AG Mettmann verurteilt HDI Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Das AG Mettmann hat die HDI-Gerling Industrie-Versicherung AG mit Urteil vom 04.12.2008 (20 C 194/08) zur Zahlung weiterer 173,38 € zzgl. Zinsen verurteilt. Auch das AG Mettmann hat eindeutig gegen die Fraunhofer Tabelle Stellung bezogen und die Schwacke-Liste nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Anwendung gebracht.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Klägerin stehen wegen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 15.11.2007 in H. aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 PflVG a.F. = 115 WG n.F., 249, 398 BGB die weiteren Mietwagenkosten in zugesprochener Höhe von 173,38 € zu, nachdem die Beklagte vorprozessual bereits 373,66 € an die Klägerin gezahlt hat.

Nach § 7 Abs. 1 StVG hat der Halter eines Kraftfahrzeuges dem Geschädigten den beim Betrieb des Kraftfahrzeuges entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Umfang des Schadensersatzes richtet sich dabei nach §§ 249 ff. BGB. Dieselbe Verpflichtung zur Regulierung des Schadens trifft auch den Versicherer nach § 3 PfiVG a.F. = § 115 WG n.F. Der Geschädigte des streitgegenständlichen Unfalls hat hier mit Erklärung vom 10.12.2007 seinen Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten an die Klägerin abgetreten.

Entscheidend ist vorliegend, in welcher Höhe die Beklagte die wegen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls entstandenen Mietwagenkosten zu ersetzen hat und welche Berechnungstabelle zur Überprüfung der angesetzten Kosten Anwendung findet.

Grundsätzlich kann ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall ein Ersatzfahrzeug anmieten und die dafür erforderlichen Mietwagenkosten ersetzt verlangen (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Auflage, § 249 Rn. 29). Erforderlich sind dabei die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Dazu ist der Geschädigte gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte -erhältlichen Tarife für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich für den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann (vgl. BGH-Urteil vom 23.06.2008 zu Az.: VI ZR 234/07 m.w.N.).

Vorliegend hat der Geschädigte einen PKW für die Dauer von 7 Tagen bei der Klägerin angemietet. Hierfür hat die Klägerin mit Rechnung vom 17.12.2007 insgesamt einen Betrag in Höhe von 510,77 € netto = 607,82 € brutto in Rechnung gestellt, wobei für die Einzelheiten der Abrechnung auf die vorgenannte Rechnung (= Bl. 11 d.A.) verwiesen wird. Hieraus ergibt sich, dass die Klägerin für ein Fahrzeug der Gruppe I einen Standardtagestarif 7 Tage von insgesamt 322,65 € netto, mithin 383,48 € brutto berechnet hat, was einem Tagestarif von ca. 46,04 € netto = 54,59 € brutto entspricht.

Zur Überprüfung dieser Rechnung legt das Gericht gemäß § 287 ZPO die Schwacke-Liste 2007 zu Grunde.

Das Gericht folgt damit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.03.2008 zum Aktenzeichen VI ZR 164/07. Der Bundesgerichtshof hat darin ausgeführt, dass die Schwacke-Liste 2006 als Bemessungsgrundlage herangezogen werden kann, auch wenn allgemein gehaltene Angriffe gegen sie vorgebracht werden, wie vorliegend auch von der Beklagtenseite.

Dem Gericht ist namentlich aus einer Vielzahl an Verfahren bekannt, dass es sich hierbei immer um die gleichen Angriffe handelt. So wird – wie auch hier durch die Beklagte – vorgebracht, dass Online-Angebote nicht berücksichtigt seien, zu hohe Preissteigerungen vorlägen, weil Anbieter möglicherweise auf die Nachfrage hin zu hohe Angaben gemacht haben; die Anzahl der Nennungen sei nicht zu erkennen, um die Relevanz der Preise am Markt beurteilen zu können.

Diese pauschal gehaltenen Angriffe überzeugen nicht. Gegen die Schwacke-Liste kann insbesondere nicht die von der Beklagtenseite vorgelegte Tabelle als Ergebnis einer umfassenden Internet-Umfrage entgegengehalten werden. Die Preise im Internet liegen üblicherweise unter den Preisen, die bei einem Vermieter vor Ort gezahlt werden müssen, dies auch deswegen, weil die Internet-Anbieter weniger Kostenaufwand haben. Ebenso wenig kann die Erhebung des Fraunhofer-Instituts der Schwacke-Liste 2007 entgegengehalten werden. Die Erhebung des Fraunhofer-Instituts wurde von dem Gesamtverband der Haftpflichtversicherer in Auftrag gegeben und bezahlt, so dass sich schon von daher Bedenken ergeben, dass die Erhebung eine objektive Vergleichsgrundlage darstellt. Vor allem aber spricht gegen die Erhebung des Fraunhofer-Institutes, dass diese auf einer telefonischen Befragung beruht, was nicht zu einem objektiven und repräsentativen Querschnitt der Mietwagentarife führen kann. Es liegt nahe, dass bei einer telefonischen Anfrage zunächst der günstigste Basistarif genannt wird, um den Mietinteressenten in die Mietstation zu locken, wobei der von vielen Kriterien abhängige Endpreis dann erst bei Abschluss des Mietvertrages berechnet wird.

Zu bedenken ist außerdem, dass eine Überprüfung der Marktanalyse dem Gericht nicht möglich ist, sondern es vielmehr auf Schätzungsgrundlagen wie die Schwacke-Liste angewiesen ist (vgl. Urteil des LG Dortmund vom 29.05.2008 zu Az. 4 S 169/08).

Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabelle, die bei der Schadensbeurteilung Verwendung finden können (vgl. hierzu nur BGH-Urteil vom 23.11.2004 zu VI ZR 357/03), nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen angezeigt wird! dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Bemessungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken.

Dass und inwieweit der nach der Schwacke-Liste 2007 vorliegend ermittelte Normaltarif für die konkret vorzunehmende Bemessung nicht zutreffe, hat die Beklagte indessen nicht substantiiert dargetan.

Vorliegend liegt der von der Klägerin in Rechnung gestellte Betrag, soweit man auf die Ein-Tages-Pauscha!e abstellt, mit brutto 54,79 € sogar unter dem arithmatischen Mittel des in der Schwacke-Liste 2007 angegebenen Normaltarifs einer Ein-Tages-Pauschale im Postleitzahlengebiet 427, der 66,– € beträgt. Richtigerweise ist jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin, die nach Tagessatz abgerechnet hat, nicht auf die Ein-Tages-Pauschale abzustellen, sondern entsprechend der Dauer der Mietzeit nach der Wochenpauschale. Der von der Klägerin in Rechnung gestellte Standard-Tagestarif 7 Tage mit insgesamt brutto 383,48 € liegt rund 3 % über dem arithmetischen Mittel des in der Schwacke-Liste 2007 angegebenen Normaltarifs einer Wochenpauschale im Postleitzahlengebiet 427, der 371,00 € beträgt. Diese geringfügige Überschreitung ist nicht zu beanstanden.

Das Gericht hält es nämlich für angemessen, dass zur Abgeltung der besonderen Unfallsituation ein Aufschlag von bis zu 10 % auf den so ermittelten Normaltarif gerechtfertigt ist, um die Besonderheiten der Kosten und Risiken des Unfallgeschäfts im Vergleich zu einer normalen Autovermietung abdecken zu können.

Für eine Schadensberechnung im Sinne des § 287 ZPO muss das Gericht für die Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Unfallersatztarifs die Kalkulation des konkreten Unternehmens nicht in jedem Fall nachvollziehen (vgl. BGH-Urteil vom 25.10.2005 zu Az. VI ZR 9/05). Vielmehr kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen – wie hier die Kreditierung der Mietkosten sowie der Verzicht auf die Vorlage einer Kreditkarte – bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag – hier bis zu 10 % – auf den Normaltarif in Betracht kommt (vgl. BGH-Urteil vom 24.06.2008 zu Az.: VI ZR 234/07).

Die weiteren von der Klägerin in Ansatz gebrachten Beträge für die Zusatzleistungen Vollkaskoversicherung, Winterreifen, Abholung und. Zustellung liegen gänzlich jeweils unter dem arithmetischen Mittel der für die Schwacke-Liste 2007 ermittelten Angebote und sind deswegen ebenfalls nicht zu beanstanden.

Den reinen Kosten des Mietwagens sind nämlich Nebenkosten für Zusatzleistungen hinzuzurechnen, sofern diese im Einzelfall erbracht worden sind und sofern hierfür eine gesonderte Vergütung verlangt worden ist (vgl. Urteil des LG Dortmund zum Az.: 4 S 29/08; Urteil des LG Bonn vom 14.05.2008 zum Az.: 5 S 190/05 sowie Urteil des LG Gera vom 30.04.08 zum Az.: 1 S 339/07). Dies sind insbesondere etwa Aufwendungen für den Abschluss einer Vollkaskoversicherung, mögliche Kosten für einen Zusatzfahrer oder für Winterreifen. Auch für die Höhe der erforderlichen Nebenkosten bildet dabei die Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste eine brauchbare Grundlage (vgl. LG Gera, a.a.O). Damit ergibt sich unter Berücksichtigung der ersparten Eigenaufwendungen, die das Gericht in ständiger Rechtsprechung mit 10 % in Ansatz bringt, folgende Berechnung:

Gesamt-Mietwagenkosten                                                            607,82 €

abzüglich 10 % ersparter Eigenaufwendungen                       60,78 €

verbleiben:                                                                                         547,04 €

abzüglich von der Beklagten gezahlter                                   374,85 €

verbleiben                                                                                          173,38 €.

Zinsen auf den zugesprochenen Betrag schuldet die Beklagte aus Verzug gemäß §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 26.03.2008 (Bl. 12 d.A.) den Geschädigten vergeblich mit Fristsetzung bis zum 02.04.2008 zur Zahlung des offenen Restbetrages aufforderte und ausweislich dieses Schreibens die Klägerin auch zuvor vergeblich die Beklagte zur Zahlung aufforderte, die sie verweigerte.

Soweit das AG Mettmann.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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