AG Wiesbaden verurteilt mit teilweise bedenklicher Urteilsbegründung die R+V Versicherung zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 29.4.2015 – 93 C 3763/14 (22) -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Leipzig geht es weiter nach Wiesbaden. Nach den Urteilen aus der Leipziger Reihe geben wir Euch hier mal wieder ein „Schrotturteil“ aus Wiesbaden zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die R+V Versicherung bekannt. Allerdings muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass die R+V Versicherung auch ihren Sitz in Wiesbaden hat. Die Amtsrichterin ist – mit abenteuerlicher Begründung  – der Ansicht, man könne die restliche Forderung aus einem Verkehrsunfall, auch wenn sie abgetreten ist, nach werkvertraglichen Gesichtspunkten beurteilen. Spätestens im dritten Semester Rechtswissenschaften weiß jeder Student, dass sich durch eine Abtretungsvereinbarung der zugrundeliegende Anspruch nicht verändert. Aus Schadensersatz wird nach Abtretung nicht Werksvertrag. Richtig ist allerdings der gerichtliche Hinweis im Urteil auf den Verweis der Schädigerseite auf den Vorteilsausgleich. Viel mehr Richterinnen und Richtern müsste diese Rechtsfigur geläufig sein. Dann wären auch bald die Rechtsstreite um die „erforderlichen“ Wiederherstellungskosten im Sinne des § 249 II 1 BGB beendet. Nach Angaben des Einsenders hat die erkennende Richterin dann bei der Berechnung nach Gegenstandswert noch die Wertminderung „vergessen“, weshalb es zu einer Kürzung kam mit Auferlegung der anteiligen Verfahrenskosten. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare zu diesem Urteil ab.

Viele Grüße und trotzdem eine schöne Woche.
Willi Wacker

Amtsgericht Wiesbaden

Aktenzeichen: 93 C 3763/14 (22)

Urteil gemäß § 495a ZPO

I m   N a m e n   d e s   V o l k e s

In dem Rechtsstreit

-Klägern-

gegen

R+V Allg. Versicherung AG vertr. d. d. Vorstand Dr. Norbert Rollinger u.a., Raiffeisenplatz 1, 65189 Wiesbaden

-Beklagte-

hat das Amtsgericht Wiesbaden
durch die Richterin am Amtsgericht Dr. Scheidweiler
im vereinfachten Verfahren nach § 495 a ZPO
mit einer Schriftsatzfrist zum 14.4.2015
für  R e c h t  erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, für die Klägerin an das Sachverständigenbüro … zu Rechnungsnummer … einen Betrag in Höhe von 66,26 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 15% und die Beklagte 85% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

-entfällt, §313a ZPO-

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG, 249 BGB zu.

Zunächst ist die Klägerin aktivlegitimiert. Insoweit wurde die Rückabtretungsvereinbarung im Original vorgelegt, so dass die Klägerin die bestrittene Rückabtretung durch Urkunden bewiesen hat.

Weiter ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … zu 100% für die Folgen aus dem Unfall vom 7.10.2013 einstandspflichtig ist.

Ebenfalls unstreitig wurde von der Klägerin ein Schadensgutachten durch das Sachverständigenbüro … in Auftrag gegeben, wofür der Sachverständige der Klägerin einen Betrag in Höhe von 623,19 € in Rechnung gestellt hat. Die Beklagte hat hierauf nur einen Betrag in Höhe von 546,00 € gezahlt, so dass die Klägerin dem Sachverständigen noch einen restlichen Betrag in Höhe von 77,19 € schuldet, von dem sie mittels hiesiger Klage freigestellt werden möchte.

Zwar ist der Klägerseite zuzugestehen, dass die Kosten eines Sachverständigengutachtens grundsätzlich als Kosten der Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs bzw. als Wiederherstellungsaufwand erstattungsfähig sind. Insoweit ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen der Geschädigte in der Wahl des Mittels der Schadensbehebung frei, insbesondere darf er auch einen qualifizierten Sachverständigen seiner Wahl beauftragen. Vom Schädiger kann er in diesem Zusammenhang die Kosten erstattet verlangen, solange er nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt, er ist diesbezüglich nicht zu einer Erforschung des Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung möglich preisgünstigen Sachverständigen auszumachen.

Insoweit genügt der Geschädigte nach ständiger Rechtsprechung des BGH grundsätzlich seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe durch die Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen.

Zwar sind nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend. Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt.

Indessen ist im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung der Klägerin die Frage der Angemessenheit des berechneten Honorars entscheidungserheblich.

Zwar macht die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Anspruch aufgrund einer ihr gegenüber erstellten Rechnung, die auf dem Schadensfall beruht, geltend.

Diese ist indessen noch nicht beglichen worden.

Entsprechend der Situation, wenn der Sachverständige einen Anspruch des Geschädigten aus abgetretenem Recht geltend macht, darf auch hier die Beklagte der Klägerin gegenüber bei einer ungerechtfertigten Gebührenüberhöhung den Einwand unzulässiger Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegenhalten.

Der Streit über die richtige Berechnung des Gutachterhonorars ist nämlich nicht im Verhältnis zwischen Geschädigtem und Gutachter, sondern im Verhältnis Schädiger / Versicherung und Gutachter auszutragen.

Der Versicherer kann sich analog § 255 BGB Ansprüche wegen des möglicherweise überzahlten Honorars abtreten lassen und von dem Sachverständigen die ggf. zu viel gezahlten Beträge nach §§ 812, 398 BGB zurückfordern.

Demgemäß kann zur Überzeugung des Gerichts die Beklagte in der hiesigen Konstellation bei einer unangemessenen Gebührenhöhe die Zahlung an den Sachverständigen bereits jetzt verweigern.

Im Falle der Beauftragung eines Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens handelt es sich um einen Werkvertrag, bei dem im vorliegenden Fall eine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde. Insoweit wurde unstreitig vereinbart, dass das Honorar sich nach dem Gegenstandswert richtet, zudem wurden die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Sachverständigenbüros in den Vertrag einbezogen, in denen auf die Vergütungstabelle Bezug genommen wird. Wegen der Einzelheiten wird vollumfänglich auf die Vereinbarung nebst allgemeiner Geschäftsbedingungen und Vergütungstabelle (Blatt 73 ff der Akte) Bezug genommen.

Insoweit hat das Gericht die Rechnung anhand der vereinbarten Grundlagen geprüft.

Im Ergebnis entsprechen sämtliche Rechnungspositionen den in der Vergütungstabelle festgeschriebenen Werten, mit Ausnahme der Grundvergütung. Hier ist bei dem Gegenstandswert bis 2.668,00 € eine Grundvergütung in Höhe von 395,00 € netto festgeschrieben, in Rechnung gestellt wurde jedoch eine Grundvergütung in Höhe von 404,19 € netto.

Mithin war die Rechnung diesbezüglich zu kürzen.

Weitere Kürzungen waren nicht vorzunehmen. Insbesondere hat die Klägerin substantiiert zu den in der Rechnung enthaltenen Fahrtkosten vorgetragen, die Beklagtenseite hat diesbezüglich nicht substantiiert bestritten.

Auch wurden die Porto-, Telefon-, Fax- und Büromaterialkosten pauschal anhand der in der Tabelle festgeschriebenen Werte von 5,00 € und 3,00 € berechnet, so dass auch an dieser Position nichts zu beanstanden war.

Insgesamt ergibt sich mithin ein Rechnungsbetrag in Höhe von 612,26 €, der von der Beklagten zu begleichen ist.

Da jedoch nur ein Betrag in Höhe von 546,00 € gezahlt wurde, war die Beklagte noch zur Zahlung von weiteren 66,26 € zu verurteilen, im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

Die Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht gegeben sind.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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8 Antworten zu AG Wiesbaden verurteilt mit teilweise bedenklicher Urteilsbegründung die R+V Versicherung zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 29.4.2015 – 93 C 3763/14 (22) -.

  1. P.K. sagt:

    Hi, Willi, vielleicht ist da im klägerischen Vortrag doch was schief gelaufen, beispielsweise,dass sich das Grundhonorar nach der Summe aus Minderwert und Reparaturkosten richtet. Meiner Erinnerung nach
    ist die Rechtfertigung der R&V Versicherung für solche Honorar-/Schadenersatzkürzungen derart desolat, dass man eigentlich nicht unterliegen kann, wenn die Begründung in der Klage stimmt.

    P.K.

  2. Iven Hanske sagt:

    Welch ein inkonsequenter Schrott Frau Dr., zu „blöd“ die Versicherungsvorgaben (BVSK) richtig zu werten und danach ca. 1% = 9,00 Euro einer einzelnen Rechnungsposition, ohne exante Sicht des Geschädigten als evident überhöht zu betrachten. Was ist Frau Dr. für ein DDR Kind (Einheitspreise) oder doch Versicherungsliebling oder einfach nur „doof“? Tipp an die Versicherung: In Wiesbaden braucht Ihr die Gutachter nicht vollständig bezahlen, hier lohnen sich die rechtswidrigen Kürzungen, denn „doofe“ Frau Dr. M(m)acht Ihr eigenes BGB und liest kein BGH! Tipp an die Anwälte: In Wiesbaden gibt es bald viele Aufträge. Tipp an die Autofahrer: Meidet Wiesbaden, denn dort muss das Unfallopfer den Schaden selbst bezahlen oder Werte Straßengangster in Wiesbaden …..
    Frau Doktor Willkür, sollten sie beim nächsten Versicherungsdinner eine Gräte verschlucken, so wissen auch Sie dass Gott nicht mit dem Knüppel bestraft.

  3. BORIS sagt:

    Werte CH-Redaktion,
    bei allem Verständnis für die Verärgerung über das Urteil des AG Wiesbaden, ist es meines Erachtens nicht angebracht, dem durch einen Schreibstil Ausdruck zu geben, wie in dem Beitrag von Iven Hanske von heute um 10:16 zu lesen. Ich fände es richtig, wenn dieser Beitrag deshalb kurzfristig gelöscht würde.

    BORIS

  4. Dipl-Ing. Harald Rache sagt:

    Sehr geehrte CH-Redaktion,
    ohne der so oft bemühtern Pressefreiheit vorgreifen zu wollen, erlauben Sie mir den Hinweis, dass mich der Beitrag von Herrn Iven Hanske zum Urteil des AG Wiesbaden mehr als nur irritiert. Schon den vorletzte Beitrag habe ich mit einem Fragezeichen auf der Stirn registriert.

    Mit freundlichen Grüßen
    nach Karlsruhe

    Dipl.-Ing. Harald Rasche

  5. Bösewicht sagt:

    @ Iven Hanske

    Köstlicher Beitrag und wie Recht Du doch hast.

    *Daumen hoch*

  6. DerHukflüsterer sagt:

    Bestimmt hat es sich das Gericht nicht leicht gemacht, so ein Urteil auszusprechen.
    Wer weis in welcher Fachrichtung, oder ob überhaupt, die ehrenwerte Frau Dr. ……….promoviert hat.
    Vielleicht war es auch nur eine Putzfrau in Robe, welche die Richterin kurz vertreten hat.
    Das glaubt ihr nicht?
    Man munkelt, dass sich in den Münchener Gerichten die Frauenquote nur unter der Beschäftigung von Scheinjuristinnen aufrecht halten lässt.
    Betrachtet man diese Münchener Urteile, muss da schon etwas daran wahr sein.

  7. Iven Hanske sagt:

    Ja, mein Schreibstill ist dieser unsachlichen Begründung geschuldet, welche leider die Runde macht und so auch mir mit über 140 offenen rechtswidrig HUK Kürzungen das Leben schwer macht. Leider kann das Urteil nicht gelöscht werden aber mein Beitrag schon, also macht mit diesen was Ihr wollt bzw. folgt dem anonymen BORIS.

    Herr Rasche, auch Ihnen wird bekannt sein, dass nur tote Fische mit dem Strom schwimmen und das unkritisch Wegsehen diesem Rechtstaat nicht hilft, oder?

  8. RA Schwier sagt:

    Also,
    wenn dies das Ergebnis einer Klausur im 2. Staatsexamen wäre, dann gehe ich mal davon aus, dass es mit einer gelungenen mündlichen Prüfung noch zum Bestehen reichen könnte. 🙂

    Jeder möge doch bitte einmal Nachfolgendes googlen:
    „Unfall mit Folgen Jura Intensiv“

    Es handelt sich um einen aufgearbeiteten Musterfall. Ganz einfach, interessant sind insoweit die Ansprüche U-S, Lösungsskizze Punkt B.

    Hey,
    die Kandidatin hat sehr gut angefangen, ist dann vom Wesentlichen abgekommen, um sodann wegen der logischen Folgefehler zu einem schwer vertretbaren Ergebnis zu kommen.

    Damit ein derartiger (dogmatischer?!) Fehler in der Prüfung des Gerichts nicht auftaucht, man einem Gericht aber nicht auf die Füße treten will, weil man quasi eine Musterlösung mit anhefetet….könnte sich auch Nachfolgendes anbieten:

    Wenn seitens der Versicherung, ein berechtigter Anspruch nicht reguliert wird, dann heftet man natürlich die eigene Musterlösung (UrhG) an das Verzugsschreiben an die Versicherung mit heran.

    Wenn es sodann zu einer Klage kommen sollte, dann gelangt ein solches Schreiben/Musterlösung auch zur Kenntnis des Gerichts, ohne dass sich selbiges belehrt fühlen muss 🙂

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