Amtsrichterin des AG Leipzig verurteilt HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit lesenswertem Urteil vom 5.3.2015 – 103 C 298/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

nachstehend veröffentlichen wir für Euch wieder ein Urteil aus Leipzig zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. In diesem Fall war es die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, die nicht in der Lage oder nicht bereit war – trotz hundertprozentiger Haftung – einhundertprozentigen Schadensersatz zu leisten. Wieder wurden rechtswidrig Sachverständigenkosten gekürzt. Aber die HUK-COBURG hat auch in diesem Fall die Kürzung ohne das Gericht gemacht. Da zwischen Sachverständigem und Geschädigtem eine Abtretungsvereinbarung bestand, machte der Sachverständige aus abgetretenem Recht gemäß § 398 BGB den restlichen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der vollen Gutachterkosten rechtshängig. Und wieder folgte eine herbe Niederalage für die HUK-COBURG. Interessant an dem Urteil der Amtsrichterin der 103. Zivilabteilung des Amtsgerichts Leipzig sind auch die Ausführungen zur Sittenwidrigkeit. Genau dort – und nur dort – liegt die Grenze der Erforderlichkeit. Insofern ist das Urteil lesenswert.  Lest selbst und gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 103 C 298/15

Verkündet am: 05.03.2015

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, vertr.d.d.Vorstand, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg

– Beklagte –

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Leipzig durch Richterin am Amtsgericht D.
am 05.03.2015

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 148,58 Euro zuzüglich 2nsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB hieraus seit 03.04.2014 sowie als Nebenforderung 3,00 Euro vorgerichtltche Mahnkosten zu zahlen.

2.        Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 148,58 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist gemäß § 7, 17 StVG, § 823 BGB, 115 Abs. 1 VVG, § 249, 398 BGB voll umfänglich begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bezahlung der noch offenen 148,58 Euro sowie auf Zahlung der Mahnkosten sowie Zinsen.

Der durch den Verkehrsunfall vom 14.09.2013 Geschädigte …, welcher durch einen Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeuges allein schuldhaft im Straßenverkehr geschädigt wurde, hat mit der Klägerin wirksam eine Abtretungsvereinbarung geschlossen am 17.09.2013, siehe Abtretungserklärung, Anlage K 2.

Hinsichtlich der Sachverständigenkosten hat der Geschädigte … mit der Klägerin einen Werkvertrag geschlossen, ebenfalls unter dem 17.09.2013, siehe Anlage K 1. In dem geschlossenen Vertrag hat der Geschädigte mit seiner Unterschrift bestätigt, die Honorarliste der Klägerin zur Kenntnis genommen und mit der Abrechnung nach dieser einverstanden zu sein. Bei den unstreitig angefallenen Reparaturkosten in Höhe von 2,149,47 Euro netto zuzüglich des merkantilen Minderwertes von 300,00 Euro beläuft sich die Höhe des Sachverständigenhonorars auf 412,00 Euro netto. Dieses Grundhonorar hat die Klägerin berechnet, siehe Rechnung Anlage K 4. Dass die Beklagte diese Honorarvereinbarung nicht für angemessen erachtet, stellt keine Frage der Prüffähigkeit der Rechnung dar. Da sich die Klägerin und der Geschadigte auf einen bestimmten Werklohn geeinigt haben, ist es nicht Sache des Gerichts, dem Sachverständigen vorzuschreiben, wie er seine Preise kalkuliert. Die vom Gericht zu prüfende Grenze liegt bei dem Überschreiten der Sittenwidrigkeit. Anhaltspunkte dafür, dass der abgeschlossene Werkvertrag eine sittenwidrige Preisvereinbarung enthält und somit nach § 138 BGB nichtig wäre, sind nicht ersichtlich. Ebenso sind die von der Klägerseite geltend gemachten Nebenkosten vertraglich zwischen ihr und dem Geschädigten vereinbart worden, so dass es auf einen Mittelwert oder einen Prozentsatz nicht ankommt. Aus der geschlossenen Honorarvereinbarung ergibt sich, dass Fahrtkosten mit 1,31 Euro pro km, Fotokosten beim ersten Satz für 2,86 Euro und beim zweiten Satz für 2,00 Euro abzurechnen sind, Schreibkosten pro Seite mit 4,86 Euro, eine Pauschale für die Kopien in Höhe von 19,00 Euro, Versand-, Telefon und Internetkosten in Höhe von 23,30 Euro und eine Restwertanfrage in Höhe mit 17,50 Euro berechnet werden, jeweils netto. Die geltend gemachten Nebenkosten stehen auch im Einklang mit der Entscheidung des BGH in VI ZR 225/13. Dort hat der BGH Nebenkosten in Höhe von 2,80 Euro pro Lichtbild, in Höhe von 1,80 Euro pro gefahrenen Kilometer des Sachverständigen sowie für eine Pauschale für Telefon, EDV, Kommunikation, Büromaterial, Porto und Schreibkosten in Höhe von 75,00 Euro für angemessen erachtet. Die Klägerseite hat dem gegenüber die Fahrtkosten nur mit 1,31 Euro pro gefahrenen Kilometer angesetzt. Die Fotokosten von 2,86 Euro für den ersten Fotosatz übersteigen die vom BGH angesetzten Fotokosten mit 2,79 Euro nur geringfügig.

Das Amtsgericht Leipzig hat bereits in anderen Entscheidungen aus den Jahren 2006 und 2007 Schreibkosten in Höhe von 4,90 Euro pro Seite ausdrücklich gerichtlich gebilligt. Obwohl die Vereinbarung im Jahr 2013, also 6 oder 7 Jahre später getroffen wurde, bleibt die Klägerin mit den Schreibkosten pro Seite mit 4,86 Euro unter dem gebilligten Wert. Die angesetzte Kopierkostenpauschale mit 19,00 Euro ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Pauschale für Versand,- Telefon- und Internetkosten von 23,30 Euro bleibt die Klägerin weit unter dem Maximalwert der BVSK Befragung von 2003 mit damals schon 38,00 Euro. Das die Nebenkosten auf einen Pauschalbetrag zu kürzen oder auf 25% des Sachverständigenhonorars festzulegen wären, kann das Gericht nicht erkennen.

Dem Geschädigten selbst darf darüber hinaus auch kein Verstoss gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB vorgeworfen werden. Dass bereits der Geschädigte hätte erkennen können und müssen, dass das Honorar der Klägerseite erheblich überhöht ist, ist nicht ersichtlich. Wenn bereits das Amtsgericht Leipzig in unzähligen Entscheidungen davon ausgeht, dass die von der Klägerseite geltend gemachten Honorare angemessen sind, ist dem Geschädigten nicht zuzumuten, vor Beauftragung eines Sachverständigen erst Kostenvoranschläge für deren Tätigkeit einzuholen.

Die Nebenforderungen sind nach §§ 280, 286, 288 BGB zu ersetzen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 704, 708 Nr. 11 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Abtretung, Haftpflichtschaden, HUK-Coburg Versicherung, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert