Der I. Zivilsenat des BGH und das Urheberrecht (Urteil vom 12.5.2010 – I ZR 209/07 -).

Der I. Zivilsenat des BGH, der nach dem Geschäftsverteilungsplan unter anderem für das Urheberrecht zuständig ist, wie wir aus dem berühmten Urheberrechtsurteil vom 29.4.2010 – I ZR 68/08 – ( = GRUR 2010, 623 = WRP 2010, 927 = DS 2010, 391, 396 m. Anm. Wortmann) wissen, nimmt es mit dem Urheberrecht und dem damit verbundenen Nutzungsrecht sehr genau, wie die neuerliche Entscheidung des BGH vom 12.5.2010 – I ZR 209/07 – beweist.  Zwar ging es in dem neuerlichen Urteil des I. Zivilsenates nicht um das Nutzungsrecht des Urhebers an den von ihm gefertigten Lichtbildern, sondern um das Urheberrecht eines beamteten Architekten des Landes Niedersachsen, der eine besonders ausgestaltete Lärmschutzwand entworfen hat. Diese war von dem beklagten Land Hessen  ohne Zustimmung des Urhebers übernommen worden. Das Bundesland hatte eine besonders gelungene Dämmwand im Autobahnabschnitt Königslutter (Niedersachen) kopiert und entlang der A 4 in Herleshausen errichtet. Da hatte Hessen die Rechnung jedoch ohne den Bauoberrat in Niedersachsen gemacht. Der klagte jetzt erfolgreich auf Schadenersatz. Als Landesbeamter komme seine Schöpfung Niedersachsen zu. Eine kostenlose Weitergabe seiner Lärmschutzwand an andere Bundesländer verletze sein Urheberrecht.

Der I. Zivilsenat des BGH in Karlsruhe gab dem beamteten Architekten Recht. Von seiner stillschweigenden Zustimmung, auch anderen Bundesländern Nutzungsrechte an seiner Lärmschutzwand zu übertragen, könne nicht ausgegangen werden. Hessen muss nun Schadensersatz an den Bauoberrat zahlen. Die Höhe muss das Landgericht Frankfurt jetzt ermitteln.

Mit dem vorbezeichneten Urteil hat der I. Zivilsenat das Urheberrecht gestärkt und einer stillschweigenden Zustimmung zur Übertragung der aus dem Urheberrecht fließenden Nutzungsrechte eine klare Absage erteilt.

Die noch gelegentlich von den Kfz-Haftpflichtversicherern geäußerte Meinung, wonach in der Übersendung des Schadensgutachtens auch das Angebot auf Übertragung der Nutzungsrechte stecke, kann daher jetzt getrost auf den Müllplatz gebracht werden. Die Sachverständigen sind daher bei dem I. Zivilsenat des BGH gut aufgehoben, soweit es um ihre Nutzungrechte aus den Schadensgutachten geht.

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7 Antworten zu Der I. Zivilsenat des BGH und das Urheberrecht (Urteil vom 12.5.2010 – I ZR 209/07 -).

  1. Hunter sagt:

    Wieder eine klare Entscheidung des I. Zivilsenats durch Umsetzung des Rechts aufgrund bestehender Gesetzestexte.

    Wenn man die „Neutralität“ von Entscheidungen des I. Zivilsenats mit aktuellen Urteilen des VI. Zivilsenats (wie z.B. zum Schadensersatz von Verkehrsunfällen) vergleicht, kann man sich dem Eindruck nicht erwehren, dass die Versicherer beim VI. Zivilsenat irgend einen Zugang zur „Urteilsoptimierung“ geschaffen haben (siehe hierzu z.B. auch die kritischen Ausführungen in dem Urteil des AG Kerpen – 104 C 477/09 -)? Urteil um Urteil wird der § 249 BGB weiter ausgehöhlt? Beim I. Zivilsenat sind vergleichbare Tendenzen bisher nicht erkennbar.

    Eine „Orientierung“ zum I. Zivilsenat war auch bisher nicht erforderlich, da Schadensersatzfragen in großen Teilen bei der Nr. 6 abgehandelt werden. Die Nr. 1 beschäftigt sich relativ wenig mit Versicherungsfragen. Urheberechte (sowie Datenschutz) waren und sind für die Versicherungen ein bisher erheblich unterschätzter „Neben-Kriegsschauplatz“ bei der Schadensabwicklung. Nun gehören diese Themen plötzlich zum präsenten, „lästigen Tagesgeschäft“. Und der I. Zivilsenat „schießt“ mit seinem Urteil, betreffend Urheberrechte der Lichtbilder des Kfz-Sachverständigen (I ZR 68/08), – im Sinne der Versicherungen – dann auch noch „quer“?!

    Sicherlich ein unerwarteter Vorgang für die Vorstandsetage vieler Versicherungsgesellschaften, wenn man sich bereits an anderes gewöhnt hatte (siehe z.B. Entwicklung bei der Mietwagen-Rechtsprechung, fiktive Abrechung…)?

  2. Klaus Kannenberg sagt:

    Hallo Hunter,
    und genau in diese Kerbe können erfolgreich die freien und unabhängigen Sachverständigen hauen. Sie können damit ihre Unabhängigkeit dokumentieren und dies praktisch als „Gütesiegel“ vermarkten. Der I. Zivilsenat hilft mit seiner eindeutigen Rechtsprechung als Markenzeichen für freie Sachverständige. Nur wer auf sein Urheberrecht besteht und seine Nutzungsrechte nicht überträgt, zeigt sich als kompetenter freier Sachverständiger, der nicht im Lager der Versicherer steht.
    Die Rechtsprechung des I. Zivilsenates ist daher eine Steilvorlage für alle freien und unabhängigen Sachverständigen. Sie müssen jetzt aus der Rechtsprechung auch was machen. Die Chancen stehen gut.
    Grüße
    Klaus

  3. Willi Wacker sagt:

    Hallo Klaus,
    so sehe ich das auch. Der BGH als Steigbügelhalter zur Durchsetzung der Ansprüche des wirklich freien und unabhängigen Sachverständigen. Zum Nachwweis seiner Unabhängigkeit kann er damit werben, dass er seine Nutzungsrechte an den Schadensbildern nicht der eintritts- und damit regulierungspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung zu Schleuderpreisen zur Verfügung stellt. Damit ein Gutachten verkehrsfähig ist, bedarf es nämlich nicht der Übertragung der Nutzungsrechte. Nur derartige Sachverständige, die nicht ihre Nutzungsrechte verscherbeln, können als unabhängig bezeichnet werden. Damit fallen schon mal die SSH-ler heraus. Weiterhin fallen diejenigen heraus, die dem Vorschlag des BVSK-Geschäftsführers gefolgt sind und ihre Nutzungsrechte für 2,50 € je Gutachten verkauft haben. Weiterhin fallen alle diejenigen heraus, die wie auch immer geartete Absprachen mit dem Versicherer getroffen haben, und seien es nur Absprachen über die Honorarhöhe. Wirklich unabhängig sind tatsächlich nur die, die nach Gesetz und Rechtsprechung ihre Gutachten erstellen und abrechnen, ohne Internetrestwertbörse, ohne Bezug auf Honorarabsprachen und ohne Bezug auf Sondervereinbarungen mit dem Versicherer.
    Ich wünsche Euch noch ein schönes Wochenende.
    Euer Willi

  4. Bruno Reimöller sagt:

    @ Hunter 10.2.2011 09:36
    Eine “Orientierung” zum I. Zivilsenat war auch bisher nicht erforderlich, da Schadensersatzfragen in großen Teilen bei der Nr. 6 abgehandelt werden. Die Nr. 1 beschäftigt sich relativ wenig mit Versicherungsfragen. Urheberechte (sowie Datenschutz) waren und sind für die Versicherungen ein bisher erheblich unterschätzter “Neben-Kriegsschauplatz” bei der Schadensabwicklung. Nun gehören diese Themen plötzlich zum präsenten, “lästigen Tagesgeschäft”. Und der I. Zivilsenat “schießt” mit seinem Urteil, betreffend Urheberrechte der Lichtbilder des Kfz-Sachverständigen (I ZR 68/08), – im Sinne der Versicherungen – dann auch noch “quer”?!

    Das ist richtig. Bis auf das Urheberrechtsurteil vom 29.4.2010 – I ZR 68/08 – war der I. Zivilsenat ja auch selten in Schadensersatzfragen aus Verkehrsunfällen involviert. Mit der Internetrestwertbörse und der damit zusammenhängenden Frage der Nutzungsrechte an den Schadensbildern wird die Bedeutung des I. Zivilsenates aber immer mehr steigen, denn die Versicherer werden auch in Haftpflichtschäden nicht auf die Internetrestwertbörse, schon wegen des darin steckenden Gewinnpotentials, verzichten. Die Fälle der illegal eingestellten Lichtbilder wird sich vergrößern, bzw. es werden immer mehr Fälle illegaler Nutzung der Urheberrechte bekannt. Da die Instanzurteile dann auch wieder hochgepusht werden, um eine möglichst positive Entscheidung zu erreichen und das jetzige Urheberrechtsurteil möglichst aufzuweichen, wird auch in Zukunft der I. Zivilsenat mit Fragen des Schadensersatzes in Bezug auf Unfallschäden im besonderen zu tun haben. Der Nebenkriegsschauplatz wird zum viel beachteten Schlachtfeld. Dafür sind die Internetrestwertbörsen für die Versicherungen zu wichtig, um sie kampflos aufzugeben.
    Grüße
    Bruno

  5. RA Uterwedde, Leipzig sagt:

    gerade kam ein fax, vermeintlich von der allianz, jedenfalls auf deren briefkopf. für ein fahrzeug, das in leipzigt steht und einen WBW von 950 EUR und einem restwert von 50 EUR (regional) aufweist, wurde ein angebot einer firma aus leverkusen (!) über 300 EUR präsentiert.

    soweit so rechtswidrig, aber nun kommt der hammer:

    ausweislich der faxsendeleiste kommt das “allianzschreiben” direkt von CONTROLEXPERT. wahrscheinlich will die allianz versuchen, sich selbst aus der sache rauszuhalten, indem sie evtl. behaupten, nicht für das handeln von controlexpert verantwortlich zu sein.

    ich werde berichten.

  6. Mister L sagt:

    ausweislich der faxsendeleiste kommt das „allianzschreiben“ direkt von CONTROLEXPERT.

    CONTROLEXPERT = Langenfeld
    Restwertbieter = Leverkusen
    Langenfeld nach Leverkusen = 4-5 km

    Was für ein Zufall. Oder?!

  7. borsti sagt:

    @RA Uterwedde..“ausweislich der faxsendeleiste kommt das “allianzschreiben” direkt von CONTROLEXPERT. wahrscheinlich will die allianz versuchen, sich selbst aus der sache rauszuhalten, indem sie evtl. behaupten, nicht für das handeln von controlexpert verantwortlich zu sein.“

    Fordern Sie doch einfach einmal von der Allianz das Verfahrensverzeichnis, in dem die Verarbeitungweise der Drittdaten bei CE festgelegt sein muß, an.

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