AG Siegburg verurteilt DA-Versicherung mit lesenswertem Urteil zur Zahlung der vorher gekürzten Sachverständigenkosten ( AG Siegburg Urteil vom 24.7.2013 -113 C 63/13-).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachfolgend geben wir Euch ein Urteil des AG Siegburg zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die DA- Versicherung in Oberursel bekannt. Wieder wurde von der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung eine Überhöhung der Sachverständigenkosten eingewandt. Schadensersatzrechtlich ist dieser Einwand grundsätzlich irrelevant. Die regulierungspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherer müssen einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige der Erfüllungsgehilfe des Schädigers ist. Fehler des Sachverständigen gehen daher zu Lasten des Schädigers. Für die reparierende Kfz-Werkstatt hat der BGH bereits entschieden, dass diese Erfüllungsgehilfe des Schädigers ist. Der Schädiger trägt das Werkstattrisiko. Gleiches gilt für den Sachverständigen. Das Prognoserisiko trägt der Schädiger. Entsprechend hat er sich auch behauptete Fehler beim Sachverständigen anzurechnen. Auf den fünftletzten Absatz im Urteil kommt es m.E. nicht mehr an. Der BGH hat in dem vom Gericht angegebenen Urteil in NJW 2007, 1450 ff klar entschieden, dass der Geschädigte zu einer Markterforschung nicht verpflichtet ist.

Er ist nicht verpflichtet, einen für den Schädiger oder dessen Versicherung möglichst billigen Sachverständigen auszuwählen. Eine Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht kann ihm schon deshalb nicht vorgeworfen werden, wenn er keine Markterforschungspflicht hat. Hier werden von der Versicherung Pflichten des Geschädigten erschaffen, die es einfach nicht gibt. So krus sind mittlerweile die Vorstellungen in der Versicherungswirtschaft, nur um sich der korrekten Schadensregulierung zu entziehen. Lest aber bitte selbst das Urteil des AG Siegburg und gebt Eure Kommentare ab.   

Viele Grüße
Willi Wacker

113 C 63/13
Verkündet am 24.07.2013

Amtsgericht Siegburg

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn …

Klägers,

gegen

die DA Deutsche Allgemeine VersicherungAG, vertreten durch den Vorstand Herrn Joachim Abel, Oberstedter Straße 14,61440 Oberursel,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Siegburg
im schriftlichen Verfahren am 24.07.2013
durch den Richter am Amtsgericht …
für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 74,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 20.01.2013 zuzüglich Mahnkosten in Höhe von 5,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat den aus dem Tenor ersichtlichen Hauptsacheanspruch aus § 398 8GB in Verbindung mit §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG.

Der ursprünglich in Höhe von 632,20 Euro netto bestehende Anspruch wurde in Höhe von 558,00 Euro bereits erfüllt.

Die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Schadensumfang nach einem Verkehrsunfall sind als Kosten der Schadensfeststellung Teil des zu ersetzenden Schadens des Geschädigten und damit dem Grunde nach erstattungsfähig. Der Höhe nach ist der Ersatzanspruch allerdings auf den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache des Zedenten erforderlichen Geldbetrag beschränkt. Maßgebend ist, ob sich die Sachverständigenkosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. Dabei ist anerkannt, dass der Geschädigte nicht zu einer Marktforschung zugunsten des Schädigers und des Haftpflichtversicherers verpfiichtet ist (vgl. BGH, NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144).

Der (hier erhobene) Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars führt nur dann zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigten, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Die Geschädigte Firma … hat mit dem Kläger eine „Vergütungsvereinbarung“ getroffen. Danach werden die Kosten für das Gutachten anhand einer Honorartabelle „entsprechend der Schadenshöhe ermittelt, die erst nach der Besichtigung und Kalkulation des Schadens festgestellt werden kann, zuzüglich Nebenkosten ( … ).“

Eine etwaige willkürliche Honorarfestsetzung durch den Kläger war für die Geschädigte bei Unterzeichnung dieser Honorarvereinbarung nicht erkennbar. Auch liegt kein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung vor.

Ein Auswahlverschulden fällt der Geschädigten ebenfalls nicht zur Last. Ein solches ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Geschädigte in den Ansatz solcher Nebenkosten eingewilligt hat, die ausweislieh der Ausführungen des Klägers in den Erläuterungen zu seiner eigenen Honorartabelle möglicherweise bereits im Grundhonorar enthalten sind (Fotokosten, Schreibkosten, Portokosten). Denn die Beschreibung der durch das Grundhonorar abgegoltenen ‚Leistung ist nicht so eindeutig, dass diese mögliche doppelte Abgeltung bestimmter Leistungen der Geschädigten hätte auffallen müssen (vgl. LG Bonn, NJW-RR 2012, 319).

Ein Verstoß der Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB liegt nicht vor.

Zwar ist die Geschädigte als VW/Audi-Vertragshändlerin auch nach eigenem Vortrag kein Laie im Umgang mit Kfz-Sachverständigen. Nach Unfällen ihrer Kunden gibt sie diesen beispielsweise auch Hinweise zur Einschaltung eines Sachverständigen.

Allerdings ist die Vergütung der entsprechenden Sachverständigen in dieser Konstellation für die Geschädigte nicht von Interesse. Sie erfährt regelmäßig nichts von der Rechnung der Sachverständigen.

Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat ferner nicht vorgetragen, dass der Geschädigten ein günstigerer Sachverständigentarif ohne weiteres zugänglich war.

Zinsen und Mahnkosten sind aus dem Gesichtspunkt des Verzugs, § 286 BGB, zu zahlen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Berufung wird nicht gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zugelassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Die grundsätzliche Frage, ob ein Honorar anhand der Schadenshöhe berechnet werden kann, hat der Bundesgerichtshof unter anderem in der Entscheidung vom 23. Januar 2007, Az. VI ZR 67/06 (NJW 2007, 1450) bejaht. Das Landgericht Bonn hat in dem Verfahren 5 S 148/11 durch Urteil vom 28.09.2011 (NJW-RR 2012, 319) die streitgegenständlichen Fragen bereits entschieden. Das Amtsgericht hält die Auffassung des Berufungsgerichts für zutreffend und schließt sich ihr, wie gesehen, an.

Der Streitwert wird auf 74,20 EUR festgesetzt.

So das Urteil des Amtsrichters des AG Siegburg. Gebt bitte jetzt Eure Kommentare ab.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Siegburg verurteilt DA-Versicherung mit lesenswertem Urteil zur Zahlung der vorher gekürzten Sachverständigenkosten ( AG Siegburg Urteil vom 24.7.2013 -113 C 63/13-).

  1. sv sagt:

    „Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat ferner nicht vorgetragen, dass der Geschädigten ein günstigerer Sachverständigentarif ohne weiteres zugänglich war.“ … wie auch?!!!

  2. Bernd Barremeyer sagt:

    Hei Willi,
    völlig richtig. Der Sachverständige ist Erfüllungsgehilfe des Schädigers. Dessen eventuelle Fehler, wie sie von der Versicherungswirtschaft immer wieder erhoben werden, gehen voll zu Lasten des Schädigers. Also müssen sich die Versicherungen die behaupteten Überhöhungen der Sachverständigenkosten selbst zurechnen lassen. Der Geschädigte darf in den Streit zwischen Schädiger und seinem Erfüllungsgehilfen, nämlich dem vom Geschädigten beauftragten Gutachter, nicht hereingezogen werden. Die Haftpflichtversicherungen müssen daher auch überhöhte Gutachterkosten zahlen. Der von den Versicherungen immer wieder gebrachte Einwand der Überhöhung ist daher regelmäßig unerheblich. Er vermag das klägerische Vorbringen auf Ersatz der Sachverständigenkosten als erforderlichen Herstellungsaufwand nicht zu Fall zu bringen. Deshalb sind solche Einwände letztlich das Papier nicht wert, auf dem sie schriftsätzlich vorgebracht werden.

    Der Gedanke, dass der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige Erfüllungsgehilfe des Schädigers ist, müßte, wie es schon im Vorspann von Dir gebracht wurde, viel häufiger von Seiten der Geschädigten und ihrer Anwälte gebracht werden.

    Ein schönes Urteil aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Danke.

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