AG Mayen verurteilt „reuigen“ Mieter zur Zahlung der gesamten Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 17.09.2008 (2 C 26/08) hat das AG Mayen den Mieter zur Zahlung der Mietwagenkosten in Höhe von 1.037,55 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtliche RA-Kosten verurteilt. Die Parteien hatten als Vertragsende „RepEnde od. Ersatznachweis“ vereinbart, der Mieter hatte das Fahrzeug bereits nach drei Tagen zurückgegeben. Nach neun Tagen vermietete die Klägerin das Fahrzeug anderweitig.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten gemäß § 535 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 1.037,55 € zu.

Unstreitig haben die Parteien am 19.08.2006 einen Mietvertrag über die Miete eines Fahrzeuges der Marke Nissan abgeschlossen. Streitig allein war, ob mit Rückgabe des Fahrzeuges nach 2 Tagen das Mietverhältnis beendet worden ist.

Dies war nicht der Fall, weil die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages eine bestimmte Mietzeit im Sinne des § 542 Abs. 2 BGB vereinbart haben, so dass eine Rückgabe vor Ende der Mietzeit nicht möglich war. Grundsätzlich wird eine Mietzeit durch Festlegung einer Kalenderzeit ver­einbart. Ausreichend ist allerdings auch, eine zeitliche Beschränkung bis zum Eintritt eines be­stimmten Ereignisses (Palandt 67. Auflage, § 542, Rdn. 9). Dies war vorliegender Fall. Nach Durchführung der Beweisaufnahme und Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin ist das Ge­richt davon überzeugt, dass die Parteien vereinbart haben, dass das Mietfahrzeug bis zum Repa­raturende oder der Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges angemietet werden sollte. Es handelt sich sowohl bei dem Reparaturende als auch bei der Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges um konkrete Ereignisse, so dass für die Vertragspartner das Mietende eindeutig bestimmt werden konnte. Entweder der Beklagte hätte sein Fahrzeug reparieren lassen, dann wäre sein Fahrzeug für eine bestimmte Zeit in der Werkstatt gewesen und das Mietverhältnis hätte mit Ende der Re­paratur geendet. Hätte sich der Beklagte ein neues Fahrzeug angeschafft, so hätte das Mietver­hältnis zu diesem Zeitpunkt geendet. In beiden Fällen handelt es sich um ganz eindeutig bestimm­bare Daten, so dass von einer Mietzeitvereinbarung im Sinne des § 542 Abs. 2 BGB auszugehen ist.

Die Angaben des Beklagte, dass das Mietverhältnis nach den Willen der Parteien habe enden sol­len, wenn der Beklagte die Mietsache nicht mehr benötige, sind nicht glaubhaft. In seiner Verneh­mung konnte sich der Beklagte nicht mehr gut an die Vertrags Verhandlungen erinnern. Es sei alles so lange her und er sei nach dem Unfall aufgeregt gewesen. Er habe auf jeden Fall nicht erzählt, dass er mit dem Wagen zur Arbeit fahren möchte. Er habe dem Bringer des Wagens gesagt, dass er ein Fahrzeug benötige, um nach Hause zu kommen. Auf Nachfrage konnte sich der Beklagte nicht daran erinnern, ob und was über die Reparaturdauer besprochen worden ist. Er konnte sich auch nicht daran erinnern, ob ihm erzählt worden sei, dass Sachverständige in der Regel eine Wiederbeschaffungsdauer von 14 Tagen berücksichtigen. Demgegenüber konnte sich der Geschäftsführer der Klägerin noch gut an die Übergabe des Fahrzeuges erinnern. Er begründete dies nachvollziehbar damit, dass die Vermietung an einem Wochenende auf der Stra­ße stattgefunden habe und er beim Fußballschauen direkt vom Beklagten angerufen worden sei. Auch wenn die Klägerin im Jahr ca. 1.000 Autos ausliefert, handelt es sich hierbei um besondere Umstände, die einer Person auch nach zwei Jahren noch gut in Erinnerung bleiben können. Der Geschäftsführer gab an, dass darüber gesprochen worden sei, dass der Beklagte den Wagen so lange behalten solle, bis sein Fahrzeug repariert sei oder ein neues Auto angeschafft sei. Damit habe sich der Beklagte auch einverstanden erklärt. Er habe ihm auch gesagt, dass der Beklagte den Wagen bei Totalschaden 14 Tage fahren dürfe oder bis zum Reparaturende, er sei aber kein Sachverständiger.

Im Gegensatz zum Beklagten machte der Geschäftsführer der Klägerin detaillierte und konkrete Angaben zu den Vertragsverhandlungen. Darüber hinaus spricht auch der Umstand, dass der Geschäftsführer im Mietvertrag im Bereich vereinbartes Mietende die Worte „Rep Ende o. Ersatz­nachweis“ eingefügt hat, dafür, dass die Parteien darüber gesprochen haben. Der Beklagte hat diesen Vertrag unterschrieben und hat sich mit dieser Vereinbarung einverstanden erklärt.

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass er dadurch den Ersatznachweis erbracht habe, in dem er sich ein anderes Fahrzeug angemietet habe. Zwar mag allein die Formulierung „Ersatznachweis“ im Mietvertrag nicht eindeutig sein. Der Geschäftsführer der Klägerin gab allerdings an, dass darüber gesprochen worden sei, was unter Ersatznachweis zu verstehen ist, nämlich die Anschaffung eines neuen Fahrzeuges. Der Geschäftsführer gab dem Beklagten als Anhaltspunkt für die Dauer 14 Tagen an. Aufgrund dieser Umstände kann man die Vereinbarung nicht so auslegen, dass es sich bei dem Ersatznachweis um die Anschaffung eines anderen Mietfahrzeuges handeln sollte. Darüber hinaus hat sich der Beklagte auch kein anderes Mietfahrzeug angeschafft, sondern er bekam einen Wagen von seiner Werkstatt zur Verfügung gestellt.

Für das Gericht stellt es sich so dar, dass der Beklagte nach Erhalt des Wagens von der Werkstatt mietreuig geworden ist und den Mietwagen vor Ende der Reparaturdauer aus diesem Grund zurückgegeben hat.

Als Mietzins kann die Klägerin für neun Tage auch einen Betrag in Höhe von netto 1.105,00 € ver­langen.

Dieser Betrag ergibt sich aus der Preisliste der Klägerin aus dem Jahre 2006. Die Preisliste ist auch wirksam Vertragsbestandteil geworden. Es handelt sich bei der Vereinbarung des Mietzin­ses um einen notwendigen Bestandteil des Mietvertrages, in der Art, wie die Einbeziehung hier er­folgt ist, handelt es sich auch bei der Preisliste um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB. Diese sind gemäß §305 Abs. 2 BGB wirksam Vertragsbestandteii geworden. Di­rekt oberhalb der Unterschriften im Mietvertrag erfolgte ein ausdrücklicher Hinweis auf die Preis­listen. Unstreitig hat der Beklagte keinen Einblick in die Preislisten gehabt. Gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist es allerdings nur erforderlich, dass dem anderen Vertragspartei die Möglichkeit er­öffnet wird, in zumutbarer Weise, von dem Inhalt der allgemeinen Geschäftsbindungen Kenntnis zu nehmen. Hierbei ist es bei einem ausdrücklichen Hinweis ausreichend, dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Einsicht aushängen oder ausliegen (Palandt. 67. Auflage, § 305, Rdn. 34). Das Gericht hält es dann aber auch für ausreichend, dass für den Beklagte die Möglichkeit der Einsichtnahme insofern zur Verfügung gestanden hat, dass der Geschäftsführer der Klägerin sowohl die allgemeinen Geschäftsbedingungen als auch die Preislisten bei den Vertragsver­handlungen in einer Mappe bei sich hatte, sodass der Beklagte in zumutbarer Weise jederzeit Kenntnis von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den Preislisten hätte nehmen können. Er hat mit seiner Unterschrift auch bestätigt, dass die Preisliste ausdrücklich Bestandteil des Mietvertrages geworden ist.

Für das Gericht ist nicht erkennbar, inwiefern diese  Klausel den Beklagten unangemessen be­nachteiligen soll und daher unwirksam sein soll. In der Preisliste sind die einzelnen Fahrzeug­gruppen sowie die Mietpreise der jeweiligen Gruppen pro Tage einzeln aufgelistet. Auch sind in der Preisliste die Preise für die Haftungsbeschränkung sowie die Nebenkosten für Zustellung/Abholung und Vermietung außerhalb der Geschäftszeiten aufgelistet. Es gibt keine An­haltspunkte dafür, dass ein erhebliches Missverhältnis zwischen den von der Klägerin verlangten Preise und den ortsüblichen Preisen besteht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Ver­sicherung einen Unfallersatztarif bezahlt hätte, so liegen die Preise der Klägerin um 21 % niedriger als der Ersatz der Haftpflichtversicherung. Hieraus ergibt sich keine unangemessene Be­nachteiligung des Beklagten durch Einbeziehung der Preisliste in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Mietvertrag.

Die Klägerin kann auch einen Mietzins für neun Tage verlangen. Der Geschäftsführer der Klägerin führte hierzu aus, dass eine Weitervermietung erst neun Tage später erfolgen konnte, weil zu dieser Zeit eine nicht zu hohe Auslastung vorgelegen habe. Nach den Grundsätzen der Scha­densminderungspflicht war die Klägerin gehalten, trotz Nichtnachweis des Beklagten vom Repa­raturende bzw. eines Ersatznachweises den Wagen schnellstmöglich weiter zu vermieten. Der Klägerin kann kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht insofern vorgeworfen werden, dass sie den Wagen früher hätte vermieten können. Die Klägerin gab hierzu an, dass dies nicht möglich gewesen sei. Darlegungs- und beweispflichtig für einen Verstoß gegen die Scha­densminderungspflicht ist nicht die Klägerin, sondern der Beklagte. Einen Beweis dafür, dass der Klägerin eine Vermietung in weniger als neun Tagen möglich gewesen wäre, hat der Beklagte nicht angeboten.

Auch kann die Klägerin vom Beklagten 45 € Haftungsbefreiung beanspruchen. Der Beklagte hat im Mietvertrag vom 19.08.2006 eine Vollkaskoversicherung und eine Teilkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung abgeschlossen. Die Preise hierfür ergaben sich ebenfalls aus der Preisliste. Darüber hinaus erfolgte die Zustellung außerhalb der Geschäftszeit, nämlich am Wochenende, sodass die Klägerin hierfür vom Beklagten 50,00 € verlangen kann. Auch dieser Betrag ist in der Preisliste aufgeführt. Darüber hinaus gab der Beklagte das Fahrzeug nicht direkt der Klägerin zu­rück. Vielmehr brachte die Werkstatt des Beklagten den Wagen zum Abschleppunternehmen und dort wurde der Wagen von der Klägerin abgeholt, sodass der Klägerin hierfür 25,00 € ent­sprechend der Preisliste zustehen.

Ein Abzug hinsichtlich ersparte Aufwendungen ist nicht vorzunehmen, dadurch dass der Beklag­ten neun Tage lang den Wagen nicht gefahren hat und dadurch nicht die im Vertrag vereinbarten Kilometer genutzt hat. Die Klägerin macht keinen Schadensersatz geltend, sondern fordert vielmehr die Zahlung der Miete aufgrund des Abschlusses eines Mietvertrages. Das Fahrzeug stand innerhalb der neun Tage dem Beklagten jederzeit zur Verfügung. Die Klägerin hat hierauf auch im Schreiben vom 2108.2008 hingewiesen. Wenn der Beklagte sein angemietetes Fahr­zeug nicht nutzt, so geht dies nicht zu Lasten der Klägerin.

Darüber hinaus sind die Ansprüche der Klägerin auch nicht verjährt. Ansprüche auf Zahlung der Miete gemäß § 535 Abs. 2 BGB unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist des §195 BGB. Nicht anwendbar ist die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 BGB, da der Anwendungsbe­reich dieser Vorschrift nur die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Ver­schlechterung der Mietsache betrifft, nicht aber die Hauptleistungspflicht des Mieters auf Zahlung des Mietzinses.

Aufgrund des Abschlusses des Mietvertrages und der Vereinbarung einer bestimmten bzw. be­stimmbaren Mietzeit ist der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin unter Berücksichtigung der Teil­zahlung in Höhe von 383,45 € einen Betrag in Höhe von 1.037,55 € zu zahlen.

Mit Schreiben vom 20.09.2006 wurde der Beklagte aufgefordert, den Rechnungsbetrag aus der Rechnung vom 30.08.2006 bis zum 27.09.2006 zu bezahlen, sodass der Klägerin seit dem 28.09.2006 gemäß den §§ 280, 286, 288 BGB Verzugszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zustehen.

Darüber hinaus stehen der Klägerin 105,02 € außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zu, da die Einschaltung eines Rechtsanwaltes aufgrund der Sach- und Rechtslage im Verzugsfalle erforder­lich war. Es ist zwar zutreffend, dass die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleis­tungen 0,2 höchstens 20,00 G bezogen auf die entsprechende Gebühr ausmachen und eine Um­satzsteuer aufgrund der Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin nicht geltend gemacht wer­den kann. Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erfolgt eine Anrechnung der Geschäftsgebühr allerdings nicht im Vorfeld des Verfahrens, sondern erst im Kosten­festsetzungsverfahren‘ sodass sich aus dem Streitwert von 1.421,00 € eine Geschäftsgebühr von 105,00 € ergibt. Zzgl. der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleislungen ergibt sich ein höherer Wert als der von der Klägerin für die Inanspruchnahme des Rechtsanwaltes eingeklagte.

Soweit das AG Mayen.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Mayen verurteilt „reuigen“ Mieter zur Zahlung der gesamten Mietwagenkosten

  1. Andreas sagt:

    Tja, ziemlich doof, wenn man sich beschwatzen lässt, dass man doch viel besser mit einem anderen Fahrzeug fahren würde. Wir sind alles mündige Bürger (zumindest wenn wir eine Fahrerlaubnis haben) und dürfen Verträge abschließen. Lesen müssen wir selbst. Und wenn wir der Meinung sind, dass wir einen Vertrag einseitig kündigen können, sollten wir uns das vorher überlegen.

    Für mich ist das Urteil richtig.

    Grüße

    Andreas

  2. virus sagt:

    „Darüber hinaus hat sich der Beklagte auch kein anderes Mietfahrzeug angeschafft, sondern er bekam einen Wagen zur Verfügung gestellt.“

    … von der Unfallgegner-Versicherungs-Werkstatt …..?

    …… Hol- und Bringedienst und „kostenloses“ Ersatzfahrzeug …….

    Wer nicht zum Anwalt geht und dem Schadenverursacher an den Lippen hängt – bekommt halt die Quittung. Daher schließe ich mich Andreas an.

    Ein ausgesprochen schlagkräftiges Urteil, welches jede Mietwagenfirma zur Kundenaufklärung auf dem Schreibtisch liegen haben sollte!

  3. fußballfanschmerzgrenze sagt:

    Neun zu zwei für den beim samstäglichen Fußballschauen gestörten Autohausgeschäftsführer. Na wenn das nicht mal noch ein verdienter, wenn auch später, Sieg ist.

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