AG Germersheim verurteilt HDI Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Datum vom 02.09.2008 hat das AG Germersheim im vereinfachten Verfahren die HDI Industrie Versicherung AG zur Zahlung weiterer 357,35 € zzgl. Zinsen und weiterer RA-Kosten verurteilt (Gesch.-Nr.: 3 C 361/08)

Hier die Entscheidungsgründe:

Die Parteien des Rechtsstreits streiten – erneut – über die Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten.

Die in diesem Themenbereich leider übliche Verwendung von Textbausteinen, die nicht auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten sind, lassen Zweifel an der Erfüllung der Vortragslast der Parteien aufkommen.

Soweit die Beklagten beispielsweise in ihrer Klageerwiderung pauschal die Behaup­tung aufstellt, die Anmietung sei nicht in einer Eil- oder Notsituation erfolgt, sondern erst mehrere Tage nach dem Unfall, so ergibt sich schon aus der Klageschrift nach­vollziehbar, dass das Mietfahrzeug bereits am Folgetag des Unfalles angemietet wur­de.

Umgekehrt stellt der Kläger zwar in seiner Klageschrift fest, dass er vorSteuerabzugsberechtigt sei, weshalb die Nettobeträge in Ansatz zu bringen seien, in seiner Berech­nung legt er allerdings die Modus-Beträge der Schwacke-Liste zu Grunde, die sich nach der Fußnote der Schwacke-Liste jedoch jeweils inklusive Mehrwertsteuer verste­hen. Hierauf weisen die Beklagten zu Recht in ihrer Klageerwiderung hin.

Damit reduziert sich die Fragestellung auch vorliegend auf die Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten, fir den so genannten Normaltarif übersteigen.

Die Berufungskammer des übergeordneten Landgerichts Landau in der Pfalz hat zu der Thematik folgendes ausgeführt (auszugsweise aus Urteil vom 12.2.2008, Akten­zeichen 1 S79/06):

Nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (grundlegend Versicherungsrecht 2005, 850) kann auch ein Unfallersatztarif als erforderlicher – und damit auch von der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu erstattender – Aufwand zur Schadensbeseitigung zu qualifizieren sein, wenn die Besonderheiten dieses Tarifs einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen. Ob ein vom Geschädigten be­anspruchter Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erfor­derlich ist, kann zwar offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten die Anmietung zum Normaltarif nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist. Dafür gibt der vorliegende Sachverhalt jedoch keinerlei Anhalts­punkte.

Im Rahmen der Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Un-allersatztarifes ist es nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2007, 2758) nicht erforderlich, im Einzelfall die Kalkulationen des konkreten Unternehmens nachzuvollziehen. Vielmehr kann sich die Prüfung im Lichte des § 287 ZPO auf die Frage beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Un­fallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei auch ein pau­schaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt. Als Berechnungs­grundlage kann hierbei nach der genannten Rechtsprechung des BGH der Schwacke-Mietpreisspiegel hinsichtlich des Postleitzahlengebietes des Ge­schädigten herangezogen werden. Nach mittlerweile gefestigter Rechtspre­chung der Kammer (vergleiche etwa Urteile vom 2.7.2007, Aktenzeichen 1 S 246/06 sowie vom 12.11.2007, Aktenzeichen 1 S 232/06) ist es sachgerecht, in Bezug auf Verkehrsunfälle, die sich – wie hier im Jahr 2005 ereignet haben, den Automietpreisspiegel für das Jahr 2006 heranzuziehen und der Berech­nung des angemessenen Mietpreises den für den einschlägigen Postleitzahlen­bereich festgelegten Modus (früher; gewichtetes Mittel) zugrunde zu legen. Nach der Rechtsprechung der Kammer (in diesem Sinne auch das OLG Köln OLGR Köln 2007, 471) ist es gerechtfertigt, den auf der Grundlage des Auto­mietpreisspiegels errechneten Betrag um eine Pauschale von 20% zu erhöhen, um der besonderen betriebswirtschaftlichen Anforderungen an den Unfaller­satztarif Rechnung zu tragen.

Diese Rechtsprechung kann inzwischen als gefestigt gelten. Weder die Argumentation der Klägerseite, ein lediglich 20-prozentiger Aufschlag auf die Werte der so genannten Schwacke-Liste sei unzureichend, „die tatsächlich und ständig anfallenden Mehrleis­tungen eines Vermieters bei der Vermietung im Unfallersatz „…“ abzudecken (wa­rum?), noch das von der Beklagtenseite bemühte Gutachten des Fraunhofer Instituts für Arbeitswissenschaft und Organisation geben Veranlassung, von der Zugrundele­gung des Moduswertes der bewährten Schwacke-Liste unter Anrechnung eines Zuschlages von 20 %, den das Gericht in Übereinstimmung mit Berufungskammer des übergeordneten Landgerichts Landau in der Pfalz weiterhin für angemessen hält (§ 287 ZPO), abzuweichen.

Im vorliegenden Fall errechnet sich bezüglich eines Fahrzeuges der hier maßgebli­chen Gruppe 7 im Postleitzahlenbereich 768 (Landau in der Pfalz) bei einer Mietdauer von 3 Tagen folgende grundsätzlich erstattungsfähige Summe: Die Schwacke-Liste gibt für die Anmietung eines Fahrzeuges zum Normaltarif zu ei­nem 3-Tagespreis einen Moduswert von 507,00 € einschließlich Mehrwertsteuer an. Das entspricht 426,05 € netto. Hierauf ist nach den obigen Ausführungen ein Auf­schlag in Höhe von 20% vorzunehmen, so dass sich ein Betrag in Höhe von 511,26 € ergibt. Für die Zustell- und Abholungskosten ergibt sich nach der Schwacke-Liste ein Moduswert in Höhe von je 25 € (brutto), so dass dem Betrag in Höhe von 511,26 € ein weiterer Betrag in Höhe von 42,02 € netto zuzuschlagen ist. Dies ergibt insgesamt 553,27 €. Nach der Nebenkostentabelle zum Schwacke-Automietpreisspiegel ergibt sich für die Haftungsfreistellung für ein Fahrzeug der Klasse 7 einen Moduswert von 69,00 € brutto bei Zugrundelegung eines 3-Tage Tarifs, also 57,93 € netto. Das ergibt einen Gesamtbetrag in Höhe von 611,19.

Auf den Rechnungsbetrag i.H.v. 590,35 € hat die Beklagte zu 2. 233,00 € bezahlt, so dass ein Restbetrag in Höhe der Klageforderung von 357,35 € verbleibt, die dem Klä­ger antragsgemäß zuzusprechen waren.

Die zugesprochenen Zinsen sowie die vorgerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren kann der Kläger unter dem Gesichtspunkt des Verzuges verlangen.

So die Ausführungen des Direktors des Amtsgerichts Germersheim, insbesondere zur Anwendung von Schwacke-Listen und Fraunhofer Tabellen.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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1 Antwort zu AG Germersheim verurteilt HDI Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

  1. Werkstatt-Freund sagt:

    Wieder ein Mietwagenurteil, das die Fraunhofer-Liste – zu Recht – verworfen hat. Prima!
    Die Fraunhofer-Liste gehört in die Tonne.
    MfG
    Werkstatt-Freund

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