LG Düsseldorf urteilt mit hervorragender Begründung zur fiktiven Abrechnung und verurteilt DA-Versicherung zur Zahlung der gekürzten Schadensbeträge mit Urteil vom 21.1.2014 – 14e O 230/12 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

zum Wochenausklang geben wir Euch hier noch ein Musterurteil aus Düsseldorf zur fiktiven Abrechnung mit einigen guten Argumenten in der Begründung, die wir bisher noch nicht eigehend thematisiert hatten, bekannt. Die Zivilkammer des LG Düsseldorf  hat mit erfreulich klaren Worten zur Verweisung auf eine Alternativwerkstatt Stellung genommen. Auch hat sie die Angaben der beklagten DA-Versicherung zur Alternativwerkstatt genau unter die Lupe genommen. Insbesondere stellten sich die behaupteten Kilometerangaben als Lüge heraus. Wieder einmal wurde bewußt unwahr vorgetragen. Wieder einmal besteht der Verdacht des Prozessbetruges durch die Versicherung. Mit dem Schreiben der DA wurde jetzt sogar auf eine „alternative Reparaturmethode“  verwiesen. Wie diese aber  aussehen sollte, wurde geflissentlich nicht erklärt. Auf andere als im Gutachten aufgeführte Reparaturmethoden muss sich der Geschädigte aber regelmäßig nicht verweisen lassen. Das ist eine gute Entscheidung des LG Düsseldorf.  Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. 

Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker

14e 0 230/12                                                                        Verkündet am 21.01.2014

Landgericht Düsseldorf

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

der … GmbH, vertr. d. d. Gf., … ,

Klägerin,

gegen

1. Herrn … ,

2. die Deutsche Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, Oberstedter Straße 14, 61440 Oberursel,

Beklagten,

hat die 14 e. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatz bis zum 30.12.2013
durch den Richter am Landgericht … als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 1.244,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.12.2012 zu zahlen.

Die Beklagten werden ferner verurteilt, als Gesamtschuldner die Klägerin von durch außergerichtliche Tätigkeit entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 96,20 EUR gegenüber Rechtsanwalt … freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Ersatz des ihr durch einen Verkehrsunfall entstandenen Schadens im Wege fiktiven Schadensersatzes, wobei lediglich die Schadenshöhe streitig ist.

Am xx.11.2012 gegen 14.40 Uhr befuhr Herr … mit dem im Eigentum der Klägerin stehenden Pkw der Marke Mercedes Benz 180 CDI mit dem amtlichen Kennzeichen … , einem Taxi, den Konrad-Adenauer-Platz in Düsseldorf. In Höhe der Haus-Nr. 14 rangierte der Beklagte den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen … , dessen Halter er auch ist und das bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert war, aus einer Parklücke, geriet in die Fahrspur des Herrn … und beschädigte die vordere linke Tür des klägerischen Pkw. Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass die Beklagten wegen des Verursachungsbeitrages des Beklagten zu 1. zu 100% für die durch den Verkehrsunfall eingetretenen Schäden haften.

Nach einem Schadensgutachten des Kraftfahrzeugsachverständigen … , das die Klägerin einholte, betrugen die Reparaturkosten 4.836,48 EUR netto. Für das Schadensgutachten stellte der Sachverständige … der Klägerin 639,45 EUR in Rechnung.

Mit Anwaltsschreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 12.11.2012 forderte die Klägerin die Beklagten auf, einen Betrag in Höhe von 5.505,93 EUR an sie zu zahlen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den sich aus dem Schadensgutachten ergebenden Reparaturkosten, aus dem Honorar des Kraftfahrzeugsachverständigen … und einer Schadenspauschale in Höhe von 30,00 EUR für Telefonate, Fahrten und ähnliche Kosten. Mit Anwaltsschreiben vom 30.11.2012 mahnte die Klägerin die Zahlung dieses Betrages bis zum 07.12.2012 an.

Am 12.12.2012 wurde auf dem Konto der Klägerin oder ihres Prozessbevollmächtigten eine Vorschusszahlung der Beklagten zu 2. in Höhe von 2.000,00 EUR gutgeschrieben.

Mit Anwaltsschreiben vom 13.12.2012 machte die Klägerin einen weiteren Schadensersatzbetrag in Höhe von 521,17 EUR geltend, den die Beklagte zu 2. ihr auch erstattete.

Unter dem 11.01.2013 übersandte die Beklagte zu 2. dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ein Abrechnungsschreiben, mit dem sie den von der Klägerin geltend gemachten Fahrzeugschaden abzüglich eines Betrages in Höhe von 267,80 EUR für Verbringungskosten und eines weiteren Betrages in Höhe von 976,70 EUR wegen einer „Kürzung der Stundenlöhne“ sowie die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für den Sachverständigen und die Schadenspauschale in Höhe von 30,00 EUR anerkannte. Ferner erkannte sie die Rechtsanwaltskosten nur teilweise an. Außerdem wies sie wie folgt auf eine Referenzwerkstatt hin:

„Folgender Reparaturbetrieb führt die Instandsetzung Ihres Fahrzeugs zu einer günstigeren Reparaturmethode durch:

– Lackierzentrum … GmbH …

Diese Reparaturwerkstatt gehört zu den zertifizierten Meisterbetrieben, die Reparaturen/Instandsetzungen nach den Empfehlungen und Richtlinien der Hersteller durchführen. Die Arbeiten werden unter Verwendung von Originalersatzteilen und unter Berücksichtigung der Herstellergarantie durchgeführt.“

Soweit sie die von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen in dem Abrechnungsschreiben anerkannte, leistete die Beklagte zu 2. an die Klägerin bzw. ihren Prozessbevollmächtigten Zahlung.

Auf der Grundlage eines Streitwertes in Höhe von insgesamt 6.027,10 EUR (5.505,39 EUR+521,17 EUR) stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dieser für die außergerichtliche Rechtsverfolgung eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich einer Auslagenpauschale in Höhe von insgesamt 507,50 EUR netto in Rechnung. Hierauf zahlte die Beklagte 411,30 EUR, so dass der Rechnungsbetrag noch in Höhe von 96,20 EUR offensteht.

Die Klageschrift vom 11.12.2012, mit der die Klägerin ursprünglich 5.505,93 EUR nebst Zinsen sowie die Freihaltung von entsprechenden Anwaltskosten begehrt hat, ist am selben Tage bei Gericht eingegangen.

Nach Erhalt der Zahlungen hat die Klägerin die Klage teilweise zurück genommen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

die Beklagten als Gesamtschuldner zur verurteilen,

1. an sie 1.244,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.12.2012 zu zahlen.

2. sie von durch außergerichtliche Tätigkeit entstandenen Rechtsanwaltskosten freizustellen durch Zahlung von 96,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab Rechtshängigkeit an Rechtsanwalt … .

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten vertreten die Auffassung, da die Beklagte zu 2. auf einen günstigeren, nicht markengebundenen Referenzbetrieb hingewiesen habe, sei Schadensersatz nicht unter Berücksichtigung der Stundenverrechnungssätze einer Vertragswerkstatt zu zahlen. Da bei diesem Referenzbetrieb auch keine Verbringungskosten angefallen wären, seien auch die im Schadensgutachten ausgewiesenen Verbringungskosten zu ersetzen. Vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten seien dementsprechend auf der Grundlage eines geringeren Gegenstandswertes zu berechnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Lediglich wegen der aus dem Freistellungsanspruch geltend gemachten Zinsen war die Klage abzuweisen.

Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von 1.244,50 EUR gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 S. 1 StVG bzw. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG zu.

Unstreitig haften die Beklagten der Klägerin gesamtschuldnerisch für sämtliche ihr durch den Verkehrsunfall vom 04.11.2012 entstandenen Schäden in voller Höhe. Streitig ist allein die Schadenshöhe.

Die Beklagten sind verpflichtet, auch die Beträge in Höhe von 556,08 EUR netto (Karosseriearbeiten) und 420,62 EUR netto (Lackierarbeiten) der Klägerin zu ersetzen, die sich gegenüber der Schadensberechnung der Beklagten daraus ergeben, dass die Stundenverrechnungssätze einer Vertragswerkstatt und nicht die einer nicht markengebundenen Werkstatt zugrunde gelegt werden.

Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte (OLG Düsseldorf NJW 2012, 2044 Rz. 53 ). Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (OLG Düsseldorf a.a.O.). Wählt der Geschädigte den vorbeschriebenen Weg der Schadensberechnung und genügt er damit bereits dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, so begründen besondere Umstände, wie das Alter des Fahrzeuges oder seine Laufleistung keine weitere Darlegungslast des Geschädigten (BGH, Urteil vom 23.02.2010, Az.: VI ZR 91/09; OLG Düsseldorf a.a.O.). Der Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten ist unabhängig davon gegeben, ob der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (st. Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2003, Az.: VI ZR 398/02, m.w.N.; OLG Düsseldorf a.a.O.). Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs im Rahmen von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB darf nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll (OLG Düsseldorf a.a.O.). Deshalb ist bei der Prüfung, ob sich der Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen hält, eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (BGH, a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O.).

Will der Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherer des Schädigers den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, muss der Schädiger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht (OLG Düsseldorf a.a.O. m.w.N. Rz. 54).

Der Geschädigte muss dazu in die Lage versetzt werden, die problemlose Zugänglichkeit sowie insbesondere die Gleichwertigkeit der alternativ vorgeschlagenen Instandsetzung in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt zu überprüfen (OLG Düsseldorf a.a.O. Rz. 55). Zu der Entfaltung einer erheblichen eigenen Überprüfungsinitiative im Hinblick auf die Realisierung einer Reparatur zu den seitens des Schädigers und seiner Haftpflichtversicherung vorgeschlagenen Preisen ist der Geschädigte indes nicht verpflichtet (BGH, a.a.O.; Senat, Urteil vom 16.06.2008, Az.: 1-1 U 246/07 ;  OLG Düsseldorf a.a.O.).

Richtig ist deshalb die wertende Betrachtung, dass der pauschale Hinweis auf eine konkrete – kostengünstige – freie Reparaturwerkstatt zur Überprüfung der fachlichen Gleichwertigkeit durch den Geschädigten nicht ausreicht (OLG Düsseldorf a.a.O. Rz. 57). Zu fordern ist deshalb zumindest, dass der Ersatzpflichtige dem Geschädigten konkrete, die Gleichwertigkeit betreffende Angaben zukommen lässt (OLG Düsseldorf a.a.O.). Maßgeblich sind Kriterien, ob es sich etwa um eine Meisterwerkstatt handelt, ob diese zertifiziert ist, ob dort Originalersatzteile Verwendung finden, über welche Erfahrung man bei der Reparatur von Unfallfahrzeugen verfügt und dergleichen (OLG Düsseldorf a.a.O.). Eine Eigeninitiative (z.B. in Form einer Internetrecherche) muss der Geschädigte dabei nicht entwickeln (OLG Düsseldorf a.a.O.). Das pauschale Bestreiten der Gleichwertigkeit – ggf. mit dem Hinweis auf eine allgemein größere Kompetenz einer markengebundenen Fachwerkstatt – dürfte allerdings unerheblich sein. Da die Realisierung der Reparatur für den Geschädigten nicht mit unzumutbaren Unannehmlichkeiten verbunden sein darf, spielt u.a. auch die Entfernung der benannten Verweiswerkstatt zum Wohnort – gegebenenfalls bei einer vergleichenden Betrachtung mit einer markengebundenen Fachwerkstatt – eine Rolle (OLG Düsseldorf a.a.O.).

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den vorliegenden Fall hat die Beklagte vorprozessual dem Kläger keine hinreichende Informationen für eine eigene Gleichwertigkeitsüberprüfung bzw. für eine Überprüfung derZumutbarkeit der Inanspruchnahme der Verweiswerkstatt zukommen lassen. Es kann dahinstehen wie zeitnah nach dem Unfall der ausreichende Hinweis auf eine geeignete Referenzwerkstatt erfolgen muss. Jedenfalls ist zu verlangen, dass der Hinweis mit den hierzu erforderlichen Angaben vorprozessual erfolgt. (OLG Düsseldorf a.a.O. Rz. 58).

Der einzige vorprozessuale Hinweis der Beklagten auf die Referenzwerkstatt vom 11.01.2013 (Anlage W1 Bl. 58 GAf.) wird den zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. Insoweit ist allerdings unschädlich, dass dieser Hinweis nicht quasi einen annahmefähigen Kostenvoranschlag enthält (OLG Düsseldorf a.a.O. Rz. 59).

Zwar enthält der Hinweis der Beklagten vom 11.01.2013 – lediglich – die – floskelhafte – Angabe, dass es sich bei dem angegebenen Referenzbetrieb, der Lackierzentrum … GmbH, um einen zertifizierten Meisterbetrieb handele, der Reparaturen/Instandsetzungen nach den Empfehlungen und Richtlinien der Hersteller unter Verwendung von Originalersatzteilen und unter Berücksichtigung der Herstellergarantien durchführe. Es ist jedoch bereits nicht angegeben, um welche Zertifizierung, z.B. DEKRA oder Eurogarant, es sich handeln soll. Ferner fehlt jegliche Angabe zur Erfahrung dieser Referenzwerkstatt mit den zu erledigenden Reparaturarbeiten. Es fehlt jegliche Angabe etwa dazu, seit wann der Betrieb derartige Arbeiten durchführt. Mag man aus dem Namen noch schließen, dass Gegenstand dieses Betriebes Lackierarbeiten sind, wobei auch insoweit etwa unklar bleibt, seit wann der Betrieb überhaupt besteht. Es bleibt aber völlig offen, welche Erfahrung der Betrieb mit den zu erledigenden Karosseriearbeiten hat.

Aus einem weiteren Grund ist der Hinweis vom 11.01.2013 gänzlich ungeeignet. Die Empfehlung des konkreten Referenzbetriebes erfolgte nicht mit dem Hinweis auf deren niedrigen Stundenverrechnungssätze, sondern mit dem Hinweis darauf, dass sie „zu einer günstigeren Reparaturmethode“ die Instandsetzung durchführe. Bei unbefangener Lektüre ist dies dahin zu verstehen, dass der Referenzbetrieb eine andere, nämlich günstigere Reparaturmethode als diejenige anwendet, die der Schadensgutachter zur fachgerechten Instandsetzung für erforderlich hält. Derartiges ist jedoch für einen Geschädigten gänzlich inakzeptabel, wenn nicht konkret benannt wird, um welche Reparaturmethode es sich handelt, und warum diese zumindest gleichwertig im Vergleich zu der von dem Schadensgutachter vorgeschlagenen Methode ist. Letztes hat die Beklagte nicht dargelegt. Allein die Angabe, die Reparaturwerkstatt wende eine nicht näher benannte „kostengünstigere Reparaturmethode“ an, entwertet den Hinweis der Beklagten auf den Referenzbetrieb.

Im Übrigen hat die Beklagte in dem Schreiben zwar zum Ausdruck gebracht, sich zu weigern, die Stundenverrechnungssätze einer Vertragswerkstatt zu akzeptieren. Sie lässt es jedoch offen, welche Stundenverrechnungssätze der angegebene Referenzbetrieb verlangt. Es wird nicht einmal angegeben, ob diese überhaupt geringer sind. Selbst wenn man aus dem Kontext schließen wollte, dass die Stundenverrechnungssätze der Referenzwerkstatt geringer ausfallen sollten, bleibt unklar, ob sie etwa nur geringfügig niedriger sind als diejenigen einer Vertragswerkstatt vor Ort, so dass der sich hieraus ergebende Unterschied es nicht rechtfertigt, statt einer Vertragswerkstatt vor Ort eine nicht markengebundene Werkstatt in einer anderen Stadt zu beauftragen. Die bezifferte Kürzung gibt hierüber keinen hinreichenden Aufschluss. Sie erfolgte als „Kürzung der Stundenlöhne“. Hier bleibt offen, ob es sich um eine Kürzung ausschließlich wegen der Höhe der Stundenlöhne handelt oder zumindest auch wegen der Anzahl der Arbeitsstunden eine Kürzung erfolgen sollte, eben weil die Referenzwerkstatt eine „kostengünstigere Reparaturmethode“ anwendet. Insgesamt bleibt die Abrechnung der Beklagten zu 2. und ihr Hinweis auf den Referenzbetrieb intransparent.

Selbst wenn man all diese Unzulänglichkeiten des Hinweises vom 11.01.2013 ignorieren wollte, wäre die Reparatur in der von der Beklagten angegebenen Referenzwerkstatt mit unzumutbaren Unannehmlichkeiten verbunden. Von dem Sitz der Klägerin (… in Düsseldorf) zur nächstgelegenen Vertragswerkstatt, nämlich der Mercedes Benz Niederlassung Rhein-Ruhr in der Schloßstraße 39 in Düsseldorf sind es nach Berechnungen unter Verwendung von goggle/maps gerade 3 km. Von dem Sitz der Klägerin bis zur von der Beklagten angegebenen Adresse der Referenzwerkstatt sind es hingegen 26,7 km. Die Behauptung der Beklagten die Distanz betrüge nur 16 km ist offensichtlich falsch.

Es ist der Klägerin unzumutbar, statt den Pkw zur Reparatur zu einer sehr nahegelegenen Vertragswerkstatt zu einer nicht markengebundenen Werkstatt in einer anderen Stadt – die Verwendung Nachbarstadt dürfte hier nicht mehr einschlägig sein – zu verbringen oder verbringen zu lassen. Für eine Strecke von oder zur Referenzwerkstatt ergäbe sich ein zusätzlicher Weg von ca. 24 km und hierdurch bedingt ein höherer Zeitaufwand und höhere Kosten. Dieser Weg fiele mindestens viermal an, nämlich Hin- und Rückfahrt für das Verbringen zur Werkstatt und Hin- und Rückfahrt für die Abholung. Ferner ist in Betracht zu ziehen, dass bei derartigen Reparaturen immer die Möglichkeit besteht, dass diese Strecke etwa wegen Besprechungen des Reparaturstandes oder des Reparaturweges am Fahrzeug, Reklamationen und dergleichen mehr als viermal zurückzulegen ist.

Es ist bereits zweifelhaft, ob ein kostenloser Hol- und Bringdienst hieran etwas ändert, da es kaum zumutbar erscheint, sein Kraftfahrzeug von irgend einem unbekannten Betrieb abholen zu lassen, ohne dass man als Kunde zuvor die Betriebsstätte gesehen hat. Hinzu kommt, dass man selbst als nicht gewerblicher Kunde und Laie sich regelmäßig die erforderlichen Reparaturarbeiten von dem Meister am Pkw erklären lässt. Bei Lackierarbeiten erscheint auch eine Besprechung mit dem Betrieb am Pkw etwa zum Zwecke der Farbauswahl geboten.

Aber selbst wenn ein kostenloser Hol- und Bringdienst die Distanz zwischen Klägerin und Referenzbetrieb noch zumutbar erscheinen ließe, hat die Beklagte die Klägerin vorprozessual nicht auf den kostenlosen Hol- und Bringdienst hingewiesen. Einen derartigen Hinweis enthält das Schreiben vom 11.01.2013 jedenfalls nicht.

Infolgedessen haben die Beklagten die Reparaturkosten auf der Grundlage der in dem von der Klägerin vorgelegten Schadensgutachten angegebenen Stundenverrechnungssätzen einer Vertragswerkstatt zu ersetzen.

Auch die in dem Schadensgutachten angegebenen Verbringungskosten in Höhe von 267,80 EUR netto haben die Beklagten zu ersetzen. Die Klägerin hat auf Seite 22 ihrer Replik (Bl. 45 GA) vom 04.10.2013 substantiiert vorgetragen, dass sämtliche Vertragswerkstätten des Mercedes Benz-Rhein-Ruhr Verbandes wie die Niederlassungen in Düsseldorf, Krefeld, Mönchengladbach und Neuss die zu reparierenden Fahrzeuge zentral in Duisburg lackieren lassen und deswegen die Verbringungskosten bei einer Reparatur in einer derartigen Vertragswerkstatt notwendigerweise anfallen. Dem ist die Beklagte nicht – jedenfalls nicht hinreichend substantiiert – entgegengetreten. Da die Berechnung des von der Klägerin geltend gemachten fiktiven Schadens auf der Grundlage einer Reparatur in einer Vertragswerkstatt zu erfolgen hat, hat die Beklagte diese Schadensverbringungskosten zu ersetzen. Die Klägerin hat auf Seite 22 ihrer Replik vom 04.10.2013 ebenfalls substantiiert vorgetragen, dass nach den Lackierarbeiten der Pkw zu einem anderen Spezialbetrieb, der nicht zu Mercedes Benz gehört, verbracht werden muss, um dort die spezielle hellelfenbeinfarbene Folie auf dem Pkw, das als Taxi genutzt wird, wieder aufzubringen. Dem ist die Beklagte ebenfalls nicht – jedenfalls nicht hinreichend substantiiert – entgegengetreten.

Auf der Grundlage des von der Klägerin vorprozessual zu Recht geltend gemachten Schadens in Höhe von 6.027,10 EUR ergibt sich unstreitig ein Honorar-Anspruch des Prozessbevollmächtigten der Klägerin für die vorprozessuale Rechtsverfolgung bestehend aus einer 1,3 Gebühr und einer Auslagenpauschale in Höhe von insgesamt 507,50 EUR netto. Hiervon hat die Beklagte 411,30 EUR beglichen, so dass noch ein Betrag in Höhe von 96,20 EUR netto offensteht. In dieser Höhe hat die Beklagte die Klägerin noch von dem Honoraranspruch für die vorprozessuale Rechtsverfolgung freizustellen.

Der Anspruch auf Verzugszinsen folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat die Beklagte mit der anwaltlichen Mahnung vom 30.11.2012 in Verzug gesetzt. Mit Anwaltsschreiben vom 12.11.2012 hatte sie das Schadensgutachten übersandt und Zahlung verlangt. In dieser einfachen Angelegenheit war eine Regulierungsfrist von 2 Wochen ausreichend, so dass der Schadensersatzanspruch der Klägerin zum Zeitpunkt der Mahnung vom 30.11.2012 auch fällig war. Mit Ablauf der bis 07.12.2012 gesetzten Zahlungsfrist, d.h. am 08.12.2012, gerieten die Beklagten folglich in Verzug.

Soweit die Klägerin Zinsen aus dem Anspruch auf Freistellung von den Anwaltskosten verlangt, war die Klage indes abzuweisen. Verzugszinsen oder Prozesszinsen ergeben sich nur aus Zahlungsansprüchen und nicht aus Freistellungsansprüchen (Palandt-Grüneberg, 73. Aufl., § 288 Rn. 6). Es ist auch nicht vorgetragen, dass die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten in Verzug gesetzt worden wäre und diesem somit Verzugszinsen schulden würde, die sie bei den Beklagten dann als Verzugsschaden liquidieren könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 3 BGB. Soweit die Klage abgewiesen wurde, war die Zuvielforderung gering und hat keine Kosten verursacht. Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, war der Anlass für die Klage vor Rechtshängigkeit durch die Zahlungen der Beklagten zu 2. entfallen. Da die Klage zu dem Zeitpunkt der Zahlungen bereits anhängig und nach dem Sach-und Streitstand auch begründet war, waren die Kosten auch insoweit den Beklagten aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2,711 S. 1 und 2 ZPO.

Streitwert bis zum 20.08.2013: 5.505,93 EUR

Streitwert ab dem 20.08.2013: 1.244,50 EUR

Urteilsliste “fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

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1 Antwort zu LG Düsseldorf urteilt mit hervorragender Begründung zur fiktiven Abrechnung und verurteilt DA-Versicherung zur Zahlung der gekürzten Schadensbeträge mit Urteil vom 21.1.2014 – 14e O 230/12 -.

  1. virus sagt:

    Perfekt!

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