AG Olpe verurteilt mit lesenswerter Begründung den bei der HUK-COBURG Versicherten zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 24.11.2016 – 25 C 394/16 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

zum Wochenbeginn wollen wir Euch hier ein Urteil aus Olpe zu den Sachverständigenkosten gegen den bei der HUK-COBURG Versicherten vorstellen. Es handelt sich dabei wieder um eine positive Entscheidung für unsere Urteilsliste. Mit zutreffender Begründung hat das erkennende Gericht den Anspruch des Geschädigten auf restlichen Schadensersatz in Form der Sachverständigenkosten in vollem Umfang bejaht. Das Gericht hätte sich dabei voll auf die Grundsatzentscheidung VI ZR 225/13 stützen können, denn auch in dem Rechtsstreit ging es um die Klage des Geschädigten gegen den Schädiger. Das erkennende Gericht hat aber auch hier zutreffend  darauf abgestellt, dass die berechneten Sachverständigenkosten für den Geschädigten nicht erkennbar erheblich bzw. deutlich erkennbar überhöht waren, wie die Anwälte der HUK-COBURG dies behaupteten. Insbesondere ist eine Preiskontrolle der Einzelposten der Sachverständigenrechnung weder nach der BGH-Entscheidung vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – möglich noch über eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO. Denn nach § 287 ZPO kommt es, wie das Gericht zu Recht festgestellt hat, nur auf den Endbetrag an. Lest selbst das Urteil des AG Olpe und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker

25 C 394/16

Amtsgericht Olpe

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn M. L. aus K. ,

Klägers,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. & P. aus A. ,

gegen

Herrn L. S. aus E. ( bei der HUK-COBURG Versicherter),

Beklagten,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. E. & P. aus B. ,

hat das Amtsgericht Olpe
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
24.11.2016
durch den Richter S.

für Recht erkannt:

I.  Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 242,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.01.2016 zu zahlen.

II.  Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

III.  Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht ein restlicher Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 Satz 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB zu.

Der Kläger macht einen Schadensersatzanspruch, gerichtet auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten, gegenüber dem Beklagten aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 22.12.2015 auf der BAB 4 in Höhe von Wenden geltend, bei dem es zu einer Kollision zwischen dem Fahrzeug des Klägers und dem Fahrzeug des Beklagten kam. Die Haftung des Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Streit besteht über die Haftung der Höhe in Form der Schadenposition Sachverständigenkosten.

Die streitgegenständlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 891,91 Euro sind in der vorliegenden Konstellation in vollständiger Höhe erstattungsfähig.

Der Geschädigte hat einen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer in Höhe der Sachverständigenkosten des zur Ermittlung des Schadenumfangs erforderlichen Sachverständigengutachtens.

Dies gilt aber nur soweit die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten den erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB nicht überschreitet. Grundsätzlich kann der Geschädigte also nur den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen. Dabei ist der vom Geschädigten aufgewendete Betrag bzw. der von dem Sachverständigen geforderte Betrag ist „nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch“ (BGH, Urteil vom 22.07.2014, AZ: VI ZR 357/13 m. w. N.).

Nach der subjektbezogenen Schadensbetrachtung wird der erforderliche Herstellungsaufwand indes nicht nur nach objektiven Kriterien, etwa durch die Art und das objektive Ausmaß des Schadens, sondern auch durch die Erkenntnis- und Einflussmöglichkejten des Geschädigten mitbestimmt (st. Rspr. seit BGHZ 63, 182, 185). Dem liegt die Wertung zugrunde, dass dem Geschädigten im Verhältnis zum Schädiger das dem Einfluss des Geschädigten entzogene Risiko nicht zugerechnet werden darf. Der Geschädigte ist – anders als bei Mietwagenkosten – dabei grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes an Kfz-Sachverständigen verpflichtet, um einen für den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Dies liegt daran, dass es bei Kfz-Sachverständigen – anders als etwa im Mietwagengewerbe – keine allgemein zugänglichen Preislisten gibt. Hinzu kommt, dass sich das geltend gemachte Grundhonorar in der Regel an der erst noch zu ermittelnden Schadenhöhe orientiert, so dass vor der Begutachtung ohnehin keine konkreten Angaben zu den tatsächlichen Kosten des Sachverständigengutachtens gemacht werden könnten, die der Geschädigte miteinander vergleichen könnte. Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer kann daher nur dann den Ausgleich der Sachverständigenkosten in voller Höhe ablehnen, wenn sich dem Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen und Unterzeichnung einer ihm vorgelegten Vergütungsvereinbarung aufdrängen muss, dass Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, weil das Entgelt „deutlich erkennbar“ (BGH, NJW 2014, 1947, 1948) bzw. „erkennbar erheblich“ (BGH, NJW 2014, 3151, 3153) über den üblichen Preisen liegt. Dabei ist bei der Frage, wann von „erkennbar“ überhöhten Preisen auszugehen ist, nicht auf Einzelpositionen wie z.B. Foto- oder Fahrtkosten etc. abzustellen, sondern die Überhöhung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung, d.h. ausgehend von den zu erwartenden Rechnungsendbeträgen, zu beurteilen, da die Gesamthöhe der Rechnung darüber zu entscheiden hat, ob ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliegt. Anderenfalls käme es angesichts der unterschiedlichen Abrechnungsmodalitäten der Kfz-Sachverständigen in denjenigen Fällen zu unbilligen Ergebnissen, in denen ein geringes, deutlich unterhalb der üblichen Sätze in Ansatz gebrachtes Grundhonorar, dafür aber verhältnismäßig hohe Nebenkosten in Rechnung gestellt werden, ohne dass es insgesamt zu einer Überschreitung der üblichen Vergütung kommt (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 22.01.2015, Az.: 323 S 7/14).

Vorliegend ist keine Überschreitung ersichtlich, die es gebietet, die als Schadensersatz geltend gemachten Sachverständigenkosten, die vom Kläger auch beglichen wurden, als nicht erforderlich im schadensersatzrechtlichen Sinne anzusehen, zumal Besonderheiten, die eine überdurchschnittliche Kenntnis des Klägers von der üblichen  Honorarhöhe nahe legen,  nicht ersichtlich sind; das außergerichtliche Schreiben des Haftpflichtversicherers des Beklagten genügt hierfür allein nicht.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Frage der Berechnung bzw. Schätzung der erstattungsfähigen Sachverständigenkosten mittlerweile höchstrichterlich geklärt ist und sich die bislang erfolgte uneinheitliche Handhabung in der Rechtsprechung durch die im Ergebnis vorzunehmende Einzelfallabwägung ohnehin nicht vereinheitlichen lässt.
Der Streitwert wird auf 242,91 EUR festgesetzt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Olpe verurteilt mit lesenswerter Begründung den bei der HUK-COBURG Versicherten zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 24.11.2016 – 25 C 394/16 -.

  1. SV aus dem Münsterland sagt:

    Die Rechtsanwälte I. & P. aus A. haben offensichtlich korrekt in der Klageschrift für den Geschädigten vorgetragen. Man sieht, wie wichtig es ist, dass bereits in der Klageschrift sauber auf den Schadensersatz hingewiesen wird. Dann können regelmäßig die Versicherungsanwälte D.E. & P. aus B. nicht mehr viel machen. Der Kläger hat bei seiner Anwaltswahl die richtige Wahl getroffen.

  2. Olaf v. C. sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    sind die in Deutscher Sprache abgesetzten Entscheidungsgründe für den ansonsten doch sicher belesenen Vorstand der HUK-Coburg nicht verständlich?

    A. Der Geschädigte hat einen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer in Höhe der unfallbedingt „entstandenen“ Sachverständigenkosten nach dem zur Ermittlung des Schadenumfangs erforderlichen Sachverständigengutachtens.

    B. Die streitgegenständlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 891,91 Euro sind in der vorliegenden Konstellation in vollständiger Höhe erstattungsfähig (denn bei einer Haftung von 100 % ist gleichlaufend
    ein Schadenersatzanspruch von 100 % gegeben vor dem Hintergrund des §249 S.1 BGB).

    C. Nach der subjektbezogenen Schadensbetrachtung wird der erforderliche Herstellungsaufwand indes nicht nur nach objektiven Kriterien, etwa durch die Art und das objektive Ausmaß des Schadens, sondern auch durch die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt (st. Rspr. seit BGHZ 63, 182, 185). Dem liegt die Wertung zugrunde, dass dem Geschädigten im Verhältnis zum Schädiger das dem Einfluss des Geschädigten entzogene Risiko nicht zugerechnet werden darf, denn der beauftragte Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten.

    D. Der Geschädigte ist – anders als bei Mietwagenkosten – dabei „grundsätzlich“ nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes an Kfz-Sachverständigen verpflichtet, um einen für den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Dies liegt daran, dass es bei Kfz-Sachverständigen – anders als etwa im Mietwagengewerbe – „keine allgemein zugänglichen Preislisten“ gibt.

    E. Hinzu kommt, dass sich das geltend gemachte Grundhonorar in der Regel an der erst noch zu ermittelnden Schadenhöhe orientiert, so dass vor der Begutachtung ohnehin keine konkreten Angaben zu den tatsächlichen Kosten des Sachverständigengutachtens gemacht werden könnten, die der Geschädigte miteinander vergleichen könnte.

    F. Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer kann daher nur dann den Ausgleich der Sachverständigenkosten in voller Höhe ablehnen, wenn sich dem Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen und Unterzeichnung einer ihm vorgelegten Vergütungsvereinbarung „aufdrängen muss“, dass Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, weil das Entgelt „deutlich erkennbar“ (BGH, NJW 2014, 1947, 1948) bzw. „erkennbar erheblich“ (BGH, NJW 2014, 3151, 3153) über den „üblichen“ Preisen liegt.

    G. Dabei ist bei der Frage, wann von „erkennbar“ überhöhten Preisen auszugehen ist, nicht auf Einzelpositionen, wie z.B. Foto- oder Fahrtkosten etc. abzustellen, sondern die Überhöhung im Rahmen einer „Gesamtbetrachtung“, d.h. ausgehend von den „zu erwartenden“ (?) Rechnungsendbeträgen, zu beurteilen, da allenfalls die Gesamthöhe der Rechnung darüber zu entscheiden hat, ob ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliegt. Anderenfalls käme es angesichts der unterschiedlichen Abrechnungsmodalitäten der Kfz-Sachverständigen in denjenigen Fällen zu unbilligen Ergebnissen, in denen ein geringes, deutlich unterhalb der üblichen Sätze in Ansatz gebrachtes Grundhonorar, dafür aber verhältnismäßig hohe Nebenkosten in Rechnung gestellt werden, ohne dass es insgesamt zu einer Überschreitung der üblichen Vergütung kommt (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 22.01.2015, Az.: 323 S 7/14).

    H. Vorliegend ist keine erheblich Überschreitung ersichtlich, die es gebietet, die als Schadensersatz geltend gemachten Sachverständigenkosten, als nicht erforderlich im schadensersatzrechtlichen Sinne anzusehen,
    zumal Besonderheiten, die eine überdurchschnittliche Kenntnis des Klägers von der üblichen bzw. erforderlichen   Honorarhöhe nahe legen,  nicht ersichtlich sind; das außergerichtliche Schreiben des Haftpflichtversicherers des Beklagten genügt hierfür allein nicht, (denn es bezieht sich ausschließlich auf das HUK-Coburg-Tableau mit Abrechnungsmodalitäten nach einer „Pauschalpreisvereinbarung“. Eine solche wurde aber zwischen den Vertragspartnern nicht getroffen bzw. vereinbart, wie auch keine bundesweit anzunehmenden Durchschnittspreise für ein „Routinegutachten“, was immer das sein soll).

    Olaf v. C.

  3. Alligator 007 sagt:

    @Olaf v. C.

    „Die Freiheit ist nie mehr als eine Generation von ihrer Auslöschung entfernt.“
    (Ronald Reagan)

    Alligator 007

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