AG Nürnberg verurteilt HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG zur Zahlung der im Gutachten aufgeführten Kosten sowie der Ersatzteilpreisaufschläge und Verbringungskosten.

Das Amtsgericht Nürnberg hat dem Geschädigten mit Urteil vom 22.06.2009 (22 C 39/09) die im Schadensgutachten des Sachverständigen C. aufgeführten kalkulierten Kosten, die Kosten für Reinigung, Waschen und Entsorgung sowie Ersatzteilpreisaufschläge und Verbringungskosten auch bei fiktiver Schadensabrechnung zugesprochen.

Das Amtsgericht hat wie folgt entschieden:

ENDURTEIL

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.049,17 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2008, sowie 72,80 EUR vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2008 zu bezahlen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 45% und die Beklagten 55%.

III. Das urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 3.384,89 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche aus einem Ver­kehrsunfall, der sich am 27.09.2008 in Nürnberg in der Regens­burger Straße auf dem Parkplatz des Getränkemarktes F. er­eignete.

Der Kläger ist Eigentümer des Renaults mit dem amtlichen Kenn­zeichen Fü-….. das zum streitgegenständlichen Zeitpunkt von der Zeugin S. gefahren wurde. Die Beklagte zu 1) ist Halterin des Fords mit dem amtlichen Kennzeichen N-, das zum streitgegenständlichen Zeitpunkt vom Beklagten zu 2) gefahren wurde und bei der Beklagten zu 3) haftpflichtver­sichert ist.

Am 27.9.2008 befand sich das klägerische Fahrzeug in einer eingezeichneten Parkfläche auf dem Parkplatz des Getränkemark­tes F. Der Motor des Fahrzeuges war bereits ausgeschal­tet. Die Zeugin S. war gerade dabei aus dem Fahr­zeug auszusteigen und hatte die Türe bereits geöffnet, als das Beklagtenfahrzeug in die Parkbucht links neben dem klägeri­schen Fahrzeug fahren wollte. Hierbei kollidierte das Beklag­tenfahrzeug mit der Fahrertür des klägerischen Fahrzeuges.

Am klägerischen Fahrzeug sind hierdurch Schäden in Höhe von insgesamt 3.384,89 EUR entstanden.

Durch anwaltliches Schreiben vom 22.9.2008 unter Fristsetzung zum 02.10.2008 forderte die Klagepartei die Beklagten auf, den ihr entstandenen Schaden zu begleichen. Eine Begleichung des Gesamtschadens erfolgte nicht.

Der Kläger behauptet, dass der Beklagte zu 2) schwungvoll mit seinem PKW auf den Parkplatz eingefahren sei. Hierbei habe er mit der vorderen Stoßstangenkante die eingezeichnete Linie zwischen den beiden Parkplätzen überfahren und sei so in den Parkplatzbereich des klägerischen Fahrzeuges gekommen.

Er meint, dass die geltend gemachte Gesamtschadensaufstellung in Höhe von 3.384,89 EUR als erforderlicher Schaden von den Beklagten verlangt werden könne.

Der Kläger hat zunächst beantragt, dass die Beklagten dem Kläger gesamtschuldnerisch den Gesamtschaden in Höhe von 3.3 84,89 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2008 und 302,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2008 bezahlen.

Nachdem die Beklagtenpartei nach Klageerhebung auf die Haupt­forderung 1.489,49 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2008 aus diesem Betrag und 156,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2008 be­glichen hat, hat der Kläger durch Schriftsatz vom 02.03.2009 die Klage in Höhe dieses Teilbetrages für erledigt erklärt. Mit Schriftsatz vom 10.02.2009 hat die Beklagtenpartei bereits vor­sorglich einer Erledigterklärung zugestimmt.

Der Kläger beantragt nunmehr zuletzt:

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.895,40 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2008 sowie 145,60 EUR vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2008 zu bezahlen.

II. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechts­streits zu tragen.

Die Beklagten beantragen:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten behaupten, dass die Zeugin S. ihre Fahrertür plötzlich geöffnet habe. Die Türe sei hierbei über die Trennlinie zwischen den beiden Parkbuchten hinaus geöffnet worden. Dies sei so mittelbar vor dem Beklagtenfahrzeug geschehen, dass der Beklagte zu 2) nicht mehr habe reagieren können.

Ferner meinen die Beklagten, dass der Schaden in geltend gemachter Höhe nicht verlangt werden könne, da er nicht erfor­derlich sei.

Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 30.03.2009 sowie vom 08.06.2009 verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einvernahme der Zeugen S. und W., sowie durch Einholung eines mündlichen unfallanalytischen Gutachtens durch Dipl.-Ing. E. Bezüglich der Aussagen der Zeugen und des Ergebnisses des Sachverständigengutachtens wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

I.

Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1,049,17 EUR gegen die Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 StVG und § 823 BGB bzw. gem. §§7, 18 StVG i.V.m. § 1 PflVG und § 115 VVG zu.

1. Der Beklagte zu 2) hat bei dem Betrieb von Kraftfahrzeugen das Fahrzeug des Klägers beschädigt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahmen geht das Gericht davon aus, dass hierbei der Beklagte zu 2) den überwiegenden Verursachungs- und Verschul­densbeitrag am Zustandekommen des Unfalles trägt.

Ein unabwendbares Ereignis i. S. d. § 17 Abs. 3 S. 1 StVG ist nicht gegeben, somit war ein Abwägen der Verursachungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG vorzunehmen. Aufgrund dieser Abwägung bemisst das Gericht den klägerischen Verursachungsbeitrag mit 25% und den des Beklagten mit 75%.

Grundsätzlich hat zwar die Zeugin S., die aus dem klägerischen Fahrzeug ausgestiegen ist, gemäß § 14 Abs. 1 StVO eine gesteigerte Sorgfaltspflicht zu beachten. Denn sie muss sich nach dieser Vorschrift beim Aussteigen so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Daraus folgt, dass sie die linke Wagentür nur öffnen durfte, wenn sie sicher sein konnte, dass sie andere Verkehrsteilneh­mer nicht gefährdet. Diese Sorgfaltspflicht hat sie vorliegen verletzt.

Allerdings ist aufgrund des vorliegenden Einzellfalles trotz der Sorgfaltspflichtverletzung der Zeugin S. dem Beklagten zu 2) der überwiegende Verursachungsbeitrag zuzusprechen. Denn es ist vorliegend zu berücksichtigen, dass sich die Fahrzeuge in Parkbuchten befanden, die durch weiße Begrenzungslinien voneinander abgetrennt waren. Insoweit hatte, begrenzt durch diese weißen Markierungen, jeder Pkw seinen „eigenen“ Parkraum. Die Zeugin S. hat nun die Wagentür innerhalb „ihres“ Parkraums, nämlich innerhalb der weißen Begrenzungslinien, in dem sich der klägerische Pkw befand, geöffnet. Der Beklagten-Pkw ist hierbei mit der Tür des klägerischen Pkws kollidiert, als sich die Tür innerhalb der Parkbucht des klägerischen Pkws befunden hat. Zu dieser Überzeugung gelangt das Gericht aufgrund des Sachverständi­gengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. … dieses hat besagt, dass die Türdeformationen an der lin­ken Kangoo Fahrertür in Verbindung mit den Anprallspuren an der rechten Ford-Stoßfänger-Schalen-Front unter Berücksichtigung der Endstände und den aus den Endständen ableitbaren möglichen Bewegungsbahnen sachverständigenseits immer nur den Schluss zuließen, dass sich die rechte Ford Front und das rechte Ford-Vorderrad beim Kollisionsphasenbeginn auf den Kangoo Park­platz-Bereich befunden haben. Die Kangoo Fahrertür war beim Kollisionsphasenbeginn im geöffneten Zustand noch innerhalb des „eigenen“ Parkplatzbereiches.

Aufgrund dieser Besonderheit trifft den Beklagten zu 2) trotz der grundsätzlichen Sorgfaltspflicht des Aussteigenden gemäß § 14 Abs. 1 StVO vorliegend den höheren Verursachungs­- und Verschuldensbeitrag. Denn zwar musste die Zeugin Anja S jederzeit damit rechnen, dass ein Fahrzeug neben ihr in die Parkbucht fährt, sie musste jedoch nicht damit rechnen, dass das Fahrzeug derart nah heranfährt, dass es den Parkplatzbereich des klägerischen Pkws überfährt, während sich die Fahrertür des klägerischen Pkw noch innerhalb dieses Bereichs befindet.

Die Geschwindigkeit des Beklagten zu 2) war beim Einfahren in die Parkbucht mit 3 bis 5 km/h nicht überdurchschnittlich, so dass dem Beklagten zu 2) hieraus kein erhöhter Verursachungs­- und Verschuldensbeitrag am Zustandekommen des Unfalls zuzu­rechnen ist.

Nach alledem ergibt sich die oben genannte Haftungsquote. Der Kläger hat lediglich die Betriebsgefahr in Höhe von 25% zu tragen.

2.

a.

Bezüglich der Höhe des Schadensersatzanspruches können die im Gutachten des Sachverständigen C. vom 13.08.2008 kalkulierten Kosten grundsätzlich in Rechnung gestellt werden. Die Kosten für Reinigung, Waschen und Entsorgung, sowie UPE Aufschläge und Verbringungskosten sind in geltend gemachter Höhe erstattungsfähig. Diese Kosten sind erforderlich i. S. d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Denn ein Geschädigter hat grundsätzlich bei einem Verkehrsunfall einen Anspruch auf Ersatz der in ei­ner Vertragswerkstatt angefallenen Reparaturkosten unabhängig davon, ob er den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt. Ziel des Schadensersatzes ist die Totalreparation. Der Geschädigt ist nach schadens­rechtlichen Grundsätzen sowohl in der Wahl des Mittels zur Schadensbehebung, als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei (vgl. BGHZ 155,1 ff).

Als Herr des Restitutionsgeschehens kann der Geschädigte daher auch bei fiktiver Abrechnung die Kosten, die in einer Fachwerkstatt anfallen, erstattet verlangen. Er kann somit die UPE-Aufschläge erstattet verlangen. Unter denselben Ge­sichtspunkten kann er mithin auch die Entsorgungs- und Reini­gungskosten sowie die Kosten für das Waschen und Entsorgen des streitgegenständlichen Pkws verlangen.

b.

Die Unkostenpauschale in Höhe von 30 EUR erachtet das Gericht als angemessen.

c.

Ferner sind die Kosten, die für das Gutachten angefallen sind, in vollem Umfang erstattungsfähig.

Der Honoraranspruch wird gemäß § 315 BGB nach billigem Ermes­sen bestimmt. Das billige Ermessen wird hier entsprechend der BVSK Honorarbefragung 2008/2009 geschätzt.

Hinsichtlich des Grundhonorars bewegt sich hier der Gutachter mit 345 EUR im Rahmen der BVSK, unter dem HB 3 könnte hier der Gutachter ein Honorar zwischen 346 und 386 EUR fordern. Damit ist das Grundhonorar nicht zu beanstanden.

Bezüglich der Fahrtkosten ist unstreitig, dass der Gutachter eine Fahrstrecke von insgesamt 13 km zurückgelegt hat. Die Abrechnung mit 0,57 EUR pro km entspricht dem in der BVSK HB 3 dargelegtem Rahmen.

Bezüglich der Lichtbilder ist anzuführen, dass die Fertigung selbst, sowie die Anzahl hiervon grundsätzlich im Ermessen des Gutachters stehen, da dieser letztendlich den Schaden dokumen­tieren muss. Die Erstellung von 14 Bildern und 28 Duplikaten erscheint im Hinblick auf den Umfang seines Gutachtens und im Hinblick darauf, dass er diese aus verschiedenen Entfernungen und Winkeln machte, gerechtfertigt. Auch der hierfür geltend gemachte Betrag ist im Hinblick auf die BVSK HB 3 angemessen. Gleiches gilt für die Berechnung von Schreib- und sonstigen Büromaterialien.

Nach alledem kann der Kläger gegen die Beklagten 75 % des Gesamtschadens in Höhe von 3.384,89 EUR abzüglich den unstreitig gezahlten 1.489,49 EUR, mithin 1.049,17 EUR von den Beklagten fordern.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 BGB, denn die Beklagten befanden sich spätestens seit dem 22.10.2008 in Verzug. Durch anwaltliches Schreiben vom 22.09.2008 wurde den Beklagten eine Frist zur Zahlung bis zum 02.10.2008 gesetzt.

3.

Darüber hinaus hat der Kläger gegen die Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Kosten in Höhe von 72,8 0 EUR aus oben genannten Anspruchsgrundlagen. Da wie bereits ausgeführt, der Kläger nur 75% des Schadens gegen die Beklagten hätte geltend machen können, sind die Anwaltskosten aus einem Betrag von 2.538,67 EUR zu berechnen. unter Zugrundlegung einer 1,3 Gebühr und 20 EUR Unkostenpau­schale ergibt sich somit ein Restbetrag von 72,80 EUR.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.11, 711ZPO.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

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34 Antworten zu AG Nürnberg verurteilt HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG zur Zahlung der im Gutachten aufgeführten Kosten sowie der Ersatzteilpreisaufschläge und Verbringungskosten.

  1. LVMs-Liebling sagt:

    „Bezüglich der Fahrtkosten ist unstreitig, dass der Gutachter eine Fahrstrecke von insgesamt 13 km zurückgelegt hat. Die Abrechnung mit 0,57 EUR pro km entspricht dem in der BVSK HB 3 dargelegtem Rahmen.“

    Das kann doch keiner mehr nachvollziehen. Das Gericht befasst sich tatsächlich mit runde 8 Euro Fahrtkosten. Mir gegenüber behauptete heute eine LVM-Versicherungsdame als Vertreterin des Geschädigten (und des Verursachers), dass der Versicherung die Wahl des Gutachters obliegt und nicht ihrem Kunden. Schließlich müssten Kosten gespart werden. Sodass nach ihrem Willen der hier unter Vertrag stehende mal locker 140!!! km gefahren wäre, in Worten: einhundertvierzig. Ich fuhr dann 3, in Worten: drei.

    Soviel zum verantwortlichen Umgang mit Versichertenbeiträgen durch VS-Agenten.

  2. Willi Wacker sagt:

    Hallo LVMs-Liebling,
    Dein Kommentar ist ja kaum zu glauben.
    Es ist zwar bekannt, dass die freien Kfz-Sachverständigen den Kfz-Haftpflichtversicherern ein Dorn im Auge sind. Das hatte schon 1998 Herr Küppersbusch in der ADAC-Motorwelt vorgetragen, aber es bleibt der Grundsatz, dass der Geschädigte den Unfallschaden (es ist sein Schaden und nicht der der Versicherung) der Höhe und dem Grunde nach nachzuweisen hat. Dafür gibt er das Kfz-Schadensgutachten bei einem Sachverständigen seiner Wahl in Auftrag. An diesem Grundsatz beißt auch keine Maus den Faden ab. Der Geschädigte bestimmt und nicht der Schädiger (oder seine Versicherung). Der Schädiger ist Schuldner des Schadensersatzanspruches und hat gar nichts zu fordern. Im Gegenteil: Der Schuldner hat nach dem Leitbild des Schuldrechtes des BGB zu leisten, nämlich den Schadensersatz. Dabei hat der Schädiger gem. § 249 BGB den Zustand wiederherzustellen, der vor dem Unfallereignis bestanden hat.

    Wenn die LVM-Versicherung mit Sitz in Münster sparen muss, so soll sie ihren Sparhebel ansetzen, wo sie will, z.B. bei derart unqualifizierten Mitarbeitern, die derartig falsche Aussagen treffen, wie in Deinem Fall, oder bei den Vorständen, nicht aber bei den Geschädigten. Der Geschädigte muss nicht zu Gunsten der Versicherung sparen! Die Einsparung bei dem Geschädigten kann auch nicht mit der angeblichen Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB begründet werden. Im deliktischen Schadensrecht gibt es gar keine Schadensminderungspflicht (vgl.Wortmann ZfS 1999, Seite 1ff.). Wie soll auch ein durch den Unfall eingetretener Schaden, der innerhalb eines Sekundenbruchteils eingetreten ist, noch gemindert werden? Das ist schon logisch nicht möglich. Aber auch dogmatisch kann ein eingetretener Schaden nicht mehr zu mindern, da kein Vertragsverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigten besteht, kraft dessen der Geschädigte den Schädiger auf eine Schadensausweitung hinweisen müßte. Der Schädiger (und seine Versicherung) haften aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung (deliktische Haftung). Nur in Vertragsverhältnissen kann § 254 BGB angewendet werden. Dementspechend kann § 254 BGB bei deliktischer Haftung bei dem reinen Fahrzeugschaden gar nicht gelten.
    Denkt mal nach.
    Trotzdem wünsche ich Euch ein schönes Wochenende
    Willi Wacker

  3. DerHukflüsterer sagt:

    Alle freuen sich über ein Urteil das gegen die Versicherung erstritten wurde.
    Ich persönlich finde es schlicht u. einfach deprimierend, ja skandalös dass in einer sozialen u. freien Marktwirtschaft ein Berufsverband mit der Zusammenstellung genehmer Zahlen für sich u. einigen Versicherungen , quasi eine übliche Gebühr vorgaukelt, welche es aber in Wirklichkeit nicht gibt.

    Noch skandalöser finde ich es allerdings ,dass Juristen u. vor allen Richter sich ungeprüft auf ein solches Verbandszahlenwerk berufen und somit jeglichen Wettbewerb unter den qualifizierten SV verhindern, in einer verfassungswidrigen Weise die seinesgleichen sucht.
    Will denn das Niemand begreifen,dass nicht jeder das Gleiche verdient u. auch nicht verlangen kann. Oder sind SV wie RA u. zahlreiche Richter so borniert um das zu erkennen?
    Müssen erst Nichtjuristen darauf hinweisen, dass dieses Honorar-Kasperltheater grob verfassungswidrig ist.
    Stellt Euch doch mal vor wie es wäre wenn alle Berufssparten nur das Gleiche verlangen dürften.
    Alle Arbeitnehmer ein gleicher Stundenlohn, ja das wäre was, oder?
    „Die Schreinerinnung schreibt den Schreinern vor, was sie verlangen dürfen“, „alle Werkstätten müssen und dürfen nur den gleichen Stundensatz verlangen“, usw..
    Ich könnte jedesmal kotzen, wenn ein/e Richter/in, den freien SV eine zweckerstellte Aufstellung des BVSK als Maßstab vorhält, an der sich in rechtlicher Hinsicht niemand aber auch niemand halten muß.
    Es gibt kein Berufsbild für Kfz.-SV, keine Honorarordnung, aber
    Richter u. RA welche meinen durch ihren Rechtsbruch der Verfassung gegenüber, tatsächlich Recht zu sprechen.

    Den Rechtsanwälten wurde es nun per Urteil bestätigt dass die Beschränkung des Honorars in Strafsachen verfassungswidrig ist.

    Vielleicht wachen auch die SV auf um endlich Flagge zu zeigen, dass man nicht alle freiberuflich tätigen Kfz.-SV in den „BVSK-Topf“ werfen kann, egal ob qualifiziert oder unqualifiziert, oder absprachegebunden, oder Kollegen mit aufwändigsten Ausstattungen im Gegensatz zu Jenen, welche in der Küchenschublade die ganze Ausrüstung unterbringen.
    Ja sogar angestellte SV verlangen das gleiche Honorar in der nebenberuflichen Tätigkeit wie Freiberufler, obwohl sie keine Mitarbeiter, keine Betriebsräume usw… unterhalten müssen.
    Soll das vielleicht so weitergehen?
    Ich meine nein!
    Man sollte endlich u. zwingend „Wettbewerbsrechtler“ u. „Verfassungsrechtler“ einschalten, damit diese Farce ein Ende findet.

  4. Joachim Otting sagt:

    @ Hukflüsterer

    Wozu die Aufregung? Wenn ein Richter sagt, was innerhalb der BVSK-Honorarbefragung liegt, sprenge den Rahmen der Erforderlichkeit nicht, hat er zwar die bei Vielen offenbar Brechreiz auslösenden vier Buchstaben erwähnt, aber falsch ist das Urteil nicht. Für Techniker gesprochen: Das ist dann quasi der kleinste gemeinsame Nenner.

    Erst wenn er umgekehrt sagt, das Honorar sprenge den Rahmen der Erforderlichkeit, weil es oberhalb der Vier-Buchstaben-Erhebung liege, wäre Ihre Kritik richtig.

    @ Willi Wacker:
    Dass § 254 BGB im Schadenrecht nicht gelten könne, wird vom VI. Senat des BGH aber nicht mitgetragen.
    Die Argumentation des hoch geschätzten Kollegen Wortmann liegt insoweit neben der Sache. Der ganze § 254 BGB enthält an keiner Stelle, auch nicht in der Überschrift, das Wort „Schadenminderungspflicht“. Das Wort hat sich erst im Laufe der Rechtsprechung entwickelt. Treffender wäre „Schadengeringhaltungspflicht“ gewesen, dann wird ein Schuh draus.
    Dass das Blech nach dem Unfall „unminderbar“ verbogen ist, ist technisch richtig. Welche Kosten daraus entstehen, ist ein ganz andere Frage.
    Wie weit die Schadengeringhaltungspflicht dann geht, ist eine Frage des Einzelfalls. „Nur das Billigste“ gilt jedenfalls nicht. Und die Schadengeringhaltungspflicht ist ohnehin eine sekundäre Frage, primär geht es um die Erforderlichkeit.

  5. virus sagt:

    „…. primär geht es um die Erforderlichkeit“

    In einer gesunden, sprich rechtskonformen Struktur stellt sich die Erforderlichkeit z. B. des zu erzielenden Honorars anders da, als bei einer Geschäftsführung, bei der das Umfeld den Rechtsrahmen längst massiv verlassen hat bzw. immer weiter verlässt. Daher ist m. M. nach jede Honorarerhebung schon veraltet – wertlos – bevor sie fertig erstellt ist. Ein Fortführen der Gedanken von Hukflüsterer würde ich daher dringend empfehlen.
    Wer in drei Läden geht, bezahlt dort für das selbe Produkt in der Regel einen anderen Preis.
    Wer käme sodann auf die Idee, für das verwertete Produkt im Nachhinein einen Preisnachlas beim Gericht zu erwirken?
    Ich stelle mir gerade den Richter vor, der eine derartige Klageerhebung liest.

    Virus

  6. Joachim Otting sagt:

    @ virus:

    Ihr Vergleich hinkt. Wir sind im hier besprochenen Fall nicht im Werkvertragsrecht, sondern im Schadenersatzrecht, und da zahlt im Ergebnis ein Dritter.

    Richtig wäre Ihr Beispiel wie folgt: Ich gehe in den Laden, kaufe was und sage „Mir egal was das kostet, morgen kommt der Virus und bezahlt“.

    Der BGH hat in der Mietwagenentscheidung VI ZR 300/03 genau auf das Problem abgestellt. Weil dem unmittelbaren Nachfrager der Preis gleichgültig sei, seien die preisbildenden Kräfte von Angebot und Nachfrage aus dem Ruder gelaufen. Deshalb hat er seine Rechtsprechung zum Ersatz von Mietwagenkosten (nota bene: nicht zu der Frage, was der Vermieter dem Mieter berechnen darf!)geändert.

    „Preis ist mir egal“ ist seither nicht mehr die Grundlage der Erforderlichkeit.

    Wären wir im Honorarprozess SV gegen Kunde, lägen Sie richtig, wenn der SV das Honorar mit dem Kunden vereinbart hat. Wenn nicht, geht es wieder über §§ 632, 315 BGB, und da geht auch nicht jeder beliebige Preis.

  7. RA. Wortmann sagt:

    Hallo Herr Kollege Otting,
    ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen, dass die Schadensminderungspflicht besser Schadensgeringhaltungspflicht heissen müsste. Ein einmal eingetretenener Schaden, darauf hatte ich in meinem Aufsatz in ZfS 1999, 1 ff. hingewiesen, auf den Willi Wacker verwiesen hatte, kann nicht mehr gemindert werden. Aber auch ein einmal eingetretener Schaden kann nicht mehr gering gehalten werden. Was gering gehalten werden kann, sind die Folgeschäden. Insoweit besteht dann auch ein Schuldverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem. In diesem gesetzlichen Schuldverhältnis kann der Geschädigte den Schädiger darauf hinweisen, dass die Gefahr einer Schadensausweitung besteht, wenn er jetzt nicht leistet. Insoweit ist der Geschädigte verpflichtet, im Rahmen seiner Möglichkeiten und Fähigkeiten das aus seiner Sicht (subjektive Schadensbetrachtung) Erforderliche in die Wege zu leiten, z.B. ein Schadensgutachten zur Feststellung seines Kfz-Schadens sowie der erforderlichen Reparaturkosten einschließlich der erforderlichen Ersatzteile in Auftrag zu geben. Diese Kosten können nicht gering gehalten werden, weil sie für den Geschädigten als erforderlich angesehen wurden, wobei die ex ante Betrachtung anzustellen ist. Die einmal entstandenen Kosten des SV, den der Geschädigte berechtigterweise eingeschaltet hat, können auch nicht mehr gemindert und auch nicht mehr gering gehalten werden. Bekanntlich ist der Geschädigte zur Beauftragung eines qualifizierten Gutachters seiner Wahl berechtigt. Er ist nicht verpflichtet, vor Beauftragung irgendwelche Preisvergleiche anzustellen. Dazu ist er auch gar nicht in der Lage. Zum einen gibt es keine feste Honorarordnung der Sachverständigen zum anderen kann der SV das Honorar erst nach Erstellung des Gutachtens angeben (Honorar nach Schadenshöhe; herrschende Meinung in Rspr. und Lit.). Also kann auch die Schadensposition SV-Honorar nicht gering gehalten werden, zumal der Geschädigte nicht verpflichtet ist zugunsten der eintrittspflichtigen Versicherung zu sparen. Er ist auch nicht verpflichtet, den SV der Versicherung zu akzeptieren.
    Weitet sich der Schaden möglicherweise dadurch aus, dass die Versicherung nicht rechtzeitig innerhalb 14 Tagen (LG Saarbrücken) reguliert und dadurch die Reparaturzeit bzw. Mietwagenzeit sich verlängert, muss der Geschädigte den Schädiger bzw. seine Versicherung darauf aufmerksam machen, dass sich der Schaden auweiten wird. Er muss keineswegs in Vorleistung treten, kann vielmehr die Versicherung auf Zahlung der erforderlichen Kosten verklagen und erhält dann u.U. wie hier bereits berichtet wurde eine hohe Nutzungsausfallentschädigung.

    Der durch den Unfall entstandene Schaden ist in dem Bruchteil einer Sekunde entstanden. Dieser Schaden kann auch nicht mehr gering gehalten werden. Auch die zur Beseitigung dieses Schaden erforderlichen Geldbeträge können nicht gering gehalten werden. Durch das Schadensgutachten werden die Kosten beweismäßig festgestellt. Wo soll dort gering gehalten werden? Wenn demnach die Kosten feststehen, kann der Geschädigte diese Kosten verlangen und der Schädiger ist zur Zahlung dieser Beträge verpflichtet. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, Billigreparaturen oder Reparaturen mit Gebrauchtteilen hinzunehmen. Der Schädiger muss nämlich den vor dem Unfall bestehenden Zustand, also das intakte Fahrzeug, wiederherstellen und dafür sind die im Gutachten aufgeführten Beträge erforderlich. Auch hier kann es keine Geringhaltungspflicht geben. Es gilt lediglich das Bereicherungsverbot des BGH, mehr allerdings nicht. Wenn der Geschädigte nach den Vorgaben des Gutachtens abrechnet, bereichert er sich allerdings nicht, da er nur die erforderlichen Kosten geltend macht, mehr nicht!

    Fazit ist meines Erachtens nach wie vor, dass es eine Schadensgeringhaltungspflicht schon dogmatisch im deliktischen Schadensrecht nicht geben kann. Ich weiß, dass ich damit im Gegensatz zum BGH stehe. Bereits in ZfS 1999, 1 ff. hatte ich mich gegen den BGH gestellt. Bei dieser Ansicht bleibe ich auch.

    Preis ist mir egal, gilt nur eingeschränkt. Massgeblich ist, was der Geschädigte als technischer Laie für notwendig erachten durfte zur Schadensbeseitigung. Deshalb kann es auch keine Begrenzung bei den SV-Kosten geben. Wer kann als Laie schon sagen, dass hier ein sog. geringfügiger Bagatellschaden vorliegt, oder sind vielleicht doch nicht sichtbare Fahrzeugteile beschädigt, dann kein Bagatellschaden mehr, und die Beauftragung des SV ist erforderlich. Daher zweckmäßigerweise immer einen Gutachter einschalten. Selbst wenn im nachhinein dann ein geringfügiger Schaden durch den SV festgestellt wird, war ex ante betrachtet die Beauftragung des SV erforderlich und die Kosten gem. § 249 BGB zu ersetzen. Also auch dieses Beispiel zeigt wieder, dass es ex ante betrachtet gar keine Geringhaltungsmöglichkeit gibt.

    Denkt mal darüber nach.
    Noch einen schönen Abend und einen
    schönen Sonntag
    RA. Wortmann

  8. Willi Wacker sagt:

    Hallo Herr Otting,
    ob das Wort nun richtigerweise Schadensgeringhaltungspflicht oder wie der BGH auch schon mehrfach Schadensminderungspflicht benutzt hat, lauten müsste, ist letztlich egal. Der Rechtsgedanke wird aus § 254 BGB hergeleitet. Unabhängig von der Wortwahl hat m.E. Wortmann mit seinem Aufsatz schon 1999 das Problem erkannt und sich damals schon gegen den BGH ausgesprochen, wobei damals der BGH die Geringhaltungspflicht aus § 242 BGB hergeleitet hat. Ich meine, dass ein Bezug auf § 242 BGB sachgerechter wäre als auf § 254 BGB, der nach der überzeugenden Ansicht von Wortmann gar nicht anwendbar ist. Ich halte den Aufsatz ZfS 1999, Seite 1 – 4 für lesenswert.
    So ohne weiteres sind die Begründungen nicht von der Hand zu weisen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  9. Joachim Otting sagt:

    @ RA Wortmann

    Bezogen auf das Gutachten sehe ich das weitestgehend genau so, siehe auch mein alter und immer noch aktueller Beitrag in VersR 1997, 1328.

    Am Beispiel der Mietwagenkosten lässt sich aber leicht erkennen, dass man dort den Schaden der Höhe nach sorglos explodieren lassen oder eben sorgsam gering(er) halten kann, so auch der BGH. Und auch im Reparaturbereich sind Beispiele denkbar. Aber immer gilt: Erst ist die Erfoderlichkeit (mit Beweislast beim Geschädigten) zu prüfen, dann erst kommt der Gegeneinwand (mit Beweislast beim Schädiger).

    Jedenfalls gemessen an der BGH- und Instanzrechtsprechung gibt es also doch eine Schadengeringhaltungspflicht im Schadenersatzrecht.

  10. RA. Wortmann sagt:

    @ Otting

    Hallo Herr Kollege Otting,
    Ihr Aufsatz in VersR. 1997 ist mir noch gut bekannt. Ich habe Ihre damaligen Ausführungen für gelungen gehalten. Noch heute finde ich Ihre Ausführungen richtig.

    Wie ich oben ausgeführt habe, sind bei den Unfallfolgeschäden Geringhaltungspflichtverletzungen denkbar, z. B. bei den Mietwagenkosten. Die Pflicht zur Geringhaltung kann sich m.E. aber nicht aus § 254 BGB ergeben, sondern schon eher aus § 242 BGB.

    Bei den reinen Fahrzeugschaden, bei den SV-Kosten ist eine Pflicht zur Geringhaltung allerdings nicht gegeben und auch aus dem Gesetz nicht darstellbar.

    Die Geringhaltungspflicht kann sich auch nicht aus der Erforderlichkeit aus § 249 BGB ergeben. Ein Betrag, der erforderlich ist zur Schadensbeseitigung kann nicht geschmälert werden, sonst wäre er nicht mehr erforderlich. Im Rahmen der Erforderlichkeit ist also auch die Schadensgeringhaltung nicht zu berücksichtigen. Wie auch? Ein Betrag, der unter dem erforderlichen liegt, ist dann nicht erforderlich, also kann er auch für die Schadensbeseitigung im Rahmen der Naturalrestitution nicht berücksichtigt werden.

    Maßgeblich ist der erforderliche Betrag zur Schadensbeseitigung nicht irgendein geminderter, gering gehaltener Betrag.

    Eine gute Nacht.
    Ihr RA. Wortmann

  11. Jurastudentin sagt:

    Hi Herr RA Wortmann,
    Ihre Ausführungen überzeugen. Insbesondere kann ich gut nachvollziehen, dass ein durch das Unfallereignis eingetretener Fahrzeugschaden am Blech nicht gemindert werden kann. Insoweit kann ich auch RA Otting zustimmen. Ebenso kann ich seine Ansicht zur Geringhaltung der Mietwagenkosten akzeptieren. Nicht verständlich ist mir allerdings der Hinweis darauf, dass auch bei den Reparaturkosten eine Schadensgeringhaltungspflicht bestehen soll. Durch das Gutachten ist beweismäßig festgestellt, welcher Reparaturweg mit welchen Teilen zu welchem Betrag erforderlich ist, um den ursprünglichen vor dem Unfall bestehenden Zustand wiederherzustellen. Dieser Betrag kann nach meiner unmaßgeblichen Meinung, hier ist RA Wortmann zuzustimmen, nicht gemindert oder gering gehalten werden. Dieser Betrag ist objektiv betrachtet erforderlich und ein erforderlicher Betrag kann auch nicht mehr gemindert werden, ansonsten wäre er nicht mehr erforderlich.
    MfG
    Ihre Jurastudentin

  12. Joachim Otting sagt:

    @ Jurastudentin

    An seinen Gutachter darf der Geschädigte glauben, da sind wir einig. Denn er darf sich die Kenntnisse des Experten auf Kosten des Schädigers kaufen, weil er selbst keine hat und weil die Waffengleichheit mit dem Versicherer, der wiederum über eigene oder auch zugekaufte Techniker verfügt, hergestellt werden muss.

    Wir diskutieren hier jedoch gerade mit der Reichweite des § 254 BGB eine akademische Frage. Mag es auch Praxis sein, dass der Geschädigte ein Gutachten oder bei Bagatellen einen Kostenvoranschlag einholt, so ist er nicht dazu gezwungen.

    Genau so gut könnte er einfach drauflos reparieren lassen (er holt ja auch kein Gutachten über angemessene Mietwagenkosten ein, er mietet einfach).

    Und jetzt lässt er eine Delle, die man mit Smart-Repair-Methoden (Schulbuchfall: perfekt) beseitigen könnte, durch Austausch der betroffenen Tür beseitigen. Das soll er dürfen?

    Jetzt sage niemand, das gebe es ja gar nicht, denn dann komme ich mit dem BGH-Fall um die Ecke, wo jemand seinen Restwert freihändig ohne Gutachten verhökert hat. Gibt’s ja eigentlich auch nicht, oder? In dem Fall war der Versicherer nur zu dusselig, weil er mit einem überörtlichen Angebot gegengehalten hat. Dazu der BGH: Mit einem höheren Örtlichen hätte es funktioniert.

  13. Jurastudentin sagt:

    @ Joachim Otting

    Hi Joachim Otting,
    ich bin zwar noch Studentin der Rechtswissenschaften und habe daher bisher nur Studentenwissen. Ich meine aber, dass gem § 249 BGB der Geschädigte Anspruch auf Herstellung des ursprünglichen Zustandes hat, der vor dem Schadensereignis bestanden hat. Vor dem Schadensereignis hatte er eine intakte Tür, nach dem Unfall eine mit Delle, um in Ihrem Beispiel zu bleiben. Er hat m.E. Anspruch auf eine Tür ohne Delle, eben dem früheren Zustand. Dementsprechend kann er eine Ersatztür verlangen. Irgendwelche Billigreparaturen, z.B. durch Ausbeulen muss er nicht hinnehmen. Vor dem Schaden hatte er nämlich eine Tür ohne Spachtelmasse, hinterher muss er eine solche wieder haben, bzw. den Geldbetrag erhalten, der ihn befähigt, eine Ersatztür ohne Spachtelmasse anzuschaffen und einbauen zu lassen. Das ist der erforderliche Betrag und nicht irgendein geminderter Betrag.

    Bei den Restwerten ist nicht der Internetmarkt, sondern nur der örtliche Markt maßgeblich. Wenn der Geschädigte sich am örtlichen Markt orientiert, macht er nichts falsch, egal ob der Versicherer ein höheres Angebot unterbreitet.

    Das in Ihrem Beispiel angesprochene höhere örtliche Angebot kann es auf dem seriösen Markt nicht geben, da in der Regel der qualifizierte SV drei Angebote örtlicher Restwertaufkäufer einholen wird. Der SV kennt in der Regel den örtlichen Markt, so wie der BGH es erfordert. Das vermeintlich höhere Angebot wäre daher dann schon berücksichtigt, wenn es sich um ein seriöses Angebot handelt.

    Ihre Jurastudentin

  14. Joachim Otting sagt:

    @ Jurastudentin

    …und da hat die Studentin den Klausurfall so abgewandelt, dass ihre Lösung dazu passt.

    Schauen Sie noch mal in mein Beispiel. Ich habe unterstellt, dass die Tür mit Smart-Repair-Methoden perfekt reparabel war (das gibt’s!). Und beim von mir angesprochenen Restwertfall des BGH gab es gar keinen Gutachter. Schauen Sie noch mal hin, da steht „freihändig ohne Gutachten“. Für den BGH war ein höheres örtliches Angebot durchaus denkbar (VI ZR 132/04).

    Und jetzt zweite Chance.

    Hinweis vorab: Mit Ihrer Ansage, für jede Delle gebe es eine neue Tür, begeben Sie sich aber auf äußerst dünnes Eis!

  15. Werkstatt-Freund sagt:

    Hallo Joachim Otting,
    wie soll die Smart-Repair-Methode denn aussehen? Selbst wenn ausgebeult wird, muss m.E. wegen der Unebenheiten gespachtelt werden. Das muss der Geschädigte allerdings nicht hinnehmen. Eine sanfte Reparaturmethode ist schlicht Quatsch. Minderwertige Reparaturmethoden sind keine Schadensbeseitigungsmassnahmen i.S.d. § 249 BGB.
    MfG
    Werkstatt-Freund

  16. Willi Wacker sagt:

    Hi Joachim Otting, hi Jurastudentin, hi Werkstatt-Freund,
    ich finde es gut, dass jetzt auch akademische Streite auf hohem Niveau hier ausgetragen werden. Im Ergebnis muss ich allerdings Herrn Otting sagen, dass eine Smart-Repair-Methode doch nur mit der vermeintlichen Schadensgeringhaltungspflicht des Geschädigten begründet werden kann. Das Beispiel zeigt m.E. aber, dass es eine solche nicht gibt und auch nicht geben kann. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet zugunsten des eintrittspflichtigen Versicherers oder im Falle der direkten Klage gegen den Schädiger zugunsten des Schädigers zu sparen (Schaden gering zu halten). Einen derartigen generellen Grundsatz gibt es nicht. Der Geschädigte ist Gläubiger des Schadensersatzanspruchs und nicht Schuldner irgendeiner Geringhaltungsverpflichtung. Dieser Grundsatz kann m.E. auch nicht aus § 254 BGB hergeleitet werden. Wenn es nach den Versicherungen gehen würde, würde gar kein Schadensersatz geleistet. Es gelte der Grundsatz, dass man Unfallschäden gottergeben hinzunehmen habe. Die Versichertengemeinschaft müsse ja an allen Ecken und Enden sparen. Dieses Argument hört man doch auch heute schon. Nur damit wird das deutsche Schadensersatzrecht auf den Kopf gestellt.

    Grundsatz ist und bleibt der § 249 BGB. Danach kann der Geschädigte die (Wieder-) Herstellung des urprünglichen Zustandes, der vor dem Unfall bestanden hat, verlangen. Der Schädiger hat ohne Wenn und Aber und innerhalb 14 Tagen den Schaden zu regulieren. Dabei ist der Schädiger Schuldner dieser Schadensersatzverpflichtung und als Schuldner muss er leisten und kann nichts fordern. Daher ist auch die Forderung der Versicherungen, den Schaden durch eigene oder beauftragte SV feststellen zu lassen, absurd. Der Schädiger (und dessen Versicherung) können gar nichts fordern.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  17. Joachim Otting sagt:

    @ Willi Wacker:

    Ich gebe auf und merke mir: Ab sofort gibt es nur noch Neuteilersatz. Schadenminderungspflicht, besser Schadengeringhaltungspflicht ist außer beim Mietwagen abgeschafft, und uns interessiert die BGH-Rechtsprechung zu § 254 BGB jetzt auch nicht mehr. Fälle kommen nur noch in der Form vor, dass sie zu unseren Lösungen passen. Andere Fälle werden abgeschafft.

    Dann möchte ich aber auch keine Beschwerden mehr hören, dass sich Versicherungen erdreisten, die BGH-Rechtsprechung anzuzweifeln.

    P.S.: Nichts von dem Rechtlichen, was Sie gerade schreiben, hab ich in Zweifel gestellt. Ich war mir nur sicher, dass es Schäden gibt, die in schadenrechtlich ausreichender Qualität instandsetzbar sind. Von Versicherungssachverständigen habe ich nix geschrieben. Das hat doch keinen Sinn, die Rechtsfragen immer wegzubiegen und durch Fallvarianten zu ersetzen, damit das Ergebnis passt. Hoffentlich eifert Jurastudentin diesem Vorbild nicht im Examen nach.

  18. insider sagt:

    Wer behauptet, Smart Repair sei generell Quatsch, ist nun wirklich nicht mehr up to date. Dabei geht es gar nicht mal darum, den Schaden zugunsten der Versicherung möglichst niedrig zu halten, sondern vielmehr darum, ein möglichst gutes Ergebnis zu erhalten.

    Ich persönlich würde auf jeden Fall lieber einen von einem Fachmann mit diesem Verfahren tatsächlich hundertprozentig instandsetzbaren Schaden so beheben lassen, anstatt nachher mit einem Pkw herumzufahren, wo eine Tür eine andere Farbe hat als das Seitenteil und die andere Tür. Oder sich beim Verkauf des Fahrzeugs danach fragen zu lassen, warum denn – wenn diese zur Farbangleichung beilackiert worden sind – die vordere Tür und das Seitenteil ausweislich der erhöhten Lackschichtdicke mit einer Reparaturlackierung versehen worden sind.

    Ähnliches gilt im übrigen auch für einen Schaden am Seitenteil, wo mit schöner Regelmäßigkeit sofort die Erneuerung kalkuliert wird, auch wenn selbst ganz erhebliche Schäden von wirklich guten Karosseriefachleuten mit den entsprechenden Werkzeugen (und natürlich mit Herstellerfreigabe)instandzusetzen sind.

    Auch in einem solchen Fall kann die Erneuerung des Seitenteils aufgrund der potenziellen Problemzonen in den großflächigen Verschweißungsbereichen (zumindest was die technische Sicht angeht) nur die allerletzte Lösungsmöglichkeit sein.

    Bei aller gerechtfertigten Kritik an dem teilweise unmöglichen Regulierungsverhalten der Versicherer sollte man daher aus meiner Sicht bei seiner technischen Argumentation etwas vorsichtiger sein, um sich nicht in seinem Bereich genauso daneben zu verhalten wie die Versicherungen es in ihrem tun.

  19. F.Hiltscher sagt:

    @
    „Schadenminderungspflicht“, ein raffiniert gestaltetes Wort, was vernünftig klingt, aber grottenfalsch ist.
    Einen Schaden der in Bruchteilen von Sekunden entsteht, ist nicht mehr zu mindern!
    Innerhalb dieser 50 tausendstel Sekunden werden sämtliche verbrieften Rechte des Geschädigten wirksam(§ 249).
    „Schadenausweitungsverbot“ wäre der richtige Begriff!!
    Mit der Ermahnung an die Geschädigten ihrer Schadenminderungspflicht nachzukommen, wird nur erfolgreich einsuggeriert, dass die Geschädigten auf bestimmte Rechte (Schadenersaztleistungen) verzichten sollen.

    Die Schadensminderungspflicht kann allenfalls die zum Schadenersatz verpflichtete Versicherung treffen, wenn genau beziffert ist welcher deliktischer Schaden zu bezahlen ist und die Versicherer sich weigern diesen auszubezahlen. Da werden oft von den Versicherungen trotz eines berechtigten Rechtsanspruch noch tausende von € verplempert und der Schaden ausgeweitet auf Kosten der Versichertengemeinschaft.
    Das beste Beispiel dafür ist die HUK_COBURG,weil wegen
    anteiligen € 80,0 SV-Honorar,welches rechtwidrig gekürzt wurde,noch oft zusätzlich € 2000.- Prozess u. SV-Kosten anfallen. Diese Fa. ist bekannt mit dieser falschen Rechtsmeiniung zig Millionen Beitragseinnahmen jährlich sinnlos zu verplempern.

  20. F.Hiltscher sagt:

    @ Joachim Otting
    „Ich gebe auf und merke mir: Ab sofort gibt es nur noch Neuteilersatz. Schadenminderungspflicht, besser Schadengeringhaltungspflicht ist außer beim Mietwagen abgeschafft, und uns interessiert die BGH-Rechtsprechung zu § 254 BGB jetzt auch nicht mehr. Fälle kommen nur noch in der Form vor, dass sie zu unseren Lösungen passen. Andere Fälle werden abgeschafft.“

    Hallo Herr Otting,
    warum so sarkastisch,Sie wollen anscheinend auch nur schwarz oder weiss sehen.

    Selbstverständlich ist bei all dem deliktischen Schadenersatz davon auszugehen, dass alles nach bestem Wissen u. Gewissen ermittelt u. kalkuliert wurde.
    Warum sollten qualifizierte SV den Schaden ausweiten?
    Wir wollen uns nicht mit anderen SV (DEKRA) vergleichen lassen, welche ein höheres Honorar bekommen wenn sie Richten statt Erneuern praktizieren.
    Da werden DEKRA SV zu motivierten Streichern erzogen, ohne auf die erforderlichen u. wirtschaftlichen Reparaturwege Bezug zu nehmen.
    Wir haben überall unsere Probleme, wenn ein Großteil der SV (ca. 89%)nach Versicherungswünschen (auftragsgemäße Schadenminderung) arbeitet.

  21. Joachim Otting sagt:

    @F.Hiltscher

    Ich schrieb über den Geschädigten und über die BGH-Rechtsprechung und über die Tatsache, dass es – so glaubte ich bisher – schadenrechtlich einwandfreie Instandsetzungen gibt. Sie schreiben, weil es besser passt, über heilige und unheilige Sachverständige (die es nach meiner Erfahrung in allen Gruppierungen gibt)und über Manipulationen.

    Ich kann da keinen Zusammenhang erkennen.

    Widersprüchlich scheint mir: Sie wollen „selbstverständlich“ davon ausgehen, dass bei deliktischem Schadenersatz alles richtig kalkuliert ist und schreiben andererseits, ca. 89 % aller Gutachter machten falsche Gutachten. Wie geht das?

    Hoffentlich lesen die Richter nicht, dass sogar ein renommierter meinungsbildender Sachverständiger davon ausgeht, Gutachten seien weit, weit überwiegend falsch. Sonst wackelt irgendwann das Fundament, auf dem das Recht auf den Gutachter gegründet ist.

  22. Babelfisch sagt:

    @insider

    Smart (Übersetzung: schlau, elegant, gerissen, klug, schick, pfiffig, intelligent, adrett, aufgeweckt, geschickt, gewandt, modisch, gescheid, tüchtig, flink, fesch, gepflegt, gerieben, listig, munter, schnittig, smart (!), anständig)
    Repair (Übersetzung: Instandsetzung, Reparatur, Ausbesserung, Wiederherstellung, Wiederinstandsetzung)
    mag sicher eine Alternative zur hergebrachten Reparatur sein. Ihr freier Wille in allen Ehren, aber es ist eben IHRE Entscheidung! Was aber in der Praxis passiert, bedeutet nichts anderes als: die Dispositionsbefugnis soll plötzlich auf den Schädiger bzw. dessen Versicherer übergehen! Ich sage nur: wehret den Exzessen, denn angefangen haben sie schon längst!

  23. F.Hiltscher sagt:

    @Joachim Otting
    „Ich schrieb über den Geschädigten und über die BGH-Rechtsprechung und über die Tatsache, dass es – so glaubte ich bisher – schadenrechtlich einwandfreie Instandsetzungen gibt. Sie schreiben, weil es besser passt, über heilige und unheilige Sachverständige (die es nach meiner Erfahrung in allen Gruppierungen gibt)und über Manipulationen.“

    Hallo Herr Otting,
    ich habe über die Schadensminderungspflicht gepostet und nichts weil es mir besser passt!
    Fakt ist dass 89% aller SV für die Versicherungen arbeiten um den Schaden geringer zu halten als er ist.

    Zahlen Sie doch mal zusammen:
    DEKRA,SSH,CAREXPERT,TÜV,BVSK,Allianz,usw.usw. x SV

    @J. Otting
    „Widersprüchlich scheint mir: Sie wollen “selbstverständlich” davon ausgehen, dass bei deliktischem Schadenersatz alles richtig kalkuliert ist und schreiben andererseits, ca. 89 % aller Gutachter machten falsche Gutachten. Wie geht das?“

    Ich habe geschrieben dass 89% der SV für die Versicherungen arbeiten und den Schaden gering halten, bzw den Schaden mindern.
    Für diesen Nachweis liegen mir Internas u. Anweisungen, vor welche auch von den 89% der SV befolgt werden.
    Sicherlich gibt es in allen Gruppierungen auch heilige und unheilige, aber wenn es aus einer Gruppierung von 10.000 (KFZ.-SV)über 89% „unheilige“ sind, welche auftragsgemäß den Schaden mindern, oder auftragsgemäß den Schaden erhöhen (Zweck WT um jeden Preis)frage ich mich schon, welche Chance die restlichen 11% der KFZ.- SV auch bei sauber erstellten GA haben, wenn eine Armada von Gegenargumenten, welche sich hauptsächlich da bildet wo Versicherungen Schadenabwehr betreiben , meinungsbildend ist.

    @ J. Otting
    „Hoffentlich lesen die Richter nicht, dass sogar ein renommierter meinungsbildender Sachverständiger davon ausgeht, Gutachten seien weit, weit überwiegend falsch. Sonst wackelt irgendwann das Fundament, auf dem das Recht auf den Gutachter gegründet ist.“

    Es wäre schon zu hoffen, dass Richter auch mal darüber nachdenken welche SV- Gruppierung tatsächlich unabhängig u. auch qualifiziert sind.
    Oder sind Sie der Meinung, dass die weisungsgebundene SSH, die Weisungsgebundenen DEKRA SV, die Versicherungseigene Carexpert, der TÜV, der absprachefreudige BVSK, die weisungsgebundenen hunderte von SV innerhalb der Versicherungen, richtige (Gerichts) GA liefern, entgegen den Auftraggeberwünschen.
    Das von Ihnen angesprochene Fundament müsste aus vorgenannten Gründen schon lange wackeln.
    Gerade für Sie als ehemaliger DEKRA-CHEF, müsste doch das Puderzucker rektal verabreichen, für gute Auftraggeber doch noch geläufig sein.

    MfG

  24. Willi Wacker sagt:

    Hallo Herr Otting,
    es ist nie bestritten worden, dass es schadensrechtlich einwandfreie Instandsetzungen oder Reparaturen gibt. Was aber bestritten wird ist, dass es eine Verpflichtung des Geschädigten gibt, den Schaden so gering wie möglich zu halten, damit der Geschädigte den geringsten Schadensersatz leisten muss. Diesen Grundsatz gibt es m.E. nicht. Der Geschädigte kann aus seiner subjektiven Sicht die Schadensbeseitigungsmaßnahmen ins Werk setzen, die aus seiner Sicht gesehen die zur Schadensbeseitigung erforderlichen sind, wobei er nicht zu Gunsten des Schädigers sparen muss.

    Im übrigen muss ich Herrn Hiltscher zur Seite springen. Er hat recht, wenn er vorträgt, dass einige SV-Organisationen, z.B. die DEKRA falsche Gutachten in der Form der „Prüfberichte“ für Versicherungen abgibt. In diesen Prüfberichten, die im übrigen noch nicht einmal das Wort wert sind, wird nach Vorgabe der Versicherung die obergerichtliche Rechtsprechung und teilweise die Rspr. des BGH total negiert. Was schert uns das BGH-Urteil, wenn wir niedrigere Stundenverrechnungssätze zugrunde legen. Derartige „Gutachten“ sind das Papier nicht wert.

  25. RA. Wortmann sagt:

    Hi Herr Joachim Otting,
    die Rechtsprechung des BGH zu den Mietwagentarifen kann nicht uneingeschränkt auf SV-Kosten oder Reparaturmaßnahmen übertragen werden. Zum einen können die Mietwagentarife vor Auftragserteilung festgestellt werden, dies ist bekanntlich bei SV-Kosten nicht der Fall.
    Auch hinsichtlich des von Ihnen wohl gemeinten Wirtschaftlichkeitsgebotes sei angemerkt, dass der Geschädigte den Weg der geringsten Kosten beschreiten muss, wenn er die Kosten beeinflussen kann. Dies kann er aber bei der Reparatur nicht. Er gibt den beschädigten Wagen in die Marken-Fachwerkstatt und erteilt den Reparaturauftrag entsprechend dem zuvor erstellten Gutachten seines SV.
    Auf irgendwelche niedrigeren Stundenverrechnungssätze irgendwelcher nicht markengebundenen Werkstätten muss sich der Geschädiugte nicht verweisen lassen. Er handelt wirtschaftlich, wenn er den Wagen nach den Vorgaben des Gutachtens reparieren lässt bzw. das Gutachten als Berechnungsgrundlage seines Schadensersatzanspruches nimmt.
    Mit freundlichen Grüßen
    RA Wortmann

  26. Joachim Otting sagt:

    @ Babelfisch

    Der Begriff „Smart-Repair“ basiert auf dem englischen „Small Area Repair Technique“. Das hatte ich bei Fachleuten als bekannt voraus gesetzt, sorry.

    @ Willi Wacker

    Doch, das ist bestritten worden. Jurastudentin schrieb unter späterem Beifall anderer Kommentatoren: „Vor dem Schadensereignis hatte er eine intakte Tür, nach dem Unfall eine mit Delle, um in Ihrem Beispiel zu bleiben. Er hat m.E. Anspruch auf eine Tür ohne Delle, eben dem früheren Zustand. Dementsprechend kann er eine Ersatztür verlangen. Irgendwelche Billigreparaturen, z.B. durch Ausbeulen muss er nicht hinnehmen. Vor dem Schaden hatte er nämlich eine Tür ohne Spachtelmasse, hinterher muss er eine solche wieder haben, bzw. den Geldbetrag erhalten, der ihn befähigt, eine Ersatztür ohne Spachtelmasse anzuschaffen und einbauen zu lassen. Das ist der erforderliche Betrag und nicht irgendein geminderter Betrag.“

    Zum Beispiel Werkstatt-Freund: „…wie soll die Smart-Repair-Methode denn aussehen? Selbst wenn ausgebeult wird, muss m.E. wegen der Unebenheiten gespachtelt werden. Das muss der Geschädigte allerdings nicht hinnehmen. Eine sanfte Reparaturmethode ist schlicht Quatsch. Minderwertige Reparaturmethoden sind keine Schadensbeseitigungsmassnahmen i.S.d. § 249 BGB.“

    Willi Wacker schrieb: „…dass eine Smart-Repair-Methode doch nur mit der vermeintlichen Schadensgeringhaltungspflicht des Geschädigten begründet werden kann. Das Beispiel zeigt m.E. aber, dass es eine solche nicht gibt und auch nicht geben kann. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet zugunsten des eintrittspflichtigen Versicherers oder im Falle der direkten Klage gegen den Schädiger zugunsten des Schädigers zu sparen (Schaden gering zu halten).“

    Instandsetzen ist also wörtlich oder zwischen den Zeilen mit „Billigreparatur“ gleichgesetzt worden.

    Schwamm drüber.

    Eine Verpflichtung des Geschädigten zur billigsten Reparatur habe ich nicht behauptet. Ich lehne nur die These ab, hinsichtlich der Reparatur könne es keine 254 BGB – Verpflichtung des Geschädigten geben. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung geben wir den Lesern damit auch nur Steine statt Brot.

    @ RA Wortmann:

    Ich hatte das (nicht nur) akademische Beispiel einer Reparatur ohne Gutachten gebildet. Dem kann man nicht ausweichen mit der (richtigen!) Erwägung, dass ein Auftrag „Reparatur laut Gutachten“ in Ordnung geht. Reparaturen ohne Gutachten sind häufiger als solche mit.

    @ F.Hiltscher

    Dass es äußerst „flexible“ Sachverständige (in die eine wie die andere Richtung) gibt, werde ich nie leugnen. Ich habe die hinreichend erlebt. Nur sehe ich die überall. Richtig ist, dass das im Segment der sogenannten Prüfberichte – wie heißt das neue Modewort? – „systemisch“ ist.

    So, nun werde ich, weil wir uns im Kreise drehen, dazu nix mehr schreiben.

  27. Lars sagt:

    Angesichts der engagierten Diskussion könnte man fast meinen, dass der Inhalt des § 249 BGB nicht verständlich sei. Aber da steht etwas drin,von „dem“ Zustand, der bestehen würde, wenn das zum Schadenersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre. Von der Herstellung eines „anderen“ Zustandes ist darin nicht die Rede und genau daran entzünden sich die Geister, denn die, welche einen anderen Zustand als Schadenersatzverpflichtung für ausreichend halten, müssen diesen als den Zustand verkleiden, den der Gesetzgeber gemeint hat und das ist nicht so einfach, wie man sieht. Diese Begriffsumbildung konkretisiert sich dann in einem Prozess der Interpretation und damit um die Bestimmung des Schadenersatzes nach Billigkeitserwägungen. Eine solche „Zubilligung“ von Schadenersatz verstößt meiner Meinung nach eklatant gegen den Inhalt des § 249 BGB.

    Mit freundlichen Urlaubsgrüssen

    Lars

  28. Ludger sagt:

    Joachim Otting Samstag, 11.07.2009 um 11:23

    Der ganze § 254 BGB enthält an keiner Stelle, auch nicht in der Überschrift, das Wort “Schadenminderungspflicht”. Das Wort hat sich erst im Laufe der Rechtsprechung entwickelt.

    Hierzu zitiere ich einmal Professor Dr. Ernst Wolff aus den Schriften zum Bürgerlichen Recht, Band 88:

    „Die verfehlte Behauptung, dass ein Geschädigter gegenüber dem Schädiger, ein Verletzter gegenüber dem Verletzer, das Opfer eines Delikts gegenüber dem Täter „Pflichten“ haben soll, geht auf die nationalsozialistische Rechtsideologie zurück.“

    Und weiter:

    „Der Geschädigte hat seinen Schadenersatzanspruch dem Gemeinschaftsinteresse zu opfern. Fragt man sich, wem dieses „Opfer“ zugute kommt, sind es zum einen alle diejenigen, die sich im „Gemeinschaftsinteresse“ über die Rechte anderer hinwegsetzen, zum anderen die Träger der Schadenversicherung.

    Eine weltanschaulich sozialistische Gemeinschaft ist notwendig totalitär. …..“

    Fakt ist im angesprochenen Zusammenhang, dass vielfach im Gespräch zwischen Versicherung und dem Unfallopfer der Hinweis auf eine angebliche Schadenminderungspflicht Geschädigte zunächst einmal davon abhält, das zu tun, was zur zweckmäßigen Verfolgung der Schadenersatzansprüche sinnvoll wäre und dazu habe ich jetzt irgendwo gelesen:

    1. Beweisicherung durch ein versicherungsunabhängiges Gutachten.

    2. Anwaltliche Unterstützung zur Risikominimierung bei der Unfallschadenregulierung.

    3. Freie Wahl eines qualifizierten Kfz-Betriebes zur Unfallreparatur, der ebenfalls nicht „Vertrauens“werkstatt der Assekuranz sein sollte.

    Bei klarer Schuldfrage sind alle damit verbundenen Kosten schadenersatzpflichtig. Einer rechtswidrigen Einschüchterung des Geschädigten und der Verleitung zum gesteuerten Schaden sollte so wirkungsvoll begegnet werden können.

    Dann noch einen schönen Abend miteinander

    Ludger

  29. Willi Wacker sagt:

    @ Lars 13.07.2009 20:42

    Hallo Lars,
    sehr richtig! Nach § 249 BGB ist der Zustand wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.

    Insoweit ist der Zustand vor dem Schadensereignis und danach gegenüberzustellen. Vor dem Unfall war das Fahrzeug unverbeult und mit intaktem Lack. Nach dem Unfall ist das Fahrzeug verbeult und am Lack beschädigt. Dementsprechend ist das beschädigte Fahrzeugteil unverbeult (und ohne Spachtelmasse) wiederherzustellen. Dies geschieht in der Regel durch Einbau der entsprechenden Fahrzeugteile und das später durchzuführende Lackieren.

    Insoweit hat in der Tat der Geschädigte Anspruch auf den früheren Zustand. An dem gibt es eigentlich nichts zu deuteln. Billigkeitserwägungen haben dabei keinen Raum.

    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  30. H. U. sagt:

    virus Samstag, 11.07.2009 um 13:23

    “…. primär geht es um die Erforderlichkeit”

    In einer gesunden, sprich rechtskonformen Struktur stellt sich die Erforderlichkeit z. B. des zu erzielenden Honorars anders da, als bei einer Geschäftsführung, bei der das Umfeld den Rechtsrahmen längst massiv verlassen hat bzw. immer weiter verlässt.

    Hallo, Virus,

    die Angelegenheit ist deutlich auf den Punkt gebracht und so sollte sie zukünftig auch immer abgehandelt werden mit der gegebenen Anregung der Fortführung dessen, was der HUKflüsterer angesprochen hat. Zu schnell verschwinden solche Anregungen oft in der Versenkung.

    Mein Vorschlag: Rein als Priorität in den Aufgabenkatalog,
    kontinuierlich hervorholen, ergänzen und die Zielsetzung präzisieren nach dem Motto: „Nicht reden- handeln.“ Das verleiht Flügel und aus größerer Höhe mehr Übersicht. Aber das Inbewegungsetzen und das Dranbleiben sind wichtige Erfolgsfaktoren.

    Bis dahin

    H.U.

  31. Babelfisch sagt:

    @ Joachim Otting:

    Der Begriff “Smart-Repair” basiert auf dem englischen “Small Area Repair Technique”. Das hatte ich bei Fachleuten als bekannt voraus gesetzt, sorry.

    Ja, nee, is klah! Die Übersetzung war ein Hinweis darauf, was der eigentliche Wortsinn sein könnte. War nicht ganz ernst gemeint. In Zukunft werde ich dies gesondert kennzeichnen.

  32. insider sagt:

    Herr Otting hat Recht. Bzgl. des Themas „Smart Repair“ sind die Argumente jetzt nun wirklich ausgetauscht.

    Man sollte die akademische Diskussion aber mal auf die Wirklichkeit runterbrechen, um mit der Materie weniger vertrauten Mitlesern keinen Floh ins Ohr zu setzen. Die Frage der Herstellung des Zustands vor dem Eintritt des Schadens wird bei Gericht nämlich in den wenigsten Fällen so gesehen, dass instandsetzbare Schäden nur durch eine Erneuerung des Bauteils ordnungsgemäß behoben werden können.

    In den Beweisbeschlüssen wird vielmehr mit schöner Regelmäßigkeit danach gefragt, ob eine bestimmter Schaden durch Instandsetzung oder aber nur durch einen Austausch des beschädigten Teils behoben werden kann. Ich denke, dass alle SV und RA hier dies wissen und kann daher die Diskussion nicht so recht verstehen.

    Schlimm finde ich es vielmehr, dass die Auftragsstreicher wie Dekra, SSH etc. immer noch ihr Unwesen treiben können bzw. trotz dieser grenzwertigen Vorgehensweise mit schöner Regelmäßigkeit in Zivilprozessen gegen die Versicherungen, in deren Auftrag sie kürzen, als Gerichtssachverständige herangezogen werden.

    Toll ist es auch, dass jemand wie der Herr Witte von ControlExpert im Internet damit werben kann, er sei öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger. Und das, obwohl dessen Unternehmen nichts anderes tut, als einseitig im Auftrag der Versicherer die Geschädigten um ihre gerechtfertigten Ansprüche zu bringen. Die zuständige IHK, die von diesen Machenschaften sicherlich Kenntnis haben dürfte, hält das offensichtlich für nicht beanstandenswert.

  33. WESOR sagt:

    Die IHK`s nehmen Beiträge von Jedermann an. Ob mit oder ohne Bestallung, ob GmbH, AG wichtig ist dennen nur der Beitrag. Die Satzung haben die IHK`s schon ganz vergessen.

  34. F.Hiltscher sagt:

    @Wesor
    „Die IHK`s nehmen Beiträge von Jedermann an. Ob mit oder ohne Bestallung, ob GmbH, AG wichtig ist dennen nur der Beitrag. Die Satzung haben die IHK`s schon ganz vergessen.“

    Ja,ja
    würden die IHK`s die „Fahne der Sachverständigenordnung“ hochhalten, dürfte kein SV der SSH mehr öffentlich bestellt u. vereidigt sein, kein armer DEKRA-Scherge und auch kein Allianz-SV.
    Aber so ist es nun mal ganz anders, weil Andere auch völlig andere Interessen haben, deswegen reagieren die Kammern mit einem wachen Auge auf die Beiträge schauend, auch anders als man erwarten dürfte.
    Alles ist anders geworden, die Worte Ethik, Moral u. Verbraucherschutz wurden ausgetauscht gegen ein Wort „Profitgeilheit“.

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