AG Zwickau verurteilt im Ergebnis zwar richtig, in der Begründung jedoch bedenklich die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 13.3.2015 – 24 C 1855/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

die Begründungen der Gerichte in Sachverständigenkostenrechtsstreiten wird immer abenteuerlicher. Nachfolgend stellen wir Euch ein Urteil des AG Zwickau zu den erforderlichen restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG vor. Wieder einmal kürzte die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG rechtswidrig die berechneten Sachverständigenkosten, die nach der gegen die HUK-COBURG ergangenen Rechtsprechung des BGH immerhin ein Indiz für die Erforderlichkeit bilden, und provozierte damit einen weiteren Rechtsstreit zu Lasten ihrer Versichertengemeinschaft. Das angerufene Amtsgericht Zwickau entschied mit Urteil vom 13.3.2015 im Ergebnis zwar richtig, aber in der Begründung jedoch grottenfalsch. Da wird dann eine Angemessenheit nach OLG Dresden mit einer 150%-Regelung und bei den Nebenkosten mit einer 1/4- Kappungsgrenze usw geprüft. Die bestehende BGH-Rechtsprechung wird völlig ignoriert. Das bereits von dem BGH-Urteil vom 11.2.2014 kassierte Urteil des OLG Dresden wird demgegenüber bemüht. Sicherlich hat sich das Gericht von den umfangreichen, dafür aber nicht umso richtigeren, Schriftsätzen der HUK-COBURG-Anwälte blenden lassen. Zu einer unabhängigen Rechtsprechung gehört aber, sich von unsinnigen Schriftsätzen zu lösen und nach der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entscheiden. Mit Schadensersatz und der im Schadensersatz zu prüfenden Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB hat das nichts mehr zu tun. Obwohl im Ergebnis richtig, ist die Begründung gleichwohl mehr als bedenklich. Was denkt Ihr? Lest selbst und gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Zwickau

Zivilgericht

Aktenzeichen: 24 C 1855/14

Verkündet am: 13.03.2015

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

-Kläger-

gegen

HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG, Willi-Hussong-Straße 2, 96450 Coburg v.d.d. Vorstand

– Beklagte –

wegen Honorarforderung
hat das Amtsgericht Zwickau durch
Richter am Amtsgericht D.
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2015 am 13.03.2015

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 61,95 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2014 zu zahlen.

2.        Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 61,95 EUR

Tatbestand

Auf die Darstellung des Tatbestands wird verzichtet, da gegen das Urteil unzweifelhaft ein Rechtsmittel nicht zulässig ist (§ 313 a ZPO).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

1.)
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung weiterer 61,95 EUR Schadenersatz aus abgetretenem Recht zu.

Am xx.02.2012 gegen 14.45 Uhr ereignete sich in Werdau, Plauensche Straße, ein Verkehrsunfall, an welchem das Fahrzeug des Unfallgeschädigten M. K. , Pkw Nissan Primera, beteiligt war.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Halter des unfallverursachenden Fahrzeugs, amtl. KZ: … , sowie die Beklagte als Versicherer dieses Fahrzeugs dem Unfallgeschädigten M. K. zu 100 % auf dessen bei dem vorgenannten Unfall entstandenen Schäden haften.

Der Unfallgeschädigte M. K. hat ausweislich der vorgelegten Sicherungsabtretung die Unfallschadensansprüche gegen die Beklagte bis zur Höhe der Gutachterkosten und Sachverständigenkosten an den Kläger abgetreten. Die Abtretung wurde ausweislich der Urkunde (Anlage K1 d.A.) angenommen, insofern ist von einer Aktivlegitimation auszugehen. Ein unsubstantiiertes Bestreiten der Aktivlegitimation reicht nicht aus. Dem Bedenken der Beklagtenpartei hinsichtlich der Bestimmbarkeit der Abtretungserklärung tritt das gegenständliche Gericht nicht bei. Das Unfallereignis ist hinreichend bestimmt und auch die diesbezüglichen Schadenersatzansprüche, nämlich die diesem Unfallereignis zuzuordnenden Sachverständigenkosten.

Seitens des Sachverständigen wurde dem Unfallgeschädigten Rechnung gelegt über Sachverständigenkosten in Höhe von 692,78 EUR. Auf die diesbezügliche Rechnung vom 08.02.2012 (Anlage K3 d.A) wird Bezug genommen.

Ein Unfallgeschädigter ist nicht verpflichtet, insbesondere aufgrund der mit dem Unfallereignis verbundenen, in der Regel erforderlichen schnellen Reparatur des Fahrzeugs, vor Beauftragung eines Sachverständigen Erkundigungen über dessen Qualität bzw. die Angemessenheit der Sachverständigenkosten einzuholen. Dies ist nur dann der Fall, wenn einem Unfallgeschädigten offenbar sein muss, dass die von dem Sachverständigen veranschlagten und geforderten Kosten überhöht sind. Dies ist in aller Regel nach Auffassung des Gerichts dann gegeben, wenn die Sachverständigenkosten 150 % der ortsüblichen und angemessenen Kosten erreichen bzw. übersteigen. Der ortsübliche und angemessene Tarif wird seitens des Gerichts entsprechend der obergerichtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geschätzt entsprechend des Reparaturwerte. Ausgehend von einem Nettoreparaturwert in Höhe von 7.494,84 EUR schätzt das Gericht ein angemessenes Grundhonorar mit 10 % der Reparaturkosten, sprich hier mit 749,46 EUR. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OLG Dresden, welcher sich das Gericht ausdrücklich anschließt, besteht für einen Sachverständigen eine Kappungsgrenze bezüglich der veranlagten Auslagen in Höhe von 1/4 des Grundhonorars, sprich bei einem anzusetzenden ortsüblichen und angemessenen Grundhonorar von 749,48 EUR Auslagen in Höhe von 187,37 EUR. Damit liegen die vom Sachverständigen geforderten Auslagen deutlich darunter. Legt man das tatsächlich geltend gemachte Grundhonorar bezüglich der Kappungsgrenze zugrunde, so ist – ausgehend von dem konkret festgesetzten Grundhonorar in Höhe von 445,00 EUR – nach der Kappungegrenze des OLG Dresden von einem Wert von 111,25 EUR auszugehen. Dieser läge zwar knapp unterhalb der geltend gemachten Nebenkosten, jedoch ist ein Geschädigter – wie bereits ausgeführt – nicht verpflichtet, vor Beauftragung eines Sachverständigengutachtens sich über die Sachverstandigenkosten zu versichern. Insofern gilt dies auch für die Auslagen. Er ist insofern nur dann verpflichtet, eine Recherche durchzuführen, wenn für ihn feststellbar ist, dass die Sachverständigenkosten, auch die Auslagen, überhöht sind. Dies ist wie bereits dargestellt der Fall, wenn die Auslagen 150 % oder mehr der tatsachlich ortsüblichen und angemessenen, nach OLG-Rechtsprechung 1/4 des Grundhonorars betreffenden Auslagen betragen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Insofern war dem Unfallgeschädigten nicht erkennbar, dass ein leicht erhöhter ortsüblicher und angemessener Tarif seitens des Sachverständigen hinsichtlich der Auslagen gefordert wurde. Da es sich vorliegend um ein abgetretenes Recht handelt, kann dieser Argumentation auch nicht entgegengehalten werden, dass vorliegend der Sachverständige selber klagt. Unter Berücksichtigung des Grundhonorars, vom Kläger selber festgelegt, wäre daher eine Kappungsgrenze bezüglich der Sachverständigenkosten in Höhe von 166,88 EUR, also oberhalb der tatsächlich geforderten Auslagen gegeben.

Nach dem zuvor Gesagten kann daher nicht festgestellt werden, dass seitens des Klägers Sachverständigenkosten gefordert werden, die das zur Schadensregulierung erforderliche übersteigen. Danach war die Beklagte zu veurtellen, die noch ausstehenden Sachverständigenkosten zu zahlen.

2.)
Die Zinsentscheidung ergibt sich aus §§ 286, 288 ZPO, da die Beklagte mit der Zahlung der noch ausstehenden Sachverständigenkosten sich in Verzug befand.

3.)
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Das Rechtsmittel der Berufung war nicht zuzulassen, da der Berufungswert nicht erreicht ist und die gegenständlichen Rechtsfragen bereits jahrelang auch durch Obergerichte entschieden wurden, insofern bedarf es keiner weiteren Rechtsangleichung, zumal vorliegend eine individuelle, auf den speziellen Unfallschaden ausgerichtete Schätzung der Entscheidung zugrundeliegt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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