AG Darmstadt verurteilt Allsecur-Versicherung kostenpflichtig zur verzinslichen Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 6.10.2014 – 305 C 165/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und Leser,

von Sachsen geht es weiter nach Hessen. Nachfolgend veröffentlichen wir hier ein prima Urteil aus Darmstadt zu den Sachverständigenkosten gegen die Allsecur Versicherung. Leider benutzt auch dieser Amtsrichter bereits zu Begin der Urteilsbegründung das falsche Wort „Sachverständigengebühren“, obwohl es solche bei Kfz-Sachverständigen nicht gibt. Es handelt sich um Kosten. Völlig richtig hat der erkennende Amtsrichter aber gesehen, dass es bei der Beurteilung der erforderlichen und vom Unfallopfer zu beanspruchenden Sachverständigenkosten nicht auf werkvertragliche Gesichtspunkte ankommt. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommntare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Darmstadt
Aktenzeichen: 305 C 165/14

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

AllSecur Versicherung AG

Beklagte

hat das Amtsgericht Darmstadt durch den Richter am Amtsgericht W. am 6.10.2014 für Recht erkannt gemäß § 495a ZPO:

1.   Die Beklagte wird kostenpflichtig verurteilt, an den Kläger 214,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.5.2014 zu zahlen.

2.   Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.   Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a I ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von 136,49 € gemäß § 7,18 StVG, 115, 116 StVG, 398 BGB.

Die Aktivlegitimation ist unproblematisch. Unstreitig hat der Kläger die restlichen Sachverständigengebühren selbst bezahlt, sodass die Abtretung nun fällig geworden ist.

Der BGH hat in seinem Urteil vom 4.4.2006 (Az.: XZR 80/05) folgendes ausgeführt:

„Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrags wird als Erfolg geschuldet; hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist. Ein Sachverständiger, der für Routinegutachten sein Honorar auf einer solchen Bemessungsgrundlage bestimmt, überschreitet daher entgegen einer in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und einem Teil der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. nur AG Schwerin NJW-RR 1999, 510; zustimmend Münch.Komm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 BGB Rdn. 37; Erman/Hohloch/Hager, BGB, 11. Aufl., § 315 BGB Rdn. 18;, Palandt/Grüneberg. BGB, 64. Aufl., § 315 BGB Rdn. 10 unter Anknüpfung an das Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz, JVEG) die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums grundsätzlich nicht (so zutreffend AG Kassel VersR 2004, 1196; AG Essen VersR 2000, 68; AG Frankfurt VersR 2000, 1425; grundsätzlich ebenso Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB, § 315 BGB Rdn. 5; zum Meinungsstand vgl. auch Roß, NZV2001, 321 ff; Hörl, NZV 2003, 305 ff, 308 f jew. m. Nachw. zur Rechtsprechung der Instanzgerichte).“

Nach § 249 Abs.1 S.1 BGB ist vom Schädiger der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Zu ersetzen ist dabei im Rahmen der Beschädigung einer Sache nach § 249 Abs. 2 S.1 BGB der erforderliche Geldbetrag. Dieser umfasst diejenigen Aufwendungen, die ein verständig, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, § 249 BGB, Rn. 12). Davon umfasst sind auch solche Kosten, die zur Ermittlung des Schadensumfangs notwendig sind, wie die Kosten der Erstellung eines Gutachtens zur Bestimmung des Reparaturaufwands.

Dabei sind die Kosten eines Gutachtens grundsätzlich auch dann ersatzfähig, wenn das Gutachten objektiv mangelhaft oder unbrauchbar ist soweit dem Geschädigten nicht vorzuwerfen ist, dass die von ihm veranlassten Kosten zur Bemessung der Schadenshöhe von vomeherein untauglich waren und sich dem Geschädigten diesbezüglich Zweifel hätten aufdrängen müssen (so auch OLG Hamm, Urteil vom 08.05.2001 – 27 U 201/00). Es kommt insoweit entgegen der Ansicht der Beklagtenseite nicht darauf an, ob das Sachverständigenhonorar hinsichtlich der werkvertraglichen Vergütung angemessen und ortsüblich ist, sondern ob ein verständig, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten diese Kosten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Dies ist hier der Fall.

Auf die von der Beklagtenseite insoweit als überhöht gerügten Einzelpositionen des Gutachtens kommt es danach nicht an. Der Geschädigte ist nämlich nicht zur Marktforschung dergestalt verpflichtet, dass von ihm verlangt werden kann, etwa an Hand von Kostenvoranschlägen, den günstigsten Sachverständigen zu ermitteln, da dies wohl abstrakt – ohne vorherige Begutachtung des Unfallfahrzeugs – auch kaum möglich geschweige denn zumutbar wäre (vgl. auch OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006 – 4 U 49/05). Dabei ist im Rahmen der Erforderlichkeit auch insbesondere die „Lage des Geschädigten“ im Rahmen der Unfallsituation zu berücksichtigen. Der Geschädigte hat im Zweifel stets ein Interesse daran, möglichst schnell in Erfahrung zu bringen, welche Kosten für die Reparatur zu veranschlagen sind. Bereits vor diesem Hintergrund kann dem Geschädigten das Einholen etwaiger Vergleichangebote grundsätzlich nicht zugemutet werden, wenn sich ihm nicht Zweifel an der Angemessenheit der Kosten aufdrängen müssen.

Die geltend gemachten Nebenforderungen beruhen auf §§ 286f. BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 I, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Darmstadt verurteilt Allsecur-Versicherung kostenpflichtig zur verzinslichen Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 6.10.2014 – 305 C 165/14 -.

  1. Werner H. sagt:

    Hinsichtlich der immer wieder von den Versicherungen ins Feld geführten Erkundigungspflicht nach dem preisgünstigsten Sachverständigen, der im übrigen wohl gar nicht existiert, hat der Richter aus Darmstadt hier gute Gegenargumente gebracht. Prima. So etwas kann man auch als Textbaustein verwenden.

  2. Hermann W. sagt:

    Guten Morgen, willi Wacker,
    die Allsecur als Anhängsel der ALLIANZ, aber auch die ALLIANZ, versucht sich in Honorarkürzungen mit der Behauptung von „ortsüblichen“ Werten, die nicht nur ein Fantasiegebilde , sondern auch schadenersatzrechtlich unerheblich sind. Unqualifizierter kann man sich kaum präsentieren und soweit darin ein Angelhaken zur Überprüfung und für eine Diskussion unter werkvertraglichen Gesichtspunkten
    gesehen wird, hat der Richter mit den Entscheidungsgründen deutlich gemacht, dass es SO nicht funktioniert. Ob das Signal verstanden wird ? Ein begrüßenswertes Urteil, das die unabhängige
    Gutachtenerstattung stützt.
    Hermann W.

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