AG Erding verurteilt mit Urteil vom 2.8.2012 – 5 C 305/12 – die VN der HUK-Coburg zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten und zur Verzinsung der Gerichtskosten.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

unsere Urteilsreise geht weiter nach Erding. Nachfolgend gebe ich Euch ein Sachverständigenkostenurteil vom 2.8.2012 aus Bayern bekannt. Kläger ist der Geschädigte. Beklagte die Unfallverursacherin, deren Fahrzeug bei der HUK-Coburg in München haftpflichtversichert war. Die hinter der Beklagten stehende Kfz-Haftpflichtversicherung, die HUK-Coburg in München, hat – wie sollte es bei der HUK auch anders sein – die erforderlichen Sachverständigenkosten gekürzt. Hiermit war das Unfallopfer nicht einverstanden, denn immerhin hatte sie den Schaden nicht verursacht. Das angerufene Gericht in Erding gab ihr Recht und verurteilte die beklagte VN der HUK-Coburg, die von ihrer Versicherung gekürzten Sachverständigenkosten nachzuzahlen plus Zinsen sowie auch  die nicht anrechendenbaren Anwaltskosten und die Zinsen aus den eingezahlten Gerichtskosten.  Das Urteil wurde erwirkt durch die Herren Rechtsanwälte Dr. Imhof und Kollegen in Achaffenburg. Lest bitte selbst und gebt Eure Meinungen ab.    

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Erding

Az.: 5 C 305/12

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

des Herrn B. F. aus B.

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D. I. & P.

gegen

Frau K.  P. aus  A.

– Beklagte –

Bevollmächtigte:

HUK-Coburg, Martin-Greif-Str. 1, 80336 München

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte aus M.

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Erding durch die Richterin am Amtsgericht … am 02.08.2012 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 165,34 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 8.11.2011 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20,23 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 8.11.2011 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 8.11.2011 zu bezahlen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 185,57 € festgesetzt.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz der durch die Beauftragung eines Sachverständigen zur Erstellung eines Schadensgutachtens entstanden und noch nicht beglichenen Kosten in Höhe von 165,34 EUR sowie weitergehend vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 20,23 EUR gemäß §§ 7, 18 Abs. 1 StVG, 823 BGB zu.

Die Haftung der Beklagten für den Verkehrsunfall dem Grunde nach steht zwischen den Parteien ausser Streit. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist. Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte. Vorliegend durfte der Kläger als Geschädigter die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten. Dass ein Totalschaden vorliegt und der Wiederbeschaffungswert lediglich 700 EUR beträgt, mußte sich dem Kläger als Geschädigtem nicht aufdrängen/ nicht bekannt sein. Darüber hinaus ist bei einer Summe von 700 EUR die Bagatellgrenze erreicht bzw. bereits überschritten (vgl. BGH NJW 2005, 356).

Entgegen der Auffassung der Beklagtenpartei bestehen keine Bedenken gegen die geltend gemachte Höhe der Sachverständigenkosten. Für das Tätigwerden eines Sachverständigen fehlt es an einer Gebührenordnung, so dass eine taxmäßige Vergütung ausscheidet. Die Vergütung kann letztendlich auch nicht nach der Üblichkeit bestimmt werden, da hierfür eine Vielzahl von Einzelfällen mit vergleichbaren Verhältnissen vorliegen müsste. Der Sachverständige ist daher grundsätzlich berechtigt, die Höhe seiner Vergütung nach billigem Ermessen gemäß §§ 315, 316 BGB zu bestimmen. Dies bedeutet sogleich Ausrichtung an sachlichen, die Interessen des Geschädigten und Sachverständigen berücksichtigenden Gründen, vor allem der Verhältnismäßigkeit. Ein Sachverständiger, der sich dabei im Rahmen des Honorarkorridors 3 der in der letzten BVSK Honorarbefragung ermittelten Sätze hält, hält die Grenzen der Billigkeit im Sinne der §§ 315, 316 BGB ein. Das geltend gemachte Grundhonorar in Höhe von 149 EUR + der Fahrzeit in Höhe von 20,- EUR + den Kosten der Fremdleistung Audatex 12,80 Euro beläuft sich auf 181,80 EUR und bewegt sich innerhalb des Honorarkorridors 3 der BVSK Honorarbefragung 2010/2011 (ausgehend von einem Wiederbeschaffungswert zwischen 500 und 750 EUR).

Die geltend gemachten Fotokosten von 2,50 EUR pro Foto bewegen sich innerhalb des Honorarkorridors 3 der BVSK Honorarbefragung 2010/2011. Anhaltspunkte, dass die Stellung der Fotos nicht erforderlich war, liegen nicht vor. Vielmehr befinden sich beim vorgelegten Gutachten entsprechende Lichtbilder, die den Schaden entsprechend dokumentieren. Auch die Schreibkosten sowie Kopierkosten liegen innerhalb Honorarkorridor 3 der BVSK Honorarbefragung 2010/2011. Dass die entsprechenden Schreibkosten entstanden sind, läßt sich dem klägerseits vorgelegten Gutachten entnehmen.

Soweit der Gutachter weiter für Kommunikation und Büromaterial insgesamt 13,- EUR abrechnet, liegt dieser Betrag unter der Porto/Telefonpauschale von Honorarkorridor 3, welche 18,88 EUR beträgt.

Bzgl. der geltend gemachten Fahrtkosten liegt lediglich eine geringfügigere Überschreitung des Honorarkorridors 3 der BVSK Honorarbefragung 2010/2011 vor, die die Grenzen der §§ 315, 316 BGB nicht überschreiten läßt und die Feststellung der Unbilligkeit nicht rechtfertigt.

Der Anspruch auf noch offene vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 20,23 EUR ergibt sich aus §§ 7, 18 StVG, 823 BGB. Es handelt sich insoweit ebenfalls um erstattungsfähige Kosten, da die Beauftragung eines Rechtsanwalts vorliegend erforderlich und zweckmäßig war. Soweit eine 1,5 Gebühr geltend gemacht wird, ist ausführen, dass die Erhöhung der 1,3fachen Regelgebühr eine 1,5fache Gebühr der gerichtlichen Überprüfung entzogen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13.1.2011, IX ZR 110/10).

Der Feststellungsantrag ist gemäß § 256 ZPO zulässig. Ein Feststellungsinteresse besteht, da eine Verzinsung erst ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrages erfolgen kann. Der Antrag ist auch gemäß § 286, 288 Abs. 1 BGB begründet (vgl. LG Stendal, 28.3.11, 23 O 405/10, Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 25.3.2004, 3 U 184/03).

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Und jetzt bitte Eure Kommentare.

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