AG Köln verurteilt Allianz Versicherung AG zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 29.9.2015 – 145 C 91/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

nachfolgend veröffentlichen wir hier ein Urteil aus Köln zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Allianz Versicherungs AG. Um es vorwegzunehmen: Das Urteil ist im Ergebnis zwar richtig, aber leider wurde wieder auf das Urteil des OLG Dresden vom 19.2.2014 Bezug genommen, obwohl sich dieses Urteil bereits durch die BGH-Rechtsprechung aus dem Grundsatzurteil VI ZR 225/13 erübrigt hatte. Leider wtrde auch wieder Bezug genommen auf die BVSK-Honorar-Tabelle, obwohl der BGH festgestellt hat, dass kein Geschädigter die Ergebnisse dieses Verbandes kennen muss (BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90). Zur näheren Erläuterung des Urteils geben wir Euch auch noch die Angaben des Einsenders des Urteils hier bekannt:

„… anbei noch ein weiteres Urteil des AG Köln, das wir für einen Sachverständigen aus abgetretenem Recht gegen die Allianz erstreiten konnten. Diese hatte vorgerichtlich den Rechnungsbetrag in Höhe von 900,83 € anerkannt und den weitergehenden Anspruch bestritten. Erst im Mahnverfahren wurden dann aber die 900,83 € gezahlt, so dass für erledigt erklärt wurde. Das Gericht hat dann aber auch das weitere Sachverständigenhonorar zugesprochen und zur Begründung insbesondere die BSVK-Tabelle herangezogen wird. Auch wenn dies bei CH oft kritisiert wird, haben wir dem Gericht gegenüber argumentiert, dass die SV-Kosten gerade nicht überhöht sind, weil sie sich innerhalb des Honorarkorridors bewegen. Zusätzlich hatten wir uns auf die VKS/BVK-Honorarumfrage gestützt. Leider bezieht sich das Gericht im Urteil auf die Entscheidung des OLG Dresden vom 19.02.2014. Da es aber keine Überhöhung der Sachverständigenkosten sieht, befasst es sich damit im Einzelnen nicht weiter.“

Lest nun selbst das Urteil des AG Köln vom 29.09.2015 und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

145 C 91/14

Amtsgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn … ,

Klägers,

gegen

die Allianz Versicherung-AG, vertr. d. d. Vorstandsvors. Severin Moser , Königinstr. 28, 80802 München,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Köln
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
29.09.2015
durch den Präsidenten des Amtsgerichts B.

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 124,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 900,83 € in der Hauptsache erledigt ist.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 169,50 € freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger hatte gegen die Beklagte einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Zahlung von ursprünglich 1024,83 €, der durch die Zahlung von 900,83 € am 10.03.2014 teilweise erfüllt ist. Insoweit war antragsgemäß die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache auszusprechen.

Die Beklagte schuldet dem Kläger noch den Restbetrag in Höhe von 124,00 € als Schadensersatz für die zwischen dem Zedenten Bartscherer und dem Kläger vereinbarte Vergütung. Die Haftung der Beklagten aus dem Unfallereignis ist unstreitig. Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt der Abtretungserklärung vom 22.10.2013 auch nicht die erforderliche Bestimmtheit, gegen ihre Wirksamkeit bestehen keine Bedenken, da sie schriftlich fixiert und absolut eindeutig ist.

Die von dem Kläger in Rechnung gestellte Vergütung ist üblich im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB. Es kann – soweit ersichtlich – nach dem beiderseitigen Parteivortrag nicht davon ausgegangen werden, dass eine besondere Vereinbarung dahingehend getroffen worden ist, eine der Höhe nach festgelegte Vergütung zu berechnen. Dem entsprechend kann der Kläger die übliche Vergütung als Schadensersatz verlangen. Die Vergütung darf gemäß § 287 ZPO vom Gericht geschätzt werden (vergleiche BGH, Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13), wobei die tatsächliche Rechnungshöhe bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bildet, sofern die mit dem Sachverständigen getroffene Preisvereinbarung nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Es kann vorliegend dahin stehen, ob es im Falle der Klage eines Sachverständigen gerechtfertigt erscheint, eine Überprüfung des Honorars auf Basis des schadensrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebots unter Hinzuziehung einer Schätzungsgrundlage nachzuvollziehen, weil der Schädiger bzw. die Haftpflichtversicherung des Schädigers dem Sachverständigen die Arglisteinrede gemäß § 242 BGB entgegenhalten kann, weil der Sachverständige im Falle einer überhöhten Abrechnung das zu viel Geleistete an den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zurückerstatten müsste (vergleiche OLG Dresden, Urteil vom 19.02.2014 – 7 U 111/12). Die Abrechnung des Sachverständigen ist vorliegend nämlich nicht überhöht, sondern im sicheren Bereich des Üblichen. Wie auch zahlreiche andere Gerichte zieht das erkennende Gericht zur Ermittlung der hier geschuldeten üblichen Vergütung gemäß § 287 ZPO die jeweils gültige BVSK-Honorarbefragung heran. Sowohl nach der klägerseits überreichten Auswertung der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 und erst recht nach der BVSK-Honorarbefragung 2013 liegt die Abrechnung in dem als praktikabel anzusehenden Bereich HB III bzw. HB V, in dem zwischen 40 und 60 % bzw. 50 und 60 % der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen. Bei der hier ermittelten Schadenshöhe von 7.432,29 € + 1.100,00 € gleich 8.532,29 € (nach den Erläuterungen zu den BVSK-Honorarbefragung definiert als Reparaturkosten netto zuzüglich der merkantilen Wertminderung) findet sich dort eine Honorarspanne von 641,00 € bis 745,00 € (2008/2009) bzw. 727,00 € bis 792,00 € (2013). Der von dem Kläger abgerechnete Betrag in Höhe von 717,00 € liegt danach im sicheren Bereich der üblichen Vergütung.

Dasselbe gilt für die vom Kläger abgerechneten Nebenkosten, für die nach den BVSK-Honorarbefragungen ebenfalls Werte angesetzt sind, was aus Sicht des Gerichtes entscheidend dafür spricht, dass es grundsätzlich üblich ist, die dort aufgeführten Nebenkosten auch ohne besonderen Einzelnachweis zu berechnen. Dass es eine Honorarabrede gibt, die die Nebenkosten ausnimmt, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Sämtliche abgerechneten Einzelpositionen bewegen sich in dem Korridor HB llI bzw. HB V, überwiegend im unteren Bereich, wobei die Position EDV/Schreibkosten, die seitens des Klägers pauschaiisiert abgerechnet wird – verglichen mit den in den Aufstellungen ausgeworfenen Schreibkosten je Seite – nicht zu beanstanden ist.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 2 BGB, aufgrund der Erfüllungsverweigerung mit Schreiben vom 28.11.2013 ist die Beklagte seit diesem Zeitpunkt im Verzug und kann den gesetzlichen Verzugszins verlangen.

Darüber hinaus hat die Klägerin den Beklagten von der Verpflichtung zur Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 109,50 € freizustellen, §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB. Der Kläger kann die Anwaltsgebühren als Verzugsschaden liquidieren, denn der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß §§ 2 Abs. 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 2300 W RVG sowie der Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 W RVG ist angesichts der rechtlich komplexen Materie angemessen, die Kostennote ist auch richtig berechnet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Berufung wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des §§ 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 1.024,83 € bis zum 21.09.2014, 219,75 € (124,00 € + 95,75 € = bis zur Erledigungserklärung entstandene Kosten) ab dem 22.09.2014 (Eingang der Erledigungserklärung).

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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