AG Kerpen verurteilt VN der Allianz Versicherung AG zu restlichen Sachverständigenkosten mit kritisch zu betrachtendem Urteil vom 30.3.2015 – 102 C 425/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

zum Feiertag Fronleichnam hätten wir als Feiertagslektüre noch ein kritikwürdiges Urteil aus Kerpen zu den Sachverständigenkosten gegen den VN der Allianz Versicherung AG zu bieten. Wir haben in der Redaktion lange überlegt, ob wir dieses kritisch zu betrachtende Urteil überhaupt veröffentlichen sollen. Letztlich haben wir uns für die Veröffentlichung entschieden. Damit kann seitens der Versicherer nicht mehr behauptet werden, wie dies schon vorgekommen ist, dass dieser Blog versicherungsfeindlich sei. Einige Kritikpunkte wollen wir bereits aufzählen: Allianz als Streithelferin, Fahrtkosten nicht bzw. nur teilweise zugesprochen, Verweis auf „näher liegende“ Gutachter. Und zu guter letzt wird auch noch der falsche Begriff der  „Gebühren“ benutzt. Erschreckend, was hier im Urteil – und im Verfahren – alles falsch gemacht wurde.  Wie war das doch eigentlich noch mit dem Recht auf einen Gutachter des Vertrauens? Muss ich zu dem (mir unbekannten) BVSK-Gutachter U. in Bergheim, obwohl bekannt ist, dass der BVSK mit den Versicherungen klüngelt? Muss ich zu einem (mir unbekannten) Gutachter F. in Frechen, der nicht einmal über eine eigene Webseite verfügt und insofern auch keine Möglichkeit besteht, sich über diesen SV (und seine Ab- bzw. Unabhängigkeit) zu informieren? All das ist falsch beurteilt worden. Bei den Fahrtkosten hat der BGH mit Grundsatzurteil vom 11.2.2015 – VI ZR 225/13 ( = NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90) diese in vergleichbarer Art nicht beanstandet.  Andererseits erscheinen die abgerechneten Fahrtkosten der Höhe nach nicht unbedingt als angemessene und zweckmäßige Schadensbeseitigungsmaßnahme. Bereits seit längerer Zeit ist hier immer häufiger darauf hingewiesen worden, dass die Abrechnung von mehr als 60 km (30 hin u. 30 zurück) zu maximal 1 Euro kaum darstellbar ist. Das gilt besonders in Ballungsgebieten, wie im vorliegenden Fall. Eine Frage bleibt allerdings: Warum wurde seitens des Klägers zur Notwendigkeit der Beauftragung gerade dieses Gutachters nichts vorgetragen, z.B. dass er der Gutachter des Vertrauens ist? Lest aber selbst das Urteil aus Kerpen und gebt bitte Eure Kommentare ab. 

Viele Grüße und noch einen schönen sonnigen Feiertag
Willi Wacker

102 C 425/14                                                                              Verkündet am 30.03.2015

Amtsgericht Kerpen

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn M. S. aus K.,

Klägers,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I & P. aus A.

gegen

die T. F. S. GmbH, vertr. d. d. Gf. A. T. aus K. ,

Beklagte,

Allianz Versicherungs-AG, vertr. d. d. Vorstand, dieser vertr. d. den Vorsitzenden Herrn Dr. Alexander Vollert, an den Treptowers 3, 12345 Berlin,

Streithelferin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte BLD aus B.

hat das Amtsgericht Kerpen
auf die mündliche Verhandlung vom 12.03.2015
durch den Richter am Amtsgericht R.

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 164,23 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2013 zu zahlen.

Die weitere Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 64 %, im Übrigen der Kläger. Die Streithelferin trägt ihre Kosten zu 64 %, im Übrigen der Kläger. Die durch die Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Kerpen entstandenen Mehrkosten trägt die Klägerseite.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Ohne Tatbestand gemäß § 313a Abs. 1 ZPO.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im zugesprochenen Umfang begründet, im übrigen abzuweisen.

I.
Das Amtsgericht Kerpen ist zuständig gem. § 21 ZPO, da die Beklagte ihren Sitz im Bezirk des angerufenen Gerichts hat.

II.
Die Klägerin hat im zugesprochenen Umfang einen Anspruch gegen die Beklagte aus § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. §§ 249 ff. BGB.

1.
Die Klägerseite hat nach dem Bestreiten der Beklagtenseite ihre Prozessvollmacht Bl. 133 GA nachgewiesen.

Gleiches gilt hinsichtlich der Beklagtenseite durch Vorlage der Vollmacht Bl. 147 GA.

2.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.

Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte grundsätzlich den Geldbetrag ersetzt verlangen, der zur Herstellung des Zustandes erforderlich ist, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde (BGH, Urteil v. 15.10.13 – VI ZR 471/12, Juris).

Dazu gehören auch Kosten, die durch die Inanspruchnahme eines Sachverständigen entstehen, sofern diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (Heinrichs, in: Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, § 249 Rn. 58). Für die Erforderlichkeit ist maßgebend, was ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Situation des Geschädigten für angemessen halten würde (BGH, Urteil v. 30.11.1999 – VI ZR 219/98, Juris). Der Geschädigte ist dabei aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB und seiner Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 S. 1 BGB gehalten, die für den Schädiger kostengünstigere Alternative zu wählen und ihn vor unnötigen Kosten zu bewahren (BGH, Urteil v. 15.10.13 – VI ZR 471/12, Juris). Dabei ist jedoch zu beachten, dass dem Geschädigten immer ein möglichst umfassender Schadensausgleich zukommen soll und der Geschädigte nur im Rahmen seiner Möglichkeiten auf günstigere Möglichkeiten zurückgreifen muss. Daher ist eine Betrachtung geboten, die die besondere Situation des Geschädigten, insbesondere seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten berücksichtigt (subjektbezogene Schadensbetrachtung, BGH, Urteil v. 11.02.14 – VI ZR 225/13, Juris). Der Geschädigte ist daher grundsätzlich nicht gehalten, den Markt zu erforschen und den günstigsten Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urteil v. 11.02.14 – VI ZR 225/13, Juris). Von dem Geschädigten kann auch nicht verlangt werden, sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (BGH, Urteil v. 2.07.1985 – VI ZR 86/84, Juris). In diesem Fall würde der Geschädigte nicht selten Verzichte üben oder Anstrengungen machen, die sich im Verhältnis zum Schädiger als überobligationsmäßig darstellen und die dieser daher vom Geschädigten nicht verlangen kann (BGH, Urteil v. 07.05.1996 – VI ZR 138/95, Juris). Ihm steht vielmehr eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich eines qualifizierten und geeigneten Sachverständigen zu (BGH, Urteil v. 23. 1. 2007 – VI ZR 67/06, Juris). Nur wenn der Geschädigte dabei gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt, ist der geltend gemachte Anspruch zu kürzen.

Innerhalb dieser aufgezeigten Grenzen ist der zu ersetzende Betrag zu ermitteln.

Hinsichtlich der Erforderlichkeit des geltend gemachten Betrages bildet die
vorgelegte Rechnung des Geschädigten ein tragendes Indiz für die
Schadensschätzung. Soweit die Beklagtenseite geltend macht, dass die Kosten
übersetzt seien, trägt dies den geltend gemachten Klageabweisungsantrag nicht.

Denn entscheidend ist nach den oben getätigten Ausführungen gerade nicht, ob vorliegend günstigere Sachverständige zur Verfügung standen, sondern allein, ob der Geschädigte in der Unfallsituation erkennen konnte, dass ein günstigerer Sachverständiger zur Verfügung stand bzw. dass die Kosten des geltend gemachten Sachverständigengutachtens übersetzt sind. Denn die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten ist bereits hinreichend durch die Vorlage der Rechnung des Sachverständigen dargetan (BGH, Urteil vom 15.10.2013 – VI ZR 471/12, Juris Rn. 26). Danach hätte der Beklagtenseite der Nachweis offen gestanden, dass der Geschädigte Kläger durch Beauftragung des Sachverständigen gegen das Gebot der Schadensminderungspflicht verstoßen hat. Dies ist nicht ersichtlich:

Dem Geschädigten war es nicht zuzumuten, verschiedene Sachverständigenbüros zu kontaktieren, um das kostengünstigste Büro zu beauftragen. Es sind von der hierfür darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten keine konkreten Umstände dafür vorgetragen worden, dass für den Geschädigten bereits bei der Beauftragung ohne weiteres erkennbar war, dass sich die Kosten des eingeschalteten Sachverständigen über denen der durch die Honorarumfrage ermittelten Werte halten (soweit dies überhaupt der Fall ist, was vorliegend nicht einmal zu prüfen ist). Nur in diesem Falle wäre eine Erforderlichkeit der angefallenen Sachverständigenkosten nach den Grundsätzen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung zu verneinen. Wie bereits zutreffend das Amtsgericht München in seiner Entscheidung vom 25.2.2014, auf 343 C 29295/13, Anl. A7) ausgeführt hat, ist es nicht Sache des Geschädigten, zunächst einen Kostenvoranschlag verschiedener Sachverständiger einzuholen, da deren Höhe sich in der Regel nach dem entsprechenden Sachschaden richtet, der erst im Rahmen der Begutachtung festgestellt werden kann. Aus diesem Grunde kann dahinstehen, ob das vorliegend angefallene Grundhonorar über dem durchschnittlichen Wert des in der Honorarumfrage Ermittelten liegt. Zwar kann die Befragung des BVSK nach ständiger Rechtsprechung als Grundlage zur Ermittlung des Ortsüblichen herangezogen werden (LG Münster, Urteil, v. 21. 12. 2012 – 3 S 117/12). Auch diesbezüglich ist aber maßgeblich, ob es für die Geschädigte überhaupt erkennbar war, dass höhere Kosten als ortsüblich entstehen würden. Dazu trägt die Beklagtenseite nichts vor.

Die Beauftragung eines Sachverständigen war vorliegend schließlich auch nicht aufgrund eines Bagatellschadens unzweckmäßig.

Zu kürzen waren indessen die geltend gemachten Gebühren (gemeint sind wohl Kosten, anm. des Autors!) des Sachverständigen um die geltend gemachten Fahrtkosten für 90 km (99,00 € netto). Hierfür ist auch für einen nicht in Unfallsachen erfahrenen Geschädigten offenkundig, dass die Fahrtkosten nicht notwendig waren. Diese Kosten hätten durch Einschaltung eines ortsnäheren Sachverständigen vermieden werden können. So ist für den Raum Frechen das Ingenieurbüro F. (einfache Entfernung vom Kläger 14,2 km) näher gelegen, in Bergheim das Gutachterbüro U. (einfache Entfernung vom Kläger 14,4 km), welche jeweils näher zum Kläger gelegen gewesen wären. Das Büro U. berechnet für diesen Fall gemäß telefonischer Auskunft vom 11.03.2015 für die Fahrt pauschal 20,00 € netto (23,80 € brutto), der Sachverständige F. pro gefahrenen Kilometer 0,80 € netto. Bei aufgerundet 30 km Fahrstrecke ergeben sich also 28,56 € Fahrtkosten, was das Gericht auf durchschnittlich 25,00 € Fahrtkosten brutto bei Einschaltung eines ortsnahen Sachverständigen schätzt. Hingegen beträgt die Entfernung vom Kläger ausgerechnet zum gewählten Sachverständigen 45,7 km für eine einfache Strecke. Für die Notwendigkeit der Einschaltung eines derartig weit entfernten Sachverständigen ist nichts vorgetragen.

Die Rechnung war danach um 99,00 € netto (117,81 € brutto) für die Fahrtkosten zu reduzieren und stattdessen der angemessene Betrag von 25,00 € brutto in Ansatz zu bringen. Der Rechnungsbetrag lautet dann auf 922,26 €, so dass sich unter Berücksichtigung einer Teilzahlung von 758,03 € ein noch zuzusprechender Betrag von 164,23 € ergibt.

3.
Die Zinsforderung beruht auf §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Soweit es um die Kosten der Einholung einer Auskunft geht, ist deren Notwendigkeit nicht dargetan. Die Klage unterlag insoweit der Abweisung.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 101, 281 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713, 511 Abs. 2 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen gem. § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtsprechung in Bezug auf den Ersatz von Sachverständigenkosten gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist hinreichend gefestigt und bedarf keiner weiteren Klärung.

IV.
Streitwert: 257,04 €.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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6 Antworten zu AG Kerpen verurteilt VN der Allianz Versicherung AG zu restlichen Sachverständigenkosten mit kritisch zu betrachtendem Urteil vom 30.3.2015 – 102 C 425/14 -.

  1. Johannes Müller sagt:

    Ihre Frage „Warum wurde seitens des Klägers zur Notwendigkeit der Beauftragung gerade dieses Gutachters nichts vorgetragen?“ benennt doch exakt den Grund, warum das Gericht insoweit nicht anders entscheiden konnte als geschehen.

  2. SV sagt:

    Und wieder so eine Rosinenpickerei des Richters. Aus BGH VI ZR 225/13 zitieren, aber was nicht passt (passen soll), einfach ignorieren.

    Zitat BGH VI ZR 225/13:

    „Fahrtkosten/Zeit (51 km x Euro 1,80 max. € 100,00) € 91,80“

    Wieso soll sich das Unfallopfer erklären, warum es etwas getan hat, solange es sogar nach BGH-Rechtsprechung im Rahmen ist? Einen Gutachter zu beauftragen, der keine 50 km entfernt sein Büro hat, dafür muss sich niemand rechtfertigen. Auch und gerade nicht in Ballungsgebieten. Da muss doch für 14 km durch eine Stadt immer einiges an Zeit eingeplant werden, hohes Verkehrsaufkommen, Ampel, Verkehrsunfall …..

  3. G.v.H. sagt:

    Hallo, Willi Wacker,

    „Dem Geschädigten war es nicht zuzumuten, verschiedene Sachverständigenbüros zu kontaktieren, um das kostengünstigste Büro zu beauftragen.“

    „Für die Notwendigkeit der Einschaltung eines derartig weit entfernten Sachverständigen ist nichts vorgetragen.“

    Die Frage ist, ob das Gericht dem Kläger einen Hinweis gegeben hat, mit dem weiterer Vortrag hätte erfolgen können.

    So ganz schlüssig ist die Überlegung des Gerichts in dieser Frage m.E. nicht, wenn ich das mal auf die Beauftragungspraxis von Sachverständigen durch die Gerichte übertrage. Da wird beispielsweise ein berufserfahrener Sachverständiger, aber keineswegs mehr unabhängiger Sachverständiger aus dem Raum Münster beauftragt, eine Unfallörtlichkeit im Raum Essen zu begutachten oder ein Haussachverständiger einer Versicherung wird auf die Reise geschickt über fast 200 km ( ! )zur Begutachtung eines Bagatellschadens. Was sind da vergleichsweise schon für eine Fahrt mit 45 km oder gar 50 km mit einer moderaten Kostenentstehung, denn der beauftragte Sachverständige hat offenbar noch nicht einmal den damit verbundenen Zeitaufwand abgerechnet, sondern lediglich Betriebskosten. In dieser Frage hat das Gericht m.E. das zuvor Gesagte einfach wieder über Bord geworfen, wo zutreffend die Maxime der Schadenersatzverpflichtung eindringlich und unmißverständlich wie folgt dargelegt wurde:

    „Dabei ist jedoch zu beachten, dass dem Geschädigten immer ein möglichst umfassender Schadensausgleich zukommen soll und der Geschädigte nur im Rahmen seiner Möglichkeiten auf günstigere Möglichkeiten zurückgreifen muss. Daher ist eine Betrachtung geboten, die die besondere Situation des Geschädigten, insbesondere seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten berücksichtigt (subjektbezogene Schadensbetrachtung, BGH, Urteil v. 11.02.14 – VI ZR 225/13, Juris). Der Geschädigte ist daher grundsätzlich nicht gehalten, den Markt zu erforschen und den günstigsten Sachverständigen zu beauftragen (BGH, Urteil v. 11.02.14 – VI ZR 225/13, Juris). Von dem Geschädigten kann auch nicht verlangt werden, sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (BGH, Urteil v. 2.07.1985 – VI ZR 86/84, Juris). In diesem Fall würde der Geschädigte nicht selten Verzichte üben oder Anstrengungen machen, die sich im Verhältnis zum Schädiger als überobligationsmäßig darstellen und die dieser daher vom Geschädigten nicht verlangen kann (BGH, Urteil v. 07.05.1996 – VI ZR 138/95, Juris). Ihm steht vielmehr eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich eines qualifizierten und geeigneten Sachverständigen zu (BGH, Urteil v. 23. 1. 2007 – VI ZR 67/06, Juris).“

    Das vom BGH postulierte Überprüfungsverbot und und Regulierungsverpflichtung auch für ein überhöhtes Hononar wurden schlicht entsorgt. Wie verträgt sich das? Zwar sind solche Fahrtstrecken im Arbeitsalltag nicht der Regelfall, aber auch noch nicht so ungewöhnlich, dass man darin einen Verstoß gegen die Schadengeringhaltungspflicht sehen müsste, denn nach der hier verfolgten Praxis müßte man ja zwangsläufig dann auch unterstellen, dass alle anderen befragten ortsnäheren Sachverständigen gleichermaßen qualifiziert und unabhängig wären, wie der beauftragte Sachverständige und überdies vergleichbare, verkehrsfähige Gutachten hätten erstellen können. Außerdem müsste man weiter unterstellen, dass sie in gleicher Sache zu gleichen Ergebnissen gekommen wären. DAS gibt es aber bekanntlich in der Praxis gerade nicht, wenn man nur einmal an die Fahrzeugbewertung und den Merkantilen Minderwert denkt. Und schließlich wäre mit Nichtwissen auch zu bestreiten, dass die
    befragten Sachverständigen von Versicherungsaufträgen gleichermaßen unabhängig sind, wie der in dieser Sache beauftragte Sachverständige. Wie sehen die geneigten Leserinnen und Leser das ?

    G.v.H.

  4. Glöckchen sagt:

    manche Richter sind so ahnungslos,dass nichteinmal unterschieden wird zwischen abhängigen und unabhängigen Gutachtern.
    Anwälte müssen froh sein um jeden Hinweis,so etwa wenn das hohe Gewicht die weite Entfernung des SV beanstandet mit der Begründung,die DEKRA wäre „um die Ecke“ gewesen.
    Wenn man dann das DEKRA-Honorartableau unter 3.1.1. zitiert,dann steht dem Richterinchen die Fassungslosigkeit beim nächsten Termin ins Gesicht geschrieben.
    Nur eben: Man muss das halt wissen,sonst kann man das auch nicht vortragen!
    Klingelingelingelts?

  5. Rumpelstilzchen sagt:

    Hallo, G.v.H.
    wenn ich es richtig deute, hebst Du auf Merkmale der Üblichkeit ab, wie nach der Definition der Üblichkeit lt. BGH. Vor dem Hintergrund, dass eine Vielzahl von Sachverständigenbüros die Fahrtkosten nur mit den Betriebskosten abrechnen, nicht aber den zuordnungsfähigen Fahrzeitaufwand, erlaubt die Feststellung, dass größtenteils mit einer solchen Beschränkung deutlich unterdurchschnittlich abgerechnet wird. Warum das jedoch so gehandhabt wird, soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Man halte mal in allen Einzelfällen Fahrtstrecke und Fahrzeitaufwand fest und errechne damit dann mal die Kosten pro km. Ich wette, dass manchem Sachverständigen dann vor Schreck der Hut in die Augen rutscht angesichts der Tatsache, was er tagtäglich leichtfertig verschenkt. Im vorliegenden Fall wäre allerdings noch nicht einmal näherungsweise die Grenze der Sittenwidrigkeit erreicht worden. Vor diesem Hintergrund ist schadenersatzrechtlich die dem Geschädigten auferlegte Bestrafung „im Namen des Volkes“ auch bei wohlwollender Beurteilung nicht erklärlich.-

    Rumpelstilzchen

  6. Rumpelstilzchen sagt:

    @ Johannes Müller
    Na ganz so einfach ist das denn doch nicht, wie Du meinst, denn vieles wird ansonsten auch noch vorgetragen und NICHT berücksichtigt.

    Rumpelstilzchen

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