Amtsrichterin des AG St. Wendel verurteilt zwar HUK-COBURG, ignoriert aber BGH VI ZR 225/13 und OLG Saarbrücken 4 U 61/13 mit kritisch zu betrachtender Begründung aus dem Werkvertrag (AG St. Wendel Urteil vom 17.6.2014 -4 C 226/14 (55)-).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

manche lernen es offenbar nie! So oder so ähnlich könnte man denken, wenn man das nachfolgend dargestellte Urteil der Amtsrichterin des AG St. Wendel im Saarland vom 17.6.2014 liest. Mit dem Urteil des VI. Zivilsenates des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – und dem Urteil des OLG Saarbrücken – 4 U 61/13 – war eigentlich die unsägliche Rechtsprechung des LG Saarbrücken zu den Sachverständigenkosten und den Nebenkosten erledigt – dachte man. Aber es gibt nach wie vor noch ewig Gestrige, die sich offenbar nur auf die unerheblichen Schriftsätze der HUK-Anwälte stützen und dabei die von den HUK-Anwälten immer wieder gebrauchten „Sachverständigengebühren“, die es effektiv nicht gibt, auch noch im Urteil wiedergeben. So ein negatives Beispiel ist das Urteil aus St. Wendel vom 17.6.2014. Wir haben lange überlegt, ob wir dieses „Schrotturteil“ veröffentlichen sollten. Im Endergebnis sind wir – nicht ganz einheitlich – dazu gelangt, das Urteil doch den Lesern zur Verfügung zu stellen, zeigt es doch eine gerade im Saarland feststellbare Linie, über die ihr Euch auch mal Gedanken machen könnt. Nun wieder zurück zum Urteil. Obwohl der BGH – zutreffend – darauf hingewiesen hat, dass das Ergebnis der Honorarumfrage des BVSK nicht bekannt sein muss, misst die erkennende Amtsrichterin gleichwohl die berechneten Sachverständigenkosten in ihren Einzelheiten an dieser BVSK-Tabelle. Sie verkennt dabei nicht nur die BGH-Rechtsprechung (BGH DS 2007, 144; BGH DS 2014, 90 jew. m. w. Nachweisen). Sie verkennt auch, dass im Schadensersatzprozess werkvertragliche Gesichtspunkte keine Rolle spielen dürfen. Sie verkennt weiter, dass es im Schadensersatzprozess dem Schädiger und dem Gericht untersagt ist, eine Preiskontrolle der einzelnen Positionen der Sachverständigenkostenrechnung durchzuführen (BGH VersR 2004, 1189, 1190 f.; BGH VersR 2007, 560). Die Urteilsbegründung strotzt daher von Fehlern, die hier dargestellt werden sollen. Wir vermuten nämlich, dass die HUK-COBURG, statt die Rechtsprechung von BGH und OLG Saarbrücken zu zitieren, weiterhin LG Saarbrücken und AG St. Wendel  angeben wird zur Stützung ihrer rechtswidrigen Kürzungen. Lest daher selbst und gebt bitte Eure Kommentare bekannt.  

Viele Grüße
Willi Wacker

4 C 226/14 (55)                                                                                    Verkündet am 17.06.2014

Amtsgericht St. Wendel

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

Deutsche Anwaltliche Verrechnungsstelle AG, ges. vertr. d. d. Vorstand Sven Ries und Jan Pieper, Schanzenstr. 30, 51063 Köln

Klägerin

gegen

HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftf. Beamter Deutschlands a. G., vertr. d. d. Vorstand Dr. W. Weiler, Flaßhoff, Gronbach u.a., Bahnhofsplatz, 96450 Coburg

Beklagte

wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall

hat das Amtsgericht St. Wendel
durch die Richterin am Amtsgericht S.
auf den Schluss der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2014
am 17.06.2014

für Recht erkannt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 31,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.04.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 50 % und die Klägerin zu 50 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt restlichen Ersatz, der aus einem Verkehrsunfallereignis vom 08.02.2014 in St. Wendel angeblich entstandenen Schäden in Form von Sachverständigenkosten.

Am besagten Tag beschädigte ein Versicherungsnehmer der Beklagten allein schuldhaft das Eigentum des Zeugen R. G. an dessen Fahrzeug. Die Nettoreparaturkosten bezifferte der Sachverständige K. mit 1.867,39 Euro und stellte für die Gutachtenserstattung 537,88 Euro in Rechnung, worauf die Beklagte 474,00 Euro zahlte. Der Geschädigte trat am 15.02.2014 seinen Anspruch auf Schadensersatz in Form von Sachverständigenkosten an den Sachverständigen ab und dieser wiederum trat am 20.02.2014 seine Ansprüche an die Klägerin ab.

Die Klägerin behauptet, der Geschädigte sei nicht zur Erforschung des Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst günstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten könnten dem Geschädigten gegenüber nur erhoben werden, wenn ihn ein Auswahlverschulden treffe oder die Erhöhung derart evident sei, dass eine Beanstandung von ihm verlangt werden könne. Das sei bei den in Rechnung gestellten Kosten nicht der Fall, auch habe der Geschädigte ein renommiertes Sachverständigenbüro beauftragt. Nach der BVSK – Honorarbefragung 2013 seien Grundhonorar und Nebenkosten nicht zu beanstanden. Mithin seien restliche Sachverständigengebühren in Höhe von 63,88 Euro geschuldet. Denn die Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken habe sich durch das Urteil des BGH (Az. VI ZR 225/13) auch hinsichtlich der Nebenkosten erledigt. Auch das Saarländische Oberlandesgericht habe hinsichtlich der Nebenkosten eine abweichende Ansicht vertreten (vgl. Az. 4 U 61/13).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 63,88 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.04.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Klägerin fehle die Aktivlegitimation, da nicht erkennbar sei, dass Abtretungsempfängerin die Klägerin sei. Auch seien die Kosten des Gutachtens übersetzt. Es werde der Maximalwert im Preiskorridor bei der Grundvergütung angesetzt, Schreibkosten könnten nicht gesondert in Rechnung gestellt werden, was auch für Laien ohne weiteres erkennbar sei. Kopiekosten zu 2,50 €/Seite und Bildkosten zu 2,50 € bzw. 1,50 € je Bild seien erkennbar überteuert, ebenso wie Fahrtkosten zu 0,70 €/km.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung restlichen Schadensersatzes in Form von Sachverständigenkosten aus §§ 7 Abs. 1,17 StVG, 115 WG i. V. m. §§ 249 Abs. 1, 398 BGB zu.

Das Eigentum des Zeugen R. G. an seinem Fahrzeug wurde beim Betrieb des vom Versicherungsnehmer der Beklagten geführten Fahrzeugs beschädigt, da dieser allein schuldhaft eine Kollision verursachte. Mithin haftet die Beklagte dem Grunde nach für die dem Geschädigten durch die Kollision kausal entstandenen materiellen Schäden im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB. Zu diesen zählen grds. auch die Kosten zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens über die Unfallhöhe, wobei die Klägerin infolge der Abtretung der Ansprüche vom Zeugen G. an den Sachverständigen K. und dessen Abtretung an die Klägerin zu deren Geltendmachung befugt ist.

Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass restliche Sachverständigenkosten in Höhe von 31,75 € geschuldet sind. Ausgehend von einer Schadenshöhe netto 1.867,39 € ist im Grundhonorarkorridor HB V gemäß BVSK Honorarbefragung 2013 von 338,00 bis maximal 370,00 € auszugehen. Demgemäß sind die vom Sachverständigen K. in Ansatz gebrachten 360,00 € nicht zu beanstanden. Was die Nebenkosten anbelangt, so sind an Fahrtkosten maximal 14,00 € geschuldet (20 km x 2 x 0,7 €). An Kosten für das Drucken, Vervielfältigen, Heften des Gutachtens sind für 2 Ausführungen x 12 Farbseiten mal 1,00 € (= 24,00 €) zzgl. 2×12 Seiten schwarz/weiß x 0,25 € (=6,00 €) und Haftung 2 x 3,00 € (=6,00 €)= 36,00 € und Porto, Versand und Telefonkosten zu 15,00 €, mithin insgesamt 65,00 € netto geschuldet. Wie das Landgericht Saarbrücken nachvollziehbar und schlüssig ausgeführt hat, ist unter Berücksichtigung der regionalen Kfz-Sachverständigendichte davon auszugehen, dass der Geschädigte auf dem regionalen Markt in der Regel innerhalb einer Entfernung von maximal 25 km einen fachkundigen Sachverständigen seines Vertrauens finden kann und eine Nachbesichtigung ohne weiteres erforderlich ist. Die Bemessung der Kosten für das Drucken, Vervielfältigen und Heften des Gutachtens hat die Kammer des Landgerichts Saarbrücken aufgrund ihrer Erfahrung festgelegt und die für Porto- Versand- und Telefonkosten infolge der Berücksichtigung aktueller, dem Laien ohne weiteres zugänglicher Telefon-, Internet- und Versandkostentarife. Die Kosten für die „EDV-Bewertung“ und EDV-Kalkulation“ sind nach Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken nicht zu berücksichtigen, da eine sachliche Rechtfertigung für die separate Berechnung dieser Kosten nicht ersichtlich ist (vgl. z. B. LG Saarbrücken Az. 13 S 37/12).
Damit sind 425,00 € netto = 505,75 € brutto geschuldet, auf welche die Beklagte bereits 497,00 € gezahlt hat, so dass 31,75 € offenstehen.

Dem steht die Rechtsprechung des BGH (vgl. Az. VI ZR 225/13) nicht entgegen. Zwar gilt das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen, nur dann, wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen. Maßgeblich ist somit, ob der Geschädigte von vornherein hätte erkennen können, dass der Sachverständige nach der Behauptung der Versicherung überhöhte Nebenkosten ansetzen würde. Zu einer Recherche nach einem Sachverständigen mit einem günstigeren Honorarangebot ist der Geschädigte gegenüber der Versicherung auch nicht verpflichtet. Dem Geschädigten musste zudem auch nicht das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des Sachverständigenverbandes über die Höhe der üblichen Honorare bekannt sein. Damit fallen aber die geltend gemachten Kosten nicht von vornherein aus dem Rahmen des für die Behebung des Schadens erforderlichen Geldbetrags nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.

Allerdings ist der Schädiger auch nicht verpflichtet, dem Geschädigten die Rechnungsbeträge der von diesem im Rahmen der Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Fachunternehmen ohne Möglichkeit der Nachprüfung voll zu ersetzen. Dem Schädiger verbleibt in jedem Falle die Möglichkeit darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte. Allein der Umstand, dass die vom Schadensgutachter vorliegend abgerechneten Nebenkosten die aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten, rechtfertigt die Annahme eines solchen Verstoßes des Klägers allerdings noch nicht.

Indessen hat das LG Saarbrücken bereits in mehreren Entscheidungen dezidiert dargetan und erläutert, weshalb die Nebenkosten jeweils in bestimmter Art und Weise festzusetzen sind, und dass diese Grundlagen auch dem Geschädigten durchaus erkennbar sind (vgl. etwa Az. 13 S 87/13; 13 S 108/08 Rz. 11). Nach dem Ergebnis einer Beweisaufnahme hält die Berufungskammer des LG Saarbrücken die BVSK – Honorarbefragung – anders als im Rahmen der Beurteilung des Grundhonorars – nämlich nicht für geeignet, die auf dem regionalen Markt zu erwartenden Ansätze für die hiernach anfallenden „Nebenkosten“ verlässlich abzubilden. Bedenken gegen eine Heranziehung dieser Befragung ergeben sich für die Kammer bereits daraus, dass die BVSK – Honorarbefragung selbst einräumt, dass die „Grundhonorare“ tendenziell etwas geringer erhoben werden, wo sehr detailliert „Nebenkosten“ aufgeführt werden. Auch weisen die Erläuterungen darauf hin, dass etwa die Schreibkosten zum Teil pauschaliert, zum Teil je Seite ausgewiesen oder bereits im „Grundhonorar“ enthalten sind. Das konkrete Ausmaß dieser Wechselwirkungen zwischen „Grundhonorar“ und „Nebenkosten“ lässt sich der Studie indes nicht entnehmen. Entsprechendes gilt für das Verhältnis verschiedener „Nebenkostenpositionen“ zueinander. So ist etwa nicht ersichtlich, inwiefern für Kopien beschrifteter Lichtbilddokumentationen neben Schreibkosten zusätzlich noch Kopierkosten oder Photokosten anfallen. Ebenso wenig ist ersichtlich, ob dort, wo einzelne „Nebenkostenpositionen“ nach einer Teilpauschale (z.B. für Porto, Telefon und Schreibkosten) abgerechnet werden, eher zu erwarten ist, dass andere „Nebenkosten“ (z.B. für Fahrtkosten) nach konkretem Anfall abgerechnet werden. Des Weiteren lässt die BVSK – Honorarbefragung nicht erkennen, inwiefern die Sachverständigen ihre „Nebenkosten“ überwiegend pauschal oder nach ihrem konkreten Anfall abrechnen. Die BVSK – Tabelle weist alternativ zu den Ansätzen nach dem konkreten Anfall Pauschalen für Photokosten, Fahrtkosten, Porto, Telefon und Schreibkosten aus. Je nachdem, ob ein Sachverständiger auf die Pauschalen zurückgreift oder seine „Nebenkosten“ nach dem tatsächlichen Anfall berechnet, unterscheiden sich die „Gesamtnebenkosten“ jedoch stark. So hat die Erhebung eines Sachverständigen in mehreren Verfahren vor dem LG Saarbrücken (vgl. Az. 13 S 98/10, 13 S 109/10, 13 S 114/10, 13 S 144/10, 13 S 169/10, 13 S 26/11) zwar den Ansatz des Honorarkorridors HB III bzw. V für Fahrtkosten je km ungefähr bestätigt. Unter Zugrundelegung des ermittelten Ansatzes je km ergeben sich jedoch schon bei mittleren Entfernungen deutlich höhere Kosten als unter Anlegung der Pauschale.

Da eine andere geeignete Bewertungsgrundlage nicht zur Verfügung steht, schätzt die Kammer die Grenze der Erforderlichkeit der „Nebenkosten“ daher gemäß § 287 Abs. 1 ZPO entsprechend den obigen Ausführungen (vgl. z. B. LG Saarbrücken Az. 13 S 109/10). Was die Fahrtkosten anbelangt, so geht die Kammer unter Berücksichtigung der regionalen Kfz-Sachverständigendichte davon aus, dass der Geschädigte auf dem hiesigen regionalen Markt in der Regel innerhalb einer Entfernung von maximal 25 km einen fachkundigen Sachverständigen seines Vertrauens finden kann und eine Nachbesichtigung nicht ohne weiteres notwendig ist. Einen sachlich begründeten aussagekräftigen Anhaltspunkt für die Höhe der tatsächlichen Fahrtkosten einschließlich der Kosten für Betrieb und Unterhalt kann auch der Laie ohne weiteres anhand der von verschiedenen Anbietern erstellten Autokostentabellen, etwa der ADAC-Autokostentabelle gewinnen. Unter Zugrundelegung eines Fahrzeugs der oberen Mittelklasse (z.B. Mercedes E 250 CDI DPF Blue Efficiency 7G-Tronic, 150 kW; Audi A6 Avant 3.0 TDI DPF multitronic, 150 kW; BMW 520d touring (DPF), 135 kW) ergeben sich dann durchschnittliche Fahrtkosten von bis zu ca. 0,70 €/km x 50 km = 35,00 €. Zur Bemessung der Kosten für das Drucken, Vervielfältigen und Heften des Gutachtens hat die Kammer den Umfang an Gutachten-, Kalkulations- und Lichtbildseiten zugrunde gelegt, der auf der Grundlage der plausiblen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in den Verfahren 13 S 98/10, 109/10, 114/10, 144/10, 169/10 und 26/11, den Erkenntnissen der Kammer aus gleichgelagerten Verfahren und unter Berücksichtigung eines dem Sachverständigen zuzugestehenden Ermessens bei der Ausgestaltung seines Gutachtens für die fachgerechte Schadensbegutachtung und -dokumentation in Routinefällen aus technischer Sicht notwendig ist. Legt man danach maximal 12 Lichtbilder in Farbe zugrunde und räumt man dem Sachverständigen die Möglichkeit ein, über die Lichtbilddokumentation hinaus auch einen Teil seines Gutachtens zur besseren Übersichtlichkeit in Farbe zu drucken, so ist ein Umfang von 10 Seiten Farbdruck und 14 Seiten Schwarz-Weiß-Druck pro Ausfertigung jedenfalls ausreichend. Dabei sind mehr als drei Gutachtenausfertigungen (für Schädiger, Geschädigten und ggfl. Anwalt des Geschädigten) grundsätzlich nicht erforderlich. Im Rahmen einer Mischkalkulation unter Berücksichtigung einer Pauschale für das Heften der Gutachten ergeben sich dann Kosten von 3 Ausfertigungen x 10 Farbseiten x 1,00 € + 3 Ausfertigungen x 14 Schwarz-Weiß-Seiten x 0,25 € + 3 x 3,00 € Heftung = rund 50,00 €. Dabei hat sich die Kammer an den Kopiergeschäften des regionalen Marktes und anhand der im Internet verfügbaren Angebote orientiert. Hinsichtlich der Porto-, Versand- und Telefonkosten bringt die Kammer insoweit unter Berücksichtigung aktueller, dem Laien ohne weiteres zugänglicher Telefon-, Internet- und Versandkostentarife einen Betrag von 15,00 € in Ansatz. Die Begutachtung in Routinefällen erfordert in der Regel nur einige wenige Telefonate und Internetverbindungen für Terminsvereinbarungen, Rücksprachen mit Werkstätten, Restwertanfragen usw. Hinzu kommen die Kosten für den Gutachtenversand. Kosten für „EDV-Bewertung“ und „EDV-Kalkulation sind nicht zu berücksichtigen. Eine sachliche Rechtfertigung für die separate Berechnung von Kosten für „EDV-Bewertung“ und „EDV-Kalkulation“ ist nicht ersichtlich, da die Bewertung und Kalkulation des Schadens einen originären Bestandteil der eigentlichen Sachverständigentätigkeit darstellt, die bereits mit der Pauschale für das „Grundhonorar“ abgegolten ist. Entsprechendes gilt für die Kosten einer Restwertabfrage. Auch die Restwertermittlung stellt eine originäre Sachverständigenleistung dar, die mit dem „Grundhonorar“ abgegolten ist. Im Übrigen erfordert die Restwertermittlung gerade keine Abfrage einer – kostenpflichtigen – Restwertdatenbank. Nach ständiger Rechtsprechung ist es zur Restwertermittlung durch den Sachverständigen im Regelfall erforderlich aber auch ausreichend, dass der Sachverständige drei Angebote auf dem regionalen Markt einholt (vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2009 – VI ZR 318/08, VersR 2010, 130, 132; Urteil vom 13.01.2009 – VI ZR 205/08, VersR 2009, 413, 415).

Rechnet ein Sachverständiger für die Erstellung eines routinemäßigen Schadensgutachtens seine eigentliche Gutachtertätigkeit pauschal ab und macht er zusätzlich „Nebenkosten“ von bis zu 100,00 € geltend, so darf der Geschädigte diese „Nebenkosten“ zusammenfassend auf dem regionalen Markt somit grundsätzlich für erforderlich halten. Soweit die „Nebenkosten“ diesen Betrag jedoch übersteigen, sind sie nur erstattungsfähig, soweit die besonderen Umstände des Einzelfalls einen gesteigerten Begutachtungsaufwand erforderlich machen können, der unter Würdigung einer Gesamtschau aller „Nebenkosten“ mit einem pauschalen Betrag von bis zu 100,- € nicht mehr abgegolten ist. Solche besonderen Umstände sind hier jedoch weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich, vgl. LG Saarbrücken Az. 13 S 37/12. Das bedeutet aber nicht, dass der Geschädigte grds. die Berechnung von 100,00 € an Nebenkosten für erforderlich halten darf. Das LG Saarbrücken hat mit dezidierter Begründung zu den einzelnen Positionen an Nebenkosten Stellung bezogen und im Einzelnen ausgeführt, dass und weshalb der Geschädigte hinsichtlich der jeweiligen Position eine Obergrenze erkennen kann. Daher kann der Sachverständige die Nebenkosten nicht bis auf 100,00 € auffüllen mit der Begründung, bis dahin dürfe der Geschädigte sie für erforderlich erachten. Vielmehr ist dieser Betrag die absolute Obergrenze, resultierend aus der maximal zulässigen Zahl an Kilometern oder Lichtbildern. Fallen nicht mehr Kilometer oder Lichtbilder an, können die Nebenkosten nicht anderweitig aufgefüllt werden.

Damit wird das LG Saarbrücken somit der aktuellen Rspr. des BGH nach Auffassung des erkennenden Gerichts gerecht. Mithin ist die Klage nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Gleichwohl wird die Berufung im Hinblick auf das Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 08.05.2014 (vgl. Az. 4 U 61/13) zur Herstellung einheitlicher Rechtsverhältnisses zugelassen, da die dortige Rechtsprechung, gerade zu den Nebenkosten in Kenntnis der Rechtsprechung der Berufungskammer des LG Saarbrücken doch deutlich von dessen Rechtsprechung abweicht.

Die Kostenentscheidung resultiert aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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