Amtsrichterin des AG München entscheidet zu den erforderlichen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 24.6.2013 – 334 C 4124/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachfolgend geben wir Euch hier eine weitere Entscheidung aus München zu den Sachverständigenkosten  aus der Abt. 334 (Dezernat der Amtsrichterin W.) des Amtsgerichts München, einem Spezialdezernat für Schadensersatz bei Straßenverkehrsunfällen, bekannt. Beklagte Versicherung war die HUK Coburg. Leider wird von dem erkennenden Gericht wieder der falsche Begriff „Sachverständigengebühren“ gebraucht. Das Gericht hat sich auf die Rechtsprechung des BGH zu den Sachverständigenkosten zur damaligen Zeit, insbesondere auf BGH VI ZR 67/06 bezogen und deutlich gemacht, dass ein Preisvergleich, den die Versicherer immer wieder anführen, nicht möglich ist. Wie sollen Preise verglichen werden, wenn deren Höhe noch nicht festssteht? Daran ändert m.E. auch die aktuelle Rechtsprechung des BGH nichts. Denn BVSK und seine Honorartabellen muss der Geschädigte nicht kennen (vgl. BGH VI ZR 225/13). Lest das Urteil selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion zugesandt durch die Kanzlei Michael Brand aus München.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht München

Az.: 334 C 4124/13

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht W. am 24.06.2013 auf Grund des Sachstands vom 24.06.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1.          Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 103,65 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.07.2012 zu bezahlen.

2.          Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.          Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.          Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die Klage ist vollumfänglich begründet.

Der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Unfallgeschädigten. Die Sachverständigenkosten sind daher in der Regel voll erstattungsfähig, es sei denn die Rechnung wäre in einer Weise überhöht, dass selbst ein Laie die Überhöhung erkennen hätte müssen und als wirtschaftlich denkender Mensch die Sachverständigenrechnung nicht bezahlt hätte.

Es ist nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige sein Honorar vorliegend in Relation zur Schadenshöhe abgerechnet hat. Allein dadurch, dass ein Sachverständiger eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt, überschreitet er die Grenzen zulässiger Preisgestaltung grundsätzlich nicht (BGH NJW 2006, 2472).
Es kann daher auch nicht beanstandet werden, dass der Sachverständige ein Grundhonorar und weitere Nebenkosten abgerechnet hat.

Das Grundhonorar liegt bei einem Reparaturschaden von 968,65 € mit 235 € absolut im Rahmen dessen, was die Mehrzahl der Gutachter nach der BVSK Befragung abrechnet. Ganz überwiegend werden auch neben einem Grundhonorar noch weitere Nebenkosten abgerechnet. Dies ist zulässig, zumal von den allermeisten Gutachtern so parktiziert. Die BVSK basiert sogar auf der Annahme eines Grundhonorars und weiterer Nebenkosten.

Auch sind die Nebenkosten plausibel dargelegt und in sich nicht unschlüssig. Die gesonderte Abrechnung von Schreibkosten ist nicht zu beanstanden.
Von dem Geschädigten, der eine Rechnung prüft, kann jedenfalls Wortklauberei und aufgrund dessen eine Monierung der Rechnung nicht erwartet werden.

Auch sind die Nebenkosten an sich bei Heranziehung der BVSK Honorarbefragung 2011 nicht überhöht.

Die Gesamtgebühren von 441,61 € netto erscheinen im Hinblick auf die vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten in Höhe von brutto 1.152,69 € und den hier zusätzlich noch zu treffenden Feststellungen zum Wiederbeschaffungswert nicht als so unangemessen hoch, dass der Kläger als Laie bei der Bezahlung gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht des § 254 BGB verstoßen hätte. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass sich dem Kläger eine Überhöhung der Gebühren des Sachverständigen hätte aufdrängen müssen mit der Folge, dass er dessen Rechnung hätte zurückweisen müssen.

Der Geschädigte ist zudem nicht verpflichtet, Preisvergleiche anzustellen, um einen möglichst günstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH NJW 2007, 1450). Dies wird in der Praxis regelmäßig auch deswegen nicht möglich sein, weil sich erst bei Besichtigung und Durchführung der gutachterlichen Untersuchung überhaupt einschätzen lässt, wie hoch der erforderliche Prüfungs-und damit Kostenaufwand ausfallen wird.

Nachdem sowohl hinsichtlich des Grundhonorars als auch hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten die Üblichkeit nicht überschritten ist, kann der Kläger von der Beklagten die Erstattung der Gesamtrechnung des Sachverständigen als dessen angemessene und übliche Vergütung ersetzt verlangen.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

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8 Antworten zu Amtsrichterin des AG München entscheidet zu den erforderlichen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 24.6.2013 – 334 C 4124/13 -.

  1. Kurt sagt:

    Willi, lass die Kirche im Dorf, was die im Urteil angesprochenen „Gesamtgebühren“ angeht.
    Das Urteil dieser Richterin ist auch so noch deutlich genug. Insbesondere die Einleitung ist verständlich:

    „Der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Unfallgeschädigten. Die Sachverständigenkosten sind daher in der Regel voll erstattungsfähig, es sei denn die Rechnung wäre in einer Weise überhöht, dass selbst ein Laie die Überhöhung erkennen hätte müssen und als wirtschaftlich denkender Mensch die Sachverständigenrechnung nicht bezahlt hätte.“

    Also auch nix mit Umkehrung der Beweislast lt. HUK-Coburg-Kürzungsschreiben.

    Und zu Nebenkosten im Grundhonorar:

    „Es kann daher auch nicht beanstandet werden, dass der Sachverständige ein Grundhonorar und weitere Nebenkosten abgerechnet hat.“
    „Ganz überwiegend werden auch neben einem Grundhonorar noch weitere Nebenkosten abgerechnet. Dies ist zulässig, zumal von den allermeisten Gutachtern so parktiziert.“

    Also auch nix mit HUK-COBURG Tableau 2012 incl. Nebenkosten und Mwst.Mit einer solchen Konstruktion muss sich das Bundeskartellamt mal etwas näher beschäftigen.

    Last not least:

    „Der Geschädigte ist zudem nicht verpflichtet, Preisvergleiche anzustellen, um einen möglichst günstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH NJW 2007, 1450). Dies wird in der Praxis regelmäßig auch deswegen nicht möglich sein, weil sich erst bei Besichtigung und Durchführung der gutachterlichen Untersuchung überhaupt einschätzen lässt, wie hoch der erforderliche Prüfungs-und damit Kostenaufwand ausfallen wird.“

    Na bitte, der Hinweis auf eine Nichtverpflichtung ist eigentlich überflüssig, weil eine Möglichkeit zur Anstellung von Preisvergleichen überhaupt nicht besteht. Was bleibt dann aus dem Kürzungsschreiben der HUK-Coburg an Sinngehalt übrig ?
    Der Hinweis, dass die abgerechneten Kosten für ein Gutachten nich vollständig ausgeglichen wurden. Aber das merken die jeweils Betroffenen ja auch so.

    Danke, W.W. für die Einstellung dieses Urteils.

    Kurt

  2. Hirnbeiss sagt:

    @
    Das ganze Honorarproblem, der fiktiven Abrechnung, der Verweis auf Reverenzwerkstätten, usw. wäre m.E. sofort vom Tisch, wenn alle Versicherer nur eine einheitliche Prämie für Haftpflichtversicherungen berechnen dürften.
    Eine Pflichtversicherung kann und darf sich durch keinen Wettbewerb so verändern, dass daraus ein rechtswidriges Handeln entsteht. Bis 1995 war das Geschehen noch erträglich.
    Das ist die Wurzel des Übels die man beseitigen muss..

  3. virus sagt:

    In der Regel bin ich gegen eine Einmischung des Staates in den Markt. Hier jedoch agieren die Versicherer in Vertretung des Gesetzgebers. Daher kann der (verantwortliche) Gesetzgeber Regeln zum Gesetz festlegen. Dies könnte ähnlich wie bei der Fahrzeuguntersuchung nach § 29 StVZO geschehen. Jedem Marktteilnehmer wird die Gebühr durch das Wirtschaftsministerium des jeweiligen Bundeslandes genehmigt. Die Gebühren von Prüforganisation zu Prüforganisation variieren daher geringfügig, wohl aber kaum über 10 %. So wird man dem Wettbewerb in Grenzen gerecht, gibt aber dafür den Fahrzeughaltern – zwar auch in Grenzen – finanzielle Planungssicherheit.
    Mir fällt kein wirklicher Grund ein, warum diese Vorgehensweise nicht auch für den Abschluss von Kfz-Haftpflicht-Versicherungen möglich sein soll.

  4. Ernst V. sagt:

    @ virus 23. Oktober 2014 at 12:08

    Gebühren und Prämien, Gebühren und Kosten sind jeweils etwas anderes.
    Gebühren werden durch den Staat oder staatlich verliehenen Organisationen erhoben, z.B. bei der Fahrzeuguntersuchung. Da entstehen tatsächlich Gebühren. Diese Gebühren können auch staatlich reguliert werden, wie dies zum Beispiel auch bei den Kehrgebühren durch den Bezirksschornsteinfegermeister der Fall war.

    Aber immer dann, wenn privatrechlich tätig geworden ist, z.B. beim Abschluss eines Versicherungsvertrages, gilt Privatrecht – und kein öffentliches Recht. Insoweit verlangen die Versicherungen mit den Prämien auch keine Gebühren. Der Sachverständige berechnet ebensowenig Gebühren. Im Rahmen der freien Marktwirtschaft können die Versicherungsgesellschaften – ob man das mag, oder nicht – frei nach ihren Berechnungen und Kalkulationen die Versicherungsprämien grundsätzlich erheben.

    Wenn der Versicherungsmarkt reglementiert werden soll, was durchaus sinnvoll wäre, dann müssen allerdings die Volksvertreter mehrheitlich ein entsprechendes Gesetz beschließen. Daran ist es aber bisher gescheitert.

  5. Willi Wacker sagt:

    Hallo Kurt,
    ich meine, dass man immer wieder gegen das unsinnige Wort „Gebühren“ bei den Sachverständigenkosten ankämpfen muss, damit einmal dieser Unsinn ausgerottet wird.
    Es gibt k e i n e „Sachverständigengebühren“!
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi Wacker

  6. Kurt sagt:

    Das, Willi Wacker, wissen wir inzwischen alle. Die, die es ansonsten noch angeht, sollten das ruhig mal mit gebührender Aufmerksamkeit zur Kenntnis nehmen. Im vorliegenden Fall hat das Gericht jedoch daraus nichts abgeleitet, was nachteilig wäre für eine schadenersatzrechtliche Abklärung und allein deshalb habe ich diesem „Ausrutscher“ hier keine weitere Kommentierung zugeordnet, denn Du hattest ja schon hierzu eine Anmerkung eingestellt. Unabhängig davon wissen wir doch inzwischen auch fast alle, welchem Zweck die Verwendung dieses Begriffs dient: Die versuchte Irreführung des Gerichts eine ÜBERPRÜFUNG vorzunehmen, die schadenersatzrechtlich irrelevant ist. Sie soll von der Beachtung der ex ante Position des Geschädigten ablenken und den Eindruck erwecken, der Sachverständige habe eine GEBÜHRENORDNUNG mit der behaupteten Überhöhung sträflich mißachtet. So so das eben mit dem Spiel der Worte und Begriffe, wie wir es täglich erfahren. Dagegen gibt es nur ein probates Mittel: Der Schädiger muss aufklärend in die Pflicht genommen werden und hat oftmals sogar Verständnis dafür, bis er von einem Urteil gegen ihn dann doch überrascht ist angesichts der ihm gegebenen Zusicherung seiner Versicherung , er brauche sich um nichts weiter zu kümmern. Und dass er dann doch das Urteil studieren kann, ist erste Bürgerpflicht in einem Zeitalter, wo umfassende Aufklärung not tut.

    Kurt

  7. Egbert Sch. sagt:

    Hi, Hirnbeiss,
    wir haben kein Honorarproblem und kein Problem bei der fiktiven Abrechnung, sondern ein Problem in der Gesetzesauslegung und Anwendung. Wie stehen jedoch neuen Situationen gegenüber, die einem Wirtschaftskrieg nicht unähnlich sind und da drehen wir ersichtlich bisher noch an einem falschen Rad, denn bei allem Respekt vor dem persönlichen Einsatz muss letztlich auch die Strategie abgestimmt werden, den neuen Herausforderungen mit Erfolg zu begegnen. Das Redaktionsteam von http://www.captain-huk und fast alle Kommentatoren haben sich hier unübersehbar große Verdienste erworben in dem Ringen um Wahrung der Unabhängigkeit und in der Aufklärung zur Unfallschadenregulierung. So etwas leisten selbst große Automobilclubs bis heute leider immer noch nicht, von den Berufsverbänden der freiberuflichen Kfz.-Sachverständigen ganz zu schweigen. Euch allen an dieser Stelle dafür ein besonderes Dankeschön und uneingeschränkte Anerkennung.
    Egbert Sch.

  8. Juri sagt:

    @Egbert Sch…“muss letztlich auch die Strategie abgestimmt werden, den neuen Herausforderungen mit Erfolg zu begegnen.“

    Völlig richtig. Und hier kommen (dank CH) ja alle zusammen. Verkürzte Geschädigte, geprellte SV und hinreichend auch tüchtige Anwälte. Ich plädiere für eine zentrale Honorarkürzungsantwort. Eine Art Sammelstelle die dann, ausgestattet mit genügendem jur. Sachverstand, rationell und efektiv gegen die derzeitige Kürzungswelle und die noch mit Sicherheit folgenden angeht.

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