Auch der IX. Zivilsenat des BGH sieht in § 287 ZPO eine Darlegungs- und Beweiserleichterung des Klägers mit Revisionsurteil vom 20.10.2005 – IX ZR 73/05 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

wir veröffentlichen zu Wochenbeginn hier ein weiteres Urteil des IX. Zivilsenats des BGH zum § 287 ZPO. Auch der IX. Zivilsenat des BGH sieht – zu Recht – im Rahmen des § 287 ZPO eine Darlegungs- und Beweiserleichterung für den Kläger. Die Ansicht des VI. Zivilsenates mit dem besonders freigestellten Tatrichter entwickelt sich damit immer mehr zu einer Mindermeinung auch in den Zivilsenaten des BGH. Ist eine Mindermeinung überhaupt relevant? Wir hatten hier bereits vielfach auf die sich aus § 287 ZPO ergebende Darlegungs- und Beweiserleichterung zugunsten des Klägers hingewiesen. Wir ersparen uns daher heute weitere Ausführungen. Lest selbst das Revisionsurteil des IX. Zivilsenates des BGH und gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

IX ZR 73/05

vom

20. Oktober 2005

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann

am 20. Oktober 2005
beschlossen:

Der Antrag des Revisionsklägers auf Beiordnung eines Notanwalts wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist aussichtslos (§ 78b ZPO). Die Frage der Anwaltshaftung bei Gerichtsfehlern, deretwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, ist nicht entscheidungserheblich. Etwaige Fehler des Beklagten oder des Landesarbeitsgerichts haben sich nicht ausgewirkt.

Im Vorprozess war der Kläger darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen der betrieblichen Voraussetzungen einer Geltung des Kündigungsschutzgesetzes. Er musste den substantiierten Vortrag seiner früheren Arbeitgeberin zur regelmäßigen Betriebsgröße (§ 23 Abs. 1 KSchG) widerlegen (vgl. BAG NZA 2005, 764, 765 f; BGH, Urt. v. 18. November 1999 – IX ZR 420/97, WM 2000, 189, 192).

Gleiches gilt im vorliegenden Anwaltshaftungsprozess. Für den haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang zwischen der anwaltlichen Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden, der gemäß § 287 ZPO festzustellen ist, trägt der Mandant die Beweislast, die durch den Beweis des ersten Anscheins und die – gegenüber § 286 ZPO – geringeren Anforderungen des § 287 ZPO an die Darlegungslast und an das Beweismaß erleichtert wird (BGHZ 123, 311, 315 ff; 126, 217, 222 ff; BGH, Urt. v. 5. November 1992 – IX ZR 12/92, NJW 1993, 734). Einen erstattungsfähigen Schaden hat der Mandant in der Regel dann erlitten, wenn er einen Prozess verloren hat, den er bei sachgemäßer anwaltlicher Vertretung gewonnen hätte. Für diese hypothetische Beurteilung ist maßgeblich, wie der Vorprozess nach Auffassung des Gerichts, das mit dem Regressanspruch befasst ist, richtigerweise hätte entschieden werden müssen. Dabei ist auszugehen von dem Sachverhalt, der dem Gericht des Vorprozesses unterbreitet und von diesem aufgeklärt worden wäre. Die Beweislastregeln des Vorverfahrens gelten grundsätzlich auch für den Regressprozess (BGHZ 30, 226, 231 f; 133, 110, 115 f; BGH, Urt. v. 18. November 1999, aaO).

Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts ist
dem Kläger der Beweis nicht gelungen, dass neben den 5 Vollzeitkräften auch die       Zeugin F. Arbeitnehmerin der S. GmbH war. Die tatsächlichen Voraussetzungen einer willkürlichen, auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigung (vgl. BVerfGE 97, 169, 178 f) lagen ebenfalls nicht vor.

Der Senat müsste daher die durch einen Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof begründete Revision ohne mündliche Verhandlung zurückweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a ZPO).

Fischer                                             Raebel                                                       Vill
.                            Cierniak                                                Lohmann

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 18.07.2003 – 35 O 116/02 –
KG Berlin, Entscheidung vom 16.03.2005 – 24 U 242/03 –

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