Die Forderungsabtretung aus dem Blickwinkel des Rechtsdienstleistungsgesetzes. BGH-Verhandlungstermin am 31.01.2012 (VI ZR 143/11)

Am 31.01.2012 verhandelt der BGH (VI ZR 143/11) die Revision über einen Rechtsstreit zum Thema Forderungsabtretung aus dem Blickwinkel des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) im Rahmen einer Klage zu den Mietwagenkosten. Die Mietwagenfirma hatte sich die Mietwagenkosten sicherungshalber abtreten lassen und war mit der Klage beim Amtsgericht Waiblingen (8 C 1039/10 vom 05.11.2010) erfolgreich. Auf die Berufung der Versicherung hat das LG Stuttgart (4 S 278/10 vom 13.04.2011) die Klage der Mietwagenfirma abgewiesen, da es sich bei der Abtretung der Forderung um einen Verstoß gegen das RDG handle. Die Revision wurde zugelassen, so dass der BGH nun Gelegenheit hat, die Sache zu entscheiden.

Wie wir in der jüngeren Vergangenheit festgestellt haben, gibt es einige Versicherer, die Einwendungen erheben, sofern Mietwagenfirmen oder Kfz-Sachverständige Forderungen auf Grundlage einer Forderungsabtretung direkt beim Versicherer geltend machen. Seitens dieser Versicherer wird  argumentiert, es handle sich hierbei um die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten und damit um einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Ein Vorgehen, das ein Großteil der Versicherer sicher nicht billigen, da dadurch die gesamte Schadensabwicklung unnötig erschwert wird und als Folge die Schadenskosten weiter steigen. Der direkte Einzug von eigenen Forderungen durch die Schadensdienstleister ist übrigens ein Vorgang, der mit den meisten Versicherern seit Jahrzehnten erfolgreich und völlig stressfrei praktiziert wird.

Gemäß  § 5 RDG  vom 12.12.2007 – mit entsprechenden Erläuterungen durch den „Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts“ durch den Deutschen Bundestag vom 30.11.2006 – handelt es sich beim Einzug derartiger Forderungen eindeutig um eine Nebenleistung zur beruflichen Haupttätigkeit der entsprechenden  Dienstleister zur Sicherung der jeweiligen Ansprüche, die demnach erlaubnisfrei durchgeführt werden kann bzw. darf (siehe BT-DRS 16/3655, S. 52, 53).

Hier die wesentlichen Auszüge aus dem Entwurf BT-DRS 16/3655, S. 53

Weitere Anwendungsfälle der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit finden sich auch im Bereich der Unfallschadenregulierung etwa bei der Geltendmachung von Sachverständigen-, Mietwagen- oder Reparaturkosten (vgl. dazu auch Begründung zu § 2 Abs. 1). Hierbei entsteht häufig Streit etwa über die von einer Werkstatt in Rechnung gestellten Reparaturkosten oder über die Höhe der Mietwagenrechnung, insbesondere bei Zugrundelegung eines so genannten Unfallersatztarifs. Gerade die im Streitfall erforderliche Rechtfertigung der eigenen Leistung oder Abrechnung durch den Unternehmer belegt die in § 5 Abs. 1 geforderte Zugehörigkeit zu dessen eigentlicher Hauptleistung.

Soweit die Rechtsprechung unter Geltung des Artikels 1 § 5 RBerG bis heute ganz überwiegend daran festhält, dass die Einziehung abgetretener Kundenforderungen durch den gewerblichen Unternehmer nur dann zulässig ist, wenn es diesem wesentlich darum geht, die ihm durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen (vgl. zuletzt BGH, VI ZR 268/04 v. 15. November 2005, VersR 2006, 283; BGH, VI ZR 251/04 v. 20. September 2005, NJW 2005, 3570; BGH, VI ZR 173/04 v. 5. Juli 2004, NJW-RR 2005, 1371; BGH, VI ZR 300/03 v. 26. Oktober 2004, NJW 2005, 135), soll dies künftig nicht mehr gelten. Bereits heute werden an den Eintritt des Sicherungsfalls zunehmend geringere Anforderungen gestellt; die Grenzen zur Abtretung erfüllungshalber sind fließend. So genügt es, dass die Abtretung in dem (Formular-)Vertrag eindeutig als Sicherungsabtretung ausgestaltet ist und dem Kunden eine Zahlungsaufforderung übersandt wird, in der dieser auf seine Pflicht hingewiesen wird, selbst für die Durchsetzung der Forderung zu sorgen; weist der Kunde das Unternehmen sodann darauf hin, dass ihm zugesagt worden sei, er werde mit weiteren Kosten nicht belastet, da diese direkt von dem letztlich Eintrittspflichtigen zu erstatten seien, so stellt diese „Weigerung“ des Kunden den Eintritt des Sicherungsfalls dar, der dem Unternehmen die Forderungseinziehung ermöglicht (so BGH, VI ZR 251/04 v. 20. September 2005, NJW 2005, 3570).

Aufgrund dieser Erläuterungen des Gesetzgebers, in denen explizit auf die Unfalldienstleister Bezug genommen wurde, ist eigentlich schon alles geklärt.

Auch aus BR-DS 623/06 des Bundesrates zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 01.09.2006 kann man zur rechtlichen Beratung durch die Schadensdienstleister u.a. folgendes entnehmen:

Zitat BR-DS 623/06 S. 96

Soweit ein Kfz-Reparaturbetrieb, ein Mietwagenunternehmen oder ein Kraftfahrzeugsachverständiger dem Unfallgeschädigten dagegen Hinweise zur Erstattungsfähigkeit der durch seine Beauftragung entstandenen Kosten erteilen, handelt es sich um eine nach § 249 BGB zu beurteilende rechtliche Frage, deren Beantwortung – jedenfalls in den Fällen, in denen hierüber Streit entstehen kann – regelmäßig eine besondere rechtliche Prüfung im Sinn des § 2 Abs. 1 erfordert. In diesen Fällen wird aber die rechtliche Beratung des Unfallgeschädigten zur vollständigen Erfüllung der vertraglichen Hinweis- und Aufklärungspflichten des Unternehmers gehören und damit nach geltendem Recht wie auch künftig nach § 5 Abs. 1 zulässig sein (vgl. – auch zur Zulässigkeit des Forderungseinzugs in diesen Fällen – Begründung zu § 5 Absatz 1).

Hierzu § 5 Abs. 1 RDG

§ 5

Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit

(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen oder gesetzlich geregelten Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild oder zur vollständigen Erfüllung der mit der Haupttätigkeit verbundenen gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.

Versicherer haben (im Allgemeinen) natürlich ein erhebliches Interesse daran, ALLE Fachleute der Gegenseite „aus dem Verkehr“ zu ziehen, da es hierdurch wesentlich einfacher ist/wäre, Geschädigte um Teile der Schadenspositionen – hier Mietwagen- bzw. Sachverständigenkosten – zu „prellen“, anstatt sich mit Fachleuten auseinander setzen zu müssen, die ihr Handwerk verstehen (da die z.B. über die entsprechenden Informationen zur Rechtsgrundlage verfügen) und sich somit nicht so schnell „ins Boxhorn jagen“ lassen.
Andererseits hätte ein Obsiegen der Versicherer beim BGH auch fatale Folgen für die tägliche Schadensabwicklung mit den Kfz-Werkstätten. Eine direkte Regulierung der Werkstatt mit den Versicherern wäre dann nämlich auch nicht mehr möglich. Denn wenn bei den Sachverständigen und den Mietwagenfirmen tatsächlich ein Verstoß gegen das RDG vorliegen würde, dann – ohne Frage –  erst recht bei den Forderungsabtretungen der Reparaturwerkstätten.

Die Einwendungen einiger Versicherer zum Rechtsdienstleistungsgesetz in der Vergangenheit dienen daher wohl eher als „Vehikel“, um wieder etwas „Unruhe“ in Teile des Marktes zu bringen, indem man den einen oder anderen Prozess beim Amtsgericht „gewinnt“? Mit der Berufungsentscheidung des LG Stutgart vom 13.08.2011 (4 S 278/10) wurde nun vielleicht aber mehr ins Rollen gebracht, als ursprünglich „geplant“?

Man kann gespannt sein, ob der BGH die Trivialstrategie dieser Versicherer durchschaut und das RDG sowie die Ausführungen des Gesetzgebers sowohl nach rechtsdogmatischen als auch praktikablen Gesichtspunkten durchleuchtet und entsprechend entscheidet?

Hier die vollständige Pressemitteilung Nr. 003/2012 vom 13.01.2012

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4 Antworten zu Die Forderungsabtretung aus dem Blickwinkel des Rechtsdienstleistungsgesetzes. BGH-Verhandlungstermin am 31.01.2012 (VI ZR 143/11)

  1. Alois Aigner sagt:

    Servus Hans Dampf,
    aber schau mal, es geht der Versicherung doch darum, den erfahreneren Sachverständigen aus dem Schadensregulierungsgeschäft herauszuhalten und nur mit dem unerfahreneren Geschädigten zu verhandeln. Den kann man doch über den Tisch ziehen. Der hat doch keine Berufsverbände, die ihn unterstützen und Erfahrungen austauschen. Also soll bei dem Glied mit den schwächsten Abwehrmöglichkeiten eingegriffen werden, natürlich zum Segen der Schädiger. Denn für die kann man bei den „dummen“ Unfallopfern doch viel Geld sparen. Zum eigenen Vorteil natürlich auch.
    Schaun mer mal, was der BGH entscheidet. Ob zum Wohle der Unfallopfer, so wie der Gesetzgeber es wollte, oder zum Wohle der Versicherer.

  2. Glöckchen sagt:

    Hi Alois
    so isses!
    Versicherer scheuen die Zessionarsklage,weil dadurch die Kürzungen erschwert werden.
    Zessionare lassen sich durch Kürzungen ungleich schwerer beeindrucken,als die Zedenten,weil sie einen Wissens-und Erfahrungsvorsprung haben.
    Das-und nur das-wird von denjenigen Versicherern gefürchtet,die einen Wettbewerbsvorteil durch agressives Kürzen von Schadenspositionen anstreben.
    Sie erinnern sich:Kongress zu Köln in 2008 zu dem Thema:“Wettbewerbsvorteil durch Schadenssteuerung“.
    Klingelingelingelts?

  3. Alois Aigner sagt:

    Servus Glöckchen,
    ich glaube, dass es nicht nur einige, sondern alle Versicherungen es sind, die den erfahreneren Sachverständigen mehr fürchten als das „dumme“ Unfallopfer. Dem kann man doch auch erzählen, dass Verbringungskosten nur ersetzt werden, wenn sie anfallen. Dem gescheiteren Sachverständigen, der die Rechtsprechung zum fiktiven Schadensersatz kennt, kann man das nicht mehr plausibel erklären. Der widerspricht sofort. Deshalb ja auch manchmal meine unmaßgeblichen Kommentare hier im Forum, um gegen den Wettbewerbsvorteil durch Schadenssteuerung entgegen zu wirken. Jo mei, packen wirs an. Die Glöckchen haben geläutet.

  4. RA Uterwedde, Leipzig sagt:

    die Pressemitteilung ist online:

    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2012&Sort=3&nr=59046&pos=0&anz=16

    „… Bundesgerichtshofs hat offen gelassen, ob die Klägerin in einer fremden Angelegenheit im Sinne des § 2 Abs. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG)* tätig geworden ist. Die Einziehung der an die Klägerin erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzforderung der Geschädigten sei auch dann, wenn man vom Vorliegen einer Rechtsdienstleistung ausgehe, jedenfalls nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG** erlaubt.“

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