Etwas Historisches: AG Coburg verurteilt HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung der vorher gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 3.7.2008 – 12 C 1843/07 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachstehend geben wir Euch heute  ein etwas älteres (aber durchaus interessantes) Sachverständigenkostenurteil aus Coburg gegen die HUK-Coburg bekannt, das zeigt, dass man auch in Coburg RECHT sprechen kann – wenn man nur will. Ihr seht, dass auch schon 2008 die Coburger Firma die Gerichte, sogar ihr „Heimatgericht“ beschäftigen musste, weil sie auch schon damals rechtswidrig Schäden regulierte. Schon damals behauptete die HUK-Coburg rechtsirrig, dass sie als Haftpflichtversicherer nicht verpflichtet sei,  überhöhte Sachverständigenkosten zu erstatten. Dabei verkannte sie auch schon damals, dass der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige der Erfüllungsgehilfe des Schädigers ist. Vermeintliche Fehler desselben gehen daher zu Lasten des Schädigers und dessen Versicherer. Aus dem Grunde sind nach absolut herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur auch überhöhte Gutachterkosten zu erstatten. Der Schädiger ist auf den Vorteilsausgleich verwiesen. In der ganzen Zeit hat die HUK-Coburg nichts gelernt bzw. wollte die Augen einfach vor der Rechtslage verschließen und hat unsinnige Prozesse geführt. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

AmtsgerichtCoburg

Geschäftsnummer:
12 C 1843/07

NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

Klägerin –

gegen

HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg, Willi-Hussong-Str. 2, 96442 Coburg,

– Beklagte –

wegen Schadensersatzes

erkennt das Amtsgericht Coburg durch Richter … am 03.07.2008 im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO ohne mündliche Verhandlung aufgrund des Sach- und Streitstandes vom 30.05.2008 für Recht:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 106,72 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.11.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I.

Der Kläger hat Anspruch gegen die Beklagte aut Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten und restlicher Unkostenpauschale gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2 StVG, 823 Abs. 1, 249 BGB, 3 PflVG.

1.
Die Haftung der Beklagten für die der Klägerin entstandenen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 18.05.2007 ist zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig.

2.
Die Kosten des Kfz-Sachverständigen sind dem Grunde nach ersatzfähig – Sachverständigenkosten sind regelmäßig adäquate Schadensfolgen und zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sowie Schadensheseitigung erforderlich. Insbesondere stellt der Schaden nicht lediglich einen Bagatellschaden dar.

3.
Die Kosten des Kfz-Sachverständigen sind auch der Höhe nach ersatzfähig.

Der Geschadigte ist zunächst berechtigt, pauschalierte Sachverständigenkosten geltend zu machen, die in Relation zur Schadenshöhe ermittelt wurden (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06).

Setzt man die so ermittelten gesamten Sachverständigenkosten in H&he von 428,93 EUR ins Verhältnis zu dem im Gutachten festgestellten Schaden in Höhe von 1.503,47 EUR, so liegen diese bei gut 28 % und sind daher nicht zu beanstanden.

Zwar erscheinen die abgerechneten Kosten recht hoch. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen freilich in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint, so dass er im Regelfall berechtigt ist, einen qualifizierten und u. U. auch teuren Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Hält der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen ein, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen. Hat der Geschädigte keine Hinweise darauf, dass die für das Gutachten in Rechnung gestellten Gebühren völlig aus dem üblichen Rahmen fallen bzw. in keinerlei vernünftigem Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen, so kann er diese Kosten vom Schädiger ersetzt verlangen. Grundsätzlich sind daher die Kosten eines Sachverständigengutachtens auch dann zu ersetzen, wenn diese übersetzt sind (vgl. Palandt/Heinrichs, § 249 BGB, Rn, 40 mit weiteren Nachweisen).

Erst dann, wenn der Geschädigte Kosten produziert, die ein vernünftig Handelnder in seiner Situation nicht verursachen würde, geht dies nicht zu Lasten des Schädigers (LG Coburg, Urteil v. 28.06.2002, Az. 32 S 61/02). Davon kann im hier zu entscheidenden Rechtsstreit nicht ausgegangen werden. Insoweit hat das Landgericht Coburg bereits in seiner vorgenannten Entscheidung festgestellt, dass Sachverständigenkosten, die 1/4 der Reparaturkosten betragen, als nicht völlig unangemessen angesehen werden können. Dementsprechend kann auch bei dem hier ermittelten Verhältnis nicht davon gesprochen werden, dass ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage der Klägerin die Kosten nicht für zweckmäßig und notwendig halten durfte.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es nicht zum Regelfall zählt, Geschädigter eines Verkehrsunfalls zu sein und Gutachter zur Schadensermittlung beauftragen zu müssen. Einem Geschädigten sind daher die Preisstrukturen bei Sachverständigengutachten – wenn überhaupt – nicht derart detailliert bekannt, dass bei Beauftragung Zweifel aufkommen müssten, zumal die Geaamtkosten erst nach Fertigstellung des Gutachtens und Kenntnis von der Schadenshöhe feststehen. Ein durchschnittlich Geschädigter musste sich auch bei der Abrechnung nicht zur Nachfrage bzw. zur Zahlungsverweigerung veranlasst sehen, da sich angesichts der in Rede stehenden Kosten eine Unangemessenheit nicht sofort aufdrängen musste.

Die klägerseits geltend gemachten Kosten waren deshalb zur Herstellung im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich. Anhaltspunkte für Verstöße gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 249 BGB sind nicht erkennbar.

4.
Die geltend gemachten Nebenkosten sind ebenfalls uneingeschränkt ersatzfähig. Die gegenteilige Ansicht der Beklagten vermag nicht zu überzeugen, da es für die Ersatzfähigkeit der Gutachterkosten allein auf den Gesamtbetrag ankommt. Wie diese verteilt und bemessen sind, ist unerheblich. Auf die vorstehenden Erwägungen kann daher Bezug genoranen werden. Dessen ungeachtet wurde weder vorgetragen noch ist ersichtlich, warum der Klägerin hätte auffallen können bzw. müssen, dass die Nebenkosten nicht notwendig gewesen sein sollen. Eine Kürzung ist allenfalls dann angebracht, wenn Positionen abgerechnet werden, die als solche nicht angefallen sind.

II.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288, 291, 247 BGB. Der Mahnbescheid wurde am 14.11.2007 zugestellt. Sachvortrag zu einem Verzugseintritt am 23.10.2007 ist nicht erfolgt, so dass die Klage insoweit abgewiesen werden musste.

III.

Die Kostenentscheidung resultiert aus § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu Etwas Historisches: AG Coburg verurteilt HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung der vorher gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 3.7.2008 – 12 C 1843/07 -.

  1. Insider sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    ein solches Urteil ist in Coburg heute kaum noch denkbar. Auch das historische Urteil neigt in den Entscheidungsgründen schon zu Perspektiven, die schadenersatzrechtlich nicht nachvollziehbar sind.
    Gefunden ?
    Gerade deshalb ist die Veröffentlichung interessant.

    Mit freundlichen Grüßen
    Insider

  2. Bernd Brüggemann sagt:

    Hei Insider,
    wenn das Dezernat der 12. Zivilabteilung in den letzten 5 Jahren nicht gewechselt hat, kann dem Dezernenten oder der Dezernentin dieser Zivilabteilung gut das „historische“ Urteil von 2008 vorgelegt werden. Dann muss er oder sie in den Urteilsgründen auch nachvollziehbar begründen, warum die Rechtsauffassung des Dezernates gewechselt hat. Nicht umsonst werden die Macher dieses Blogs dieses Urteil hier eingestellt haben. Auch ich bin der Meinung, dass es gut ist, dieses „wieder aufgefundene“ Urteil hier zu veröffentlichen. Danke an die Redaktion und Willi Wacker.

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