AG Seligenstadt verurteilt mit Urteil vom 15.8.2014 – 1 C 1042/12 (1) – zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht sowie zur Feststellung, dass der Beklagte die Gerichtskostenzinsen ab Zahlungseingang zu tragen hat.

Sehr geehrte Captain-Huk-Leser,

obwohl der BGH klar und deutlich zu den erforderlichen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – entschieden hatte, kürzt die HUK-COBURG munter weiter. So musste auch die Sachverständigengesellschaft bürgerlichen Rechts aus abgetretenem Recht vor dem Amtsgericht in Seligenstadt (in Hessen) um die restlichen Schadensersatzansprüche auf Erstattung der vollständigen Sacherständigenkosten gegen den Unfallverursacher persönlich kämpfen. Der Unfallverursacher war mit seinem Fahrzeug  bei der HUK-COBURG haftpflichtversichert. Die HUK-COBURG war  bewußt nicht als Streitgenosse mit verklagt worden, sie stellte dem Versicherungsnehmer aber ihren bekannten Anwalt aus Köln zur Seite. Aber auch der konnte nicht verhindern, dass sein Mandant zur Zahlung des Betrages verurteilt wurde, den zuvor die HUK-COBURG gekürzt hatte. Zudem ist durch das Gericht – zu Recht – festgestellt worden, dass der Beklagte auch die Gerichtskostenzinsen über den Zeitraum des § 104 ZPO hinaus zu tragen hat. Die Gerichts- und Anwaltskosten wurden ihm auch noch auferlegt, weil er den Rechtsstreit verloren hat. Lest selbst das Urteil aus Seligenstadt und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker

Amtsgericht Seligenstadt                                                                               Aktenzeichen: 1 C 1042/12 (1) –                                                                                   Verkündet: am 15.08.2014

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

D.,D. & K. Sachverständigen GbR vetr. d.d. Gesellschafter R.T. und R.D. aus G.

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: RAe. D.I. u. K. aus A.

g e g e n

Herrn K. H. aus R. (VN der HUK-COBURG)

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigter RA. B.M. aus K.

hat das Amtsgericht Seligenstadt durch Richter am Amtsgericht … im vereinfachten Verfahren gem. § 495a ZPO am 15.8.2014 für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 207,76 € zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.2.2011 zuzügl. vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 5,– €.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf klägerseits verauslagte Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen für die Zeit vom Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wurde gemäß §§ 313a I 1, 511 II 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet, so dass ihr wie tenoriert stattzugeben war.

Die Klägerin kann von dem Beklagten Zahlung restlichen Schadensersatzes in Höhe von 207,76 € gem. §§ 7 I StVG, 398, 249 ff. BGB verlangen.

Der Beklagte ist wegen eines von ihm verursachten Verkehrsunfallschaden der Klägerin als Zedentin gegenüber grundsätzlich einstands- und zahlungspflichtig. Dabei umfasst der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz auch in voller Höhe die Kosten für das vorprozessual erstattete Gutachten vom 5.1.2011. Zu einer – letztendlich willkürlichen – Kürzung , wie mit ihrem Schreiben vom 17.1.2011 mitgeteilt, war die Versicherung des Beklagten, die HUK-COBURG, nicht berechtigt.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteilvom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (BGH MDR 2014, 401 ff = DS 2014, 90) ausdrücklich klar gestellt, dass der Gechädigte seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen genügt. Dabei bildet die tatsächliche Rechnungshöhe bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 II 1 BGB.

Dieser Entscheidung haben sich nunmehr auch OLG Saarbrücken (Urt. v. 8.5.2014 – 4 U 61/13 – ), das LG Darmstadt (Urt. v. 25.6.2014 – 21 S 191/12 -) und das LG Stuttgart (Urt. v. 16.7.2014 – 13 S 54/14 -) angeschlossen, wobei insbesondere die letztgenannte Entscheidung als Leitsatz postuliert:

„1. Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls kann vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung in der Regel die vom Schadenssachverständigen in Rechnung gestellten Kosten ersetzt verlangen, es sei denn, dass diese deutlich über den marktüblichen Preisen liegen und diese Abweichung für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar war. Eine Marktforschung muss er allerdings nicht betreiben.                               2. Nichts anderes gilt, wenn der Sachverständige die Kosten aus abgetretenem Recht des Geschädigtwn geltend macht.“ vgl. LG Stuttgart aaO.)

Demgemäß genügt der Geschädigte (und in Folge dessen auch der Zessionar) seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Denn die tatsächliche Rechnungshöhe  bildet (so der BGH aaO.) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung  des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 II 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Auch hinsichtlich der Nebenkosten stellt diese Rechtsprechung subjektbezogen nur darauf ab, ob der konkret Geschädigte im vornhinein hätte erkennen können, dass der Sachverständige nach der Behauptung der Beklagten  überhöhte Nebenkosten ansetzen würde (Hervorhebungen sind durch das Gericht erfolgt!). Es fällt sodann in die Darlegungs- und Beweislast des Schadensersatzpflichtigen, schlüssig darzulegen und erforderlichenfalls nachzuweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schaensgeringhaltung gemäß § 254 II 1 2. Var. BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch gerade in der konkreten Situation des Geschädigten ergriffen hätte.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass die Darlegungen in der Klageerwiderung letztendlich unerheblich sind, da sie sich in Allgemeinausführungen erschöpfen. Die Ansprüche der Klägerin auf Erstattung vorgerichtlicher Mahnkosten  und auf Zahlung von Zinsen ist nach §§ 280, 288 BGB begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 713, 511 II 1 ZPO.

….                                                                                                                                                            Richter am Amtsgericht

Soweit das Urteil des Amtsrichters aus Seligenstadt. Zutreffend und als Textbaustein zu übernehmen ist der in Anführungszeichen gesetzte Absatz aus dem Urteil des LG Stuttgart. Damit ist eigentlich alles gesagt. Und jetzt bitte Eure Kommentare.

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5 Antworten zu AG Seligenstadt verurteilt mit Urteil vom 15.8.2014 – 1 C 1042/12 (1) – zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht sowie zur Feststellung, dass der Beklagte die Gerichtskostenzinsen ab Zahlungseingang zu tragen hat.

  1. Vaumann sagt:

    —-nur wusste der Unfallverursacher überhaupt nichts davon,dass er einen Kölner Anwalt hatte!

  2. Colo sagt:

    Hi, Vaumann,
    also wieder die übliche Trickserei dieser Versicherung. Hoffentlich erhält der VN aber dann auch das Urteil, damit ihm klar wird, welches Spielchen seine Versicherung mit ihm veranstaltet hat.

    Colo

  3. Schlapphut sagt:

    … und ich dachte, zwischen Mandant und Anwalt müsste ein Vertrauensverhältnis bestehen!
    Wenn der Mandant aber nichts von seinem Kölner Anwalt wußte, wie hat er dann diesen Anwalt mandatiert?

  4. Zweite Chefin sagt:

    … der (und auch andere solche ) dann auch noch bei nur teilweisem Obsiegen auf die geistreiche Idee kommt, Fahrt- und Abwesenheitskosten in den Kostenausgleichungsantrag zu schreiben.
    Allein diese Hin- und Herschreiberei verzögert den Kostenfestsetzungsbeschluss noch mal um glatt 2 Monate.

  5. Maulwurf sagt:

    Vaumann,
    hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers denn nicht die Vorlage der Originalvollmacht verlangt?
    Wenn der Beklagte doch nicht den Kölner Anwalt kannte, wie du schreibst, dann handelte der Kölner Anwalt doch vollmachtslos? Au Backe, das kann aber nach Standesrecht gefährlich werden für den Kölner Anwalt.

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