Amtsrichterin des AG Halle (Saale) verurteilt HUK 24 AG zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht, nachdem sie eine werkvertragliche Preiskontrolle durchgeführt hat, mit Urteil vom 13.8.2014 – 99 C 227/12 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nach der Entscheidung des BGH geht es wieder in die unteren Gefilde der Rechtsprechung. Dieses Mal wieder nach Halle an der Saale. Beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung war wieder die HUK-COBURG. Das Gericht hat zu Recht die Rubrumsberichtigung zugelassen. Der Versuch der HUK-COBURG-Group, sich hinter den  einzelnen Versicherungsgesellschaften des eigenen Hauses zu verschanzen, wenn es um die Passivlegitimation geht, ging fehl. Das LG Marburg hatte in einer Entscheidung betreffend die HUK-COBURG und ihre Töchter bereit klar gestellt, dass letztlich immer die HUK-COBURG gemeint ist und damit die regulierende Gesellschaft. Insoweit konnte sich die HUK 24 AG in diesem Fall nicht hinter die fehlende Passivlegitimation verbergen. Auch die immer wieder von der HUK-COBURG gebrachten Argumente gegen die Aktivlegitimation des klagenden Sachverständigen aus abgetretener Schadensersatzforderung zogen bei der erkennenden  Amtsrichterin nicht. Im Übrigen ist es treuwidrig, zunächst auf die Abtretungsvereinbarung teilweise zu zahlen und dann im Prozess die Aktivlegitimation zu bestreiten. Darin liegt widersprüchliches Verhalten. Insoweit waren die Formalien durch das Gericht korrekt behandelt. Aber dann verfiel das Gericht bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten in eine werkvertragliche Prüfung. Gerade diese hatte der BGH mit Urteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – (= BGH DS 2007, 144) untersagt. Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, so sind weder der Schädiger (oder dessen Haftpflichtversicherer) noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH Urt. v. 29.6.2004 – VI ZR 211/03 – und BGH Urt. v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06 -). Das gilt auch für die Höhe der Sachverständigenkosten. Warum das immer wieder von den Gerichten ignoriert wird, ist mir unverständlich. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht
Halle (Saale)

Geschäfts-Nr.:
99 C 227/12

Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

HUK 24 AG, vertr.d.d. Vorstand Detlef Frank, Günter Schlecha,, Willi-Husaong-Str. 2, 96442 Coburg

vertreten durch

HUK-Coburg-Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. Vorstand der AG, Willi-Hussong-Str. 2, 96442 Coburg,

Beklagte

hat das Amtsgericht Halle (Saale) im schriftlichen Verfahren gem. § 495 a ZPO am 13.08.2014 durch die Richterin am Amtsgericht R.

für Recht erkannt:

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 155,10 € zuzüglich 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus 150,10 seit dem 22.11.2008 sowie aus weiteren 2,50 € seit dem 24.01.2009 und aus weiteren 2,50 € seit dem 09.04.2011 zu zahlen.

2.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22,75 € zuzüglich 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2012 zu zahlen.

3.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.) Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 83,5 % und der Kläger zu 16,5% zu tragen.

5.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Eine Vertretungsbsfugnis der Klägervertreter, den Kläger im Prozess gerichtlich zu vertreten, liegt vor, denn der Kläger hat als Anlage zum Schriftsatz vom 03.09.2013 (Bd. I, Bl. 237 der Akte) die Vollmacht in Kopie vorgelegt.

Die vom Klager vorgenommene Rubrumsberichtigung hinsichtlich der Beklagten ist zulässig, weil die Identität der Partei trotz Berichtigung gewahrt bleibt, da erkennbar die Beklagte vertreten durch die HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG mit ihrer zutreffenden Parteibezeichnung betroffen sein sollte. Insoweit hatte Letztere auch für die jetzige Beklagte die Verteidigungsbereitschaft angezeigt, so dass für diese von Anfang an erkennbar war, dass hier die HUK 24 AG mit ihrer zutreffenden Parteibezeichnung betroffen sein sollte (vgl. dazu auch LG Marburg vom 24.09.1992, Az. 1 O 247/91, zitiert nach juris).

Substantiierten, auf konkrete Anhaltspunkte gestützten Vortrag der Beklagten, weshalb der Unterzeichner der Abtretungserklärung R. M. nicht der Eigentümer des anlässlich des Verkehrsunfall vom 28.07.2008 beschädigten PKW Mazda, mit dem amtlichen Kennzeichen HAL-… sein sollte, gibt es nicht.

Die vom Kläger hier vorgelegte neue Abtretungserklärung vom 20.09.2011/18.10.2011 (Bd. I, Bl. 19 der Akte) wird den Bestimmtheitsanforderungen gemäß § 398 BGB unter Beachtung des Urteils des BGH vom 07.06.2011 (VI ZR 260/10) gerecht. Nachdem in der Entscheidung des BGH vom 11.09.2012 (VI ZR 296/11, zitiert nach juris), die Wirksamkeit der dort streitgegenständliche Abtretung bejaht wurde, „… weil nach dem Wortlaut der Abtretung vom 28.08.2008 nur die Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten nach dem konkret benannten Schadensereignis abgetreten wurde“, ist dem Kläger durch den Geschädigten mit der vorgelegten neuen Abtretungserklärung sein Schadensersatzanspruch „auf Erstattung der Restforderung aus der Erstellung eines Sachverständigengutachtens“ in genau bezeichneter Höhe abgetreten worden. Ausreichender Sachvortrag der Beklagten dazu, weshalb diese neue Abtretungserkiärung nicht von dem damals Geschädigten unterschrieben sein soll, ist nicht erfolgt. Der diesbezügliche Schadensersatzanspruch, der am 28.07.2008 entstanden ist und der mit Zustellung des Mahnbescheides am 21.12.2011 gerichtlich geltend gemacht wurde, ist auch noch nicht verjährt.

Der Zahlungsanspruch stehen dem Kläger gegen die Beklagte daher gemäß § 398 BGB i.V.m. §§ 7 Abs, 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr.1 VVG, §§ 823 Abs. 1, 249 BGB zu.

Zwischen den Prozessparteien ist ein (abgetretener) Schadenersatzanspruch der Unfallgeschädigten streitgegenständlich. Prüfungsmaßstab ist daher, ob die Sachverständigenkosten zum erforderlichen Herstellungsaurwand gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören, also Kosten darstellen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbehebung ansehen durfte (vgl. BGHZ 115, 364, 369; 160, 377; 162, 161, 165). Der Geschädigte ist hierbei grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl, BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/07, NJW2007, 1450; BGHZ, 163, 362, 367 f.). Der Geschädigte kann vom Schädiger nur dann den vollständigen Ausgleich seiner dem Sachverständigen gezahlten Aufwendungen nicht mehr verlangen, wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt (OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, Az. 4 U 49/05, zitiert nach juris). Damit schuldet der Schädiger dem Geschädigten den unter Berücksichtigung der individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten objektiv zur Schadensbehebung erforderlichen Herstellungsaufwand (LG Saarbrücken, Urteil vom 10.02.2012, Az. 13 S 109/10, zitiert nach juris).

Im Hinblick darauf begegnet zunächst das vom Kläger in der Rechnung abgerechnete Grundhonorar auch in Ansehung der sich aus der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 und des von der Beklagten in Bezug genommenen Gesprächsergebnisses ergebenden Beträge keinen Bedenken.

Der Sachverständige kann zudem in werkvertraglich zulässiger Weise neben dem „Grundhonorar“ für die eigentliche Sachverständigentätigkeit „Nebenkosten“ nach ihrem konkreten Anfall berechnen (BGH, Urteil vom 04,04.2006, Az. X ZR 80/05, NZV 2007, 182 ff.).

Zur Versendung der Gutachtenabschrift mit Farbfotokopien an den Geschädigten hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21.11.2012 unter Vorlage des entsprechenden Anschreibens an den Geschädigten (Bd. I, Bl. 147 der Akte) konkret vorgetragen. Anhaltspunkte für eine willkürliche Geltendmachung dieser Kosten oder ein auffalliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung haben sich unter Zugrundelegung der von der auch vom Kläger in Bezug genommenen BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 auch nicht ergeben.

Die Fahrkosten kann der Kläger im hier vorgetragenen Schadensfall aber nicht geltend machen. Fahrtkosten sind nicht angefallen. Zu Fahrtkosten trägt der Kläger selbst mit Schriftsatz vom 04.12.2012 vor, dass gerade keine Fahrt mit einem Firmenfahrzeug des Klägers zum Zwecke der Begutachtung erfolgte.

Vielmehr ist der Gutachter nach dem Vortrag des Klägers mit dem Fahrzeug des Geschädigten von der Filiale P. zur Fa. E. in die T. Straße zum Zwecke der Demontage des Stoßfängers gefahren. Insofern sind die aufgelisteten Vorhalte- und Betriebskosten nicht entstanden. Da der Kläger das Gutachterhonorar pauschal und nicht nach Stundenaufwand abrechnet, ist die Fahrzeit des Gutachters im Fahrzeug des Geschädigten als Gutachtertätigkeit bereits im Grundhonorar für die Gutachtenerstellung abgegolten. Eine Vernehmung des Herrn F. B. zu den strittigen Fahrtkosten war daher entbehrlich.

Die Fremdkosten für die Demontage des Stoßfängers sind erstattungsfähig, denn die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 14.08.2012 auf Seite 3 5. Absatz mitgeteilt bereits unter Hinzurechnung der Demontagekosten gezahlt zu haben.

Das Gericht sieht auch die für Schreib-, Büro-, Porto-, Telefon-, EDV- und Datenbankkosten Beträge unter Berücksichtigung der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009 nicht als offensichtlich überhöht im Sinne der diesbezüglichen Rechtsprechung des OLG Naumburg an. Danach kann sich der Schädiger gegenüber dem Geschädigten – und damit auch gegenüber demjenigen, dem der Geschädigte seinen Anspruch abgetreten hat – auf eine Überhöhung der Sachverständigenkosten regelmäßig nicht berufen, sofern keine Anhaltspunkte des Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen vorliegen und die Höhe des geltend gemachten Honorars nicht derart in einem Missverhältnis zur Schadenshöhe oder zur Höhe der späteren Reparaturkosten steht, dass dies dem Geschädigten als offenkundiges Missverhältnis hätte auffallen müssen (OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 1029, 1030 f.; LG Halle, Az. 2 S 289/11, Urteil vom 09.03.2012 sowie LG Halle, Az. 2 S 15/12. Urteil vom 13.04.2012 unter Bezugnahme auf die zitierte Entscheidung des OLG Naumburg).

Da sich durch Herausrechnung der Fahrtkosten von 25,00 € netto die Nettogutachterkosten auf 535,92 € reduzieren, was 637,74 € brutto entspricht, hat die Beklagte dem Kläger daher unter Berücksichtigung der bereits erbrachten Zahlung von 487,64 € noch 150,10 € zu zahlen.

Die Entscheidung über die Zahlung von Verzugszinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Verzug hinsichtlich der Hauptforderung trat mit Ablauf der zum 21.11.2008 gesetzten Frist aus der Erstmahnung vom 11.11.2008 zum 22.11.2008 ein.

Für die nach Eintritt des Verzuges vom Kläger versandten weiteren 2 Mahnungen kann der Kläger als Verzugsschadensersatz 5,00 € von der Beklagten verlangen. Mangels konkreten Vortrags des Klägers zu den genau entstandenen Kosten hält das Gericht angesichts der vorgelegten formularmäßigen Mahnungen 2,50 € je Mahnung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO für angemessen und ausreichend. Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen beruht infolge der Geltendmachung der vorgerichtlichen Mahnkosten am 13.01.2009 zum 23.01.2009 und mit vorgerichtlichem Anwaltsschreiben vom 25.03.2011 zum 08.04.2011 auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Der Kläger hat auch aus eigenem Recht einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in der zu erkannten Höhe. Mit dem Auftrag an seine jetzigen Prozessbevollmächtigten zur außergerichtlichen Geltendmachung der Forderungen in dem Mahnschreiben vom 25.03.2011 hat der Kläger nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Aus weiteren vom Kläger vorgetragenen und beim Amtsgericht Halle (Saale) auch im Dezernat 99 C geführten Rechtsstreiten ist bekannt, dass die Beklagte nach dem außergerichtlichen Tätigwerden von Rechtsanwälten vielfach noch weitere (Teil-) Zahlungen an den Kläger in vergleichbaren Sachverhalten leistet. Die begehrten Anwaltskosten sind nach dem zuerkannten Betrag i.H.v. 150,10 € mit 22,75 € netto auch zutreffend berechnet. Die Entscheidung über die Zahlung von Verzugszinsen beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 und § 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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