Amtsgericht Leipzig urteilt mit interessanter Begründung

Das AG Leipzig hat mit Teil-Urteil vom 12.09.2006 (106 C 3214/06) über den Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung entschieden, dass die Beklagte verurteilt wird, den Kläger von der Begleichung der Sachverständigenkostenrechnung des Sachverständigen N. vom 21.11.2005 über 278,98 € nebst Zinsen freizustellen.

Aus den Gründen:

Der entschiedene Klageantrag ist zulässig und begründet. Aufgrund der Rückabtretung ist der Kläger aktivlegitimiert. Die Beklagte ist gem. §§ 823 BGB i. V. m. § 3 Nr. 1 PflVersG, 7 Absatz 1 StVG zur Freistellung im Hinblick auf die Gutachterkosten über 278,98 € verpflichtet. Dies gilt selbst dann, wenn sich, wie von der Beklagten behauptet, das Gutachten als unrichtig erweisen sollte. Auch die Kosten für ein unrichtiges Gutachten sind grundsätzlich vom Schädiger zu bezahlen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Gutachten derart unrichtig wäre, dass dies auch einem Laien auffallen müsste. Hiervon ist im vorliegenden Fall aber nicht auszugehen.

Der Kläger ist auch nicht zur Abtretung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen seinen Gutachter verpflichtet, da es hierfür keine gesetzliche Grundlage gibt. Als Geschädigter hat er Anspruch auf Ausgleich seines Schadens und ist nicht verpflichtet, an der möglichen Schadloshaltung der Schädigerseite, insbesondere der Haftpflichtversicherung, mitzuwirken.

So das Teil-Urteil des Amtsgerichtes Leipzig. Die Begründung des Amtsrichters hinsichtlich der mangelnden gesetzlichen Bestimmung ist jedoch nicht neu. Bereits 1998 hatte Wortmann in seinem Aufsatz „Die Schadensregulierung bei Verkehrsunfällen-insbesondere die Sachverständigenkosten“ (VersR 1998, 1204) darauf hingewiesen, dass der Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer keinen Abtretungsanspruch geltend machen können (Wortmann VersR 1998, 1204, m. w. N.). Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 255 BGB nur Ansprüche abzutreten sind, die dem Ersatzberechtigten aufgrund des Eigentums an der Sache oder aufgrund des Rechtes gegen Dritte zustehen.

Vom Ergebnis und von der Begründung daher ein interessantes Urteil.

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5 Antworten zu Amtsgericht Leipzig urteilt mit interessanter Begründung

  1. Hunter sagt:

    Hallo Willi,

    ein wirklich interessantes Urteil.

    Es ist erfreulich, dass es doch noch viele Richter gibt, die ihr Handwerk verstehen.

    Weiter so!

  2. virus sagt:

    hier schnell das Wunsch-Denken der Signal Iduna vom 01.07.2008, welches geradezu nach einen Sachverständigen und Verkehrsrechtsanwalt schreit:

    „Senden Sie uns bitte die Reparaturkostenrechnung mit einem Foto des beschädigten Fahrzeugs oder das Sachverständigengutachten im Original mit Lichtbildern. In vielen Fällen kann auf die Einschaltung eines Sachverständigen verzichtet werden. Vor einer beabsichtigten Beauftragung bitten wir daher um Absprache mit uns.“

    weiter dann:

    „Im Hinblick auf die gesetzliche Schadenminderungspflicht hat der Geschädigte die Mietwagenkosten so gering wie möglich zu halten. Daher sind Sie verpflichtet, vor der Anmietung Vergleichsangebote bei verschiedenen Unternehmen einzuholen. Die Abrechnung erfolgt zum günstigen ortsüblichen Tarif, wobei auch die Angebote der ortsansässigen mittleren und kleineren Unternehmen Berücksichtigung finden.
    Die Differenz zu höheren Preisen müssten Sie selbst tragen.“

    zu guter Letzt:

    „Beachten Sie bitte, dass Sie nach dem Gesetz den Schaden so gering wie möglich zu halten haben.“

    Gut nur, dass der Geschädigte hier bereits vom Anti-Schadenmanagement-Virus befallen ist.

  3. Willi Wacker sagt:

    Hi Virus,
    ähnliche Texte gibt es auch bei HUK-Coburg und anderen Versicherern. Der Wunsch nach Schadensgeringhaltung der Versicherer ist überall erkennbar. Am besten für den Haftpflichtversicherer ist, wenn der Geschädigte auf Grund seiner Schadensminderungspflicht seinen Schaden selbst trägt. Das ist aber nicht das Leitbild des Schadensersatzrechtes des BGB. Bei deliktischen Ansprüchen ist eine Schadensminderungspflicht dogmatisch gar nicht denkbar ( Wortmann zfs 1999, 1 ff ). Wie soll ein einmal eingetretener Schaden gemindert werden ?
    Willi Wacker

  4. virus sagt:

    Also Willi Wacker – ich habe eigentlich im Moment gar keine Zeit für Späße – aber an Ihnen kommt man nicht vorbei.

    Einen schönen Tag an alle.

    Virus

  5. Willi Wacker sagt:

    Hallo Virus,
    ich habe nicht die Absicht, Ihnen den Spaß zu verderben, aber geschrieben werden muss, was hier bekanntgegeben werden muss, damit möglichst viele Kenntnis erlangen.
    Trotzdem einen schönen Tag
    Willi Wacker

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