Landgericht Dortmund entscheidet über restliche Mietwagenkosten

Die Berufungskammer des Landgerichtes Dortmund hat mit Urteil vom 29.05.2008 (4 S 169/07) das Urteil des Amtsgerichtes Dortmund abgeändert und dahingehend neu gefasst, dass die Beklagte verurteilt wird, 53,44 € nebst Zinsen sowie weitere 23,21 € an den Kläger zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

Der Kläger beansprucht von der Beklagten als Haftpflichtversicherung des Unfallgegners Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 20.8.2006. Die Haftung dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig. Mit der Klage macht der Kläger weitere Mietwagenkosten geltend. Am 4.9.2006 mietete der Kläger einen Ersatz-Pkw der Firma L. zum „Unfallersatztarif‘ an.

Für die Zeit vom 4.9.2006 bis zum 14.9.2006 berechnete die Firma L. mit Rechnung vom 04.10.2006 für 6 Miettage 904,80 €. Auf diesen Betrag zahlte die Beklagte 591,60 €. Der Kläger beansprucht die Zahlung der übrigen Mietwagenkosten. Erstinstanzlich hat das Amtsgericht Dortmund mit Urteil vom 10.10.2007 (433 C 1895/07) die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, weiterer Schadensersatz stünde dem Kläger nicht zu, da er nicht dargelegt und bewiesen habe, dass ihm kein anderer als der sogenannte Unfallersatztarif zugänglich gewesen wäre. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Die Berufung ist nach Zulassung des Rechtmittels zulässig und teilweise begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte nach den §§ 7,17,18 StVG, 3 PfIVG einen Anspruch auf Erstattung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von noch 53,44 €. Der Kläger hat dagegen keinen Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten in voller Höhe. Der Unfallersatztarif, der dem Kläger in Rechnung gestellt worden ist, ist deutlich überhöht. Da die wirtschaftliche Berechtigung dieses Tarifes nicht dargelegt ist und dem Kläger ein anderer Tarif zugänglich war, übersteigen diese hohen Kosten den tatsächlich erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung. Die Berufungskammer nimmt dabei Bezug auf ihre Grundsatzentscheidungen vom 14.06.2007 in den Verfahren 4 S 165/06, 4 S 16/06 und 4 S 129/06, veröffentlicht in der Rechtssprechungsdatenbank unter www justiz.nrw.de. Gemäß § 287 ZPO hat die Kammer den erforderlichen Aufwand geschätzt. Da die Anwendbarkeit der Schwacke-Liste 2006 umstritten war, hat sich die Kammer bislang bei ihrer Schätzung an der Schwacke-Liste 2003 orientiert und einen jährlichen Zuschlag für die Teuerung vorgesehen. Unter Abweichung dieser bisherigen Rechtsprechung legt die Kammer nunmehr aber die Schwacke-Liste 2006 zugrunde. Die Kammer folgt damit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.03.2008 (VI ZR 164/07, NJW 2008, 1519 ff.). Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass die Schwacke-Liste 2006 als Schätzgrundlage herangezogen werden kann, auch wenn allgemein gehaltene Angriffe gegen sie vorgebracht werden. Der Kammer ist aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt, dass es sich immer um die gleichen Angriffe handelt, wie beispielsweise, dass Online-Angebote nicht berücksichtigt seien, zu hohe Preissteigerungen vorliegen würden und die Anzahl der Nennungen nicht zu erkennen sei. Eine tatsächliche Überprüfung der Marktanalyse ist dem Gericht nicht möglich. Die Kammer ist daher auf Schätzgrundlagen wie die Schwacke-Liste angewiesen. Nachdem der Bundesgerichtshof die Schwacke-Liste 2006 trotz der allgemeinen Angriffe für anwendbar erklärt hat, wird die Kammer zu dieser Schätzgrundlage zurückkehren. Die Kammer wird daher bei der Schätzung das arithmetische Mittel zugrunde legen. Die Schwacke-Liste deckt nämlich eine erhebliche Bandbreite an unterschiedlichen Preisen ab, und zwar auch sehr günstige Preise. Dieser Mittelwert scheint der Kammer die Preisdifferenzen am beste abzudecken. Die Kammer hält weiterhin daran fest, dass zur Abgeltung der besonderen Unfallsituation ein Aufschlag von 20% auf den so ermittelten Normaltarif gerechtfertigt ist, um die Besonderheiten der Kosten und Risiken des Unfallersatzgeschäftes im Vergleich zu einer normalen Autovermietung abdecken zu können. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass vergleichbar dem Sachverhalt in dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 11.03.2008 auch hier ein Ersatzfahrzeug nicht am Unfalltag, sondern erst später angemietet worden ist. Eine Eil- oder Notsituation ist nicht zu sehen. Allerdings bietet der Unfallersatztarif für den Geschädigten Vorteile, die er in Anspruch nehmen darf. Die oft erheblichen Mietwagenkosten werden ihm kreditiert. Da die Kreditline auch bei Kreditkarteninhabern zumeist begrenzt ist und oft gleichzeitig Unfallschäden an dem Fahrzeug selbst zu reparieren und vorzuleisten sind, weil die Abwicklung mit den Versicherungen Wochen in Anspruch nehmen, handelt es sich um einen erheblichen Vorteil. Außerdem ist die Haftungsbeschränkung bei einem Fahrzeug zum Unfallersatztarif eine günstigere. Üblicherweise steht einem Geschädigten kein Angebot zur Verfügung, dass sein Schaden vorfinanziert wird. Wenn es aber diese Möglichkeit gibt und sich die Kosten in angemessenem Rahmen halten, darf er diese Möglichkeit in Anspruch nehmen. Bei der Höhe des Zuschlags hat die Kammer auch zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung nicht unterschieden, ob nur diese Leistungen erbracht oder weitere Leistungen aus einer Notsituation heraus genutzt werden.

Damit ergibt sich vorliegend folgende Berechnung:

Normaltarif Schwacke-Automietpreisspiegel 2006, Gruppe III, 488,00 €

Postleitzahl 441, 2x 3 Tage = 2 x 244,00 €

minus 10% Eigenersparnis 48,40 €

439,20 €

zuzüglich 20% Aufschlag 87,84 €

527,04 €

zuzüglich Nebenkosten Haftungsbeschränkung (2 x 59,00 €) 118,00 €

645,04 €

abzüglich Zahlung der Versicherung 591,60 €

offene Restforderung 53,44 €

Über diese Restforderung hinaus hat der Kläger einen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der außergerichtlich entstandenen und nicht anrechnungsfähigen Anwaltskosten in Höhe von 23,21 €. Die Revision war gemäß § 543 ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Der Bundesgerichtshof hat zu den Rechtsfragen, auf denen das Urteil beruht, bereits mehrfach Stellung genommen.

So das Urteil des Landgerichtes Dortmund, nachdem der Unfallersatztarif wieder anerkannt worden ist.

Urteilsliste „Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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4 Antworten zu Landgericht Dortmund entscheidet über restliche Mietwagenkosten

  1. Rainer D. sagt:

    Was ist aus dem Restbetrag von ca. 250 Euro zur Rechnung der Mietwagenfirma geworden. Musste der Anmieter, da er ja einen Vertrag unterschrieben hatte, diesen aus seiner eigenen Tasche bezahlen?

  2. Schwarzkittel sagt:

    Ha, mal sehen wann die „Versicherungsanwälte“ ihre Textbausteine ändern:

    Bisher wurde gerade die 4. Kammer des LG Dortmund dafür benannt, daß die SchwackeListe Automietpreisspiegel als Grundlage für die Schätzung des Normaltarifs nach § 287 ZPO nicht geeignet sei.

    Nun, dem ist ja nicht mehr so…..

    Fehlen nur noch LG Chemnitz und die 2. Kammer des LG Nürnberg.

    Aus der Mietwagensuhle

    Schwarzkittel

  3. Willi Wacker sagt:

    @ Schwarzkittel 18.07.2008 08.59

    Hallo Schwarzkittel,
    mit dem Urteil der Berufungskammer des LG Dortmund scheint der bereits totgesagte Unfallersatztarif wieder up to date zu werden. Auch das AG Würzburg scheint mit seinem gut begründeten Urteil vom 23.01.2008 – 12 C 2020/o7 -, das demnächst hier eingestellt wird, diesen Weg einzuschlagen. Damit wird der Unfallersatztarif wohl wieder hoffähig.
    MfG
    Willi Wacker

  4. Brabec, Michael sagt:

    Der wichtigste Hinweis an alle Zweifler gegenüber Schwacke 2006 ff.:

    Der Modus (häufigster genannter Wert) ist ein manchmal unglücklicher Wert, der zu Sprüngen führen kann, die dann jedoch nicht durch Manipulationen der Befragten entstanden sein können. Dieser Wert ist ein von Schwacke nachträglich errechneter, den die Autovermieter nicht direkt angegeben haben.

    Verdeutlichung:
    Bsp. 2003
    5 Nennungen 51,51,57,59,65 -> Modus 51, artith. Mittel 56,6

    Bsp. 2006
    5 Nennungen 51,52, 57,66,66 -> Modus 66, 27% Steigerung des „Modus“, …da sehe ich sie schon die Zahlen des statistischen Bundesamtes, die weit weniger Steigerungen ausweisen…

    Sieht man sich nun das arithm. Mittel für 2006 an (bzgl. derselben Zahlen): 58,4, also eine Steigerung von ca. 3%.

    Auf Basis dieses Wertes „Modus“ ist es also unredlich, einen Manipulationsvorwurf oder Unregelmäßigkeiten zu formulieren.

    Insofern ist das Urteil des LG Dortmund nur zu begrüßen.

    M.Brabec

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