AG Köln verurteilt die DEVK Allg. Vers. AG zur Zahlung der notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung, die sie vorgerichtlich nicht bereit war zu erstatten, mit Urteil vom 23.3.2015 – 274 C 209/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

nachfolgend veöffentlichen wir für Euch heute noch  ein Urteil aus Köln zu den Rechtsanwaltskosten gegen die DEVK Versicherung. An dieser Entscheidung ist gut erkennbar, dass die Versicherer an allen Fronten versuchen, noch etwas Geld einzusparen. Die Versicherer beschäftigen selbst ein Heer von Rechtsanwälten ohne Rücksicht auf die Kosten und wollen der Geschädigtenseite eine qualifizierte Rechtsberatung untersagen. Wie hatte in dem letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts noch Herr Küppersbusch getönt. Die Sachverständigen und die Rechtsanwälte müssten aus dem Schadensregulierungsgeschäft verdrängt werden. Diese „Wegelagerer“ würden bei der Schadensregulierung nicht benötigt. Nun sind fast zwanzig Jahre ins Land gegangen und der Verdrängungsprozess läuft immer noch. Dies gilt insbesondere für die Versuche der Schadensmanagement-DEVK, die jeden Cent zweimal umdreht, bevor sie ihn ausgibt und der Geschädigte ohne Anwalt in der Regel auf verlorenem Posten steht. Zum besseren Verständnis des Urteils hier noch einige Anmerkungen des Einsenders:

„Wir haben in einem Fall eine Autovermietung gegen die DEVK-Versicherung vertreten. Der nicht sehr komplizierte Kfz-Unfall wurde vom Gericht gleichwohl als ein nicht einfach gelagerter Fall eingestuft mit zutreffender Begründung. In einem obiter dictum erteilt das Gericht der beliebten Argumentation der Versicherer zu einer angeblichen Gewandtheit gewerblicher Betriebe bei der Schadensgeltendmachung eine deutliche Absage. Das Urteil reiht sich erfreulich deutlich ein in die Entscheidungen des  OLG Frankfurt a. M., 22 U 171/13, und des AG Kassel, 415 C 6203/08. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.“

Lest allerdings selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

274 C 209/14                                                                            Verkündet am 23.03.2015

Amtsgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

… ,

Klägerin,

gegen

die DEVK Allgemeine Versicherungs-AG, vertr. d. d. Vorstand, RiehlerStr. 190, 50735 Köln,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Köln
im schriftlichen Verfahren mit einer Schriftsatzeinreichungsfrist bis zum 02.03.2015
durch die Richterin am Amtsgericht W.

für Recht erkannt:

1.   Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 805,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 16.12.2014 zu zahlen.

2.   Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.  Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die zum Vorsteuerabzug berechtigte Klägerin, welche in … eine Autovermietung betreibt, begehrt von der Beklagten weiteren Schadenersatz aus einem Unfallereignis, das sich am 01.04.2014 ereignet hat. Der Versicherungsnehmer der Beklagten fuhr unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt von einer Parkplatzausfahrt in den fließenden Verkehr ein, wobei es zu einer Kollision mit dem Fahrzeug der Klägerin (Audi A …) kam. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Unfall von dem Versicherungsnehmer der Beklagten verursacht wurde und die Beklagte dem Grunde nach zu 100 % haftet.

Der materielle Schaden der Klägerin belief sich auf ein 11.205,67 EUR. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 20.05.2014 wurde die Beklagte zur Zahlung des vorgenannten Betrages unter Fristsetzung bis zum 03.06.2014 aufgefordert. Zugleich wurde sie zur Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 805,20 EUR aufgefordert. Wegen des genauen Inhaltes des Schreibens wird auf Anl. K1, Bl. 14 ff. der Akte, Bezug genommen. Mit Schreiben vom 05.06.2014 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass die Haftung geklärt sei und der unfallbedingte Schaden reguliert werde (Anlage BLG 1, Bl. 58 der Akten). Zugleich teilte sie mit, dass das Datum der Erstzulassung aus dem vorgelegten Gutachten nicht plausibel hervorgehe und anhand der eingereichten Fotos einige Schadenspositionen nicht nachvollzogen werden könnten. Es wurde um eine Inaugenscheinnahme gebeten. Mit Schreiben vom 14.07.2014 wurde die Forderung mit Ausnahme der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten vollständig ausgeglichen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass von der Beklagten auch die Kosten der Rechtsverfolgung zu tragen seien. Es könne dahinstehen, ob sie mit der Abwicklung von Schadenersatzansprüchen vertraut sei, da sie nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfüge.  Es liege auch  kein einfach gelagerter Fall vor. Einen rechtlich einfach gelagerten Verkehrsunfall gebe es für einen Rechtsunkundigen nicht. Sowohl die Rechtsprechung zum Umfang des Schadenersatzes, wie auch das Regulierungsverhalten einiger Versicherer habe eine Dimension erreicht, die für den nicht rechtskundigen  nicht mehr überschaubar sei. Selbst bei Fällen, die dem Haftungsgrunde nach eindeutig seien, würden sich Versicherer auf Mindermeinungen  zurückziehen. Darüber hinaus würden stereotype Kürzungen betreffend die Höhe des Schadens vorgenommen werden. Es gebiete die Waffengleichheit, dass sie sich eines Rechtsanwaltes für die außergerichtliche Geltendmachung des Schadensersatzes bedienen durfte. Letztlich sei auch die Höhe des Schadens zu berücksichtigen. Bereits hieraus ergebe sich, dass die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

die  Beklagte wird verurteilt, an sie 805,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Einschaltung eines Rechtsanwaltes nicht erforderlich gewesen sei. Es habe zu keinem Zeitpunkt über die Schadenhöhe oder die Haftung dem Grunde nach zwischen den Parteien Streit bestanden. Es sei für die Klägerin abzusehen gewesen, dass eine schnelle und unkomplizierte Schadensregulierung erfolgen werde, da der Schadensfall keinerlei tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten beinhaltet habe. Die Schadenhöhe sei nicht relevant, sofern die Haftung dem Grunde nach zeitnah anerkannt werde. Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin nicht über eine Rechtsabteilung oder Personal verfüge, welches im vorliegenden Fall in der Lage gewesen wäre, ein erstes Anspruchsschreiben mit Bezifferung der entstandenen Schäden formulieren zu können. Ihre Verantwortlichkeit für den Schaden und die Haftung seien im vorliegenden Fall derart klar gewesen, dass aus Sicht der Klägerin keine vernünftigen Zweifel daran bestehen konnten, dass sie ohne Weiteres ihrer Ersatzpflicht nachkommen werde. Dies sei tatsächlich, wie das Regulierungsverhalten zeige, auch der Fall gewesen.

Die Klage wurde der Beklagten am 15.12.2014 zugestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 805,20 EUR gem. §§ 7 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, 249 BGB.

Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach für die der Klägerin unfallbedingt entstandenen Schäden steht zwischen den Parteien außer Streit.

Die hier geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gehören zu dem mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und nach § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteil. Grundsätzlich zählen zu dem erforderlichen Aufwand nach der Rechtsprechung des BGH diejenigen Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und Notwendigkeit halten durfte. Dabei ist für die Frage der Erforderlichkeit auf eine ex-ante Sicht abzustellen. Grundsätzlich hat der Schädiger dabei für alle durch das Schadensereignis verursachten Kosten einzustehen, weshalb an die Voraussetzungen des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind (BGH Urt. v. 08.11.1994 – VI ZR 3/94, zit.n.juris).

Der BGH hat in seinem Urteil vom 08.11.1994 – VI ZR 3/94 – entschieden, dass vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten dann nicht erstattungsfähig sind, wenn ein einfach gelagerter Schadensfall vorliegt, in dem die Haftung dem Grunde und der Höhe nach derart klar ist, dass aus der Sicht des Geschädigten kein Anlass zu Zweifeln an der Erstattungspflicht des Schädigers besteht. In einem solchen Fall ist für die erstmalige Geltendmachung des Anspruches gegenüber dem Schädiger bzw. seiner Versicherung die Einschaltung eines Rechtsanwaltes nur dann erforderlich, wenn der Geschädigte selbst hierzu aus besonderen Gründen, wie etwa einem Mangel an geschäftlicher Gewandtheit, nicht in der Lage ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten erachtet das Gericht den streitgegenständlichen Verkehrsunfall jedoch nicht als einen derart einfach gelagerten Fall, der mit demjenigen, der der Entscheidung des BGH zugrunde lag, vergleichbar ist. In dem Verfahren, das von dem BGH entschieden wurde, ging es um eine Kollision zwischen einem Fahrzeug und einer Leitplanke. Im vorliegenden Fall waren jedoch zwei Fahrzeuge beteiligt, so dass sich automatisch die Frage der Betriebsgefahren stellt (vgl. LG Krefeld, Urteil v. 07.04.2011, Az. 3 S 39/10). Allein die Tatsache, dass hier das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug aus dem ruhenden Verkehr in den fließenden Verkehr einfuhr und es dabei zu dem Verkehrsunfallereignis gekommen ist, ändert an der Tatsache, dass das Gericht einen einfach gelagerten Fall nicht annimmt, nichts. Zwar sprach hier der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Fahrers des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs. Eine vollständige Haftung des Fahrzeugführers des bei der Beklagten versicherten Fahrzeuges dem Grunde nach ergibt sich hieraus jedoch noch nicht. Aus einer ex-ante Sicht konnte jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die zumindest zu berücksichtigende Betriebsgefahr hinter dem Verkehrsverstoß gegen § 10 StVO vollständig zurück tritt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Frage, wann ein Anscheinsbeweis erschüttert ist, durch eine umfangreiche Kasuistik geprägt ist, die es ausgeschlossen erscheinen lässt, von einem einfach gelagerten Fall zu sprechen. Ob die Betriebsgefahr zurück tritt, ist generell eine nicht einfache Problematik.

Aus einer ex-ante Sicht war auch nicht davon auszugehen, dass Zweifel an der Schadenshöhe ausgeschlossen sind. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass inzwischen eine vielfältige Rechtsprechung zum Umfang des erstattungsfähigen Schadens besteht, die sich in einer kontinuierlichen Entwicklung befindet. Im hiesigen Fall wurden mehrere Positionen geltend gemacht. Es war insbesondere bezüglich der geltend gemachten merkantilen Wertminderung und der Reparaturkosten nicht von vorneherein auszuschließen, dass hiergegen Einwände erhoben werden. Denn zu der Ermittlung der merkantilen Wertminderung gibt es diverse Schätzmethoden, die nicht immer zu einem einheitlichen Ergebnis gelangen. Auch bei Reparaturkosten wird oft um die Erstattungsfähigkeit diverser Positionen bei fiktiver Abrechnung gestritten (z.B. Erstattung von UPE-Verbringungskosten, Kosten der Beilackierung etc.). Hierzu besteht eine umfangreiche und unterschiedliche Rechtsprechung.
Dadurch, dass das Gericht schon nicht davon ausgeht, dass ein einfach gelagerter Fall vorlag, greift auch der Einwand der Beklagten, dass es sich bei der Klägerin um ein Mietwagenunternehmen handelt, das eine gewisse Geschäftsgewandtheit besitzt, nicht durch. Letztlich ist hierbei aber auch zu berücksichtigen, dass sich die Erfahrung eines Mietwagenunternehmens nicht primär auf eine Schadenabwicklung und die Prüfung von Ansprüchen bezieht. Es kann einem gewerblichen Mietwagenunternehmen  aus Sicht des  Gerichts auch  nicht zugemutet werden, Personal eigens dafür abzustellen, sich in die komplexe und  unüberschaubare Materie der Regulierung von Verkehrsunfällen einzuarbeiten.

Der geltend gemachte Anspruch ist auch der Höhe nach gerechtfertigt. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaitskosten berechnen sich nach einer 1,3-Gebühr gemäß Nr. 2003 W RVG bei einem Gegenstandswert von 11.205,67 EUR zzgl. einer Pauschale in Höhe von 20,00 EUR gemäß Nr. 7002 W RVG, mithin insgesamt 805,20 EUR.

Daneben kann die Klägerin die geltend gemachten Zinsen gem. §§ 288 Abs. 1, 291, 187 analog BGB verlangen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 711 ZPO.

Streitwert: 805,20 EUR

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