AG Geilenkirchen verurteilt LVM Versicherung zu Zahlung weiterer Mietwagenkosten (10 C 445/08 30.04.2009)

Mit Datum vom 30.04.2009 (10 C 445/08) hat das AG Geilenkirchen den LVM aG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 367,27 zzgl. Zinsen sowie  weiterer vorgerichtlichen RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwache-Liste an und erteilt der Fraunhofer Tabelle eine Absage.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Klageantrag ist insoweit auszulegen, als ein Gesamtbetrag in Höhe von 950,70 € bestehend aus restlichen Mietwagenkosten (849,30 €) und Rechtsanwaltskosten (101,40 €) und nicht ein Betrag in Höhe von 950,70 € zuzüglich 101,40 € Rechtsanwaltskosten geltend gemacht wird. Dies ergibt sich aus der Klagebegründung (S. 3 der Klageschrift), worin der Betrag von 950,70 € ausdrücklich in Addition der restlichen Mietwagen kosten und der Rechtsanwaltskosten berechnet wird; bei wörtlicher Auslegung des Antrages würden die Rechtsanwaltsosten ohne nachvollziehbaren sachlichen Grund – doppelt ersetzt verlangt.

Die Klage ist nur teilweise begründet. Die Klägerin kann gemäß §§ 823 BGB, 7 StVG, 3 PflVG a.F., 398 BGB aus abgetretenem Recht der Höhe- nach nur Ansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten geltend machen, die sich nach Abzug eines etwaigen Mitverschuldens wegen Schadenminderungspflichtverletzung des Zeugen X. ergeben. Grundsätzlich kann der Geschädigte der Höhe nach nur die Mietwagenkosten erstattet verlangen, die dem in seinem Postleitzahlengebiet üblichen Tarif entsprechen.

Vorliegend ist zur Bemessung der üblichen Mietpreise für Ersatzfahrzeuge der AMS 2007 als maßgebliche und geeignete Schätzgrundlage nach § 287 ZPO heranzuziehen. Denn die jeweiligen Schwacke AMS sind grundsätzlich als Schätzgrundlage nicht zu beanstanden (vgl. LG Aachen, Urt vom 03.03.2009, Az.: 7 S 142/08), es sei denn, es werden konkrete und auf den Fall bezogene Einwendungen gegen die Richtigkeit der Erhebungen vorgetragen; lediglich allgemeine Erwägungen über die Brauchbarkeit und Authentizität der Schätzgrundlage genügen dagegen nicht (vgl. BGH NJW 08, 1519; OLG Köln Schaden-Praxis 2008, 218; Palandt-Heinrichs, 67. Auflage, § 249 Rn 31). Dann ist, wenn von Seiten des  Geschädigten kein konkretes Sachverständigengutachten beantragt wird, auch ein Rückgriff auf den „Marktpreisspiegel  Mietwagen Deutschland 2008“ des Fraunhofer Institutes zulässig; dies jedoch  nur, wenn konkret auf das Postleitzahlengebiet des Wohnsitzes des Geschädigten bezogen dargetan wird, dass die Mietpreise üblicherweise geringer sind (vgl. OLG Köln DAR 2009, 33). Die Beklagte trägt über allgemeine Erwägungen hinaus lediglich vor, dass drei Mietwagenfirmen in Aachen vergleichbare Fahrzeuge zu günstigeren Preisen anböten. Hier sind jedoch die einzigen konkreten Einwendungen der Beklagten auf die Ergebnisse einer Internetrecherche anhand der Suchmaschine „-www.billiger-mietwagen.de-“ zu Mietwagenangeboten Abholort Aachen bezogen; der Geschädigte ist jedoch in G. wohnhaft (PLZ 525XX). Die Einwendungen der Beklagtenseite sind daher trotzdem zu pauschal, um ausreichende Zweifel an der Richtigkeit der anerkannten Schätzgrundlage zu begründen.

Jedoch sind auch unter Zugrundelegung des AMS 2007 nur Mietwagenkosten in Höhe von 367,27 € ersetzbar.

Vorliegend kann die Klägerin Mietwagenkosten für 9 Tage geltend machen. Da die Reparatur unstreitig bis zum 10.04.2008 andauerte, kann der Geschädigte für diesen Zeitraum, unabhängig von der fiktiven Reparaturdauer, für diese Zeit Mietwagenkosten ersetzt verlangen. Da die Anmietung aber nur 9 volle Tage andauerte, da das Fahrzeug ausweislich des Mietvertrages vom 01.04.2008 ‚ 16:30 h bis zum  10.04.08  16:30 angemietet wurde, kann die Klägerin auch nur neun Tage berechnen. Entsprechende Gründe für eine Abrechnung von 10 Tagen Mietdauer wurden – trotz der mehrfachen diesbezüglichen Einwendung der Beklagtenseite – nicht dargetan. Nebenkosten wie Kosten der Zustellung/Abholung sind nach AMS Teil des zu erstattenden Schadens (vgl. OLG Köln NZV 07, 199). Der Aufschlag für eine Vonkaskoversicherung ist auch dann ersetzbar, wenn das verunfallte Kfz selbst nicht vollkaskoversichert war (BGH NJW 06, 360). Dann sind jedoch noch ersparte Aufwendungen in Höhe von 4 % anzuziehen (vgl. OLG Köln Schaden-Praxis 07,  13). Weiterhin ist vorliegend die Mietwagenklasse 7 anzusetzen, da das Fahrzeug (Mercedes E 240 T; EZ 03/200) entsprechend des Schwacke AMS 2003 als Neufahrzeug der Gruppe 8 zuzuordnen ist. Es ist nicht ersichtlich, warum insoweit die Klasse 10 nach Klasseneinstufung der „Nutzungsausfallentschädigungstabelle“ – wahrscheinlich bezieht sich die Klägerin insoweit auf die Tabelle nach Sanden/Danner/Küppersbusch – maßgeblich sein soll; die Klassifizierung nach Schwacke AMS 2003 ist – bezogen auf den AMS 2007 sachnäher. Das verunfallte Fahrzeug war über 8 Jahre-alt;Fahrzeuge, die über 5 Jahre alt sind, sind in der Regel in der Einstufung des AMS eine, über 10 Jahre alte Fahrzeuge um zwei Klassen herunterzustufen (vgl. Palandt-Heinrichs, 67. Auflage, Vorb v § 249 Rn 23 a m.w.N.); daher ist vorliegend die Mietwagenklasse 8 anzusetzen. Soweit hier streitig ist, ob es sich um die Ausstattungsvariante Avantgarde oder Classic handelt, ist der pauschale Vortrag des Klägers, es handele sich um ein Fahrzeug der Variante Avantgarde   unsubstantiiert.   Denn   aus  dem  von  der  Beklagtenseite  vorgelegten DEKRA-Gutachten ergibt sich eindeutig, dass es sich um die Ausstattungsvariante Classic handelt. Darüber hinaus hat der Kläger diesbezüglich nicht ausreichend Beweis angeboten, da bezüglich der Bestimmung der Ausstattungsvariante eines Fahrzeuges der Zeugenbeweis ungeeignet ist; dies kann allein durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt werden. Ohnehin war die Frage der Klasseneinordnung jedoch vortuend nicht relevant, da sich selbst bei Ansetzung der Klasse 7 nach Berechnung des Gerichts ein höherer Mietpreis ergibt, als die Klägerin ihn selbst zugrunde legt. Denn als Normaltarif, also ohne den 20%-Aufschlag nach Unfallersatztarif, setzt die Klägerin Mietwagenkosten inklusive Vollkaskoversicherung von insgesamt nur 1.260,93 € an;  nach der Abrechnung des Gerichtes (s.u.) ergibt sich insoweit sogar bei Ansetzung der Klasse 7 sowie für eine kürzere, nämlich nur 9~tägige Mietdauer eine höhere Summe (1.303,46 €).

Ein Aufschlag von 20 % nach den Grundsätzen des Unfallersatztarifs ist vorliegend nicht anzusetzen. Denn ein solcher ist nur dann berechtigt, wenn der Geschädigte aufgrund  einer unfallbedingten  Notsituation auf den durch  die Autovermietungen gesondert angebotenen und – anerkanntermaßen aus wirtschaftlichen Gründen – über dem Normaltarif liegenden Unfallersatztarif zurückgreifen muss. Von einer solchen Notsituation ist grundsätzlich nicht auszugehen, wenn der Geschädigte das Ersatzfahrzeug erst einen Tag nach dem Unfall anmietet (vgl. BGH NJW 2008, 1519)-hier erfolgte die Anmietung sogar erst am späten Nachmittag des Folgetages. Auf den entsprechenden Einwand der Beklagtenseite hat die Klägerin keine anderweitigen besonderen Gründe vorgetragen, warum hier – ggf. trotzdem – eine unfallbedingte Notsituation vorgelegen hätte, weswegen ein Inanspruchnahme des Normaltarifs dem Zeugen nicht möglich gewesen wäre.

Aus den obige Erwägungen ergeben sich unter Zugrundelegung des AMS 2007 (Klasse 7) Mietwagenkosten in Höhe von   1.095,46 €. Es ist ein Wochenpreis von 809 81 € und einem   Zwei-Tages-Preis   von   272,44   €   (2   x   136,22   €)   anzusetzen.    Für   die Vollkaskoversicherung fallen weitere 221,2J€ fix 168,85 € und 2 x 26,18 €) an, so dass sich Mietwagenkosten in Höhe von 1.303,46 € ergeben. Weiterhin ist aus den von Schwacke angesetzten Preisen die Mehrwertsteuer abzuziehen. Denn die Mietpreise nach AMS 2007 sind inklusive Mehrwertsteuer angesetzt, die Summe von 1.347,46 € ist daher als Bruttobetrag zu verstehen. Da der Geschädigte, der Zeuge X. jedoch vorsteuerabzugsberechtigt ist und daher nur den Nettobetrag ersetzt verlangen kann, muss auch bei der Bemessung des ortsüblichen Mietzinses der Nettobetrag hier also 1.095,35 € zugrunde gelegt werden. Abzüglich 4 % ersparter Aufwendungen (= 43 81 €) kann die Klägerin, bzw. der Geschädigte, dann „och 1051,54 6 ersetzt verlangen. Zuzüglich der berechneten 43,73 € netto Zustell- und Abholkosten ergibt sich ein Betrag in Höhe von 1095,46 €. Die Zustell- und Abholkosten sind der Höhe nach nicht zu beanstanden, da nach AMS 2007 hierfür jeweils 22,97 €, also insgesamt sogar 45,94 € angesetzt werden können. Abzüglich gezahlter 728, € ergibt sich der austenonierte Restbetrag in Höhe von   367,27 €. 

Soweit das AG Geilenkirchen.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Abtretung, Haftpflichtschaden, LVM Versicherung, Mietwagenkosten, Rechtsanwaltskosten, Urteile, Urteile gegen Fraunhofer, Urteile Mietwagen, Urteile pro Schwacke, Wichtige Verbraucherinfos abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

1 Antwort zu AG Geilenkirchen verurteilt LVM Versicherung zu Zahlung weiterer Mietwagenkosten (10 C 445/08 30.04.2009)

  1. Willi Wacker sagt:

    Hi Babelfisch,
    auch am Niederrhein hat Fraunhofer keine Chance. Die pauschalen Begründungen der Beklagten reichen nicht aus, um Fraunhofer eine Chance zu geben. Weiter so.
    Willi Wacker

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert