AG Ulm verurteilt HUK Coburg zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars (Az.: 3 C 242/10 vom 17.03.2011)

Mit Entscheidung vom 17.03.2011 (3 C 2421/10) wurde die HUK Coburg Versicherung durch das Amtsgericht Ulm zur Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten verurteilt. Die Klage erfolgte durch den Sachverständigen aus abgetretenem Recht. Bestritten wurde seitens der HUK u.a. auch die Aktivlegitimation des Sachverständigen. Auch ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistunggesetz wollte die HUK dem SV unterstellen. In seiner umfangreichen Begründung ist das Gericht diesem Vorwurf jedoch entgegen getreten. Ein fundiertes Urteil ohne Angemessenheitsprüfung, BVSK-Liste  usw. unter Zugrundelegung schadensersatzrechtlicher Aspekte.

Amtsgericht Ulm

3 C 2421/10

Verkündet
am: 17.03.2011

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Rechtssache

Sachverständigenbüro

– Klägerin –

gegen

HUK Allgemeine Versicherungs AG, v.d.d.Vorstand, Silcherstr. 1, 70176 Stuttgart,

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Ulm

durch Richter am Amtsgericht …

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2011

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 497,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.08.2010 sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 70,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seitdem 11.09.2010zu bezahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gebührenstreitwert: 497,00 EUR

Tatbestand:

Auf die Abfassung des Tatbestands wird gemäß § 313 a ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz gemäß §§ 7 StVG, 249, 398 BGB aus abgetretenem Recht in Höhe von 497,51 EUR zu.

1.
Aufgrund der wirksamen Abtretung an die Klägerin ist diese für die Geltendmachung des Schadenersatzanspruches aktivlegitimiert. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vor und die Vollmacht ist auch bestimmt genug.

a)
Die Abtretung zwischen dem Geschädigten und dem Kläger verstößt nicht gegen § 134 BGB i.V.m. § 2 RDG, da kein Verstoß gegen das RDG vorliegt.

Gemäß § 2 Abs. 1 RDG ist eine Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Im vorliegenden Fall liegt eine fremde Rechtsangelegenheit vor, da die Klägerin die Forderung des Geschädigten außergerichtlich und nunmehr gerichtlich geltend macht.

Die Frage, ob hierbei das Tatbestandsmerkmal der rechtlichen Prüfung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG vorliegt, kann im konkreten Fall jedoch dahinstehen, da die Geltendmachung des vorliegenden Schadensersatzanspruchs zumindest gemäß § 5 Abs. 1 RDG als Nebenleistung zu der Hauptleistung der Klägerin, die auch zum Berufs- und Tätigkeitsbild der Klägerin gehört, anzusehen und damit auch als für sie zulässige Rechtsdienstleistung zu werten ist. Dass gerade die Konstellation einer Unfallschadensabwicklung in den Anwendungsbereich des § 5 RDG fällt und es sich sogar um einen typischen Fall der zulässigen Nebenleistung handelt, ist der Gesetzesbegründung zu § 5 RDG zu entnehmen (BR Drucksache 623/06, S. 110 ff). Dort heißt es wörtlich: „Diese Forderungseinziehung, bei der die Rechtsdienstleistung – die Einziehung der eigenen Vermögensansprüche gegenüber einem Dritten – besonders eng mit der eigentlichen, den Vergütungsanspruch auslösenden Haupttätigkeit verbunden ist, soll künftig auch dann grundsätzlich erlaubt sein, wenn sie eine besondere rechtliche Prüfung erfordert. Weitere Anwendungsfälie der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit finden sich auch im Bereich der Unfallschadensregulierung etwa bei der Geltendmachung von Sachverständigen-, Mietwagen-, oder Reparaturkosten.“ (BR Drucksache 623/06, S. 110). Aus dieser Gesetzesbegründung wird deutlich, dass es gerade dem gesetzgeberischen Willen entsprach, Situationen wie die vorliegende als zulässige Dienstleistungen im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes zu werten. Der Gesetzgeber wollte den Kunden gerade von der lästigen Schadensabwicklung entlastet wissen (BT-Drucksache 16/3655, S. 53). Sinn und Zweck hierfür ist die durch den Unternehmer sehr viel leichter erbringbare und im Streitfall regelmäßig erforderliche Rechtfertigung der eigenen Leistung gegenüber dem Ersatzpflichtigen (BR Drucksache 623/06, S. 110). Und genau diesen Zweck erfüllte die vorliegende Abtretung, da durch die Beklagte gerade die Erforderlichkeit der Begutachtungskosten abgelehnt wurde.

Diese nunmehr möglichen Gestaltungen bei der Schadensabwicklung sollen auch unabhängig davon gelten, ob die Abtretung der Kundenforderungen an erfüllungshalber, erfüllungsstatt oder zur Sicherheit verwirklicht wird. In der Rechtsprechung war es zu Artikel 1 § 5 Rechtsberatungsgesetz bislang herrschende Meinung, eine Abtretung von Kundenforderungen an einen gewerblichen Unternehmer nur dann als zulässig anzusehen, wenn es diesem im Wesentlichen darum geht, die ihm durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen (vgl. BGH NJW 2005, 3570 ff., BGH NJW-RR 2005, 1371 ff.). Diese Einschränkung der Abtretungsmöglichkeiten sollte ausweislich der zitierten Gesetzesbegründung unter der Geltung des Rechtsdienstleistungsgesetzes gerade aufgehoben werden (BR Drucksache 623/06, S. 110).

b)
Anhaltspunkte dafür, dass die Abtretungserklärung an die Klägerin vom 9.4.2010 zu unbestimmt ist, sind nicht ersichtlich. Voraussetzung für die Bestimmtheit einer Abtretung ist , dass die Benennung der juristischen Entstehungsgrundlage und Umschreibung des für die Entstehung maßgeblichen Lebenssachverhalts gegeben ist, wenn sich daraus die Forderung bzw. die Forderungen ableiten lassen (so auch BGH NJW-RR 2003, 1690) oder der abzutretende Anspruch abgrenzbar bezeichnet ist. Dies ist vorliegend der Fall, da die Ansprüche des Geschädigten gegen die Beklagte aufgrund des genannten Unfallereignisses begrenzt auf den Ersatz der Gutachterkosten abgetreten wurden.

c)
Auch die Rüge der Prozessvollmacht durch die Beklagte führt nicht zu einem Wegfall der Aktivlegitimation. Die Frage, ob ein Verstoß gegen § 43 a IV BRAO gemäß § 134 BGB zur Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen Mandant und Rechtsanwalt führt, wurde vom BGH bislang nicht entschieden (soweit ersichtlich zuletzt in BGH WM 2009, 1297 offen gelassen). Jedenfalls beeinflusst ein derartiger Verstoß die Wirksamkeit der von den Parteivertretern vorgenommenen Prozesshandlungen nicht, da die bei Verstoß gegen § 1 RDG ff. oder bei Tätigwerden eines Rechtsanwalts, dem die Zulassung entzogen wurde, geltenden Gesichtspunkte auf einen möglichen Verstoß gegen § 43 a Abs. 4 BRAO nicht übertragen werden können (BGH WM 2009, 1296, 1297 f.). Dies folgt auch aus § 155 Abs. 5 BRAO, wonach die Wirksamkeit von Rechtshandlungen des Rechtsanwalts durch ein eventuelles Berufs- oder Vertretungsverbot nicht berührt wird. Der Schutz des Mandanten gebietet bei eventuellen Verstößen gegen ein berufsrechtliches Tätigkeitsverbot nicht die Unwirksamkeit von Rechtshandlungen des Rechtsanwalts (BGH WM 2009, 1296, 1297).

2.
Zwischen den Parteien ist der Haftungsgrund, der Verkehrsunfall des Zedenten vom 09.04.2010 auf der B10 in … unstreitig.

3.
Der in der Klage geltend gemachte weitere Schaden in Höhe von 497,51 EUR ist gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzen. Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist wegen einer Beschädigung einer Sache Schadenersatz in Geld zu leisten und der durch das Schädigen der eigens verursachte Schaden zu ersetzen.

Die vorliegende zwischen den Parteien streitige Frage, ob Gutachterkosten der Klägerin angemessen sind, kann dahinstehen, da der Schädiger im Rahmen eines Schadenersatzanspruchs das Prognoserisiko des Geschädigten, das sogenannte Werkstattrisiko trägt (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Auflage, § 249 Rn. 13; Geigel, Haftpflichtprozess, 25. Auflage, Kapitel 3, Rn.14; Staudinger/Gottfried, BGB, 2005, § 249 Rn. 229; BGH NJW 1972, 1800; BGH NJW 1992, 302; OLG Stuttgart NJW-RR 2004, 104 ff.). Aufgrund der Zuweisung dieses Prognoserisikos in die Sphäre des Schädigers hat bei den erforderlichen Kosten deshalb nur derjenige Schaden unberücksichtigt zu bleiben, welcher der Geschädigte wegen schuldhafter Verletzung seiner Pflicht zur Geringhaltung des Schadens zu verantworten hat. Aus diesem Grund gehen Verzögerungen durch fehlerhafte Organisation des Reparaturbetriebs, Ausfall von Arbeitskräften, unwirtschaftliche oder fehlerhafte Handhabung der Reparatur, welche dem Einfluss und der Kontrolle des Geschädigten entzogen sind zu Lasten des Schädigers (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 2004, 104 ff.). Das Prognoserisiko trägt daher der Schädiger, soweit der sachliche und wirtschaftliche Erfolg von Herstellungsmaßnahmen, die der Geschädigte für zweckmäßig und geeignet halten durfte, in Frage steht. Nur für unvernünftige, aller Erfahrung widersprechenden Maßnahmen des Geschädigten oder von ihm hinzugezogener dritter Personen braucht der Schädiger nicht aufzukommen (Staudinger/Gottfried, BGB, 2005, § 249 Rn. 229). Anhaltspunkte dafür, dass der Geschädigte die Beauftragung des Klägers mit dem Gutachten als grob unvernünftig und unwirtschaftlich anzusehen hatte, sind vorliegend nicht ersichtlich.

Insgesamt hat der Beklagte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dem Kläger deshalb die Mittel für diejenigen Maßnahmen zur Verfügung zu stellen, die ein verständiger Fahrzeugeigentümer in der besonderen Lage des Geschädigten zur Schadensbeseitigung treffen würde und damit Ersatz der für das Sachverständigengutachten vom 29.04.2010 aufgewendeten Kosten von insgesamt 769,51 EUR unter Abzug der bereits gezahlten 272,00 EUR.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind gemäß § 280 Abs. 1, 286 BGB i.V.m. §§ 13, 14 Nr. 2300 W RVG zu ersetzen.

Die Zinszahlungspflicht ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs, 2 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Abs. 1 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “ SV-Honorar” zum Download >>>>>

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1 Antwort zu AG Ulm verurteilt HUK Coburg zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars (Az.: 3 C 242/10 vom 17.03.2011)

  1. BGH LESER sagt:

    Sehr schön ausgeführt und erläutert. Respekt an das erkennende Gericht welches sich offensichtlich nicht durch die alte bekannte Masche seitens der HUK in die Irre führen lies.

    Bleibt zu hoffen, dass dies auch mal von AG und LG der nahe gelegenen Landeshauptstadt erfasst wird, denn aus diesem Gerichtsbezirk sind ja hinlänglich katastrophale Urteile bezüglich Aktivlegitimation bekannt.

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