AG Hamburg-St. Georg verurteilt den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung gekürzter Sachverständigenkosten (915 C 596/15 vom 18.04.2016)

Mit Urteil vom 18.04.2016 (915 C 596/15) ist der Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung gekürzter Sachverständigenkosten in Höhe von 114,38 € zzgl. Zinsen sowie weiterer Kosten für eine Halterauskunft verurteilt worden. Das Urteil wurde erstritten von der Kanzlei Hamburger Meile.

Die Urteilsgründe:

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten als Halter des unfallverursachenden Fahrzeuges aus abgetretenem Recht Anspruch auf Zahlung von restlichen 114,38 € sowie weiterer 5,10 € für die Auskunft aus dem Halterregister als Schadensersatz infolge des Verkehrsunfalls vom xx.xx.2014 im Bereich der Kreuzung x/Y in Hamburg gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 249, 398 BGB.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte dem Grunde nach voll haftet.

Unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Ersatz von Sachverständigenkosten im Rahmen von § 249 BGB (vgl. dazu nur BGH, NJW 2014, 1947 m. Anm. Heßeler, NJW 2014, 1916), der das erkennende Gericht folgt, kann der Kläger unter Anrechnung bereits von dem Beklagten – unstreitig – gezahlter 520,00 € Erstattung der gesamten Kosten in Höhe von 634,38 € verlangen, wie sie seiner Rechnung vom 22. Februar 2015 (Anlage K4, Bl. 8 d.A.) zugrunde gelegt wurden.

Der ausgewiesene Rechnungsbetrag (634,38 € brutto) indiziert die erforderlichen Kosten zur Schadensbeseitigung. Angesichts der Tatsache, dass der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet ist (BGH, Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13; VI ZR 67/06), wird er in aller Regel auch von der Erforderlichkeit der angefallenen Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Umstände, die belegen, dass dieser (Gesamt-)Betrag nicht auch für den Geschädigten, also den Zedenten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt, sind nicht ersichtlich; auf einzelne Rechnungsposten kommt es dabei nicht an (vgl. Heßeler, a.a.O., S. 1917).

Das abgerechnete Grundhonorar liegt zwischen dem Korridor II und III der BVSK-Befragung 2013. Auch hinsichtlich der Nebenkosten gilt, dass für den Kläger als Laien nicht erkennbar ist, dass die vereinbarten Kosten unangemessen hoch gewesen wären. Die Bestimmung ist AGB-rechtlich nicht zu beanstanden. Die Preisliste ist weder überraschend noch bestehen Zweifel bei der Auslegung. Es liegen bereits keine überhöhten Kosten vor. Die Positionen liegen entweder im oder unterhalb des HB V-Korridors. Die Kosten der Restwertanfrage wurden ausdrücklich vereinbart. Sofern die Beklagte meint, die entsprechenden Nebenkosten seien Teil des Grundhonorars, ist es so, dass es dem Gutachter überlassen ist, wie sich sein Honorar aufteilt. Zudem zeigt die BVSK-Erhebung, dass es gerade üblich ist, neben dem Grundhonorar diverse Nebenkosten und Gewinnanteile abzurechnen. Im Übrigen ist es auch insoweit dem Gutachter vorbehalten, ob er seinen Gewinnanteil lediglich auf das Grundhonorar ermittelt oder auf alle Positionen verteilt. Das Gericht geht hier jedenfalls davon aus, dass die Werte der BVSK eine hinreichende Schätzgrundlage darstellen, um zu prüfen, ob erkennbar überhöhte Kosten vorliegen (vgl. LG Köln, 9 S 255/12 mit weiteren Nachweise aus der Rechtsprechung). An der BVSK-Befragung 2013 haben etwa 95% der Mitglieder teilgenommen, etwa 840 Standorte wurden erhoben. Damit ergibt sich ein hinreichendes Bild.

Auch wenn man die BVSK-Honorarbefragung 2015 zugrundelegt, erscheinen die Kosten nicht unangemessen hoch. Danach wäre das Grundhonorar unter Anwendung des höchsten Wertes des HB V-Korridors bei der vorliegenden Schadenshöhe mit 440 € anzusetzen. Hinsichtlich der Nebenkosten ist nach der BVSK-Honorarbefragung 2015 bei den Fahrtkosten von 0,70 € je Kilometer, bei den Fotokosten von 2,00 € pro Lichtbild und 0,50 € pro Lichtbild des 2. Fotosatzes, Porto/Telefon mit 15,00 € pauschal und Schreibkosten mit 1,80 € pro Seite und 0,50 € pro Kopie auszugehen. Würde man dies auf den vorliegenden Fall anwenden, wären vorliegend die Fotokosten für den 1. Satz Lichtbilder in Höhe von 28 €, des zweiten Satzes Lichtbilder in Höhe von 7 €, die Schreibgebühren in Höhe von 32,40 € und die Kopien in Höhe von 9,00 € und die Kommunikationspauschale mit 15,00 € abrechenbar. Dies würde einen Betrag in Höhe von 531,40 € netto ergeben, welcher den hiesigen Netto-Rechnungsbetrag um etwa 1 Prozent übersteigen würde. Dies kann jedoch auch unter Berücksichtigung der noch hinzukommenden Kosten für die Restwertanfrage und die pauschal berechneten Fahrkosten nicht als erkennbar überhöht angesehen werden kann.

Auch die Kosten hinsichtlich der Halteranfrage in Höhe von 5,10 € sind zu ersetzen. Das Anfallen der Kosten hinsichtlich der Halteranfrage wurde durch Vorlage der Quittung (Anlage K 6, Bl. 11 d.A.) hinreichend  nachgewiesen. Insoweit ist das pauschale Bestreiten der Beklagtenseite unbeachtlich. Diesbzgl. ist auch nicht von einer unwirksamen Abtretung auszugehen. Die entsprechenden Angaben ergeben sich ausdrücklich aus dem Text zur Preisliste. Die Klausel ist auch trotz des Abdrucks in kleinerer Schrift nicht als überraschend anzusehen, da sie durch die deutliche Überschrift „Hinweis zur Rechnungsstellung“ auch hinreichend erkennbar ist. Die Gründe für die Erforderlichkeit der Halteranfrage wurden hinreichend dargelegt. Zudem ließe sich das Argument der fehlenden Erforderlichkeit der Kosten für die Halteranfrage dem Geschädigten jedoch nur entgegenhalten, wenn ihm aufgrund dieser Kosten ein Auswahlverschulden hinsichtlich des gewählten Sachverständigen entgegengehalten werden könnte. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Soweit das AG HH-St. Georg.

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1 Antwort zu AG Hamburg-St. Georg verurteilt den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung gekürzter Sachverständigenkosten (915 C 596/15 vom 18.04.2016)

  1. Ewald Dünnebier sagt:

    „Auch wenn man die BVSK-Honorarbefragung 2015 zugrundelegt, erscheinen die Kosten nicht unangemessen hoch. Danach wäre das Grundhonorar unter Anwendung des höchsten Wertes des HB V-Korridors bei der vorliegenden Schadenshöhe mit 440 € anzusetzen. Hinsichtlich der Nebenkosten ist nach der BVSK-Honorarbefragung 2015 bei den Fahrtkosten von 0,70 € je Kilometer, bei den Fotokosten von 2,00 € pro Lichtbild und 0,50 € pro Lichtbild des 2. Fotosatzes, Porto/Telefon mit 15,00 € pauschal und Schreibkosten mit 1,80 € pro Seite und 0,50 € pro Kopie auszugehen. Würde man dies auf den vorliegenden Fall anwenden, wären…“

    Ist eine solche Bezugnahme beweisrechtlich überhaupt zulässig?

    Wieso eigentlich vergleichbar „prüfend“ anwenden? Bereits die Stellung des Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe des Schädiges mit allen daraus abzuleitenden Rechtsfolgen macht eine solche Prüfung bekanntlich überflüssig, zumal aus der schadenersatzrechtlich beurteilungsrelevanten
    ex ante Position des Unfallopfers vor Auftragserteilung. Das erklärt auch, dass der BGH eine solche Prüfung verboten hat, zumal keine Markterkundigungsverpflichtung für das Unfallopfer zugestanden wurde, was aber auch praktisch nicht zu verwirklichen wäre.

    Der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag umfasst auch die Kosten, welche der Ge­schädigte für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens aufwenden musste (vgl. auch: Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Auflage 2016, § 249 Rn. 58). –>Was gibt es denn da bei Vorlage der Rechnung noch zu prüfen oder gar zu „schätzen“, wenn es nicht um eine fiktive Abrechnung geht?

    Die Vorschrift des § 249 BGB verpflichtet den Schädiger grundsätzlich, im Rahmen seiner Haftung die dem Ge­schädigten entstandenen Nachteile vollständig auszugleichen. Es ist nicht Anliegen der Norm, diese Haftung unter Inanspruchnahme des Geschädigten auf dessen Kosten zu mindern bzw. auszuhöhlen. –> Auch daraus ergibt sich keine Überprüfungsnotwendigkeit.-

    Der dem Geschädigten abzuverlangende Aufwand zur Schadensbeseitigung ist daher in vernünf­tigen Grenzen zu halten, wobei eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen ist, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Er­kenntnis- und Einflussmöglichkeiten Rücksicht zu nehmen ist (vgl. auch: BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13). –> Damit ist aus schadenersatzrechtlich beurteilungsrelevanter Perspektive kein begründeter Anlass zu einer Überprüfung erklärlich. und schließlich gilt:

    Das JVEG stellt keine Orientierungshilfe bei der Bemessung der Angemessenheit von Nebenko­sten bei privaten Sachverständigen dar (so auch BGH, Beschluss vom 04.12.2013 – Az. XII ZB 159/12, NJW2014, 1688; BGHZ 167, 139; Urt. v. 23.01.2007 – Az. VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 und v. 04.04.2008 – BGH X ZR 80/05, NZV 2007, 182, 184;), Gegen eine Übertragung der Grund­sätze des JVEG spricht dabei vor allem, dass das JVEG ungeachtet seiner Absicht, eine „lei­stungsgerechte“ Vergütung zu gewähren (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 2, 142), weder eine marktgerechte Vergütung abbilden, noch gar eine solche für den Privatsachverständigen verbindlich fest­legen soll (vgl, auch LG Saarbrücken, 10,02.2012 – 13 S 169/10).

    Einem Laien müssen Honorarerhebungen verschiedener Berufsverbände, die einen „Gebühren­rahmen“ darstellen (z. B. BVSK, VKS/BVK), nicht bekannt sein. Aufgrund des Fehlens von Gebüh­renordnungen bzw. verlässlicher Größenordnungen ist es für den Geschädigten regelmäßig nicht zu erkennen, wann die Honorarsätze die in der Branche üblichen Preise deutlich überschreiten. –> Also keinen Gebührenrahmen auf Grund des Fehlens von Gebührenordnungen. Der Geschädigte kann aber
    eine deutliche Überschreitung der „üblichen Preise“ allein schon deshalb nicht erkennen, weil sich solche üblichen Preise nicht verifizieren lassen, da nicht existent.

    Abgesehen davon ist sinngemäß anerkannt, dass Gerichte nicht den gerechten Preis ex post festzulegen haben, denn das entspricht nicht der zu respektierenden ex ante Position des Unfallopfers.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ewald Dünnebier

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