LG Bielefeld: Normaltarif ist Mittelwert zwischen Schwacke- und Fraunhoferliste

Das LG Bielefeld hat mit Urteil vom 09.10.2009 – 21 S 27/09 – in der Frage, wie der nach § 249 BGB geschuldete notwendige Betrag für die Festsetzung von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall zu berechnen sei, auf den Mittelwert zwischen dem in der Schwacke-Liste und dem in der Fraunhofer-Erhebung  jeweils angegebenen Normaltarif abgestellt und damit zu dem Urteil der Vorinstanz ( AG Bielefeld ) Stellung genommen.

Meines Wissens ist damit zum ersten Mal ein arithmetischer Mittelwert zwischen zwei Berechnungsmethoden als Basis für einen Schadensersatzanspruch genommen worden.

Mit diesem Berufungsurteil weicht m.E. die bisher klare Front gegen Fraunhofer auf.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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8 Antworten zu LG Bielefeld: Normaltarif ist Mittelwert zwischen Schwacke- und Fraunhoferliste

  1. Rüdiger sagt:

    Könnte man meinen, muss man aber nicht

  2. SV F.Hiltscher sagt:

    Ja,ja
    Deutschland, das Land der Mittelwerte.
    Man nehme einen Normalpreis, kreuze ihn mit einem Dumpingpreis und erhält einen „Mittelwertspreis“ von dem der Normalpreisige nicht mehr exestieren kann.
    Ein wirtschaftlich berechnetes u. erforderliches Preisgefüge also der Normalpreis wird nach der deutschen Mittelwertchizophrenie immer weiter nach unten gedrückt, bis die Insolvenz vor der Türe steht.
    Mittelwertig sind deshalb auch unsere Staatsdiener/Politiker, welche vor lauter Mittelwertsberechnung diesen Status selbst annehmen u. auch verdienen.
    50% ist immer die Hälfte! Aber von welcher Ausgangsbasis auszugehen ist, prüft niemand nach.
    Der eine Gauner bekommt 15 Jahre aufgebrummt und der andere Kleinganove 1 Jahr, warum werden da keine Mittelwerte gebildet.? Wäre das evtl. ungerecht?
    MfG

  3. WESOR sagt:

    Hat jemals Schwacke oder Fraunhofer ein Auto vermietet?

    Die leben von der Versicherung als statistische Streithelfer und sonst nix.

  4. Andreas sagt:

    Hallo Herr Hiltscher,

    Sie sagen es!

    Nicht umsonst erhöhen die großen Autovermieter, die wesentlichen Eingang in die Fraunhofer-Liste gefunden haben immer wieder mal um ein paar Prozent ihren Mietpreis.

    Erst wird erhöht, dann rudert Sixt bei der Zusatzgebühr ab dem 200. Kilometer zurück, aber Hertz und Europcar halten daran fest, dann passiert wieder was anderes.

    Die großen vier, fünf AV wissen doch gar nicht was sie wollen bzw. was sie haben müssen. Riesenverluste im Vorjahr, aber eine vernünftige Preiskalkulation findet nicht statt, weil der Mitbewerber ja mehr Anteile haben könnte.

    Aber weiß der unbedarfte Geschädigte überhaupt noch was für ein Tarif gerade aktuell ist?

    Ich beschäftige mich sehr stark mit der Mietwagenproblematik, aber selbst blicke so langsam nicht mehr durch, wer wann wieviel erhöht und dann doch nicht mehr…

    Grüße

    Andreas

  5. Rüdiger sagt:

    Die orientieren sich bestimmt an der Spritpreisentwicklung

  6. RA Wortmann sagt:

    Lieber Herr Hiltscher,
    Sie haben ja so recht. Das Urteil ist vermutlich nur deshalb hier bekannt gegeben worden, weil es m.E. ein nonsens ist, genau den Mittelwert von zwei Berechnungsmethoden zu nehmen. Demnächst werden die Restwerte als mathematisches Mittel aus SV-Gutachten und Restwertbörse gebildet. Ein Horrorgedanke!
    Mit freundlichen Grüßen nach Süddeutschland
    Ihr RA Wortmann

  7. Werkstatt-Freund sagt:

    Schon mit dem Porsche-Urteil (NJW 2003, 2086) hatte der BGH einen abstrakten Mittelwert abgelehnt und darauf hingewiesen, dass dieser abstrakte Mittelwert nicht der repräsentative Wert sein könne. Der BGH hatte zwar über die Stundensätze zu entscheiden, auf die Mietwagenkosten kann dies aber übertragen werden, meine ich, oder? Dann kann eine Unterinstanz m.E. nicht einfach hingehen und ein mathematisches Mittel bilden. Werden jetzt auch bei Geschwindigkeitsmessungen die gemessenen und die vom Betroffenen behaupteten Werte gemittelt? Ich meine, das Gericht hätte sich so oder so entscheiden müssen. Ich finde, es handelt sich nicht um ein gutes Urteil.
    MfG
    Werkstatt-Freund

  8. Brabec sagt:

    Der Fehler liegt darin, dass der Mittelwert zwischen zwei zuvor als nicht verwendbar abgelehnten Listen gebildet wird. Er wird deshalb gebildet, weil man das Thema nicht tiefgreifend bearbeiten möchte.

    Konkret:
    Man meint, keine verwendbare Schätzgrundlage zu haben.

    Ein SV-Gutachten zur Mietwagenfrage kann es auch nicht richten, denn die Ergebnisse daraus sind noch nie richtig gewesen.

    Die nun entwickelte Idee, dann aus zwei abgelehnten Listen den Mittelwert zu bilden (und nicht dumm: ins Urteil ja nicht reinzuschreiben, dass man beide Schätzgrundlagen für falsch hält) ist haarsträubend.

    Wichtig ist, sich die Probleme von Fraunhofer nochmals konkret zu verdeutlichen:

    1. Jeder einzelne von Fraunhofer erhobene Wert ist entweder nicht nachweisbar, weil telefonisch unter völlig unklaren Verhältnissen entstanden oder im Internet mit der Bedingung Mindestfahreralter, Eingabe sensibler Daten in den Browser, Vorbuchungsfrist von einer Woche usw. erhoben. Es ist also kein einziger Wert real und passend auf die BGH-Forderung hin erhoben worden: Kunden tritt vor den Schalten und sagt da bin ich, Auto her, was kostet das?

    … und in Bezug auf Schwacke zu informieren:
    2. Schwacke hat keine Abfrage bei den Betroffenen gemacht, die diese manipulieren konnten. Schwacke hat originale Preislisten in Hochglanzpapier und anonym im Internet eingeholt. Das ist physisch vorhandenes Material und entspricht der Verpflichtung eines Anbieters, die Dienstleistung auszupreisen. Die daraus entwickelte Schwacke-Liste enthält auch die Niedrigpreise ala Fraunhofer, aber eben nicht nur, sondern auch die der 600 kleineren/mittleren Unternehmen (die auch tagtäglich ihre Autos vermieten, nur eben nicht zu 30 Euro) und der 5.000 Autohäuser (die z.B. VW.. an ca. 2.000 Euromobil-Stationen im normalen Vermietgeschäft tätig sind).

    Schwacke-Preissteigerungen resultieren aus Rechenfehlern (LG Chemnitz 120% anstatt 20% im Urteil) oder dem Vergleich des häufigsten genannten Wertes. Daraus kann man doch keine Manipulation schließen, denn der kann zufällig hoch oder niedrig sein. Dagegen muss man vortragen, das machen zu Wenige.

    Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, möglichst viel darüber zu veröffentlichen. ..bav.de

    Komplexität der Materie -> mangelnder Vortrag vieler Anwälte -> leichtes Spiel für Großkanzleien / Versicherer

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