AG Rüsselsheim sieht eine Werkstatt in Wiesbaden als nicht mehr ohne Weiteres zugänglich und lehnt Verweisung auf diese Werkstatt bei fiktiver Schadensabrechnung im Prozess gegen das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. ab. (AG Rüsselsheim Urt. v. 16.10.2016 – 3 C 5397/14 (37) – )

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

nachfolgend stellen wir Euch hier und heute noch ein Urteil des AG Rüsselsheim zur fiktiven Schadensabrechnung gegen das Deutsche Büro Grüne Karte eV. vor. Bei der Regulierungsfrist liegt das erkennende Gericht bei der Annahme von 2 Monaten wohl daneben, denn in heutigen Zeiten modernster Übermittlungen per Fax und Internet ist eine zeitnahe Bearbeitung auch bei ausländischen Versicherern möglich. Wenn das LG Saarbrücken bei inländischen Versicherern eine Regulierungsfrisat von annähernd 2 Wochen für gerechtfertigt erachtet, dann muss bei ausländischen Versicherern das Doppelte, als 4 Wochen, als angemessen erachtet werden. das Gericht hat im konkreten Fall eine Verwisung auf eine freie Werkstatt bei 30 Kilometer Entfernung vom Wohnort des Geschädigten für nicht mehr zumutbar erachtet. Ich bin bereits der Ansicht, dass auch eine Verweisung auf eine Werkstatt  ab 15 oder 20 km für unangemessen anzusehen ist, da eine solche Werkstatt nicht mehr ohne Weiteres zugänglich ist.

Hier noch die Erläuterunges des Einsenders:

„… Urteil des AG Rüsselsheim vom 16.10.2015, erstritten gegen das Deutsche Büro Grüne Karte, in dem das Amtsgericht die Möglichkeit der Verweisung auf eine Fachwerkstatt mit niedrigeren Stundenverrechnungssätzen für die fiktive Reparaturkostenabrechnung einschränkte; die Gegenseite hatte eine sattsam bekannte Werkstatt in Wiesbaden, die …  GmbH, als Alternative vorgebracht, dagegen hat das AG Rüsselsheim entschieden,  dass die Entfernung von 30 km vom Wohnort der Klägerin zur Werkstatt unzumutbar sei und die Werkstatt als unzulässige Alternative verworfen.“

Lest selbst das Urteil des AG Rüsselsheim und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Rüsselsheim                                                                       Verkündet am:
Aktenzeichen: 3 C 5397/14 (37)                                                                16.10.2015

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägerin

gegen

Deutsches Büro Grüne Karte e.V. vertreten durch den Vorstand, Wilhelmstr. 43/43 G, 10117 Berlin

Beklagte

wegen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall hat das Amtsgericht Rüsselsheim durch den Richter am Amtsgericht Borchert im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 09.10.2015 am 14.10.2015

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.425,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2014 sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 22% und die Beklagte 78% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf 3.124,04 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 04.12.2013 in Raunheim ereignet hat.

Der Klägerin fuhr am Unfalltag mit ihrem Pkw Opel Astra (amtliches deutsches Kennzeichen: …) die Landstraße von Rüsselsheim kommend in Fahrtrichtung Raunheim. Auf der von Rüsselsheim kommenden Straße befindet sich in Raunheim im Bereich des Gewerbegebietes in Höhe eines Toom-Marktes ein Kreisverkehr, an dessen Einfahrt die Klägerin mit ihrem Fahrzeug wegen des in dem Kreisverkehr herrschenden Verkehrs anhielt.

Die Klägerin behauptet, noch bevor sie in den Kreisverkehr habe einfahren können, sei ihr ein Herr namens Z.l mit dem von ihm geführten Pkw Peugeot 607 (amtliches litauisches Kennzeichen: …) von hinten auf ihren Pkw aufgefahren.

Die Klägerin und Herr Z. begaben sich nach dem Unfall auf Veranlassung des Herrn Z. in die Auto-Werkstatt D. in Raunheim und führten dort die unfallbeteiligten Fahrzeuge vor.

Die Klägerin behauptet, Herr Z. habe dabei gegenüber dem Zeugen A. D. bekannt, dass er mit seinem Fahrzeug schuldhaft auf das Fahrzeug der Klägerin aufgefahren sei.

Unstreitig hat Herr Z. dabei die Versicherungsunterlagen, insbesondere auch die sog. „Grüne Versicherungskarte“ vorgelegt, die Herr A. D. kopierte und die Kopie sodann der Klägerin überreichte.

Am 17.12.2013 wurde klägerseits ein Sachverständigengutachten hinsichtlich der unfallbedingten Schäden in Auftrag gegeben. Nach dem Gutachten vom 19.12.2013 betragen die Reparaturkosten an dem klägerischen Fahrzeug 2.955,59 Euro netto, der Wiederbeschaffungswert ist nach dem Gutachten mit 2.750,00 Euro zu beziffern, der Restwert beträgt 400,00 Euro. Die Kosten des Gutachtens selbst belaufen sich auf 619,04 Euro.

Mit Abtretungserklärung vom 17.12.2013 hat die Klägerin Ansprüche hinsichtlich der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen abgetreten.

In der Folgezeit meldete die Klägerin ihr Fahrzeug ab.

Die Klägerin beauftragte sodann ihren Prozessbevollmächtigten, die Schäden gegenüber dem Schädiger geltend zu machen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erfragte daraufhin bei der Beklagten – einem Verband der in Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherer, der die Pflichten eines Haftpflichtversicherers nach dem AuslPflVG übernommen hat – nach dem deutschen Regulierungsbeauftragten der betroffenen litauischen Haftpflichtversicherung.

Die Beklagte teilte daraufhin mit Fax vom 18.12.2013 mit, dass die in Deutschland ansässige InterEurope AG in Düsseldorf die zuständige Regulierungsbeauftragte sei.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.01.2014 wandte sich die Klägerin an das Unternehmen InterEurope AG und forderte diese zur Zahlung von 3.124,04 Euro (Wiederbeschaffungsaufwand: 2.350,00 Euro zuzüglich Sachverständigenkosten in Höhe von 619,04 Euro zuzüglich einer Kostenpauschale in Höhe von 30,00 Euro zuzüglich Wiederbe-schaffungspauschale in Höhe von 75 Euro zuzüglich einer Pauschale für An- und Abmeldekosten in Höhe von 50,00 Euro) sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe 413,64 Euro unter Setzung einer zweiwöchigen Frist auf, wobei der Hinweis erfolgte, dass die Sachverständigenkosten an den Sachverständigen direkt gezahlt werden sollen.

Mit E-Mail vom 08.04.2014 lehnte die InterEurope AG eine Regulierung ab.

Unstreitig hat Herr Z. den Schaden gegenüber seiner litauischen Versicherung nicht gemeldet.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.124,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 05.12.2013 sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 413,64 Euro nebst Zinsen in gleicher Höhe ab gleichem Zeitpunkt zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet den Unfall mit Nichtwissen und macht geltend, es sei von einer Kennzeichenverletzung auszugehen.

Weiterhin bestreitet die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich der Sachverständigenkosten.

Schließlich stellt die Beklagte die Schadenshöhe in Abrede. Insoweit behauptet die Beklagte insbesondere, vergleichbare Fahrzeuge seien bereits ab 2.000,00 Euro zu erhalten; ferner wird seitens der Beklagten insoweit geltend gemacht, eine Reparatur des Fahrzeugs sei bereits für 2.307,59 Euro möglich gewesen.

Mit Schriftsatz vom 09.03.2015 hat der Kläger ein Schreiben des Sachverständigen vorgelegt, wonach dieser die Klägerin ermächtigt, die Sachverständigenkosten nebst Zinsen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchzusetzen (Bl. 61 und Bl. 78 d. A.).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen A. D. und der Klägerin als Partei. Diesbezüglich wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16.06.2015 (Bl. 76, 77 d. A. verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aufgrund des streitgegenständlichen Unfallereignisses einen Anspruch auf Schadensersatz in tenorierter Höhe aus §§ 17, 18 i. V. m. § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 6 AusIPflVG, § 115 VVG.

Die Beklagte ist passivlegitimiert. Nach § 6 AuslPflVG i. V. m. § 115 VVG haftet die Beklagte jedenfalls dann für Schäden, die mit einem Kfz – die im Inland keinen regelmäßigen Standort haben verursacht wurden – wenn eine „Grüne Versicherungskarte“ mitgeführt wurde (§ 1 Abs. 2 S. 1 AuslPflVG). Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da der Unfallgegner, Herr Z. , zum Zeitpunkt des Unfalls unstreitig eine „Grüne Versicherungskarte“ mit sich führte.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Unfall um einen Auffahrunfall im gleichgerichteten Verkehr gehandelt hat, der von Herr Z. verursacht worden ist. Der Zeuge A. D. hat nachvollziehbar und widerspruchsfrei angegeben, dass die Klägerin und Herr Z. am Unfalltag in seine Werkstatt kamen und Herr Z. ihm erzählt hat, dass er mit seinem Fahrzeug auf das Fahrzeug der Klägerin aufgefahren ist. Der Zeuge D. hat weiterhin glaubhaft bekundet, dass Herr Z. sich bei der Klägerin entschuldigt und die Unfallverursachung eingeräumt hat. Schließlich hat der Zeuge D. schlüssig beschrieben, dass er sich die Fahrzeuge angesehen und festgestellt hat, dass das Fahrzeug der Klägerin im Heckbereich und das Fahrzeug des Herrn Z. im Frontbereich beschädigt waren. Aufgrund dieser glaubhaften Angaben des Zeugen D. im Termin zur Beweisaufnahme am 16.06.2015 sprach eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Unfalldarstellung der Klägerseite (sog. Anfangsbeweis oder Anbeweis, vgl. hierzu BGH NJW 2013, 1299, 1301), so dass das Gericht – mangels anderweitiger Erkenntnisquellen – zur Ausräumung der restlichen Zweifel die Klägerin gemäß § 448 ZPO als Partei vernehmen durfte. Die Klägerin hat in ihrer Parteivernehmung sowohl den Auffahrunfall detailliert geschildert als auch – in Übereinstimmung mit den Angaben des Zeugen D. – das Verhalten des Herrn Z. in der Werkstatt des Zeugen D. unmittelbar nach dem Unfall dargestellt. Demnach hat das Gericht keinen berechtigten Zweifel daran, dass Herr Z. am Unfalltag mit seinem Fahrzeug auf das Fahrzeug der Klägerin aufgefahren ist. Für die Richtigkeit der Angaben der Klägerin und des Zeugen D. spricht zu guter Letzt auch, dass Herr Z. der Klägerin unstreitig eine Kopie seiner „Grünen Versicherungskarte“ überlassen hat der einzig plausible Grund darin bestehen kann, dass er den Unfall verursacht hat.

Bei einem nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mithin gegebenen Auffahrunfall im gleichgerichteten Verkehr spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins gegen den Auffahrenden. Denn die Lebenserfahrung lässt hier den Schluss auf zu schnelles Fahren (§ 3 Abs. 1 StVO), mangelnde Aufmerksamkeit (§ 1 Abs. 2 StVO) und/oder einen unzureichenden Sicherheitsabstand (§ 4 Abs. 1 StVO) des Hintermanns zu (vgl. BGH NJW-RR 1989, 670 ff., BGH NJW-RR 1988, 406 ff.). Dieser Anscheinsbeweis kann von dem Auffahrenden dann entkräftet werden, wenn er Umstände darlegt, die die ernsthafte Möglichkeit ergeben, dass das Geschehen atypisch verlaufen ist, und er diese Umstände – sollten selbige streitig sein – auch beweist (vgl. BGH NJW 2011, 685 ff., OLG Köln NZV 2004, 29 ff., OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 319 ff.). Solche Umstände wurden beklagtenseits nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich, so dass eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach besteht.

Bei der Schadenshöhe hat sich das Gericht von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehen dem Geschädigten im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution (§ 249 BGB) zur Verfügung: Die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines „gleichwertigen“ Ersatzfahrzeugs. Unter den zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der Naturalrestitution hat der Geschädigte jedoch grundsätzlich diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert. Dieses so genannte Wirtschaftlichkeitspostulat findet gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB seinen gesetzlichen Niederschlag in dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit, ergibt sich aber letztlich schon aus dem Begriff des Schadens selbst. Darüber hinaus findet das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen kann, soll der Geschädigte an dem Schadensfall nicht „verdienen“ (vgl. BGH NJW 2013, 1151 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall beträgt der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs der Klägerin nach dem klägerseits eingeholten Privatgutachten 2.750,00 Euro. Die Beklagte hat zwar einerseits die Höhe des Wiederbeschaffungswerts bestritten und unter Beweisantritt vorgetragen, dass vergleichbare Fahrzeuge bereits für 2.000,00 Euro zu haben sind (Bl. 39 d. A.). Auf der anderen Seite hat die Beklagte ihrerseits Privatgutachten vorgelegt (und sich vollumfänglich zu Eigen gemacht, vgl. Bl. 91 d. A.), aus dem sich ergibt, dass der Wiederbeschaffungswert in Höhe von 2.750,00 Euro der DAT-Bewertungsmethode entspricht und nicht zu beanstanden ist (Bl. 95 d. A.). Vor diesem Hintergrund ist das Bestreiten der Höhe des Wiederbeschaffungswertes durch die Beklagte unbeachtlich; die Einholung eines Sachverständigengutachtens war angesichts der insoweit übereinstimmenden Parteigutachten nicht erforderlich. Da der Restwert des Fahrzeugs unstreitig mit 400,00 Euro anzusetzen ist beträgt der Widerbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) zur Überzeugung des Gerichts 2.350,00 Euro.

Ein Verstoß der Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 BGB ist nicht gegeben. Die Reparaturkosten sind nach dem klägerseits vorgelegten Privatgutachten mit 2.955,59 Euro zu beziffern. Die Klägerin muss sich insbesondere nicht auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt verweisen lassen. Soweit die Beklagte unter Hinweis auf das von ihr eingeholte Prüfgutachten vorgetragen hat, dass eine Reparatur des Fahrzeugs für 2.307,59 Euro möglich gewesen wäre (so dass der Wiederbeschaffungsaufwand über den Reparaturkosten liegt), war der Klägerin die Reparaturmöglichkeit nicht zumutbar. Die Entfernung zwischen dem Wohnort der Klägerin in Rüsselsheim und dem Sitz der Reparaturwerkstatt in Wiesbaden beträgt unstreitig ca. 30 km und stellt daher keine zumutbare Alternative für die Durchführung der Reparatur dar (zur Entfernung als Kriterium der Zumutbarkeit vgl. BGH NJW 2015, 2110, 2111).

Die Klägerin hat gegen die Beklagte weiterhin einen Anspruch auf An- und Abmeldekosten in Höhe von 50,00 Euro. Unstreitig wurde das verunfallte Fahrzeug der Klägerin abgemeldet, so dass insoweit Kosten angefallen sind. Vor diesem Hintergrund ist eine pauschale Abrechnung dieser Kosten bzw. eine entsprechende Schätzung nach § 287 ZPO ohne weiteres möglich (vgl. LG Itzehoe NJOZ 2012, 1413, 1414 m. w. N.).

Die Klägerin hat gegen die Beklagte schließlich einen Anspruch auf eine Unkostenpauschale zur Abgeltung der Auslagen für die Schadenfeststellung und Schadenbeseitigung (insbesondere Telefon-, Porto- und Fahrtkosten). Insoweit hält das Gericht gemäß § 287 ZPO einen Betrag in Höhe von 25,00 Euro für angemessen (vgl. OLG Celle NJW-RR 2004, 1673, 1674; LG Braunschweig NJW-RR 2001, 1682).

Dagegen hat die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten in Höhe von 619,04 Euro. Unstreitig hat die Klägerin ihren Anspruch auf Ersatz dieser Kosten am 17.12.2013 an den Sachverständigen abgetreten. Dass eine Rückabtretung erfolgt ist, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Soweit der Sachverständige die Klägerin ermächtigt hat, die Sachverständigenkosten nebst Zinsen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchzusetzen, war von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozessstandschaft vorliegen, denn die Klägerin klagt ein fremdes Recht im eigenen Namen ein. Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist aber nur dann zulässig, wenn die Klägerin ein eigenes schutzwürdiges (auch wirtschaftliches) Interesse an der Geltendma-chung des Anspruchs geltend machen kann (vgl. BGH NJW 1998, 1148, 1149; BGH NJW 1999, 1717 jeweils m. w. N.). Im Fall einer Sicherungsabtretung kann zwar die Ermächtigung des Sicherungsgebers durch den Sicherungsnehmer zur Geltendmachung der Sicherungsrechte (schon wegen des Rückgriffsinteresses) ausreichen. Im vorliegenden Fall wurde jedoch weder die Abtretungsurkunde vorgelegt, noch wurde auch nur ansatzweise vorgetragen, welche Art der Abtretung zwischen der Klägerin und dem Sachverständigen vereinbart worden ist, so dass letztlich ein schlüssiger Klägervortrag zum Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses an der Geltendmachung des Anspruchs nicht gegeben ist.

Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Wiederbeschaffungspauschale in Höhe von 75,00 Euro. Ein entsprechender Vermögensschaden kann allenfalls dann ersatzfähig sein, wenn der Geschädigte die insoweit entstandenen Kosten nachvollziehbar darlegt (vgl. LG Fulda NZV 1989, 397; LG Kiel, Urteil v. 07.06.2001, Az. 17 O 285/00, Rdnr. 32, 33 – zitiert nach juris). Diesbezüglich fehlt es bereits an schlüssigem Klägervortrag.

Im Ergebnis hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 2.425,00 Euro.

Die geltend gemachten Nebenforderungen sind ebenfalls nur teilweise begründet:

Zu den gemäß § 249 BGB ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten, wenn sie – wie hier – aus der Sicht der Geschädigten zur Wahrnehmung ihrer Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH NJW 2006, 1065). Hinsichtlich der Höhe ist derjenige Gegenstandswert zu Grunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (vgl. BGH NJW 2008, 1888); die Kosten errechnen sich daher aus einem Streitwert in Höhe von 2.425,00 Euro und betragen somit (bei einer 1/3 – Geschäftsgebühr in Höhe von 281,30 Euro zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 53,45 Euro) insgesamt 334,75 Euro.

Ein Zinsanspruch besteht gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 S. 2 BGB ab dem 03.03.2014. Zutreffend verweist die Beklagte darauf, dass bei einem Unfall mit Auslandsbezug der Versicherung eine großzügige Regulierungsfrist einzuräumen ist; das Gericht hält insoweit eine Frist von 2 Monaten für erforderlich und angemessen (vgl. die Nachweise bei Jahnke in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Auflage 2014, § 249 Rdnr. 444). Da der Anspruch der Klägerin mit Schreiben vom 02.01.2014 beziffert worden ist, ist Verzug erst am 03.03.2014 eingetreten, so dass erst ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Verzugszinsen besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO bzw. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 3 ZPO.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

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