LG Frankfurt an der Oder entscheidet mit interessantem Urteil vom 15.10.2012 – 16 S 122/12 – zum Sachverständigenverfahren.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachfolgend gebe ich Euch  hier ein  Urteil zum Sachverständigenverfahren aus Frankfurt an der Oder bekannt. Es zeigte sich wieder, dass die von der Firma Car-Expert ermittelten Werte unzutreffend waren. Die Werte, die der vom Geschädigten beauftragte Gutachter festgestellt hatte, sind in etwa auch im Sachverständigenverfahren, das hier entgegen der Auffassung der Vollkaskoversersicherung durchaus zulässig war, bestätigt worden. Diese lagen ca. 1.200,– € niedriger als sie dann später im Sachverständigenverfahren festgestellt wurden. Wie kann Car-Expert nur so niedrige Beträge kalkulieren? Das kann doch nur an der Weisungsabhängigkeit des Prüfdienstleisters liegen. Lest das interessante Urteil bitte selbst und gebt, wie üblich, Eure Kommentare ab.  

Viele Grüße und eine schöne Woche
Euer Willi Wacker

16 S 122/12                                                            Verkündet am 15.10.2012
6 C 313/11 Amtsgericht Eisenhüttenstadt

Landgericht Frankfurt (Oder)

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Berufimgsverfahrcn

– Kläger und Berufungskläger

gegen

KRAVAG-ALLGEMEINE Versicherungs AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Votstandsvorsitzenden Bernhard Meyer, Heidenkampsweg 102, 2009 Hamburg,

– Beklagte und Berufungsbeklagte

hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) auf die mündliche Verhandlung vom 01.10.2012 durch den Richter am Landgericht … als Einzelrichter

für  R e c h t  erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 15.5.2012, Az. 6 C 313/11, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.600,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2011 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: 2.600,22 €

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die beklagte Versicherung aus einem Vertrag über eine Vollkaskoversicherung in Anspruch.

Es besteht im Kern Streit über die Höhe des zu erstattenden Betrages bzw. den Voraussetzungen für die Durchführung eines Sachverständigenverfahrens gemäß Ziffer A.2.17 AKB. Dem Versicherungsvertrag liegen die AKB, Stand 1.7.2009, zugrunde. Ziffcr A.2.17 AKB hat folgenden Wortlaut:

„Meinungsverschiedenheiten über die Schadenshöhe (Sachverständigenverfahren)

1. Bei Meinungsverschiedenheit über die Höhe des Schadens einschließlich der Feststellung des Wiederbeschaffungswerts oder über den Umfang der erforderlichen Reparaturarbeiten entscheidet ein Sachverständigenausschuss.

2. Für den Ausschuss benennen Sie und wir je einen Kraftfahrzeugsachverständigen. Wenn Sie oder wir innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung keinen Sachverständigen benennen, wird dieser von dem jeweils anderen bestimmt.

3. Soweit sich der Ausschuss nicht einigt, entscheidet ein weiterer Kraftfahrzeugsachverständiger als Obmann […]

4. Die Kosten des Sachverständigenverfahrens sind im Verhältnis des Obsiegens um Unterliegen von uns bzw. von Ihnen zu tragen.„

Nach Meldung des Schadens ließ die Beklagte den Schaden von der Firma Carexpert schätzen, die die Reparaturkosten mit Schreiben vom 9.6.2011 auf 4.102,13 € bestimmte.

Mit Schreiben vom selben Tag antwortete der Kläger:

„[…] nachdem mir nun endlich das Gutachten vorliegt, ich ab 24.6.2011 in den Urlaub fahre und das Auto bis dahin repariert werden muss, bitte ich um kurzfristige Überweisung der Reparaturkosten auf folgendes Konto: […]“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 32 d. A. Bezug genommen.

Die Beklagte zahlte an den Kläger nach Abzug des Selbstbehalts von 300 € einen Betrag von 3.802,13 €.

Der Kläger zweifelte an der Richtigkeit der Kalkulation und beauftragte den Dipl. Ing. … am .15.6.2011 mit der Prüfung der Schadenshöhe sowie erforderlichenfalls mit der Einleitung eines Sachverständigenverfahrens gemäß § 14 AKB. Dieser hatte das Fahrzeug bereits zuvor besichtigt.

Nachdem Dipl.-Ing. … mit Gutachten vom 1.7.2011 Reparaturkosten von 5.631,2 1 € festgestellt hatte, wurde die Beklagte mit Schreiben vom gleichen Tag aufgefordert, ihr Ausschussmitglied für das Sachverständigenverfahren zu benennen. Nach fruchtlosem Ablauf von zwei Wochen wurde Dipl.-Ing. … als weiteres Ausschussmitglied benannt.

Erst mit Schreiben vom 25.7.2011 benannte die Beklagte Herrn … als ihr Ausschussmitglied.

Am 28.7.2011 erstellten Herr Dipl.-Ing … und Herr Dipl.-Ing. … ein Protokoll zum Sachverständigenverfahren, wonach die Reparaturkosten abzüglich der Selbstbeteiligung auf 5.318,22 € netto festgestellt wurden.

Für das Gutachten vom 15.6.2011 entstanden Kosten von 739,23 €. Für die Tätigkeit der beiden Gutachter im Sachverstäridigenverfahren entstanden weitere Kosten von 255,26 € und 89,64 €.

Mit der Klage verlangt der Kläger Zahlung der Differenz zu den im Sachverständigenverfahren festgestellten Reparaturkosten (1.516,09 €) sowie Ersatz der Gutachterkosten (1.084,13 €).

Die Beklagte bestreitet den vom Kläger behaupteten Unfall vom 21.5.2011 sowie die Höhe des Schadens.

Die Beklagte meint, das Sachverständigenverfahren sei nicht wirksam in Gang geatzt worden, weil das Gutachten des Dipl.-Ing. … nicht vollständig übersandt worden sei.

Zudem seien die Feststellungen im Sachverständigenverfahren nicht bindend, weil Fragen der rechtlichen Würdigung im Hinblick auf höhere Stundenverrechnungssätze, höhere Lackierkosten, Beilackierungen und UPE-Zuschläge nicht im Rahmen des Sachverständigenverfahrens klärungsfähig seien. Die Kosten für das erste Gutachten seien nicht Bestandteil des Sachverständigenverfahrens.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Dem Regulierungsschreiben der Beklagten sei ein Anerkenntnis immanent, weil die Versicherung gemäß Ziffer A.4.9.1 AKB verpflichtet sei, innerhalb eines Monats zu erklären, ob und in welcher Höhe der Schaden anerkannt werde. Der Kläger sei jedoch mit Nachforderungen gemäß § 242 BGB ausgeschlossen, weil er mit Schreiben vom 9.6.2011 ohne einen Vorbehalt um Überweisung der Reparaturkosten geboten hatte. Deshalb liege auch keine Meinungsverschiedenheit im Sinne der A.2.17 AKB vor. Allein die Darstellung unterschiedlicher Endbeträge der Reparaturkostenkalkulation sei dafür nicht ausreichend. Zudem seien Rechtsfragen im Sachverständigenverfahren generell nicht klärungsfähig.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Der Kläger verfolgt seinen Anspruch mit der Berufung weiter und wendet sich vertiefend gegen die Auffassung des Amtsgerichts über das Vorliegen einer Meinungsstreitigkeit und die sonstigen Erfordernisse für die Durchführung eines Sachverständigenverfahrens.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben über den streitgegenständlichen Unfall durch Vernehmung des Zeugen … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 1.10.2012 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten die Zahlung des austenorierten Betrages aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Vollkaskoversicherungsvertrages verlangen.

1.

Die Pflicht zur Zahlung der vom Sachverständigenausschuss festgestellten erhöhten Reparaturkosten folgt aus § 1 VVG i.V.m. den Ziffern A.2.1 Nr. 1, A.2.3 Nr. 2, A.2.7 Nr. 1b und A.2.17 AKB.

a)

Im Ergebnis der Beweisaufnahme des Berufungsgerichts steht fest, dass der vom Kläger geltend gemachte Schaden durch einen Unfall im Sinne der Ziffer A.2.3. Nr. 2 AKB verursacht worden ist. Der Zeuge wusste davon zu berichten, dass sich ein Auffahrunfall bei einem Urlaubsaufenthalt in Schweden ereignet hat, bei dem der Kläger mit seinem Fahrzeug auf ein vor ihm abbremsendes Fahrzeug gefahren ist und dadurch erhebliche Schäden an der Front des Fahrzeugs entstanden. Der Zeuge war Beifahrer des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls. Seine Aussage und sein Aussageverhalten wiesen auf eine in jeder Hinsicht wahrheitsgemäße Aussage hin. Seine Aussage war ohne erkennbare innere oder äußere Widersprüche. Sie wies eine Vielzahl von gegenseitigen Stützungen und Verflechtungen auf. Der Zeuge trat sehr entspannt und ruhig auf; er antwortete spontan und ohne Strukturbrüche. Erinnerungslücken offenbarte er freimütig, so dass insgesamt keinerlei Zweifel daran blieben, dass der Zeuge wahrheitsgemäß ausgesagt hatte.

Die Beklagte war nicht daran gehindert, den Unfall im Prozess zu bestreiten, obwohl sie bereits vorgerichtlich einen Teil der Schäden beglichen hatte. Ein Anerkenntnis den Grunde nach, an das die Beklagte auch im Prozess gebunden wäre, ist einer vorgerichtlichen Zahlung nicht zu entnehmen. Soweit das Amtsgericht zu diesem Zweck Ziffer A.4.9 AKB bemüht hat, sei lediglich darauf hingewiesen, dass diese Regelung ausweislich ihrer systematischen Stellung die Unfall-Insassenversicherung betrifft, die hier nicht einschlägig ist.

Auch der Kläger war nicht daran gehindert, einen weitergehenden Schaden geltend zu machen. Sein Schreiben vom 9.6.2011 mit der Aufforderung zur Überweisung des vor der Beklagten genannten Betrages stellt keinen Erlass oder Verzicht auf einen darüber hinausgehenden Anspruch dar. Für eine solche Auslegung ist nichts ersichtlich. Die Geltendmachung durch den Kläger stellt sich auch nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB dar. Weder sein Verhalten bei der Durchführung des Sachverständigenverfahrens noch dasjenige davor war nach verständiger Würdigung Anlass anzunehmen, der Kläger werde weitere Ansprüche nicht mehr geltend machen.

b)

Wegen der Schadenshöhe von weiteren 1.516,09 € muss sich die Beklagte gemäß Ziffer A.2.17 der AKB am Ergebnis des Sachverständigenverfahrens festhalten lassen.

Voraussetzung für die Einleitung des Sachverständigenverfahrens ist das Vorliegen einer Meinungsverschiedenheit, die bereits dadurch gegeben war, dass der Kläger eine andere Höhe der von der Beklagten ermittelten Reparaturkosten behauptete. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts reicht es aus, wenn der Versicherungsnehmer einen höheren Betrag für die Reparaturkosten behauptet (Knappmann in: Martin/Prölls, VVG, 28. Aufl., A.2.17 AKB 2008 Rn. 2).

Es ist tatsächlich nicht ersichtlich, dass für das Bestehen einer Meinungsverschiedenheit bereits ein Sachverständigengutachten vorliegen müsste. Dafür gibt schon der Wortlaut der Ziffer A.2.17 AKB nichts her. Im Übrigen müsste sich andernfalls ein in der Regel nicht fachkundiger Versicherungsnehmer vor der Einleitung des Sachverständigenverfahrens stets eines (kostenpflichtigen) Gutachters bedienen, um überhaupt das Sachverständigenverfahren einleiten zu können. Eine solche Auslegung, die weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck der Bestimmung in Übereinstimmung zu bringen ist, würde AGB-rechtlich an §307 Abs. 2 Nr. 2 BGB scheitern. Auch ist nicht erkennbar, weshalb der Versicherungsnehmer gezwungen sein sollte, die Gründe für die Annahme höherer Reparaturkosten im Einzelnen darzulegen. Die Kosten des Sachverständigenverfahrens werden gemäß Ziffer A.2.17 Nr. 4 AKB nach dem Verhältnis des Unterliegens bzw. Obsiegens gequotelt, so dass die Versicherung schon insoweit vor einer vermeintlich missbräuchlichen Inanspruchnahme des Sachverständigenverfahrens geschützt ist. Um überhaupt eine solche Quotelung vornehmen zu können, bedarf es im Rahmen der Meinungsverschiedenheit lediglich der Benennung der Höhe der Reparaturkosten, die nach Ansicht des Versicherungsnehmers geschuldet sind.

Umgekehrt bedeutet dies nicht, dass der Versicherungsnehmer daran gehindert sein könnte, bereits vor Einleitung eines Sachverständigenverfahr’ens einen Gutachter mit der Prüfung der Reparaturkosten zu beauftragen. Auch ist es unschädlich, wenn der Gutachter vom Versicherungsnehmer zum Mitglied des Sachverständigenausschusses benannt wird. Auch die Versicherung wird regelmäßig einen Gutachter benennen, den sie bereits aus früheren Verfahren kennt. Es ist daher im vorliegenden Fall gänzlich unerheblich, dass und wann der vom Kläger benannte Gutachter Dipl-Ing. … das Fahrzeug bereits vor Einleitung des Sachverständigenverfahrens untersucht hat.

Unzutreffend ist die Ansicht der Beklagten, ein Sachverständigenverfahren komme nicht in Betracht, wenn schon der Schaden dem Grunde nach streitig sei. Auch dafür gibt die Vertragsklausel nichts her. Zwar kann der Versicherer im Prozess nicht mehr die entsprechende Einrede erheben, wenn er zuvor den Schaden dem Grunde nach bestritten hat (Knappmann a.a.O. A.2.17 AKB Rn. 2 m.w.N.). Das hindert den Versichentngsnehmer jedoch umgekehrt nicht daran, das vertraglich vereinbarte Sachverständigenverfahren dennoch einzuleiten, um Sicherheit über die Höhe des Schadens zu erlangen. Ergibt sich im nachfolgenden Prozess dann, dass die Versicherung schon dem Grunde nach nicht einstandpflichtig ist, besteht generell kein Zahlungsanspruch des Versicherungsnehmers.

Das Sachverständigenverfahren wurde hier gemäß den Regelungen der AKB durchgeführt und endete mit der Feststellung eines Reparaturaufwandes von 5.318,22 € netto nach Ahzug der Selbstbeteiligung. Die Benennung des Ausschussmitglieds durch die Bek’agte erfolgte am 25.7.2011 nach Ablauf der in A.2.17 Nr. 2 AKB festgelegten Zwei-Wochen-Frist. Dass die Beklagte mit Schreiben vom 1.7.2011 zur Benennung ihres Mitglieds aufgefordert worden war, hat sie nicht bestritten, so dass eine Benennung nach dem 16.7.2011 zu spät erfolgte.

Das Ergebnis des Sachverständigenverfahrens ist auch nicht deshalb unbeachtlich, weil der Ausschuss vermeintlich über Rechtsfragen entschieden hätte. Zwar trifft es grundsätzlich-zu, dass der Sachverständigenausschuss nicht über Rechtsfragen entscheidet (Knappmann in: Martin/Prölls, VVG, 28. Aufl., A.2.17 AKB 2008 Rn. 5; OLG Saarbrücken ZfS 2004, 23). Jedoch sind Fragen über die Höhe von Stundensätzen, die Lackierkosten und UPE-Sätze regelmäßig auch in einem Rechtsstreit als tatsächliche Fragen von einem Sachverständigen zu beantworten. Zwar schließt dies nicht aus, dass sachverständige Feststellungen unter einem spezifisch rechtlichen Blickwinkel zum Gegenstand von Rechtsfragen gemacht werden können. Dies setzt jedoch eine entsprechende Darlegung voraus, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt die tatsächlichen Feststellungen des Sachverständigen unrichtig sein sollen. Der pauschale Einwand, der Sachverständigenausschuss habe unrichtige Stundensätze zugrunde gelegt oder Lackierkosten unzutreffend bestimmt, betrifft die sachverständigen Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht und nicht in rechtlicher Hinsicht (vgl. Knappmann a.a.O. A.2.17 AKB Rn. 5 m.w.N.). Auch im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, was aus rechtlicher Sicht an den tatsächlichen Feststellungen des Sachverständigenausschusses unrichtig sein könnte. Gegen offenbar unrichtige tatsächliche Feststellungen des Ausschusses sind die Parteien durch § 84 Abs. 1 VVG hinreichend geschützt.

Der Kläger kann auch die Gutachterkosten von der Beklagten verlangen. Die Kostentragungspflicht ergibt sich aus A.2.17 Nr. 4 AKB, da die Beklagte im Sachverständigenverfahren in voller Höhe unterlegen war.

Die Kosten des Gutachtens des Dipl.-Ing. … , welches der Kläger bereits vor Einleitung des Sachverständigenverfahrens beauftragt hatte, sind auch als Teil der Kosten des Sachverständigenverfahrens anzusehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das zuvor eingeholte Gutachten ein ansonsten zusätzlich erforderliches Gutachten in vollem Umfang ersetzt. Soweit der Versicherungsnehmer sich durch die wiederholte Verwendung des bereits eingeholten Gutachtens prozessökonomisch verhält, darf er deshalb nicht schlechter gestellt werden als ein Versicherungsnehmer, der die Kosten für ein Gutachtens erst nach Einleitung des Sachverständigenverfahrens verursacht. Denn der fachlich nicht versierte Versicherungsnehmer wird aus Gründen der Risikoabwägung in der Regel zur Einholung eines Gutachtens vor Einleitung des Sachverständigengutachtens geneigt sein. Dies benachteiligt die Versicherung nicht, weil der Versicherungsnehmer dadurch schon im Vorfeld von einer unnötigen Einleitung des Sachverständigenverfahrens abgehalten wird, falls dieses die Feststellungen der Versicherung bestätigt.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich; und auch von der Beklagten nicht näher konkretisiert worden.

 

 

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9 Antworten zu LG Frankfurt an der Oder entscheidet mit interessantem Urteil vom 15.10.2012 – 16 S 122/12 – zum Sachverständigenverfahren.

  1. Juri sagt:

    Es ist sehr zu begrüßen, dass hier auch interessante Kaskoentscheidungen veröffentlicht werden. Diese Entscheidung zeigte einmal mehr, dass Amtsrichter da meist überfordert sind.

  2. SV Brandenburg sagt:

    Nur durch die Initiative des engagierten SV konnte das zunächst abweisende Urteil des AG Eisenhüttenstadt vom 15.5.2012 – 6 C 313/11 – abgeändert werden. Zeigt dieser Fall doch wieder einmal, dass Geschädigte durch von Versicherungen beauftragte Dienstleister geschädigt werden sollen. Es bewahrheitet sich also: Wes Brot ich ess, des Lied ich spiel! Der KRAVAG war wohl bewußt, weshalb sie kein Sachverständigenverfahren wollte. Sie wußte offenbar, dass die Beträge der Car-Expert nicht richtig sind. Schadenersatzminimierung um jeden Preis.

  3. SV Wehpke sagt:

    Das ist bei der KRAVAG kein Einzelfall. Die machen das meist so. Das kommt davon wenn man alle qualifizierten Sachbearbeiter wegrationalisiert.

  4. Buschtrommler sagt:

    @Wehpke….die sind nicht „wegrationalisiert“….die sind u.a. versammelt bei carexpert, wobei das „Expert“ zuvor schon fraglich war.

  5. G.v.H. sagt:

    @Juri
    Montag, 03.12.2012 um 17:53

    Es ist sehr zu begrüßen, dass hier auch interessante Kaskoentscheidungen veröffentlicht werden. Diese Entscheidung zeigte einmal mehr, dass Amtsrichter da meist überfordert sind.

    Hallo, Juri,

    volle Übereinstimmung.- Die Justiz sollte aber bei unterstellter Überforderung und Wissensdefiziten nicht nach dem Motto handeln:

    „Man wird doch noch einmal üben dürfen“, sondern sich vielleict zunächst einmal der Mithilfe eines qualifizierten, praxiserfahrenen und unabhängigen Kfz.-Sachverständigen bedienen, denn schließlich geht es ja immerhin um ein Urteil „Im Namen des Volkes“ und jede offensichtliche Fehlentscheidung lässt Zweifel an der Kompetenz und Sorgfalt aufkommen. Unsere Bundesjustizministerin sollte über solche Defizite in ausreichend deutlicher Form infomiert werden mit der anzuschließenden Frage, was das Bundesjustizministerium
    dagegen zu unternehmen gedenkt. Gibt es hier zu mehreren Vorgängen dann eine Einheitsantwort, weiß man, wo Störtebecker wirklich begraben liegt und was in unserem Staate mehr als faul ist. Darüber sollte der schlaflose Abend und die schlaflose Nacht ohne
    Wunsch möglich sein.

    Mit freundlichen Grüßen

    G.v.H.

  6. Direkte_Linie sagt:

    Ein schönes Beispiel, wie auf dem Rücken der Versicherungsnehmer die Gewinnmaximierung der Versicherungskonzerne vorangetrieben wird: Gutachter, die letztlich nur Aufträge der Versicherungsunternehmen bekommen, KÖNNEN nicht unabhängig sein!

    Besonders Car Expert tut sich immer wieder mit Negativ-Beispielen hervor und gilt mittlerweile als Synonym für abhängige Gutachten im Sinne der Versicherungen. In einem mir bekannten Fall gegen die Direct Line hat der Gutachter ein komplett mangelhaftes Gutachten ohne plausible Beweisführung erstellt, dass die Direct Line als Grundlage für eine ungerechtfertigte Leistungsverweigerung benutzt.

    So wird der Beruf des Gutachters in der Öffentlichkeit nachhaltig in ein schlechtes Licht gerückt.

  7. Hans Olg sagt:

    Leider können Sachverständigenverfahren nur sehr wenige völlig unabhängige Sachverständige für Versicherungsnehmer führen, weil diese keine Kaskoaufträge von Versicherungen erhalten. Auch Rechtschutzversicherungen ,bis auf den adac-rs,weigern sich oft das Kostenrisiko für dieses Schiedsgutachterverfahren gemäß §21 in Verbindung mit § 5 d)arb zu tragen, obwohl sie dazu verpflichtet sind,für jedes Schiedsverfahren, also auch für das der Sachverständigen, Deckung zu erteilen. Rechtsanwälte tun sich sehr schwer dies durchzusetzen, da sie in diesem Verfahren ebenfalls nichts zu suchen haben und regelmäßig auch keine Rs-Deckung erhalten.

  8. Jürgen F. sagt:

    Hallo, Hans Olg,

    dann ist die Kaskoversicherung doch wohl ein Vertrag mit deutlichem Ungleichgewicht zu Lasten des VN, denn ihm wird im Rahmen der Wiederherstellungskosten die Einschaltung eines eigenen Sachveständigen mit Kostenerstattung abgesprochen und darauf verwiesen, dass er bei Meinungsverschiedenheiten zur Schadenhöhe ja eine Klärung über das Sachverständigenverfahren herbeiführen könne.Ja,aber mit welchem Aufwand und mit welchem Risiko?
    Könnte das der Versicherer nicht gleichermaßen ?

    Wie will der VN denn ohne kostenauslösende Maßnahmen beweisen, dass die beanstandete Schadenhöhe einen konkreten Hintergrund hat ? Hier müsste eigentlich der wirtschaftlich stärkere Partner dieses deutliche Ungleichgewicht vertraglich austarieren, denn ein solches Sachverständigenverfahren ist immer die schlechteste Lösung, was die berechtigten Interessen des VN betrifft.

    Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Kasko-Schadenregulierung sich oft nur auf einen Kostenvoranschlag des Haussachverständigen bezieht. Ist es nach der AKB-Kommentierung nicht so, dass zunächst der Schaden nach Art und Umfang durch ein Gutachten zu dokumentieren ist ?

    Gruß

    Jürgen F.

  9. Juri sagt:

    @Direkte_Linie Freitag, 07.12.2012 um 12:25
    Es ist ja nun hinlänglich bekannt, dass carexpert ein 100%iges Versicherungsunternehmen ist. Also was soll man da erwarten? Es wird ja auch niemand genötigt einen Kaskovertrag abzuschließen – oder?
    ——
    Zu @Hans Olg Sonntag, 09.12.2012 um 01:35
    „Leider können Sachverständigenverfahren nur sehr wenige völlig unabhängige Sachverständige für Versicherungsnehmer führen, weil diese keine Kaskoaufträge von Versicherungen erhalten.“
    —–
    Das hab ich nicht so recht verstanden? Wo ist da der Zusammenhang?

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