LG Kaiserslautern bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung, nach der die Allianz Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten auf der Basis der Schwacke-Liste verurteilt wurde

Mit Urteil vom 08.11.2011 (1 S 5/11) hat das LG Kaiserslautern in der Berufung die erstinstanzliche Verurteilung der beteiligten Versicherung durch das AG Kaiserslautern vom 09.12.2010 (2 C 1256/10)  zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 905,19 € zzgl. Zinsen bestätigt. In diesem sorgfältig begründetem Urteil wird festgehalten, dass ein Verstoß gegen das RDG nicht vorliegt und die Schwacke-Liste aufgrund verschiedener Mängel zu Recht der Vorzug vor der Schwacke-Liste verwehrt wurde.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die gemäß §§ 511,517 ff. ZPO zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlichen Schadensersatzes aus Verkehrsunfall gemäß §§ 7 Abs. 1,17 Abs. 1 und 2,18 StVG i. V, m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG i. V. m. § 398 BGB jedenfalls in Höhe der ausgeurteilten 905,19 €.

1. Die Aktivlegitimation der Klägerin aufgrund wirksamer Sicherungsabtretung der Ansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten steht zur Überzeugung des Gerichts fest.

Im Termin konnte durch Inaugenscheinnahme der Durchschrift und mit Hilfe des Zeugen … geklärt werden, dass es sich bei der vorgelegten Sicherungsabtretung um die vom Zeugen … am Unfalltag unterschriebene handelt.

a) Die Abtretung ist nicht mangels Bestimmtheit unwirksam. Anders als im Fall des BGH, Urteil vom 07.00.2011, Az.: VI ZR 260/10, wurden nicht sämtliche oder mehrere gegen den Schädiger und seine Versicherung bestehenden Schadensersatzansprüche an die Klägerin abgetreten, sondern nur die Ansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten.

b) Die Abtretung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das RDG unwirksam. Es kann dahinstehen, ob die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum RBerG aufgestellten Grundsätze (vgl. dazu z. B. BGH NJW 2006, 1726 ff.) nach dem Inkrafttreten des RDG noch gelten. Denn auch wenn man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall anwendet, ergibt sich keine Unwirksamkeit der Abtretung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht fest, dass ein Verstoß der Abtretungsvereinbarung gegen § 3 RDG i. V. m, § 134 BGB vorliegt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin als Rechtsdienstleistung die Schadensregulierung für den Zeugen …. übernommen hätte. Vielmehr hat die Zeugenvernehmung ergeben, dass es der Klägerin im Wesentlichen darum ging, eine durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen. In einem solchen Fall besorgt das Mietwagenunternehmen keine Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit (vgl. BGH N JW 2006, 1726 ff., Juris Rn. 0),

Bei der Beurteilung, ob die Abtretung den Weg zu einer erlaubnispflichtigen Besorgung von Rechtsangelegenheiten eröffnen sollte, ist nicht allein auf den Wortlaut der getroffenen vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesamten, dieser zu Grunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die es vermeidet, dass die Erlaubnispflicht durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten Rechtsgrundsatze umgangen wird (BGH NJW2006,1726ff., juris-Rn,8).

Bereits nach ihrem Wortlaut enthält die Abtretungserklärung die Zweckbestimmung zur Sicherung der Zahlungsansprüche gegen den Geschädigten und einen fettgedruckten Hinweis darauf, dass die persönliche Haftung für die Ersatzwagenkosten durch die Abtretung unberührt bleibt und dass der Kunde für die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche selbst sorgen muss.

Zudem war der Zeuge … Erstkunde der Klägerin und waren dieser seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unstreitig unbekannt. Daher ist ein Sicherungsbedurfhis verständlich.

Der Zeuge konnte nicht die von der Beklagten behauptete mündliche Nebenabrede zum Sicherungsabtretungsvertrag bestätigen, ihm soll bei Mietvertragsschluss zugesichert worden sein, dass auf ihn keine Kosten zukämen, die Klägerin werde sich um die Schadensregulierung kümmern und die Ansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten geltend machen. Nach der Aussage des Zeugen steht indessen nicht fest, dass der Abtretung die beiderseitige Vorstellung zugrunde lag, die Angelegenheit sei damit für den Geschädigten erledigt und die Beklagte werde ihm die Geltendmachung der Forderung abnehmen. Der Zeuge hat bekundet, ihm sei es darum gegangen sicherzustellen, dass ihm durch die Anmietung des Pkws kein Schaden entstünde. Er habe nicht mehr Kosten tragen wollen, als von der Beklagten übernommen würden. Das habe er gegenüber der Klägerin auch mehrfach zum Ausdruck gebracht. An eine Vereinbarung mit der Klägerin oder auch nur eine Zusage bzw. eine Forderung, dass diese alles für ihn regeln werde, konnte er sich allerdings nicht erinnern. Er hat zwar angegeben, das sei an sich das von ihm Gewollte gewesen. Er könne sich daher vorstellen, damals gefordert zu haben, die Klägerin möge mit der Allianz abrechnen. Eine konkrete Erinnerung hieran hatte er jedoch ausdrücklich nicht.

Auch aus dem weiteren Vorgehen der Klägerin kann nicht eindeutig darauf geschlossen werden, dass der Beklagten mit der Abtretungsvereinbarung eine Rechtsdienstleistung zugunsten des Zeugen …. ermöglicht werden sollte.

Der Zeuge meinte sich zum einen erinnern zu können, dass ihm eine Rechnung übersandt worden war, die er an die Beklagte weitergeleitet hat.

Zum anderen kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass nach der Geschäftspraxis der Klägerin die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden eingezogen werden, bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen werden. Ebenso wenig steht fest, dass dies zumindest im Fall des Zeugen … so beabsichtigt war. Zwar konnte der Zeuge … nicht bestätigen, dass die Klägerin ihn vor dem 08.03.2010 und vor Inanspruchnahme der Beklagten bereits gemahnt hätte. Allerdings kann angesichts der unwidersprochen gebliebenen substantiierten Darlegung der dreifachen Mahnpraxis der Klägerin durch ihren Geschäftsführer nicht angenommen werden, dass die Klägerin dem Zeugen von vorneherein mit der Abtretung die Besorgung seiner Rechtsangelegenheiten abnehmen wollte. Die abweichende Behauptung der Beklagten, Mahnungen würden zwar teilweise an die unfallgeschädigten Kunden versandt, aber nur pro forma, hat die Beklagte nicht unter Beweis gestellt. Warum der Zeuge … im Einzelfall die vor diesem Hintergrund als üblich zu erachtenden automatisierten Mahnungen nicht erhalten hat, ist unklar; es könnte sich z. B. um ein hausinternes Versehen der Klägerin oder um ein Problem auf dem Postweg gehandelt haben. Jedenfalls kann nach den Umständen des konkreten Einzelfalls nicht aus der unterbliebenen Mahnung vor Inanspruchnahme der Beklagten darauf geschlossen werden, dass die Klägerin bereits im Zeitpunkt der Abtretungsvereinbarung nicht vorhatte, von dem Zeugen …. vor Inanspruchnahme der Versicherung ernsthaft Zahlung zu verlangen.

Die Gründe für die Nichtzahlung des mit Mahnung vom 08.03.2010 eingeforderten Betrags vermochte der Zeuge … ebenfalls glaubhaft darzulegen. Die Nichtzahlung beruhte nicht etwa auf einer Zusage, dass die Klägerin alles für ihn regeln würde und dass keine weiteren Kosten auf ihn zukämen. Vielmehr wollte er nicht zahlen, da er die Forderung für unberechtigt hielt, nachdem die Beklagte sie nicht hatte begleichen wollen. Das kommt auch deutlich insbesondere in dem vom Zeugen vorgelegten Schreiben an die Klägerin vom 08.03-2010 zum Ausdruck. Damit war der Sicherungsfall eingetreten, nachdem der Zeuge jedenfalls unter dem 08.03.2010 erfolglos auf Restzahlung in Anspruch genommen worden war. Es war der Klägerin daher nicht verwehrt, von der Sicherheit Gebrauch zu machen und nunmehr die Beklagte gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Darin liegt eine eigene Angelegenheit der Klägerin.

Der Sicherungsabtretungsvertrag kann vor diesem Hintergrund nicht nur als eine Formalie angesehen werden, um den Anschein der Ordnungsmäßigkeit der Abtretung zu erwecken.

2. Aufgrund der Abtretung ist die Klägerin Inhaberin der dem Zeugen … zustehenden Schadensersatzforderung in Form von Mietwagenkosten geworden.

a) Zwischen dem Zeugen und der Klägerin ist ein wirksamer Mietvertrag zustande gekommen, aus dem der Zeuge zur Zahlung von Mietwagenkosten in der abgerechneten Höhe verpflichtet ist.

Der Zeuge hat glaubhaft bekundet, dass ihm völlig klar gewesen sei, einen entgeltlichen Mietvertrag mit der Klägerin abzuschließen. Er konnte sich zwar nicht mehr sicher daran erinnern, ob die Preise in den Mietvertrag bereits eingetragen waren. Hinsichtlich der Einigung auf die essentialla negotii des Mietvertrags ist aber zu beachten, dass unter Berücksichtigung der §§ 315, 318 BGB eine einseitige Bestimmung der Gegenleistung durch den Vermieter möglich ist. Die Aussage des Zeugen kann so verstanden werden, dass er jedenfalls damit einverstanden war; er wollte, dass ihm die Klägerin einen Mietwagen aussucht, dessen Kosten die Beklagte vollständig zu tragen verpflichtet ist. Auch ein Vertrag zu Lasten Dritter liegt darin nicht. Der Zeuge wollte nur das, was ihm im Verhältnis zur Beklagten zusteht, erreichen und den ihm zustehenden Spielraum ausschöpfen.

b) Nicht zu beanstanden ist, dass das Amtsgericht die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO nach dem gewichteten Mittel der Schwacke-Liste vorgenommen hat.

Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes: Bei der Bestimmung des Normaltarifs hat der Tatrichter ein Ermessen nach § 287 ZPO. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Außerdem dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht bleiben. Auch darf das Gericht nicht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden (BGH VersR 2008, 1706 ff., Juris Rn. 22; BGH, Urteil vom 02.02.2010 – VI ZR 7/09, juris Rn. 18ff. m. zahlr. w. N. in Rn. 19).

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der Normaltarif auf der Basis des Schwacke-Mietpreisspiegels ermittelt werden kann oder ob nicht wegen Schwächen der Ermittlungsmethodik stattdessen der Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und -Organisation zugrunde zu legen ist (vgl z. B. die Nachweise bei BGH VersR 2008, 1706 ff., zitiert nach Juris, dort Rn. 23, und bei LG Karlsruhe NZV 2009 ,230 ff., zitiert nach juris, dort Rn, 7; LG Braunschweig, Urteil vom 13.012009, Az.: 7 S 304/08); Der BGH, dem sich die Kammer anschließt, geht in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wenn der Normaltarif auf der Grundlage des gewichteten Mittete des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt wird, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH VersR 2008, 1706 ff., zitiert nach juris, dort Rn. 19; BGH VersR 2006, 986, 987; BGH VersR 2007, 516, 517).

aa) Einzelfallbezogene Mängel ergeben sich nicht allein aus der Vorlage der Studie des Fraunhofer-Institute für Arbeitswirtschaft und Organisation „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008″.

Zwar liegen die Durchschnittspreise der Tarife dieser Studie unter den sich aus dem Schwacke-Mietpreisspiegel errechnenden Normaltarifen. Nicht zu verkennen ist auch, dass die Ergebnisse des Preisspiegels des Fraunhofer Instituts auf einer anonymen Befragung beruhen, während die Tarife nach Schwacke aufgrund einer Selbstauskunft der Vermieter zustande gekommen sind, in Kenntnis dessen, dass die Angaben zur Grundlage einer Marktuntersuchung gemacht werden. Dennoch zwingen diese Umstände nicht zu dem Schluss, dass der Marktpreisspiegel des Fraunhofer-Instituts dem Schwacke-Mietpreisspiegel überlegen ist und dessen Anwendung entgegensteht {OLG Köln, Urteil vom 03.03.2000, Az.: 24 U 6/08, zittert nach juris, dort Rn. 10).

Der vom Fraunhofer-Institut erstellte Marktpreisspiegel basiert auf einer Erhebung von Daten ausschließlich über Telefon und Internet in der Zeit vom 19. Februar bis 16. April 2008. Bei der Internetrecherche wiederum sind lediglich solche Internet-Portale erfasst, die eine verbindliche Buchung erlauben, und damit die vorhandenen namhaften und großen Anbieter. Ermittelt wurden die Preise ausschließlich auf der Grundlage einer einwöchigen Vorbuchungsfrist, die bei einem Mietwagenbedarf nach einem Unfall regelmäßig nicht eingehalten werden kann. Zudem ist die Recherche auf eine höchstens zweistellige Zuordnung von Postleitzahlen bezogen. Dem Vorteil, den die Anonymität der Anfragen bieten mag, steht somit das im Verhältnis zur Schwacke-Liste geringere Ausmaß der Datenerfassung gegenüber (OLG Köln, Urteil vom 03.03.2009, Az.: 24 U 6/08, zitiert nach juris, dort Rn. 11; OLG Stuttgart, Urteil vom 08.07.2009, Az.: 3 U 30/09, zitiert nach juris, dort Rn. 44). Zu berücksichtigen ist auch, dass eine Buchung über das Internet grundsätzlich einem Unfallgeschädigten nicht zuzumuten ist. Dafür muss er regelmäßig seine Kreditkartendaten angeben, was mit erheblichen Missbrauchsrisiken verbunden ist. Außerdem hat nicht jeder eine Kreditkarte. Die Erhebung basiert also zumindest auch auf Angeboten, auf die sich der Unfallgeschädigte (zumindest nicht zwangsläufig) verweisen lassen muss (vgl. LG Karlsruhe, NZV 2009, 230 ff., zitiert nach juris, dort Rn. 7).

Auch konkrete Rechenvergleiche und die sich ergebenden, z,.T. erheblichen Abweichungen zwingen nicht zu der Annahme, dass die Schwacke-Erbebung fehlerbehaftet ist. Sie lässt sich durch die unterschiedlich großen Ermittlungsgebiete, die unterschiedliche Struktur der abgefragten Anmietstationen und die unterschiedlichen Erhebungszeiträume erklären. Der Schluss ist nicht zwingend, dass mit der Fraunhofer-Erhebung wirklichkeitsnähere Ergebnisse erzielt wurden, als sie der Schwacke-Mietpreisspiegel enthält.

Nur am Rande sei angemerkt, dass der BGH in den jüngeren Entscheidungen sicherlich unmissverständlich klargestellt hätte, dass der Schwacke-Mietpreisspiegel nicht mehr zur Schadensschätzung anwendbar ist, wenn er die Berufung auf den Marktpreisspiegel des Fraunhofer-Institute, der zu deutlich niedrigeren Mietpreisen als der Schwacke-Mietpreisspiegel gelangt, schon allein für zwangsläufig ausreichend erachtet hätte, um Zweifel an der Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels als Schätzgrundlage im konkreten Fall zu säen. Vielmehr können insbesondere z. B. die Entscheidungen vom 14.10.2008 (BGH VersR 2008, 1706 ff., juris Insbesondere Rn. 23), vom 19.01.2010 (Az.: VI ZR 112/09 Rn. 6), vom 22.02.2011 (Az.: VI ZR 353/09) und vom 12.04.2011 (Az: VI ZR 300/09) nur so verstanden werden, dass es dem tatrichterlichen Ermessen anheimgestellt bleibt, ob die Ergebnisse und Methoden des Fraunhofer-Instituts beim Tatrichter Zweifel an der Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels zur Schadensschätzung im Einzelfall hervorzurufen.

bb) Auch mit der Vorlage der diversen Angebote von Mietwagenfirmen aus Kaiserslautern gelingt es der Beklagten nicht, Mängel der Schwackeliste im konkreten Einzelfall aufzuzeigen. Den zitierten Entscheidungen des BGH vom 22.02.2011 und vom 12.04.2011 lässt sich wie auch der Entscheidung vom 18.05.2010 (Az.: VI ZR 293/08) lediglich entnehmen, dass sich das Gericht im Einzelfall mit den vorgelegten Angeboten auseinandersetzen muss. Das führt hier nicht zu Zweifeln an der Schwackeliste.

Die Beklagte beruft sich auf Internetangebote der F’irmen ……

Gerichtsbekannt ist, dass sämtliche Internetbuchungen dieser Mietwagenfirmen nur über Kreditkarte möglich sind. Hinsichtlich der Firma …. ist dies im vorgelegten Ausdruck des Internet-Angebots auch ausdrücklich aufgeführt. Auf obige Ausführungen zu diesem Thema sei verwiesen. Die Angebote betreffen im Übrigen lediglich große, deutschlandweit und international vertretene Firmen. Kaiserslautern aber ist ein Mittelzentrum in einem eher ländlich geprägten Raum. Auch einige kleinere und mittelständlsche Unternehmen bieten hier Mietwagen an. Kleine und mittelständische Autovermietungen müssen ganz anders kalkulieren als die vier großen Firmen, von denen die Streithelferin Angebote vorgelegt hat. Die vier Angebote sind daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht repräsentativ. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie den am relevanten zeitlichen und örtlichen Markt geltenden Normaltarif wiedergeben oder ihm nahekommen. Die Kammer hatte im Übrigen unterdessen entsprechende Rechtsstreitigkeiten mit einer Reihe unterschiedlicher ortsansässiger Mietwagenfirmen zu entscheiden, die ohne Kreditkarte vermieten. Die Mietwagenunternehmen haben sämtlich in entsprechender Größenordnung wie die hiesige Klägerin abgerechnet. Das ist ein Indiz dafür, dass die von der Klägerin zugrunde gelegten Preise nicht ortsunüblich sind.

c) Da der Unfall und die Anmietung im Jahr 2008 stattgefunden haben, erscheint die Schwackeliste für das Jahr 2008 als geeignete Schätzgrundlage.

d) Die Kosten für die Vollkaskoversicherung sind erstattungsfähig, da sie in dem Normaltarif nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel nicht enthalten sind. Der Abschluss einer Vollkaskoversicherung ist unfallbedingt erforderlich, um sich gegen Schadensersatzpflichten gegenüber dem Mietwagenunternehmen im Falle der Beschädigung von dessen Pkw abzusichern.

Entsprechendes gilt für die aufgrund der Fahruntüchigkeit des Pkws erforderlichen Zustellkosten und für die Winterreifen. Der Umstand, dass die Mietwagenfirmen verpflichtet sind, dem Kunden ein verkehrssicheres Kraftfahrzeug zur Verfügung zu stellen, hindert den Aufschlag nicht grundsätzlich. Denn damit ist noch nicht gesagt, dass durch die Winterreifen nicht besondere Kosten  anfallen können. Z. B. ist gerichtsbekannt, dass sich Winterreifen grundsätzlich schneller abnutzen als Sommerreifen. Auch müssen diese zusätzlichen Reifen angeschafft, gelagert und montiert werden.

e) Unstreitig ist, dass der Mietwagen nach Klasse 4 abgerechnet wurde. Die Beklagte bestreitet lediglich, dass der Mietwagen auch in Klasse 4 einzustufen gewesen sei. Darauf kommt es aber nicht an: Da die Klägerin den Mietwagen wie ein Fahrzeug der Klasse 4 behandelt hat bzw. behandelt wissen will, ist unerheblich, ob das angemietete Fahrzeug tatsächlich in eine höhere Mietwagenklasse einzustufen ist. Denn es ginge zu Lasten der Klägerin, falls sie dem Geschädigten ein höherwertiges Fahrzeug zu dem günstigeren Preis einer niedrigeren Mietwagenklasse überlassen hätte. Maßgebend für die Schätzung der angemessenen Mietwagenkosten ist daher die Mietwagenklasse 4 nach Sctwacke, ob der Mietwagen nun höher einzustufen ist oder nicht.

Die Anmietung erfolgte für 15 Tage. Die Preise nach Schwacke verstehen sich inklusive Mehrwertsteuer. So errechnet sich – ausgehend vom gewichteten Mittel – ein Normaltarif von 1.591,00 €:

495 € x 2 (2 Wochen)                     Grundpreis Schwacke
90 € (1 Tag)
132 € x 2 (2 Wochen)                     Vollkasko
22 € (1 Tag)
15 € x 15                                        Winterreifen
1.591,00 €

f) Auf den sich nach der Schwackeliste ergebenden Normaftarif ist ein Aufschlag von 20% wegen unfallbedingter Zusatzleistungen zu machen.

aa) Der Geschädigte verstößt noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, wenn er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem „Normaltarif“ teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifes mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfangeschenen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen und ähnliches) einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (vgl. z.B. BGH NJW 2006, 2106; BGH Urteil vom 19.02.1010, Az,: VI ZR 112/09, juris Rn. 5). Dabei kommt es darauf an, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Tarif – unter Umständen auch durch einen pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif – rechtfertigen. Dazu zählen etwa Vorfinanzierung des Mietzinses, Ausfallrisiko der Forderung, Verwaltungsaufwand durch Unfallaufnahme etc., Kostenrisiko und Vorfinanzierung, Fahrzeugvorhaltung auch schlechter ausgelasteter Fahrzeuge, Einrichtung eines Notdienstes und Ähnliches (vgl. BGH VersR 2007, 1144 f., zitiert nach juris, dort Rn. 9). Nicht erforderlich ist es, für die Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Tarifs die Kalkulation des Unternehmers in jedem speziellen Fall nachzuvollziehers (BGH VersR 2007, 1144 f., zitiert nach juris, dort Rn. OLG Köln, Urteil vom 03.03.2009, Az.: 24 U 6/08, zitiert nach juris, dort Rn. 24 m. w. N.).

Hier war die Anmietung zum Unfallersatztarif mit Rücksicht auf die Unfallsituation erforderlich, da der Tarif nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Klägerin derartige unfallspezifische Zusatzleistungen beinhaltet (vgl. dazu BGH VersR 2007, 1144 f., juris Rn. 9, Saarländisches OLG Schaden-Praxis 2000, 223 ff., Juris Rn. 29).

bb) Vor diesem Hintergrund muss die Beklagte darlegen und beweisen, inwieweit der Kläger im konkreten Fall gemäß § 254 Abs. 2 BGB zur Anmietung zu einem anderen, günstigeren Tarif verpflichtet war (BGH NJW 2006, 1508; BGH, Urteil vom 19,02.1010, Az.; VI ZR 112/09, Juris Rn. 11) oder ansonsten gegen seine Schadensminderungs- und Hinweispflicht verstoßen hat (BGH, Urteil vom 19.01.2010, Az.: VI ZR 112/09, Rn. 8, 11).

Die Beklagte behauptet zwar, dem Zeugen ….. sei ein Normaltarif für Salbstzahler ohne Weiteres zugänglich gewesen bei den genannten Anbietern. Es sei ihm möglich und zumutbar gewesen, die Mietwagenkosten gegebenenfalls mittels einer Kreditkarte zu verauslagen. Mit der Vorlage der Mietwagenangebote, die alle nicht auf den Unfallzeitpunkt datieren, hat die Beklagte aber schon nicht dargetan, dass dem Geschädigten am Unfalltag ein entsprechendes Fahrzeug bei der jeweiligen Mietwagenfirma zur Verfügung gestanden hätte. Im Übrigen ist in Anbetracht der vom Zeugen …. geschilderten unfallbedingten Fahruntüchtigkeit seines Pkws, eine Eilbedürftigkeit für die Anmietung des Mietwagens noch am Unfalltag nachvollziehbar, die der Einholung von Vergleichsangebotert entgegensteht. Er hat erklärt, dass er aufgrund seiner und seiner Frau Berufstätigkeit sowie aufgrund der Erkrankung seiner Mutter dringend auf ein Ersatzfahrzeug angewiesen gewesen sei. Abgesehen davon ist der Beklagten ohnehin die entsprechende Argumentation im vorliegenden Fall verwehrt. Denn der Zeuge …. hat zudem glaubhaft bekundet, ihm sei von einem Vertreter der Beklagten selbst die Klägerin empfohlen worden und er sei noch davon ausgegangen, dass die Klägerin für die Beklagte möglicherweise Sondertarife anbiete.

cc) Um die Besonderheiten der Unfallsituation zu berücksichtigen, kommt grundsätzlich ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif gemäß dem gewichteten Mittel des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten in Betracht (BGH VersR 2007, 1144 f., zittert nach juris, dort Rn. 10; BGH VersR 2006, 986; BGH VersR 2007, 516). Die Größenordnung von 20% unbedenklich. Eine Ausnahme liegt hier nicht vor.

So errechnet sich ein Betrag von 1.909,20 €.

g) Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von bis zu 10% scheidet vorliegend aus, da die Klägerin das angemietete Fahrzeug jedenfalls nach einer niedrigeren Mietwagenkategorie abgerechnet hat bzw. die Schadensschätzung bereits auf der Basis einer niedrigeren Mietwagenkategorie vorgenommen wurde als derjenigen, der das unfallgeschädigte Auto angehört (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 249 Rn. 38); Der unfallgeschädigte Pkw, ausweislich des vorgelegten Auszugs aus dem Gutachten des Sachverständigen …. ein Citroen Xsara Picasso Confort mit einer Leistung von 85 KW und einem Hubraum von 1749 ccm, ist in Mietwagenklasse 5 nach Schwacke einzuordnen. Die Beklagte hat in Abrede gestellt, dass es sich bei dem in der Schwacke-Liste von der Klägerin markierten Fahrzeug um das unfallgeschädigte handele, da es erstmals im Januar 2006 zugelassen wurde, während ein entsprechender Pkw nur von November 2004 bis September 2005 produziert worden sei. Indessen schließt ein früheres Produktionsdatum eine Erstzulassung im Jahr 2006 nicht aus.

h) Abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 847,00 € ergibt sich ein Schadensbetrag von 1.062,20 €. Der Klägerin steht also jedenfalls die erstinstanzlich ausgeurteilte Summe von 905,19 € zu.

Der Zinsanspruch hieraus folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

i) Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten wegen des von der Beklagten vorgerichtlich berechtigt geltend gemachten Betrags von 905,19 € gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2, 18 StVG i. V. m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG. Die zugesprochenen 66,30 € sind nicht zu beanstanden, da sich aus der Gebührenstufe bis 1.200,00 € sogar ein höherer Betrag errechnet 55,28 € (- 0,65-Gebühr aus 85,00 €) + 20,00 € = 75,25 €.

Die Fälligkeit der Vergütung ist nicht von einer Rechnungsstellung abhängig. Denn gemäß § 8 RVG tritt Fälligkeit ein, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Wenn der Kläger seine Anwälte nicht bezahlt hat, steht ihm grundsatzlich zwar nur ein Freistellungsanspruch zu. Hier greift aber jedenfalls § 250 BGB ein. Eine Fristsetzung zur Freistellung war wegen der ernsthaften und endgültigen Zahlungsverweigerung durch die Beklagte entbehrlich (Paland/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., §’250 Rn, 2).

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Insbesondere ist keine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., §543 Rn. 11). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Auch nach den vom BGH zum RBerG aufgestellten und von der Beklagten zur Stütze ihrer Rechtsauffassung herangezogenen Rechtsgrundsätzen ergibt sich im vorliegenden Einzelfall kein für sie günstiges Ergebnis, so dass sich die Frage erübrigt, ob diese Grundsätze auch auf das RDG übertragbar sind. Der BGH hat zu den sich hier weiter stellenden Rechtsfragen in zahlreichen Entscheidungen bereits Stellung bezogen.

Soweit – höchst instruktiv – das LG Kaiserslautern.

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