AG Kaiserslautern verurteilt HDI zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 30.03.2010 (3 C 966/09) hat das AG Kaiserslautern die HDI-Direktversicherungs AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 567,16 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher Mahnkosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 567,16 Eu­ro aus §§ 7,18 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 VVG in Verbindung mit § 398 BGB zu.

Der Versicherungsnehmer der Beklagten hat bei dem Betrieb seines Fahrzeugs eine fremde Sa­che, nämlich das Fahrzeug der Geschädtigten W. beschädigt. Der Schadenser­satzanspruch ist dem Grunde nach unstreitig.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert, da die Geschädigte W. und Anspruchsinhaberin ihren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte am Unfalltag, dem 09.03.09, an die Klägerin abge­treten hat.

Der Aktivlegitimation steht nicht entgegen, dass in der Abtretungserklärung vom 09.03.09 Regelungen wie „ich werde den Gesamtschaden selbst bei der eintrittspflichtigen Versi­cherung geltend machen“ und „meine persönliche Haftung für die Mietforderung der LB Service GmbH aus dem Mietvertrag bleibt hierdurch unberührt“,“ für die Geltendmachung der Schaden­sersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall werde ich selber sorgen“ enthalten sind. Diese Rege­lungen betreffen das Innenverhältnis zwischen Geschädigter und Zessionen hindern die Kläge­rin aber nicht, die Forderungen im eigenen Namen geltend zu machen. Vielmehr ist hierin die Er­mächtigung zu einer Prozessstandschaft im Innenverhättnis zu sehen und wäre nur relevant, wenn die Geschädigte W. trotz Abtretung selbst Klage erheben wollte.

Im Rahmen seines Schadensersatzanspruches kann der Geschädigte von der gegnerischen Haftpflichtversicherung nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz der­jenigen Mietwagenkosten verlangen, den ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH in ständiger Recht­sprechung, zuletzt in Entscheidung vom 19.01.2010, VI ZR 112/09). Somit ist der Geschädigte grundsätzlich berechtigt, ein vergleichbares Ersatzfahrzeug anzumieten, zu den auf den örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen. Bei der Anmietung eines PKW Mercedes C 200 handelte es sich um ein mit dem verunfallten Fahrzeug vergleichbaren Fahrzeug.

Der vereinbarte Tarif zu 1.178,16 Euro netto für 11 Tage, während das verunfallte Fahrzeug repa­riert wird, überschreitet nach richterlichen Schätzung gem. § 287 ZPO nicht den erforderlichen Herstellungsaufwand.

Bei der Bestimmung des Normaltarifs hat der Tatrichter ein Ermessen nach § 287 ZPO. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Außerdem dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht ausser Acht bleiben. Auch darf das Gericht nicht für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässlich fachliche Kenntnisse verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabel­len bei der Schadensschätzung Verwendung finden (BGH VersR 2008, 1706 ff., zitiert nach Juris dort Rd.Nr. 22).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Normaltarf auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt wird, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenen Fall auswirken (vgl. BGH Versicherungsrecht 2008 Seite 1706 ff. zitiert nach Juris dort Rd.Nr. 19).

Solche einzelfallbezogenen Mängel werden indes nicht vorgetragen, sondern lediglich pauschal  die vermeindlichen Vorzüge der Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organi­sation „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008“.

Somit ist grundsätzlich ein Mietpreis, der unter dem gewichteten Mittel des Schwacke Mietpreiss­piegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten liegt, als erforderlich zur Schadensbeseiti­gung anzusehen und verstößt nicht gegen die Schadensminderungspflicht.

Soweit die Beklagte einwendet, die Geschädigte habe sich nicht um einen günstigeren Tarif be­müht, da die Anmietung zum 30.06.2008 planbar gewesen sei, überzeugt dies nicht. Die Anmietung erfolgte am Tag des Unfalls, und zwar am 09.03.2009. Die darlegungspflichtigte Beklagte trägt insoweit nicht vor, inwiefern es der Geschädigten unter ihrer direkt nach dem Unfall zumutbaren Anstrengung möglich gewesen sein soll, auf dem örtlich und zeitlich relevanten Mietwagen­markt im Raum Kaiserslautern eine Mietpreisnachforschung bezüglich eines günstigeren Normal­tarifs durchzuführen.

Die von der Beklagten vorgelegten Vergleichsangebote sind schon insofern nicht vergleichbar, als sie zu einem späteren Zeitpunkt als dem Unfalltag geltend. Ferner sind die Angebote nicht ver­gleichbar als es sich um Internetbuchungen handelt bei Sofortzahlung. Solche internetangebote sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts bei der Bemessung des Normaltarifs nicht zu berücksichtigen. Denn Internetangebote setzen insoweit schon grundsätzlich die konkrete Verfü­gungsmöglichkeit über einen Internetanschluss voraus, weshalb es sich hierbei weder um ein all­gemein noch in der konkreten Unfallsituation zugängliches Angebot handelt.

Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen berechnen sich die erforderlichen Mietwagen­kosten somit nach dem gewichteten Mittel des Schwacke Mietpreisspiegels 2009 unter Berück­sichtigung einer Wochenpauschale zuzüglich 4 Einzeltagessätzen, bezogen auf das Postleitzahlengebiet, in welchem das Fahrzeug übernommen wurde.

Da das Fahrzeug der Geschädigten in die Mietwagenklasse 8 des Schwacke Automietpreisspiegels 2009 einzuordnen ist, ergibt sich auf Grundlage richterlicher Schätzung gem. § 287 ZPO für einen 11-tägigen Anmietzeitraum nach alle dem folgender gerechtfertigter und erforderlicher Ersatzaufwand für das Postleitzahlengebiet von Kaiserslautem 67655:

Ein Wochentarif zu 819,50 Euro, viermal Tagespreis zu je 149,- Euro ergibt insgesamt 596,–Euro, zusätzlich Vollkasoschutz einmal Wochenpreis 556,— Euro nebst viermal Tagespreis zu je 26,- Euro – 104- Euro.

Soweit ein weiterer Zuschlag für einen Zusatzfahrer geltend gemacht wird, ergibt sich dies nicht aus den vorgelegten Rechnungen vom 23.03.2009 und kann somit zur Vergleichsberechnung nicht herangezogen werden,

Die erforderlichen Mietwagenkosten betragen somit maximal 1.675,50 Euro brutto. Da die Ge­schädigte vorsteuerabzugsberechtigt ist, ist jedoch nur der Nettobetrag zu erstatten und somit ein Betrag in Höhe von maximal 1.407,98 Euro.

Die Klägerin setzt in ihrer Rechnung vom 20.03.2009 einen Wochentarif von 697,48 Euro zuzüg­lich 4 Folgetage zu je 120,17 Euro, insgesamt also 1.178,16 Euro netto an und unterschreitet so­mit den nach richterlicher Schätzung maximal zu ersetzenden Betrag.

Vorliegend muss sich die Geschädigte für die Anmietung des Ersatzfahrzeuges keine ersparten Eigenaufwendungen anrechnen lassen, da ein gruppenkleineres Fahrzeug berechnet wurde.

Somit stand der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung von insgesamt 1.178,16 Euro zu, auf die die Beklagten 611,– Euro zahlte. Es verbleibt ein zu erstattender Be­trag in Höhe von 567,16 Euro.

Der Anspruch auf Erstattung der Mahnkosten ist gem. §§ 280 Abs. 1 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 286 BGB begründet, da sich die Beklagte mit dem Schreiben vom 16.04.2009 unter Set­zung einer Zahlungsfrist bis zum 30.04.2009 ab dem 01.05.2009 in Verzug befand.

Der Zinsanspruch ist aus §§ 286, 288 BGB ab dem 01.05.2009 begründet.

Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 91 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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