AG Rosenheim, Az.: 15 C 2124/14 vom 31.10.2014, spricht dem Kläger den gekürzten Schadensersatz bezüglich der erforderlichen Aufwendungen zur Beweissicherung mittels Sachverständigen-Gutachten zu

Ich dachte schon, dass ich das perfekte Urteil bei Capain-Huk einstellen kann. Nachdem zunächst jeder Ausführung der Richterin absolut unwidersprochen gefolgt werden kann, sieht diese doch tatsächlich einen Unterschied darin, ob der Geschädigte selbst klagt oder der Sachverständige aus abgetretenem Recht.

Beklagte Partei ist hier das Büro Grüne Karte. Regulierungsbeauftragte war der Coburger Versicherer

Amtsgericht Rosenheim
Az.: 15 C 2124/14

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

Deutsches Büro Grüne Karte e.V., vertreten durch d. Vorstand, Wilhelmstraße 43/43 G, 10117 Berlin

– Beklagter-

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Rosenheim durch die Richterin S. am 30.10.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 383,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 304,33 € seit 16.08.2013 und aus 78,90 € seit 11.09.2014 zu bezahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 383,23 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten gemäß § 115 VVG einen Anspruch auf Zahlung weiteren Sachverständigenhonorars in Höhe von 383,23 €.

Nach Ansicht des Gerichts sind die gesamten vom Kläger vorprozessual beanspruchten Sachverständigenkosten in Höhe von 1,097,33 € erstattungsfähig.

Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens sind damit dem Grunde nach erstattungsfähig.
Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen, was auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars gilt.

Der Geschädigte kann vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand aber nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessene erscheinen (BGHZ 115, 364/369). Dabei ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Erst wenn für ihn als Laien erkennbar ist, dass Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann er vom Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen verlangen. Dazu muss für den Geschädigten bereits vor Beauftragung des Sachverständigen erkennbar sein, dass der ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze verlangt, die im der Branche übliche Preise deutlich übersteigen, damit er einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen beauftragen kann (BGH vom 11.02,2014, VI ZR 225/13). Weder ist im vorliegenden Fall eine deutliche Überhöhung des Honorars im Vergleich zu in der Branche üblichen Preisen ersichtlich, noch wurde vorgetragen, dem Kläger habe dies schon vor der Beauftragung auffallen können. Soweit sich die Beklagte gegen die Nebenkosten wendet, sind diese in der Branche durchwegs üblich.

Der Ersatzpflichtige ist damit aber nicht rechtlos gestellt. Hält er die Vergütung für überhöht, kann er vom Geschädigten in entsprechender Anwendung des § 255 BGB die Abtretung seiner Rückforderungsansprüche gegen den Sachverständigen verlangen und sich mit diesem wegen der Rechnungsrückforderung auseinander setzen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW Spezial 2008, 458).

Einwendungen gegen die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten können dem Geschädigten nur bei einem Auswahlverschulden oder einer evidenten Erhöhung entgegengehalten werden (vgl. u.a. AG Rosenheim, Urteil vom 24.09.2013, Az. 12 C 1123/13 m. w. N.). Der Geschädigte kann überdies nicht auf die Höhe des sogenannten HUK-Tableaus verwiesen werden, da die angemessene Vergütung hiernach nicht bestimmt wird und zudem die freie Sachverständigenauswahl unzulässig eingeschränkt würde.

Bei der Abrechnung des Geschädigten ist grundsätzlich auch ein eher großzügiger Maßstab anzulegen, im Gegensatz zu Eigenklagen eines Sachverständigen (vgl. u. a. AG Pfaffenhofen, Urteil vom 27.11.2013, 1 C 419/13).

Der Klage war daher stattzugeben.

Die Nebenforderung ist begründet gem. §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 713 ZPO.

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5 Antworten zu AG Rosenheim, Az.: 15 C 2124/14 vom 31.10.2014, spricht dem Kläger den gekürzten Schadensersatz bezüglich der erforderlichen Aufwendungen zur Beweissicherung mittels Sachverständigen-Gutachten zu

  1. Knurrhahn sagt:

    Der Geschädigte kann überdies nicht auf die Höhe des sogenannten HUK-Tableaus verwiesen werden, da die angemessene Vergütung hiernach nicht bestimmt wird und zudem die freie Sachverständigenauswahl unzulässig eingeschränkt würde.“

    Diese Feststellung ist zutreffend, denn das Tableaus berücksichtigt allenfalls Sonderkonditionen und dürfte u.a. auch deshalb kartellrechtlich auf Bedenken stoßen. Der Ruf nach Prüfung durch das Bundeskartellamt wird deshalb lauter. Wird er dort registriert ?

    Schadenersatzrechtlich völlig daneben ist aber die angemerkte „Differenzierung“, die da am Schluß des Urteils zu lesen steht:

    „Bei der Abrechnung des Geschädigten ist grundsätzlich auch ein eher großzügiger Maßstab anzulegen, im Gegensatz zu Eigenklagen eines Sachverständigen (vgl. u. a. AG Pfaffenhofen, Urteil vom 27.11.2013, 1 C 419/13).“

    Mal nachgedacht, verehrte Richterin des AG Rosenheim , was das bedeuten würde ?

    Mit freundlichem Gruß

    Knurrhahn

  2. virus sagt:

    “Bei der Abrechnung des Geschädigten ist grundsätzlich auch ein eher großzügiger Maßstab anzulegen, im Gegensatz zu Eigenklagen eines Sachverständigen (vgl. u. a. AG Pfaffenhofen, Urteil vom 27.11.2013, 1 C 419/13).”

    Ist wirklich noch niemand darauf gekommen, dass diese Aussage im Widerspruch zum Grundgesetz steht?

    Grundgesetz
    I. Die Grundrechte (Art. 1 – 19)
    Artikel 3

    (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

  3. Laura sagt:

    Bravo Virus,
    denn so, wie Du es zitierst, sollte es in der auch Tat sein:

    “ A L L E Menschen sind vor dem Gesetz gleich „, aber es gibt ja auch selbst kreierte „Normen“, wie beispielsweise die vom BGH. welche hier schon mehrfach in der berechtigten Kritik standen oder aber die „Leitlinie“ nach dem Zitat aus dem Urteil des AG Pfaffenhofen vom 27.11.2013. Auch DAS dem zuständigen AG-Direktor einmal ohne Kommentar zur Kenntnis geben, denn gerade da scheint mir die ex post Betrachtung wichtig, als ein Feedback, wenn Du willst, „Im Namen des Volkes“. Er wird darauf erwartungsgemäß nicht reagieren und Deine Zuschrift vielleicht entsorgen, aber angestoßen hast Du dann ganz sicher was.

    Laura

  4. Willi Wacker sagt:

    @ Virus 15.11.2014 at 15:56

    Virus, du irrst.

    Verglichen werden können nur gleichgelagerte Fälle. Hier vergleicht die Richterin des AG Rosenheim einmal die Schadensersatzklage des Geschädigten und die Eigenklage des Sachverständigen. Was ist aber die Eigenklage? – Das ist die Klage des Werkunternehmers auf Erstattung des Werklohns gemäß der §§ 631, 632 ff. BGB. Das eine ist Schadensersatz und das andere ist Werkvertragsrecht.

    Völlig zu Recht stellt die Richterin heraus, dass beides unterschiedlich zu beurteilen ist. Einmal kommt es auf die Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung oder im Zeitpunkt des Rechnungserhaltes an und zum anderen kommt es auf die vereinbarte Taxe oder die Üblichkeit der Vergütung an. § 249 BGB und § 631ff. sind eben völlig verschieden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  5. Willi Wacker sagt:

    Ich habe mir zwischenzeitlich das angegebene Urteil des AG Pfaffenhofen (Bayern) angeschaut. Die Richterin hat sich im letzten Absatz ihres Urteil nicht korrekt ausgedrückt. In der Tat macht im Rechtsstreit vor dem AG Pfaffenhofen der klagende Sachverständige restliche Kosten aus abgetretenem Recht geltend. Damit macht er aus abgetretenem Recht einen fremden Schadensersazanspruch geltend. Das ist aber keine Eigenklage im ureigensten Sinne, denn es handelt sich um einen fremden Schadensersatzanspruch, den der Neugläubiger jetzt in eigenem Namen geltend macht. Es handelt sch damit nicht um einen originären Anspruch.
    Das ist eben die Crux, wenn man nicht korrekt zitiert.

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