Mietwagenkosten: AG Mönchengladbach urteilt ebenfalls nach der Schwackeliste

Mit Datum vom 10.06.2011 (5 C 497/10) hat das Amtsgericht Mönchengladbach die DEVK Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 608,32 €  zzgl. Zinsen  verurteilt. Das Gericht legt bei der Schätzung des Normaltarifs die Schwacke-Liste zugrunde.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Ersatz weitergehender Mietwagenkosten in Höhe von 608,32 € gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 3 VVG; §§ 249, 398 BGB zu.

Die Klägerin ist zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche aktiv legitimiert. Mit Abtretungserklärung vom xx.xx.2010 hat die Geschädigte der Klägerin wirksam ihre Ansprüche gegen die Beklagte abgetreten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichthofes kann der Geschadigte nach § 249 Abs, 2 S. 4 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig halten darf.

Der Geschädigte hat dabei im Rahmen des Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (sog. Wirtschaftlichkeitsgebot). Für den Bereich der Mietwagenkosten bedeutet dies, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt ~ nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigsten Mietpreis ersetzt verlangen kann. Ausgangspunkt, hierfür bildet der am Markt übliche Normaltarif: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Landgerichts Mönchengladbach, der sich das Gericht nach eigener Würdigung anschließt, ist es grundsätzlich zulässig zu dessen Bestimmung in Ausübung tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO auf das gewichtete Mittel des „Schwacke-Automietprels-Spiegels“ (im Folgenden: Schwacke-Liste) im Postleitzahlengebiet des Geschädigten zurückzugreifen (BGH NJW 2008, 1519, LG Mönchengladbach, Urteil vom 06.08.2010, Az, 5 S 14/10). Die Eignung der Schwacke-Liste als Schätzgrundlage, bedarf nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall ausgewirkt haben. Dies war vorliegend nicht der Fall. Das Gericht übt daher sein nach § 287 ZPO eingeräumtes Ermessen dahin aus, dass die Höhe des Normaltarifs auf der Grundlage der Schwacke-Liste 2009 geschätzt wird.

Dies zugrunde gelegt ergibt sich vorliegend folgende Berechnung. (Schwacke-Liste 2009. Fahrzeugklasse 7, Postleitzahlengebiet 402, 5 Tage, Modus):

1 x 3 Tage á 399,00 €                 399,00 €

2 x 1 Tage á 128,00 €                 256,00 €

Zwischensumme                         655,00 €

abzgl. 10 % Eigenersparnis          65,50 €

Zwischensumme                         589,50 €

zzgl. Haftungsbefreiung

1 x 3 Tage à 78,00 €                     78,00 €

2 x 1 Tag à 26,00 €                       52,00 €

Zweitfahrer 5 x 12,00 €                60,00 €

Winterreifen 5 x 10,00 €               50,00 €

Zustellung/Abholung                     46,00 €

Summe                                        875,50 €

abzgl. 19%Mwst                          166,34 €

(Geschädigte = vorsteuerabzugsberechtigt)

Gesamt brutto                              709,16 €

abzgl. Zahlung Beklagte              100,84 €

Gesamt                                        608,32 €

Der pauschale Aufschlag von 20 % auf den Normaltarif war entgegen der Ansicht der Klägerin vorliegend nicht gerechtfertigt. Dieser ist nach der Rechtsprechung des Landgerichts Mönchengladbach, der sich das Gericht nach eigener Würdigung anschließt, nur dann gerechtfertigt, um den Besonderheiten des Unfallersatzgeschäfts im Vergleich zur „normalen“ Anmietung Rechnung zu tragen (LG Mönchengladbach, Urteil vom 23.03.2010, 5 S 101/09, zitiert nach Juris). Dies war vorliegend angesichts der Vorlaufzeit von fast einem Monat zwischen Unfall und Anmietung nicht mehr der Fall. Zwar wird von der Klägerin zu Besonderheiten und Mehrleistungen bei der Anmietung vorgetragen. Vorliegend ist aber nicht nachvollziehbar dargelegt, warum eine Anmietung zum Normalpreis nicht erfolgen konnte. Die Geschädigte hätte angesichts der Vorlaufzeit problemlos um eine Deckungszusage der Haftpflichtversicherung nachsuchen können, wodurch sich die Zusatzleistungen erübrigt hätten. Der pauschale Vortrag zu etwaigen Mehrleistungen der Geschädigten ist im Hinblick hierauf nicht nachvollziehbar.

Die Kosten für Haftungsbefreiung sind dem Grunde nach als adäquate Schadensfolge ersatzfähig und der Höhe nach gemäß der Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste 2009 zu berechnen (s.o.) Ein Geschädigter ist nämlich durch die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt.

Die Kosten eines Zweitfahrers sind ebenfalls erstattungsfähig. Der Geschäftsführer der Geschädigten und seine Ehefrau haben das verunfallte Fahrzeug unstreitig gemeinschaftlich genutzt. Die vorherige Nutzung des verunfallten Fahrzeugs durch die Ehefrau schließt die erforderliche Nutzungsabsicht in Hinsicht auf das angemietete Fahrzeug ein. Insoweit ist weiterer Vortrag zur Nutzungsabsicht nicht erforderlich, zumal die Beklagte dem Vortrag nicht entgegen getreten ist.

Auch sind die Kosten für die Winterbereifung erstattungsfähig. Der Unfall ereignete sich im Januar, mithin in einem Wintermonat, in dem eine Winterbereifung zur ordnungsgemäßen Winterausstattung eines Fahrzeugs gehört.

Darüber hinaus sind auch die Kosten für Zustellung und Abholung dem Grunde nach erstattungsfähig. Ein Unfallbeteiligter darf diesen besonderen Service grundsätzlich in Anspruch nehmen (vgl, OLG Köln NVZ 2007,199).

Auch die Reparaturdauer von 5 Tagen ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat unter Vorlage eines Reparaturablaufplanes, Bl. 54 GA, detailliert zu den Verzögerungen bei der Reparatur vorgetragen. Das einfache Bestreiten der Beklagten ist nicht mehr ausreichend, § 138 Abs: 3 ZPO. Die Folgen einer Verzögerung der von dem Sachverständigen geschätzten Reparaturdauer geht grundsätzlich zu Lasten des Schädigers, solange sich diese in einem vertretbaren Rahmen hält. Dies war vorliegend der Fall.

Die Geschädigte hat auch nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, indem sie das Angebot der Beklagten zur Vermittlung einer Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zu einem Tagespreis von 60,00 € inkl. Mwst. nicht angenommen hat. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB kann nur dann vorliegen, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war (vgl. BGH VersR 2007, 706, 707). Dies hat nach allgemeinen Grundsätzen der Schädiger darzulegen und zu beweisen (BGH, Urteil vom 24.06,2008, VI ZR 234/07).

Es kann vorliegend offen bleiben, ob der Geschädigten ein Schreiben der Beklagten vom xx.xx.2010 zugegangen ist, in dem sie Beklagte auf die Beachtung einer bestimmten Tagespauschale hingewiesen hat, was zwischen den Parteien streitig ist.

Selbst bei Unterstellung des streitigen Vortrags hätte die Beklagte den Nachweis, dass der Geschädigten über die Vermittlung der Beklagten ein günstigerer Tarif zugänglich war, durch das Schreiben vom xx.xx.2010 nicht geführt. Insoweit erübrigt sich eine etwaige Beweisaufnahme. Nach Ansicht des Landgerichts Weiden, dem sich das Gericht nach eigener Würdigung anschließt, könnte ein Hinweis der gegnerischen Versicherung auf einen günstigeren Tarif nur dann rechtliche Relevanz entfalten, wenn dieser ganz konkrete Informationen über eine oder mehrere Anmietungsmöglichkeiten in zumutbarer Entfernung des Geschädigten enthält, die von ihm ohne die Einschaltung der gegnerischen Haftpflichtversicherung mit zumutbaren Aufwand realisierbar wären (Landgericht Weiden, Urteil vom 12.11.2008, Az. 22 S 59/08, zitiert nach juris). Diesen Anforderungen genügt das Schreiben vom xx.xx.2010 nicht. Dem Schreiben lässt sich schon nicht entnehmen, ob dieser Tarif auch für die Geschädigte selbst zugänglich gewesen wäre. Auf eine Zugänglichkeit der Beklagten als gegnerischer Unfallversicherung, die sie ggfs. durch die Einräumung von Sonderkonditionen erlangt hat, kann es nach Sinn und Zweck bereits nicht ankommen. Darüber hinaus fehlt es in dem Schreiben an konkreten Angaben zu einer kostengünstigeren Anmietungsmöglichkeit. In dem Schreiben sind lediglich Beispielsangebote enthalten, bei denen ein Ersatzfahrzeug zu dem von der Beklagten vorgegeben Tagespreis angemietet werden kann. Den Beispielsangeboten lässt sich aber schon nicht entnehmen, ob es sich um ein regionalen Anbieter handelt. Vielmehr deuten die Namen Europcar, CARO oder Enterprise auf Mietwagenunternehmen auf dem Internetmarkt hin, wofür auf der Umstand spricht, dass der Geschädigte zur Anmietung zunächst auf 0180-Nummern bzw. 0800-Nummern verwiesen wird. Diese Vergleichsangebote stehen aber schon nicht im Einklang mit der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Schadensminderungspflicht, wonach dem Geschädigten (selbst) ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich gewesen sein muss.

Darüber hinaus muss ein Angebot mindestens derart konkret sein, dass dies von dem Geschädigten, der sich auf eine kostengünstigere Anmietungsmöglichkeit verweisen lässt, dass er dies auch ohne Probleme in Anspruch nehmen kann. Der Verweis darauf, dass der Geschädigte sich mit der gegnerischen Unfallversicherung oder mit den jeweiligen Mietwagenfirmen zunächst in Verbindung setzen muss, reicht hierfür nicht aus.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 280, 286 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1,708 Nr, 11, 711 ZPO.

Soweit das AG Mönchengladbach.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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