Klage HUK-Versicherer gegen Kfz-SV abgewiesen

Aktuell veröffentlicht die Zeitschrift VersR ein Urteil des LG Frankfurt am Main vom 20.07.05, wo es im Leitsatz wie folgt heißt:

"Ein SV ist bei der Ermittlung eines Restwerts eines beschädigten Kfz nicht verpflichtet, Angebote überregionaler Online-Restwertbörsen einzuholen, da der Geschädigte ohne Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht das beschädigte Fahrzeug auf dem allgemeinen Markt verwerten kann." (LG Frankfurt am Main, Urteil v. 20.07.05 (2/1 S 102/04).

Erneut wurde ein SV von einem Haftpflichtversicherer verklagt weil er im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH in dem für seinen Kunden erstellten Schadensgutachten den Restwert des Kundenfahrzeuges am allgemeinen, örtlichen Markt eingeschätzt und die von der Versicherungswirtschaft ständig propagierte Internetrecherche unterlassen hatte.

Der Versicherer behauptete, das Sachverständigengutachten habe den Restwert zu gering eingeschätzt; deshalb habe der Versicherer an den Geschädigten einen höheren Schadensersatz (Wiederbeschaffungswert ./. zu geringem Restwert) zahlen müssen; die Differenz zwischen dem vom SV geschätzten Restwert und dem sich aus einer späteren Internetrecherche ergebenden, höheren Restwert sollte der SV der Versicherung nun als Schadensersatz zahlen. Das LG Frankfurt führt dazu mit überzeugender Begründung folgendes aus:

"Da ein Geschädigter ohne Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht das beschädigte Fahrzeug auf dem allgemeinen Markt verwerten kann (so zuletzt BGH VersR 2005, S. 381 = NJW 2005, 357), kann und muss auch ein SV die auf diesem Markt gewonnenen Daten als Hauptquelle seiner Schätzung zugrundelegen (vgl. BGH VersR 1993, 769 = NJW 1993, 1849; LG Frankfurt / M. v. 06.04.05 – 2/16 S 285/04).

Würde man hingegen den SV zur Nutzung überregionaler Onlineangebote verpflichten, so würde damit mittelbar die wirtschaftliche Freiheit des Geschädigten eingeschränkt, der diese Angebote kaum auf dem zur Verfügung stehenden, lokalen Markt realisieren kann. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Aufgabe des wertfestsetzenden SV ist, durch die Nutzung der Onlinebörsen und Einbeziehung der dort ermittelten Angebote in die Restwertfeststellung, die maßgeblich für die Höhe des zu zahlenden Schadensersatzes ist, den Geschädigten mittelbar zur Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit Onlineanbietern zu veranlassen. Durch diese direkte Einbeziehung in die Schadensabwicklung würde die notwendige Neutralität des SV gefährdet."

Eigene Stellungnahme:

Ich meine, dass die Entscheidung des LG Frankfurt weitere wichtige Aspekte und belastbare Argumentationen dafür ins Feld führt, das der SV den von dem Geschädigten erhaltenen Gutachtensauftrag nur dann korrekt und der Rechtslage entsprechend ausführt, wenn er die Internetrecherche zum Restwert unterlässt und stattdessen den Restwert an den dem Geschädigten zugänglichen, örtlichen Markt ermittelt.

Bemerkenswert ist das Argument des LG Frankfurt, dass durch die Verpflichtung des SV zur Nutzung von Online-Restwertbörsen dessen notwendige Neutralität gefährdet werden würde.

Klartext:

Durch die Nutzung von Online-Restwertbörsen begibt sich der SV in das Lager des eintrittspflichtigen Versicherers und verletzt seine Neutralitätspflicht.

Ich gehe noch weiter und vertrete die Auffassung, dass der SV seinen Werklohnanspruch gegenüber seinem Kunden verliert, wenn er den Restwert anhand von Internet-Restwertbörsen kalkuliert, wenn er durchschnittliche Stundenverrechnungssätze kalkuliert und nicht diejenigen der örtlichen Markenvertragswerkstatt, wenn er die Kalkulation von Ersatzteilpreisaufschlägen "vergisst", obwohl diese am örtlichen Teilemarkt verlangt werden, wenn er Verbringungskosten nicht ansetzt, obwohl die örtliche Vertragswerkstatt nicht über eine eigene Lackiererei verfügt usw..

Zum Vorteil der Unfallopfer haben sich die freien und unabhängigen Kfz-SV diesem Druck und dieser Drohkulisse der HUK-Versicherer auf breiter Front in ganz Deutschlang widersetzt.

Nach hier vorliegenden Informationen sind Aberdutzende von redlichen Kfz-SV von Versicherern wegen vermeintlich zu niedriger Restwerteinschätzung auf Schadensersatz verklagt worden. Die Erfolgsquote dieser von Versicherern angestrengter Klagen ging erfreulicherweise gegen null.

Die Verbraucherschützer waren erneut erfolgreich.

Mitgeteilt von Peter Pan im Juni 2006

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6 Antworten zu Klage HUK-Versicherer gegen Kfz-SV abgewiesen

  1. K. Stoll sagt:

    Hallo Peter Pan,

    sehr schönes Urteil. Da frage ich mich aber, warum solche Urteile nie auf der Homepage einer der führenden Restwertbörsen auftaucht, die für Urteile sogar eine eigene Seite eingerichtet hat. Schön mit Jahreszahlen etc.
    Naja, wie dumm von mir, dass wäre ja geschäftsschädigend!

    Bei den regionalen Restwertenangeboten ist aber aufgrund der Börsen eine Steigerung der sonst gebotenen Preise zu spüren. Diese Erfahrung mache ich immer öfter. Die Händler gehen mit den Preisen mit, die in etwa in den Börsen zu erzielen sind. Auch hier spiegelt sich vielfach die Existenzangst dieser Händler. Wie diese dann die Fahrzeuge weiterverwerten, möchte ich manchmal gar nicht wissen. Aber zum Überleben bleibt denen gar keine andere Wahl.

    Warum??

    Weil viele Geschädigte und leider auch Rechtsanwälte warten, bis die Versicherung ihre „Einschätzung“ zum Restwert abgegeben hat. Dann ist der Zug durch.
    Na dann lieber gleich hoch bieten und die selben, ich umschreibe es dezent, nicht ganz seriösen Verwertungswege über unsere Landesgrenzen hinaus wählen die der Restwert meist auch über die Börse nimt.

    Zitat eines eben von mir angerufenen Händlers “ Mercedes-Diesel? Der fährt sowiso rückwärts (km-Laufleistung betreffend) nach Po…“

    Mfg. K.Stoll

  2. RA Bernhard Trögl sagt:
  3. Hain Beckmann sagt:

    Sondermüll von Versicherungen teuer verhökert?

    Hallo Herr Trögl,

    mir hat mein SV gesagt, „Restwerte dürfen nur zugelassene Aufkäufer“ kaufen. Da gibt’s so eine Kreislaufwirtschafts-verordnung oder so die das regeln tut. Warum kann dann ein Angebot eines nicht zugelassenen „Verwerter“ (Schrottfuzi) überhaupt als renomiertes Angebot gelten? Oder verdient da auch noch die Versicherung mit dem Brief was?

    MfG aus dem Norden der BRD!!

  4. K. Stoll sagt:

    Hallo Herr Beckmann,

    solange das Fahrzeug nicht endgültig sondern nur vorübergehend abgemeldet ist (das ist wichtig wegen den Papieren!) muß man meines Erachtens nicht sonderlich „zugelassen“ sein. Jeder Händler, der einen regulär angemeldeten Gebrauchtwagenhandel hat, kann die Fahrzeuge erwerben. Wird das Fahrzeug endgültig aus dem Verkehr genommen, sprich Brief entwertet, dann braucht man ja sowiso einen Verwertungsnachweiß, den dann nur Betriebe erbringen können, die für solche Dinge zugelassen sind.
    Ihr SV hat eventuell die zur Restwertbörse „zugelassenen“ Händler gemeint. Hier gibt es auch einen Verband, der ein Gütesiegel ausgibt, das schwarze Schafe von den weißen etwas trennen soll. Wobei das nicht heißen soll, das alle die einen oder die anderen schlechte Menschen mit heiklen Geschäftsmethoden sind.
    Mit den Briefen Geld verdienen lohnt sich nur bei begehrten, hochpreisigen Fahrzeugen, z. B. zur Zeit BMW X5 und ähnliche SUV (zumindest in unserer Region, werden auch fleißig geklaut).
    Die Versicherung selbst verdient da eigentlich nichts, da ja die geklauten meist Kasko versichert sind. Es ist halt ein Lotteriespiel, ob es einen trifft oder nicht.

    Mfg. K.Stoll

  5. SV Fischer sagt:

    Ein Restwert sollte im Gutachten immer neutral ausgewiesen werden. (Keine Angabe der befragten Händler)
    Meines Erachtens sollte ein Marktwert für das beschädigte Fahrzeug im Gutachten verankert werden, welcher sich relativ leicht für den Verbraucher realisieren läßt.
    Es kann nicht angehen, daß der Geschädigte noch einen erhöhten Aufwand betreiben muß um sein Fahrzeug für den Gutachten-Restwert zu verkaufen. Der Geschädigte ist Besitzer des beschädigten Fahrzeuges und hat selbst Sorge zu tragen sein Fahrzeug zu verkaufen.
    Es kann nicht sein, daß jemand im Gutachten den
    Geschädigten noch den Namen des Aufkäufers nennt, da er die freie Marktwirtschaft (Wettbewerb) damit eindeutig beeinträchtigt.
    Der Geschädigte soll das Fahrzeug einem seiner Meinung nach seriösen Aufkäufer (Werkstatt, Unfallfahrzeug- aufkäufer, etc.)für einen gerechtfertigten Restwert weiterverkaufen können. Eine Handelsspanne für den Aufkäufer muß garantiert sein , um etwaige unseriöse Machenschaften zu vermeiden. Hier werden teilweise Aufkäufer dazu gezwungen (Was rechtlich nicht einsehbar ist und unterstützt werden kann), da Sie sich verkaufen durch überhöhte Gegenangebote und/oder überhöhte Restwerte im Gutachten.
    Weiterhin sollte eine Veränderung des Unfallzustandes ver-
    boten werden. Es ist meines Erachtens eine Vortäuschung falscher Tatsachen, wenn ein Fahrzeug zum Beispiel rückverformt wird für den Weiterverkauf oder nur optisch fahrbereit gemacht wird.
    Der Käufer eines Unfallfahrzeuges sollte das beschädigte Fahrzeug nur unverändert weiterverkaufen dürfen, verkehrssicher und ordnungsgemäß wiederherstellen dürfen oder ausschlachten/verschrotten dürfen.
    Mit diesen Maßnahmen würden auf dem Markt wieder normale Restwerte eintreten und meines Erachtens auch der unseriöse Markt wieder eingeschränkt werden.
    Vielleicht auch eine Anregung für die Gerichte und Staatsanwaltschaft.

  6. hammings sagt:

    Hallo Herr Fischer,
    also da vertrete ich eine andere Meinung.
    Ein Gutachten gewinnt durchaus an Transparenz und Nachvollziehbarkeit, wenn die Restwert-Bietenden beim Namen genannnt werden.
    So hat der Geschädigte indes auch die Moglichkeit den im Gutachten angegebenen Restwert tatsächlich zu erzielen.

    Ich habe schon von Geschädigten gehört, die ihr Fahrzeug unter dem im Gutachten genannten Restwert verkauft haben, weil sie denn Restwert eben nicht erzielen konnten.
    Dreimal dürfen Sie raten, was die Versicherung dazu gesagt hat. Nun ist ein solcher Fall zwar inzwischen durch BGH Rechtsprechung geregelt, allerdings sehe ich keinen Sinn darin, die Schadenabwicklung insgesamt immer schwieriger zu machen.

    Der Geschädigte kann ja bei der Besichtigung äußern, dass er bei der Firma XY das nächste Fahrzeug kaufen möchte. Nichts spricht dagegen bei XY dann nach dem Restwert zu fragen… .
    Wenn der Preis dann nicht ausgewachsener Gewinnsucht entspringt, steht einem Verkauf an die Firma XY nichts im Wege.
    Das Problem ist nach meiner Erfahrung viel mehr, dass der Geschädigte schön lange wartet, bis die Versicherung nach 3 Wochen ihr Restwertangebot aus der Börse präsentiert, dann zu jammern anfängt und auch noch einen Anwalt hat, der meint, das wäre doch alles in Ordnung so.
    Auf so was habe ich dann allerdings auch keine Lust mehr.

    Ein öbuv-Kollege hat es mal so formuliert: Wenn Sie (als Geschädigter) meinen, sie wüssten alles besser als die Leute (die Sachverständigen), die täglich mit der Materie zu tun haben, dann müssen Sie auch sehen, wie Sie damit klarkommen.

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