Amtsrichterin des AG Achim verurteilt mit lesenswertem Urteil die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung der restlichen, abgetretenen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 12.2.2015 – 10 C 417/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

zum verregneten Sonntag geben wir Euch als passende Lektüre für diejenigen, die nicht das Fußballspiel der deutschen Nationalmannschaft sehen wollen, noch ein Urteil aus Achim zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG bekannt. Wieder war es das Schaden-Team der HUK-COBURG, das nicht korrekt Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall geleistet hat, für den die HUK-COBURG in vollem Umfang haftete. Die Sache musste rechtshängig gemacht werden, weil sich die HUK-COBURG wehrte, den erforderlichen Geldbetrag im Sinne des § 249 II BGB zur Erstattung der Sachverständigenkostenrechnung zu zahlen. Die HUK-COBURG hat wieder alles ins Blaue hinein bestritten. Welche Bilder und in welcher Anzahl zur Dokumentation des Schadens erforderlich sind, entscheidet einzig und allein der Sachverständdige, nicht die HUK-COBURG. Deshalb hat auch bereits der BGH eine Preiskontrolle durch den Schädiger und das Gericht abgelehnt. Daran sollte sich nun einmal auch die HUK-COBURG richten. Die dortige Richterin am AG Achim hat in ihrem Urteil gegen die HUK-COBURG Allg. Vers. AG eine prima Begründung abgegeben, wie wir meinen. Was meint Ihr? Das Urteil wurde erstritten und eingereicht durch die Kanzlei Sascha Schiller aus Bremen. Gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht
Achim

10 C 417/14                                                                                         Verkündet am 12.02.2015

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG vertr. d. d. Vorstand, Bahnhofsplatz, 96444 Coburg

Beklagte

hat das Amtsgericht Achim im Verfahren gem. § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 23.01.2015 durch die Richterin am Amtsgericht K. für Recht erkannt:

1.    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 114,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.03.2013 zu zahlen.

2.    Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger gegenüber Rechtsanwalt … , von der Forderung über vorgerichtiiche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr auf einen Streitwert von 114,20 €, mithin 70,20 € netto freizustellen.

3.    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des

Tatbestandes

wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger ist aktivlegitimiert, da die Forderung auf Zahlung der noch offenen Sachverständigenkosten durch die Geschädigte Frau G. W. wirksam an den Kläger abgetreten worden ist. Die Abtretung vom 01.10.2012 ist hinreichend bestimmt. Aus ihr ergibt sich sowohl das konkrete Unfallereignis als auch genau, welcher Anspruch der Geschädigten abgetreten wurde, nämlich nur der Anspruch auf Zahlung des Sachverständigenhonorars.

Der Kläger hat aus abgetretenem Recht der Geschädigten aus dem Unfaliereignis vom 01.10.2012 gemäß § 3 Pflichtversicherungsgesetz in Verbindung mit § 7 StVG einen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten restlichen Sachverständigenhonorars. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten für die Folgen aus dem Unfallereignis, bei dem das Fahrzeug der Geschädigten einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Dementsprechend hat die Beklagte auf die streitgegenständlächen Sachverständigenkosten auch bereits eine Zahlung in Höhe von 648,00 € vorgenommen.
Die Beklagte hat an den Kläger auch noch den offenen Betrag aus der Rechnung vom 02.12.2012 in Höhe von 114,20 € zu zahlen.

Unstreitig durfte die Geschädigte zur Schätzung der Schadenshöhe an ihrem beschädigten Pkw einen Sachverständigen beauftragen. Die Sachverständigenkosten gehören zu dem nach § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH gilt als erforderlicher Hersteiiungsaufwand im Sinne von § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde (siehe BGH Urteil vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 -). Der Geschädigte muss dabei im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung wählen. Bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, ist nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen. Es ist auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten Rücksicht zu nehmen. Deshalb ist der Geschädigte bei der Beauftragung eines Sachverständigen nicht verpflichtet eine Marktforschung nach den honorargünstigsten Sachverständigen zu betreiben. Nur wenn der Geschädigte erkennen konnte, dass die vom Sachverständigen geltend gemachten Preise die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, hätte es dem Geschädigten oblegen, einen günstigeren Sachverständigen zu beauftragen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dabei nicht auf das Wissen des Sachverständigen, sondern auf das Wissen der Geschädigten abzustellen, da die Abtretung der Ansprüche nach Beauftragung des Sachverständigen erfolgte.

Unstreitig hält sich das vom Kläger geltend gemachte Grundhonorar im Rahmen der üblichen Preise. Die Beklagte meint zwar aufgrund des offensichtlichen Totalschadens hätte es einer genauen Darlegung des Reparaturweges nicht bedurft, weshalb das Grundhonorar überhöht sei. Dies ist jedoch wenig nachvollziehbar, da erst durch die Offenlegung der Reparaturkalkulation überprüft werden kann, ob nur unfaiibedingte Schäden Berücksichtigung gefunden haben und ob die Wertung des wirtschaftlichen Totalschadens richtig ist.

Streitig sind vorliegend insbesondere die Nebenkosten aus der Honorarabrechnung. Die Beklagte meint, die Kosten für die Fahrzeugbewertung und die Restwertermittlung seien ebenso wenig erstattungsfähig wie die Systemgebühr. Zudem würden die Schreibgebühren und der erste Fotosatz vom Grundhonorar erfasst. Die Pauschalen für Porto/Telefon und die Schreibgebühr seien überhöht, die Fotos 1-5 überflüssig, die Geschädigte hätte zur Vermeidung der Fahrtkosten einen Sachverständigen aus Achim beauftragen müssen und die Entfernung habe nicht 27 km, sondern nur 22,6 km betragen.

Der Beklagten kann mangels näherer Darlegungen nicht gefolgt werden, wenn sie meint die Kosten für die Fahrzeugbewertung und die Restwertermittlung seien ebenso wenig erstattungsfähig wie die Systemgebühr. Begründeter Vortrag der Beklagten hierzu fehlt. Der Geschädigte hat nach der Rechtsprechung des BGH seiner Darlegungslast durch Vorlage einer Rechnung des von ihm beauftragten Sachverständigen Genüge getan (s. BGH a.a.O.). An einer ausreichenden Begründung der Beklagten fehlt es auch, soweit sie meint die Fotos 1 – 5 aus dem Gutachten seien überflüssig. Die Beklagte führt weder genauer aus, warum die Fotos überflüssig sein sollen, noch legt sie diese vor.

Soweit die Beklagte die Fahrtkosten beanstandet, kann dieser Auffassung ebenfalls nicht gefolgt werden, zumal es sich um relativ geringe Fahrkilometer handelt. Der Geschädigte darf bei seiner Wahl eines qualifizierten Gutachters nicht örtlich beschränkt werden, solange es sich wie vorliegend um einen Gutachter aus einem Nachbarort handelt. Durch einen Ausdruck eines Fahrtstreckenrechners hat der Kläger zudem dargelegt, dass die Fahrstrecke zwischen seinem Sitz und dem Besichtigungsort … in Achim sogar insgesamt 30,2 km beträgt und er demnach sogar zu wenige Kilometer abgerechnet hat.

Woraus die Beklagte meint entnehmen zu können, dass die Schreibgebühren und der erste Fotosatz vom Grundhonorar erfasst werden, ist nicht erkennbar. Mit dem Grundhonorar werden üblicherweise nur die reinen Sachverständigenleistungen und nicht die Nebenkosten wie Schreibgebühren, Post- und Telekommunikationskosten oder Fahrtkosten erfasst. Insoweit kann zum Vergleich auf die Auslagen verwiesen werden, die ein Rechtsanwalt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geltend machen kann.

Die vom Kläger geltend gemachten Pauschalen für Porto/Telefon und Schreibkosten sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch insoweit hat der BGH (a.a.O.) entschieden, dass allein die Überschreitung der Höchstsätze aus der BVSK-Honorarbefragung die Annahme eines Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht noch nicht rechtfertigen könne.

Die Beklagte war daher zur Zahlung des restlichen Sachverständigenhonorars zu verurteilen.

Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 286, 288 BGB begründet.

Als Folge des Zahlungsverzuges hat die Beklagte den Kläger gemäß § 280 BGB von seinen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Abtretung, Haftpflichtschaden, HUK-Coburg Versicherung, Rechtsanwaltskosten, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Amtsrichterin des AG Achim verurteilt mit lesenswertem Urteil die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung der restlichen, abgetretenen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 12.2.2015 – 10 C 417/14 -.

  1. BORIS sagt:

    Das Urteil der Amtsrichterin des AG Achim ist in den Entscheidungsgründen schadenersatzrechtlich nachvollziehbar und durchaus auch lesegeeignet für die Schädiger als VN der HUK-Coburg Vers. Wer freut sich darüber mehr als die HUK-Coburg-Versicherung, dass hier eine Amtsrichterin auch mit Sachverstand an die Sache herangegangen ist ?

    BORIS

  2. Hannes Quaterkamp sagt:

    Guten Tag, sehr geehrte CH-Redaktion,

    man kennt natürlich nicht den Klägervortrag im Detail und die Vorkehrungen zur Abwendung eines solche Urteils, wobei es offensichtlich noch nicht bis in die dortige Region vorgedrungen ist, dass es aus mancherlei Gründen zweckdienlicher sein kann, nur den VN als Schädiger zu verklagen. Warum das gerade hier nicht wahrgenommen wurde, ist bisher unbekannt. Man kann trefflich darüber spekulieren.-

    Mit freundlichem Gruß

    Hannes Quaterkamp

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert