AG Halle (Saale) verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten und entscheidet mit erfreulich klaren Worten zur fiktiven Schadensabrechnung mit Urteil vom 22.9.2011 – 96 C 1141/10 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

weil es in Halle so schön gelaufen ist, nun auch noch ein aktuelles Urteil der Amtsrichterin der 96. Zivilabteilung des AG Halle /Saale  zur fiktiven Abrechnung und zu den Sachverständigenkosten. Und wieder war die HUK-Coburg die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung. Und wieder einmal behauptet die Beklagte – wider besseres Wissen -, dass die Verbringungskosten sowie die UPE-Zuschläge nur zu erstatten seien, wenn sie auch tatsächlich anfallen. Offenbar verkennt die Coburger Firma die Funktion der fiktiven Abrechnung. Auch die Reparaturkosten sind fiktiv abzurechnen und zu erstatten, auch wenn der Geschädigte sich zu einer Reparatur nicht entscheidet. Hier wird wieder einmal bewußt die herrschende Rechtslage  falsch dargestellt, um sich einen rechtswidrigen Vorteil zu verschaffen. Gott sei Dank ist es im Versuchsstadium stecken geblieben. Auch die Einwände zu den erforderlichen Sachverständigenkosten sind unerheblich.  Auch darauf hat die Amtsrichterin zutreffend hingewiesen.  Insgesamt wieder ein schönes Urteil gegen die HUK-Coburg, die schon wieder was auf die Ohren gekriegt hat. Man könnte meinen, die HUK-Coburg habe ihre Rechtsabteilung aus Kostengründen abgeschafft. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Euer Willi Wacker

Amtsgericht Halle (Saale)                          Verkündetam: 22.09.2011

96 C 1141/10

Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Firma HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG, vertr. d.d. Vorstand, d.d.d. Vorsitzenden Rolf-Peter Hoenen u. a., Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg

Beklagte

hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 01.09.2011 durch die Richterin am Amtsgericht …

für Recht erkannt:

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 684,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.06.2009 sowie 60,33 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 19.08.2010 zu zahlen.

2.) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger hinsichtlich der Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens durch das Kfz-Sachverständigenbüro … , in Höhe von restlichen 194,35 € freizustellen.

3.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am xx.05.2009 gegen xx.xx Uhr in Halle ereignet hat. Die Haftung dem Grunde ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Kläger hat zur Feststellung des durch den Verkehrsunfall verursachten Schaden ein Sachverständigengutachten des Kfz-Sachverständigenbüro … am 04.06.2009 eingeholt. Darin ist der Sachschaden abzüglich einer Wertverbesserung in Höhe von 3.813,84 € netto ausgewiesen. Die Beklagte hat darauf eine Zahlung in Höhe von 3.171,36 € erbracht

Die Beklagte hat den kalkulierten Schaden um den 10%igen Aufschlag für Ersatzteile (UPE-Zuschläge) sowie um die Verbringungskosten gekürzt. Die ausgewiesenen Arbeitskosten für Arbeiten der Lohnklasse 1 (Karosserie, Mechanik, Elektrik) hat die Beklagte mit einem Stundenlohn von 61,00 € zur Erstattung gebracht, während das Gutachten mit einem Stundenlohn von 72,00 € kalkuliert hat. Des Weiteren hat die Beklagte die Lackierkosten in Höhe eines Stundenlohnes von 72,00 € erstattet. Das Sachverständigengutachten geht von Lohnkosten von 89,00 € pro Stunde aus. Einen Zuschlag für das verwendete Lackiermaterial hat die Beklagte nicht mit 40 %, sondern mit 35 % erstattet. Der Sachverständige hat ausweislich seiner Rechnung vom 04.06.2009, auf die inhaltlich Bezug genommen wird, Kosten in Höhe von 740,48 € errechnet. Darauf hat die Beklagte einen Betrag in Höhe von 546,13 € an den Sachverständigen direkt gezahlt. Offen ist daraus ein Betrag in Höhe von 194,35 €. Der Kläger hat seine Ansprüche außergerichtlich mit Schreiben vom 01.07.2009 von seinem nunmehrigen Prozessbevollmächtigten geltend machen lassen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 684,66 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.06.2009 sowie 60,33 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie hinsichtlich der Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens durch das Kfz-Sachverständigenbüro … , in Höhe von restlichen 194,35 € freizustellen.

 

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, die Verbringungskosten seien als Eventualposition nicht erstattungsfähig. Was gleichermaßen für den Ersatzteilpreisaufschlag gelte. Auch Entsorgungskosten seien Eventualpositionen, deren konkreter Anfall nicht belegt sei. Die Beklagte meint, im Autohaus … in Halle sowie bei der Firma … in Geusa-Blösien oder bei der Firma … in Sennewitz sei eine qualitativ hochwertige Reparatur zu den von ihr regulierten Stundensätzen möglich. Die Sachverständigenkosten seien nicht als ortsüblich anzusehen. Sie lägen höher als die vom Interessenverband der Sachverständigen BVSK vorgegebenen Empfehlungen.

Wegen des weiteren Sachvortrages und der vertretenen Rechtsauffassungen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von weiteren Schadenersatz in Höhe von 684,66 € aus dem Verkehrsunfall vom xx.05.2009 gemäß §115 VVG in Verbindung mit § 249 BGB.

Das Gericht hält sowohl die UPE-Aufschläge in Höhe von 144,14 €, die Verbringungskosten von 7,50 € und die Entsorgungskosten von 7,50 € für erstattungsfähig. Nach Ansicht des Gerichts sind Ersatzteilzuschläge, Verbringungskosten und auch die Entsorgungskosten, wenn sie in einem Sachverständigengutachten als Schadenspositionen benannt werden, bei einer fiktiven Abrechnung als erstattungsfähig anzusehen. Der fiktiven Abrechnung ist immanent,Schadenspositionen gerade nicht nach ihrem Anfall abgerechnet werden. Die  Abrechnung ist fiktiv. Warum einzelne Ersatzteilpositionen dann nicht erstattungsfähig sein sollen, weil sie womöglich nicht anfallen, mag das Gericht nicht nachzuvollziehen. Zwar werden insoweit verschiedene Auffassungen vertreten. Dass erkennende Gericht hält an seiner Rechtsauffassung fest.

Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Erstattung der fiktiven Lohnkosten entsprechend der Berechnung des Schadensgutachtens. Auch die Kürzung der Stundenlöhne hält das Gericht vorliegend nicht für gerechtfertigt. Entgegen der Darstellung der Beklagten wurden die Stundensätze einer freien Werkstatt zugrunde gelegt. Der Kläger ist auch nicht auf Werkstätten außerhalb von Halle zu verweisen. Aus dem Bereich Halle konnte die Beklagte nur eine Werkstatt benennen, die günstigere Stundenverrechnungssätze anbietet. Der Geschädigte kann jedoch bei der Schadensregulierung nicht an den preiswertesten Anbieter verwiesen werden. Da weitere preiswertere Reparaturmöglichkeiten nicht behauptet werden, sind jeweils die dem Gutachten zugrunde gelegten Preise in Halle üblich.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Freistellung hinsichtlich der restlichen Sachverständigenkosten. Die Abrechnung des Sachverständigen steht gerade in Einklang mit den Empfehlungen des BVSK, auf deren Inhalt die Beklagte ihre Einwendungen stützt. Nach der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 liegt die Grundgebühr bei einem Bruttoschaden von 4.538,47 € zwischen 361,00 € bis 467,00 € netto. Die in die Rechnung eingestellten Grundgebühren für die Gutachtenerstellung in Höhe von 451,95 € sind damit angemessen. Das gilt auch für die weiteren Nebenkosten, die wie die Beklagte nicht ganz zu unrecht geltend macht, fast ein Drittel des Grundhonorars ausmachen. Allerdings ergibt die Honorarbefragung, auf die sich die Beklagte gerade beruft, wieder, dass eine Vielzahl von Sachverständigen diese Kosten abrechnen und die Abrechnung des Sachverständigen … in dieser Spanne hinsichtlich aller Beträge in den üblichen Spannen liegt.

Der Zinsanspruch folgt als Anspruch auf Verzugszinsen aus §§ 286, 288 BGB nach endgültiger Regulierung der Beklagten mit Schreiben vom 26.06.2009. Darin ist zugleich die Ablehnung einerweiteren Schadensregulierung enthalten.

Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren nach einem Gegenstandswert von 879,01 € in Höhe von 60,33 € gemäß §§ 280, 286 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung u. SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Ersatzteilzuschläge, Fiktive Abrechnung, Haftpflichtschaden, HUK-Coburg Versicherung, Lohnkürzungen, NfA, Sachverständigenhonorar, Stundenverrechnungssätze, UPE-Zuschläge, Urteile, Verbringungskosten abgelegt und mit , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

1 Antwort zu AG Halle (Saale) verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten und entscheidet mit erfreulich klaren Worten zur fiktiven Schadensabrechnung mit Urteil vom 22.9.2011 – 96 C 1141/10 -.

  1. Alois Aigner sagt:

    Servus Willi,
    vermutlich haben die Coburger ihre Rechtsabteilung wirklich schon aus Kostengründen geschlossen. Fiktive Reparaturkosten, die nicht angefallen sind, wollen sie bezahlen, jedoch fiktive Verbringungs- und Entsorgungskosten und UPE-Zuschläge nicht. Was ist das für eine Logik? Man sagt den Bayern zwar nach, dass sie manchmal nicht denken können, aber dass es in Coburg schon so schlimm ist, hätte ich nicht gedacht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert