsenats vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 ignoriert, denn da lag der Nebenkostenanteil bei rund 73 %.

    Selbst wenn man zunächst nur das mit dem Betrag X von der Beklagten als erforderlich behauptete Honorar unterstellen würde, wäre zur einfachen Beurteilung der sich damit ergebenden Widersprüchlichkeit der nachfolgende Beschluss des BGH vom 24.07.2003 (IX ZR 131/00) weitaus hilfreicher und schadenersatzrechtlicher zutreffender als die Abstützung auf eine als fragwürdig bekannte Honorarerhebung, auf die dieses Urteil abstellt, denn da heißt es u.a.:

    „Die äußerste Grenze eines angemessenen Honorars ist überschritten, wenn der Auftragnehmer seinen Aufwand in grober Weise eigensüchtig aufbläht und das Wirtschaftlichkeitsgebot wissentlich außer Acht lässt.
    Das ist der Fall, wenn die äußerste Grenze eines aufwandsangemessenen Honorars um etwa das Doppelte überschritten wird.“

    Keine der bisher bekannten Kürzungen liegt allerdings auch nur näherungsweise in einer solchen Region, was deshalb schon u.a. auch das AG Bitterfeld veranlasst hat, von vornherein solche unzutreffenden und schadenersatzrechtlich nicht erheblichen Einwendungen zurückzuweisen.

    Unabhängig davon lassen sich jedoch auch folgende Rechtsgrundsätze dem BGH-Beschluss folgerichtig anschließen:

    Der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag umfasst auch die Kosten, welche der Geschädigte für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens aufwenden musste (vgl. auch: Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 75.Auflage 2016, § 249 Rn. 58).

    Die Vorschrift des § 249 BGB verpflichtet den Schädiger grundsätzlich, im Rahmen seiner Haftung die dem Geschädigten entstandenen Nachteile vollständig auszugleichen.

    Es ist nicht Anliegen der Norm, diese Haftung unter Inanspruchnahme des Geschädigten auf dessen Kosten zu mindern bzw. auszuhöhlen.

    Auch vor diesem Hintergrund findet damit eine Begrenzug der Nebenkosten auf 25 % keine Rechtsgrundlage, weil ein Gericht nicht einen „gerechten“ Preis festzulegen hat, wie es sehr deutlich auch schon in dem nahezu mustergültigen Urteil des AG Saarlouis vom 18.3.2015 – 26 C 419/14 (11) gegen die ebenfalls hier Beklagte u.a. wie folgt klagestellt wurde:

    „Zunächst einmal ist es ohne einen kartell- oder monopolrechtlichen Prüfungsauftrag nicht Aufgabe der Gerichte, hinsichtlich der vertraglichen Preisabsprachen von Marktteilnehmern (hier zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen) für eine Vielzahl von Fällen verbindliche Vorgaben zur Honorarstruktur, zur Abrechnungshöhe und zur grundsätzlichen Höhe einzelner Abrechnungsunterpositionen zu machen, solange der Gesetzgeber den Gerichten hierfür keinen gesetzlichen Prüfungsspielraum eröffnet. Eine Preiskontrolle hat durch die Gerichte in der Regel nicht stattzufinden (vergleiche BGH NZV 2007, 455 = DS 2007, 144).“

    Zurück zur Ausgangslage und hierzu die bereits angesprochene Betrachtung des AG Bitterfeld mit Urteil vom
    24.2.2017 – 7 C 813/16 -:

    „Soweit die Beklagte hiergegen dezidiert Einwendungen erhoben hat, hat das Gericht über die Begründetheit dieser keine Entscheidung zu treffen. Denn der Beklagten als Haftpflichtversicherung der Schädigerin ist es verwehrt, sich gegenüber dem Geschädigten und damit vorliegend auch gegenüber dem Kläger, welcher den abgetretenen Anspruch des Geschädigten gegenüber der Beklagten geltend macht, auf eine vermeintliche Überhöhung der Sachverständigenkosten zu berufen. Dieser Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Naumburg (z.B.: Urteil vom 20.01.2006, Geschäftsnummer: 4 U 49/05) folgt das erkennende Gericht in ständiger Rechtsprechung (z.B. Urteil gegen die hiesige Beklagte vom 12.05.2016, Geschäftsnummer: 7 C 103/16).“

    Warum also lassen die Gerichte sich eigentlich immer wieder zu einem solch unnötigen immensen Aufwand im wahrsten Sinne des Wortes verführen?

    R-REPORT-AKTUELL

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