Fünf Sterne – Richter am AG Aschersleben – AZ 3 C 635/15 (IV) vom 31.05.2016 – erklärt dem Coburger Versicherer, dass die vorgenommene Kürzung des SV-Honorars verlogen ist und betrügerische Züge trägt

Der Richter am AG Aschersleben bezeichnet das Agieren der HUK Coburg vor Gericht als

„unverständlich und kaum glaubhaft“

und zudem als

„nicht nur widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich, sondern bereits aus dem oben genannten Grund rechtsunerheblich“

Die Urteilsbegründung erfolgte unter Bezugnahme auf die BGH-Entscheidung: X ZR 122/05  dahingehend:

Allein die relativ geringfügige Hauptforderung zeigt, dass die vereinbarten Sachverständigenkosten, einschließlich der Nebenkosten, nicht offensichtlich überhöht waren. Die insofern getroffene Vereinbarung ist für den Erstattungsanspruch des Geschädigten damit maßgeblich (BGH, X ZR 122/05).

Meine Empfehlung geht an die Millionen von HUK-Versicherten, den Tausenden von HUK-Vertragspartnern und den zukünftigen HUK-Autokäufern, widmet dem nachfolgenden Urteil  Eure ungeteilte Aufmerksamkeit.

  Amtsgericht Aschersleben

Verkündet am: 31.05.2016

3 C 635/15 (IV)

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn … Kfz-Sachverständigenbüro

Kläger

Prozessbevollmächtigte:

gegen

HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg

Beklagte

Prozessbevollmächtigter:

hat das Amtsgericht Aschersleben im Verfahren gem. § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 10.05.2016 am 18.05.2016 durch den Richter am Amtsgericht K. für Recht erkannt:

1.     Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 161,01 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 149,01 € seit dem 21. 01. 2013 sowie auf 12,00 € seit dem 04.12.2015 zu zahlen.

2.     Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3,     Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des

Tatbestandes

wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Gutachterkosten gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG, 249, 398 BGB zu.

Die Beklagte hat diese bereits zu 75 % an den Kläger erstattet. Dabei hat sie in ihrem Abrechnungsschreiben vom 28.012013 weder die Wirksamkeit der Abtretung vom 18.12.2012 noch eine Eigentumsschädigung des Zedenten in Abrede gestellt. Die Behauptung der Be­klagten, dass (erst) die Klage Anlass bot, nunmehr exakt zu beleuchten, wem Ansprüche als geschädigtem Eigentümer zustehen und ob diese Person eine wirksame Abtretung dieser Ansprüche vorgenommen hat, ist unverständlich und kaum glaubhaft. Sie hat für ihr vorgerichtliches Verhalten jedenfalls einzustehen. So stellt die erfolgte Zahlung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis mit der Folge dar, dass die Beklagte mit allen Einwendungen tatsächli­cher und rechtlicher Natur für die Zukunft ausgeschlossen ist, die sie bei der Teilregulierung bereits kannte oder mit denen sie zumindest rechnen musste (BGH, NJW-RR 2004, 1475).

Folglich ist es nicht nur widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich, sondern bereits aus dem oben genannten Grund rechtsunerheblich, dass die Beklagte nunmehr die Unbestimmtheit der Abtretungserklärung rügt und die Unterzeichnung der Abtretungsurkunde sowie die unfallbe­dingte Schädigung des Eigentums des Herrn … bestreitet.

Im Übrigen hält das Gericht die Abtretungsvereinbarung für hinreichend bestimmt, da sie sich ausdrücklich auf die Gutachterkosten und die Höhe derer bezieht, die problemlos der Rechnung des Gutachterbüros entnommen werden können. Auch kann sich der Kläger berechtigt auf die gesetzliche Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB mit der Folge berufen, dass die Beklagte darzulegen und nachzuweisen hatte, dass Herr … nicht Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges war. Dies ist nicht erfolgt.

Die Beklagte hat ihre Leistungskürzung mit Schreiben vom 28.01.2013 allein mit dem pau­schalen Einwand begründet, dass die berechneten Sachverständigenkosten den erforderli­chen Aufwand zur Schadensbeseitigung übersteigen würden und nicht dargelegt worden sei, dass sich der Geschädigte nach einem preisgünstigeren Sachverständigen erkundigt hätte. Aber auch dieser Einwand ist rechtsunerheblich. Zutreffend hat die Beklagte selbst in ihrem Schreiben dargelegt, dass ein Geschädigter grundsätzlich nicht zu einer Marktforschung nach einem preisgünstigen Sachverständigen verpflichtet ist. Er ist zudem auch nicht verpflichtet, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (OLG München, 10 U 579/15). Allein die relativ geringfügige Hauptforderung zeigt, dass die vereinbarten Sachverständigenkosten, einschließlich der Ne­benkosten, nicht offensichtlich überhöht waren. Die insofern getroffene Vereinbarung ist für den Erstattungsanspruch des Geschädigten damit maßgeblich (BGH, X ZR 122/05).

Die geltend gemachten, und auch hinsichtlich ihrer Höhe nicht zu beanstandenden Nebenforderungen, haben ihre Rechtsgrundlage in §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB, 287 ZPO.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

K.

Richter am Amtsgericht

Wer es nicht mehr auf den Schirm hat; bereits mit Begründung aus dem Beschluss vom 4. April 2006 (X ZR 122/05) hatte der BGH dem – nach wie vor rechtswidrigen – Agieren der HUK Coburg eine Absage erteilte?

Tenor des BGH-Urteils:

BGB § 631
a) Ein Vertrag, nach dem ein Sachverständiger ein Gutachten über die Höhe eines Kraftfahrzeugunfallschadens zu erstellen hat, ist ein Werkvertrag.

BGB § 632 Abs. 2
b) Für die Bemessung der Vergütung des Sachverständigen ist der Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung maßgeblich, wobei nach § 632 BGB – in dieser Reihenfolge – ihre tatsächliche Absprache, eine eventuell vorliegende Taxe oder die übliche Vergütung den Inhalt der Vereinbarung bestimmen. Andernfalls ist eine verbleibende Vertragslücke nach den Grundsätzen über die ergänzende Vertragsauslegung zu schließen, für die Gegenstand und Schwierigkeit der Werkleistung und insbesondere die mit dem Vertrag verfolgten Interessen der Parteien von Bedeutung sein können.
Nur wenn sich auf diese Weise eine vertraglich festgelegte Vergütung nicht ermitteln lässt, kann zur Ergänzung des Vertrages auf die Vorschriften der §§ 315, 316 BGB zurückgegriffen werden.

BGB § 315 Abs. 1
c) Ein Sachverständiger, der für Routinegutachten eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung seiner Honorare vornimmt, überschreitet die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums grundsätzlich nicht.

BGB § 286
d) Mit der Rechtskraft des Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB tritt Verzug des Schuldners ohne weiteres und auch dann ein, wenn das Urteil einen bestimmten Zeitpunkt für die Leistung nicht ausdrücklich festlegt.

In der Urteilsbegründung wurde vom X. Senat zudem herausgearbeitet, dass:

Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf das JVEG geboten. Dieses regelt das dem gerichtlichen Sachverständigen zustehende Honorar zwar nicht mehr nach dem Entschädigungsprinzip wie das außer Kraft getretene Zeugen- und Sachverständigenentschädigungsgesetz, sondern nach dem Vergütungsprinzip (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 JVEG). Sein
Anwendungsbereich ist aber auf die in § 1 JVEG genannten Verfahren beschränkt. Einer Übertragung der Grundsätze für die Vergütung gerichtlicher Sachverständiger auf Privatgutachter steht schon der Umstand entgegen, dass Privatgutachter im Unterschied zu gerichtlichen Sachverständigen,die zu den Parteien nicht in einem
Vertragsverhältnis stehen, dem Auftraggeber nach allgemeinen
Regeln sowohl vertragsrechtlich als auch deliktsrechtlich haften (vgl. Münch. Komm./Soergel, BGB, 4. Aufl., § 631 BGB Rdn. 85, 86), während die Haftung gerichtlicher Sachverständiger der Sonderregelung des§ 839 a BGB unterliegt, die die Haftung zwar einerseits auf reine Vermögensinteressen erstreckt, andererseits aber auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt hat, damit der Sachverständige, der nach den Verfahrensordnungen (§ 407 ZPO, § 75 StPO) regelmäßig zur Übernahme der Begutachtung verpflichtet ist, seine Tätigkeit ohneden Druck eines möglichen Rückgriffsder Parteien ausüben kann (vgl. Münch.Komm./Soergel, aaO, § 631 BGB Rdn. 86; Münch.Komm./Wagner, BGB, 4. Aufl., § 839 a BGB Rdn. 3)

 

Siehe CH:    BGH-Urteil AZ: X ZR 122/05; ein erstes Resümee von Peter Pan

und BGH:   X ZR 122/05 

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Abtretung, Haftpflichtschaden, HUK-Coburg Versicherung, Sachverständigenhonorar, Urteile abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

1 Antwort zu Fünf Sterne – Richter am AG Aschersleben – AZ 3 C 635/15 (IV) vom 31.05.2016 – erklärt dem Coburger Versicherer, dass die vorgenommene Kürzung des SV-Honorars verlogen ist und betrügerische Züge trägt

  1. Iven Hanske sagt:

    Virus, Danke für die sehr gute Ausarbeitung, soll ich hier mal den Schriftverker der Versicherungs – Rechtsverdreher einstellen, damit auch für juristische Laien diese rechtswidrigen Argumentationen erklärlich sind? Ich glaube die Erfahrungen können helfen, also ich hoffe meine Web-Konferenz (gemeinsames Helfen) gewinnt an Fahrt (zur Zeit 14 Teilnehmer). Unter konferenz@sofort-vor-ort.de könnt Ihr Euch kostenfrei anmelden. Hier findet Ihr das von mir erstrittene Urteil: http://www.sofort-vor-ort.de/1/U-List-01-06-2015.htm

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert