OLG Köln zur Schwacke-Liste als Schätzungsgrundlage

Mit Urteil vom 13.10.2009 (15 U 49/09) hat das OLG Köln eine eindeutige Entscheidung für die Schwacke-Liste als Schätzungsgrundlage getroffen. Die Fraunhofer Tabelle wird abgelehnt, allerdings ein Aufschlag auf den Normaltarif nicht gewährt. Grundlage der Entscheidung waren zwei Schadensfälle.

Aus den Entscheidungsgründen:

II.

Die – zulässige – Berufung hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Der Beklagte setzt sich mit seinem Rechtsmittel nur insoweit durch, als sich dieses gegen die Zuerkennung des über den „Normaltarif“ der jeweils ersetzt verlangten Mietpreise hinausgehenden pauschalen Aufschlags von 20 % wendet. Im Übrigen hält das angefochtene Urteil den Angriffen der Berufung indessen stand.

Die Klägerin kann von dem Beklagten aus abgetretenem Recht aus den §§ 7 Abs. 1, 18 Abs.. 1 StVG i. V. mit § 249 Abs. 1 BGB und § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in Höhe von noch 3.431,10 € Ersatz der den Geschädigten X und Y entstandenen Mietwagenkosten verlangen.

1.

Soweit der Beklagte rügt, dass das Landgericht den zuerkannten Schadensersatz für die Anmietung von Unfallersatzwagen unter Verwendung des Schwacke-AMP 2006 als Schätzungsgrundlage (§ 287 ZPO) ermittelt hat, vermag er damit nicht durchzudringen.

a)

Die zur Erstattungsfähigkeit von Kosten, die dem Geschädigten für die Anmietung eines das nicht mehr verkehrssichere oder fahrtaugliche unfallbeschädigte Fahrzeug ersetzenden Mietwagens entstanden sind, geltenden Grundsätze hat weder das Landgericht im Ausgangspunkt seiner rechtlichen Beurteilung verkannt noch stellen die Parteien diese abweichend dar:

Der Geschädigte kann danach vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer als i. S. des § 249 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten  verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem „Normaltarif'“ teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Dabei muss der bei der Schadensberechnung gemäß § 287 ZPO besonders freie Tatrichter für die Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines „Unfallersatztarifs“ die Kalkulation des konkreten Unternehmens nicht nachvollziehen. Vielmehr kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei auch ein pauschaler Aufschlag auf den „Normaltarif“ in Betracht kommt. Letzteren kann der Tatrichter in Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO unter Heranziehung von Tabellen und Listen – wie beispielsweise des Schwacke Mietpreisspiegels – ermitteln. Der anhand dieser Maßstäbe vorzunehmenden Prüfung der Erforderlichkeit eines Unfallersatzmietpreises bedarf es allerdings dann nicht, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer „Normaltarif“ in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm eine kostengünstige Anmietung unter dem Aspekt der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte. Ebenso offen bleiben  kann  die  Frage der Erforderlichkeit dann,  wenn feststeht, dass  dem Geschädigten die Anmietung zum „Normaltarif“ nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist, denn der Geschädigte kann in einem solchen Fall einen den „Normaltarif“ übersteigenden Betrag im Hinblick auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung auch dann verlangen, wenn die Erhöhung nicht durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt wäre.   Im letzteren Fall ist es Sache des Geschädigten darzulegen und zu beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für Ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren  Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Unterlässt der Geschädigte die Nachfrage nach günstigeren Tarifen, geht es nicht um die Verletzung der Schadensminderungspflicht, für die grundsätzlich der Schädiger die Beweisest trägt, sondern um die Schadenshöhe, die der Geschädigte darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen hat. Insofern liegt es anders als in den Fällen, in denen   die Inanspruchnahme eines Unfallersatztarifs grundsätzlich erforderlich scheint und durch einen Aufschlag zum „Normaltarif“ geschätzt werden kann; hier trägt der Schädiger die  Darlegungs- und Beweislast, wenn geltend macht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen „ohne weiteres“ zugänglich gewesen sei (vgl. für viele: BGH, NZV 2009, 24 ff; BGH, NJW 2008;, 2910 – jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

b)

Nach diesen Maßstäben begegnet es keinen Bedenken, dass das Landgericht im Rahmen der Schadenschätzung gemäß § 287 ZPO den Normaltarif auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-AMP 2006 im Postleitzahlengebiet der Geschädigten ermittelt hat.

Die von dem Beklagten gegenüber der Verwertbarkeit des Schwacke-AMP 2006 vorgebrachten Beanstandungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.

Allerdings ist es richtig, dass die im Rahmen des Schätzungsermessens gemäß § 287 ZPO ermittelte Schadenshöhe nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt und wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Indessen ist es nicht Aufgabe des schätzenden Gerichts, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzungsgrundlage nachzugehen. Einwendungen gegen die Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen und Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH, VersR 2008, 699 – Rdnrn. 9 und 10 gemäß Juris-Ausdruck; BGH, NJW 2008, 2910 v Rdn. 23 gemäß Juris-Ausdruck – m. w. Nachw.). Dem Vortrag des Beklagten lassen sich jedoch keine Anhaltspunkte entnehmen, die nach diesen Kriterien den  AMP 2006 als unverwertbar und die in ihm für die betroffenen Postleitzahlengebiete angegebenen gewichteten Mittel als für die Festlegung des Normaltarifs ungeeignet erscheinen lassen.

aa)

Soweit der Beklagte derartige Bedenken aus dem Umstand herleiten will, dass die Fraunhofer-Studie 2008 durchgängig und auch im hier betroffenen Bereich niedrigere Mietpreise ausweist, weshalb die Werte des AMP 2006 die tatsächlichen Marktverhältnisse nicht widerspiegelten, überzeugt das nicht. Denn mit Blick darauf, dass die in der Fraunhofer-Studie 2008 ausgewiesenen Werte auf der Grundlage einer anderen Voraussetzung, nämlich mit einer einwöchigen Vorlauffrist erfragt wurden, bestehen durchgreifende Bedenken an der die Besonderheiten gerade der hier zu beurteilenden Schadensfälle erfassenden Repräsentativität der in dieser Studie abgebildeten – niedrigeren – Werte und deren Vergleichbarkeit mit den, in dem Schwacke-AMP 2006 ausgewiesenen Modi bzw. gewichteten Mittel. Dafür, dass die einwöchige Vorlauffrist für Mietwagenbuchungen auf die für die Anmietung eines Mietfahrzeugs geforderten Preise von  nicht lediglich  unerheblichem Einfluss ist, sprechen neben der allgemeinen Lebenserfahrung die  von der Klägerin vorgelegten Angebote (Bl. 69 f d. A.), aus denen hervorgeht, dass der Preis für die Anmietung eines PKW (VW Golf Kompaktklasse) bei dem Mietwagenunternehmen Sixt, welches zweifelsohne zu denen die einschlägigen Marktverhältnisse mitprägenden Unternehmen zählt,  je nach der Vorbuchungsfrist deutlich variieren (114,00 €/Tag bei    einem Tag Vorbuchung gegenüber 91,20 €/Tag bei einwöchiger Vorbuchungsfrist). Dass es sich hierbei um nicht repräsentative „Ausreißer“ handelte, ist nicht ersichtlich. Aus den von dem Beklagten präsentierten Angeboten u. a. des namlichen Mietwagenunternehmens Sixt – gemäß Anlagenkonvolut G 4 lassen sich keine widersprechenden Ergebnisse gewinnen, da die dort ausgewiesenen Preise jeweils mit einer Vorlaufzeit von einer Woche erfragt wurden. Den Rückschluss darauf, dass die darin ausgewiesenen Mietangebote bei kurzfristiger Anmietung nicht – wie dies aber das klägerseits vorgelegte Angebot indiziert – höher sind, lassen sie daher nicht zu.  Die in dem Schwacke AMP 2006 ausgewiesenen Werte sind demgegenüber jedoch unstreitig auf der Grundlage zumindest auch eine kurzfristige Anmietung berücksichtigender Mietpreise ermittelt. Gerade die Notwendigkeit der kurzfristigen Verfügbarkeit kennzeichnet aber in einer erheblichen Anzahl der Fällen die Situation der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges, welches – sei es aus beruflichen, sei es aus privaten Gründen – an Stelle des infolge des Unfalls des fahruntauglichen oder zumindest nicht verkehrssicher beschädigten Kfz benötigt wird. Eine solche Situation kennzeichnet auch die den hier ersetzt verlangten Mietwagenkosten jeweils zugrunde liegenden Schadensfälle: beide Geschädigte haben die Ersatzfahrzeuge noch am Unfalltag angemietet.

bb)

Lässt sich daher aus dem Umstand, dass die in der Fraunhofer Studie 2008 ausgewiesenen Mietwerte niedriger als die im AMP 2006 angegebenen Modi bzw. gewichteten Mittel sind, kein die Verwertbarkeit der letztgenannten Liste als Schätzungsgrundlage zur Bestimmung des „Normaltarifs“ in den hier zu beurteilenden Schadensfällen beseitigender Einwand herleiten, ergibt sich ein solcher auch nicht aus der Methode, mit welcher die in dem AMP 2006 eingeflossenen Werte ermittelt worden sind. Es mag zutreffen, dass diese Methode, bei welcher der Zweck der Befragung gegenüber den befragten Mietwagenunternehmern wie aus dem Schreiben gemäß Anlage G 6 ersichtlich offen gelegt worden ist, bei einer nicht unbeachtlichen Anzahl der Angeschriebenen, die den Fragebogen ausgefüllt zurücksandten, dazu geführt hat, höhere als die tatsächlich geforderten Preise („Papierpreise“) zu nennen, um so Einfluss Einfluss auf das als ersatzfähig anzuerkennende Preisniveau zu nehmen. Unabhängig davon, dass die zunächst auf die beschriebenen Weise bei den Angeschriebenen eingeholten Wert anschließend durch teils anonyme Nachfragen oder Internetrecherchen verifiziert worden sind, rechtfertigt dies aber jedenfalls nicht den Rückschluss darauf, dass über das gesamte Bundesgebiet verteilt alle Angeschriebenen gleichermaßen in den jeweiligen Postleitzahlgebieten dieser Tendenz erlegen sind. Vor diesem Hintergrund   hätte   aber   die Beklagte, um die Entscheidungsrelevanz dieses Gesichtspunkts in den beiden hier betroffenen Fällen zu verdeutlichen, darlegen müssen, dass in den hier betroffenen örtlichen  Bereichen (PLZ-Gebiet 537 und 533) die unter den gegebenen Bedingungen von Anbietern tatsächlich geforderten Preise deutlich unterhalb des für die Region ermittelten gewichteten Mittels des AMP 2006 liegen. Aus der Fraunhofer Studie 2008 ergibt sich das schon aus dem oben aufgezeigten Grund nicht, überdies weist er keine dem hier betroffenen Bereich entsprechende Regionalisierung anhand dreistelliger Postleitzahlen auf. Für die größere – anhand zweistelliger Postleitzahlengebiete ausgewiesene – Region können sich aber durch den Einbezug einer höheren Anzahl von Anbietern und Werten Verschiebungen ergeben. Hinzu kommt noch, dass sich der Schadensfall X am 18.12.2007 ereignete und das Unfallfahrzeug an eben diesem Tag angemietet wurde. Dass die der Fraunhofer-Studie 2008 zugrunde liegenden Erhebungen bereits die das Vorjahr 2007 betreffenden Mieten erfassen, ist indessen nicht ersichtlich. Die auf das Jahr 2008 bezogenen Mietpreise lassen nicht ohne weiteres einen Rückschluss auf die Mietpreishöhe den davorliegenden Zeitraum betreffend zu, weshalb auch unter diesem Gesichtspunkt aus der Fraunhofer Studie 2008 keine der Verwertbarkeit des AMP 2006 entgegenstehenden Gründe entnommen werden können.

cc)

Aus den von dem Beklagten vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. Ingo Klein vom 10.05.2007 (Anlage G 8 ) und vom 21.02.2008 (Anlage G 9) folgt im Ergebnis nichts anderes. Beide Gutachten zeigen nicht auf, das etwaige, dem AMP 2006 anhaftende Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Hinsichtlich des letztgenannten Gutachtens gilt das bereits deshalb, weil es sich mit einem völlig anderen regionalen Markt befasst (PLZ 942). Das erstgenannte Gutachten spricht zwar verschiedene, dem AMP 2006 bzw. der diesem zugrundeliegenden Erhebung anhaftende Mängel an. Dass diese indessen im Streitfall entscheidungsrelevant werden, lässt sich aus dem oben bereits dargestellten Gesichtspunkt nicht erkennen. Das gilt auch hinsichtlich des in Bezug auf den als „gewichtetes Mittel“ bezeichneten, anhand des am häufigsten genannten Mietpreises gebildeten Werts vorgebrachten Einwands der fehlenden Abbildung der tatsächlichen Marktverhältnisse. Dass das die für die hier betroffenen Regionen in dem AMP 2006 angegebenen gewichteten Mittel als nicht repräsentativ erscheinen lässt, folgt aus dieser gegenüber dem statistischen Wert vorgebrachten allgemeinen methodischen Beanstandung nicht.

Im Ergebnis nichts anderes gilt hinsichtlich der Erhebung des Dr. Klein sowie des von dem Beklagten angeführten Aufsatzes von Rechtsanwältin Dr. Quaisser (Anlage G 14); die in diesen Publikationen gegenüber dem Schwacke-AMP 2006 vorgebrachten allgemeinen Bedenken und Beanstandungen lassen nicht erkennen, dass diese sich gerade in den hier betroffenen Fällen auswirken. Maßstab der hier vorzunehmenden Beurteilung ist nicht die generelle Vorzugswürdigkeit einer der beiden Listen vor der jeweils anderen. Es geht allein darum, ob der Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 taugliche Grundlage der von dem Gericht nach Maßgabe von § 287 ZPO vorzunehmenden Schätzung des ersatzfähigen Schadens ist und ob daher die von der Klägerin auf eben dieser Grundlage ermittelten Mietpreise im geltend gemachten Umfang als Schaden erstattungsfähig sind. Selbst wenn daher unter Gesichtspunkten beispielsweise der örtlichen Aufgliederung der erhobenen Daten oder der gewählten Befragungsmethode generell Bedenken gegen eine der beiden Studien bestehen, folgt daraus nicht notwendig deren Ungeeignetheit als Schätzungsgrundlage im konkret zu entscheidenden Fall. Entscheidend ist vielmehr, ob sich die erwähnten Beanstandungen auf den konkret zu beurteilenden Fall auswirken. Soweit daher in Entscheidungen anderer Gerichte die Fraunhofer-Studie 2008 als geeignete Grundlage einer Schadensschätzung verwertet wird, lässt dies ebenso wenig den Rückschluss auf die Ungeeignetheit des Schwacke-AMP 2006 zu wie dies in den Fällen gilt, in denen die Fraunhofer-Studie   dem AMP 2006 sogar ausdrücklich vorgezogen wird. Letzteres mag seine Ursache in den die Umstände der  Anmietung  des Unfallersatzwagens  kennzeichnenden  individuellen Besonderheiten des jeweiligen Schadensfalls finden (vgl OLG Hamburg, MDR 2009, 800; vgl. auch BGH, VersR 2009, 801- Rdn. 5 gemäß Juris-Ausdruck). Dies liegt innerhalb des richterlichen Schätzungsermessens und ist als solche – trotz   der auch gegenüber der Fraunhofer-Studie 2008 vorzubringenden Einwendungen – nicht zu beanstanden (vgl. BGH a.a.O.). Dass der Schwacke-AMP 2006 nicht mehr als Grundlage der Ermittlung des Normalmietpreises im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO herangezogen werden  könnte, folgt daraus indessen aus den oben dargestellten Gründen vorliegend nicht (vgl. auch BGH, NZV 2009, 24 ff – Rdn. 23 gem. Juris-Ausdruck).

dd)                                                                                                                                                   

Soweit der Beklagte das erstinstanzliche Urteil wegen der seiner Ansicht nach im hier betroffenen Thema der Verwertbarkeit des AMP 2006 zu geringen Begründungsdichte angreift, dringt er damit ebenfalls nicht durch. Der Umstand, dass das Landgericht sich in dem angefochtenen Urteil nicht im einzelnen mit sämtlichen Argumenten des Beklagten gegen die Verwertbarkeit des AMP 2006 als Schätzungsgrundlage ausdrücklich auseinandergesetzt hat, bedeutet nicht, dass es den Vortrag des Beklagten nicht zur Kenntnis genommen und in seine die Entscheidung tragenden Erwägungen einbezogen hat. Dass es sich bei seiner Entscheidung mit der Argumentation des Beklagten auseinandergesetzt hat, lassen die Entscheidungsgründe (vgl. S. 5 ff LGU) vielmehr klar erkennen. Eine Partei hat aber keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich mit jedem einzelnen der insgesamt zur Begründung eines Einwands vorgebrachten Argumente in seiner Entscheidung ausführlich befasst bzw. seine insoweit angestellten Erwägungen darstellt. Maßgeblich ist, dass die gegebene Begründung die wesentlichen, entscheidungstragenden Erwägungen erkennen lässt. Unter diesem Aspekt ist die Begründung des erstinstanzlichen Urteils nicht zu beanstanden

2.                                                                                                                                                     

Die Berufung hat allerdings Erfolg, soweit der Beklagte sich damit gegen den pauschalen 20-prozentigen Aufschlag auf den Normalmietpreis wendet.

a)                                                                                                                                                     

Allerdings folgt dies nicht etwa daraus, dass die Klägerin, die in erster Instanz keinerlei Angaben zu den im Ersatzunfallwagen-Vermietgeschäft aus betriebswirtschaftlicher Sicht anfallenden Mehraufwendungen gemacht hat, nicht einzelfallbezogen dargelegt und bewiesen hat, dass ihr ein Mehraufwand entstanden ist. Die betriebswirtschaftliche Rechtfertigung der (pauschalen) Erhöhung des Normaltarifs wegen unfallbedingter Mehrleistungen setzt nicht voraus, dass die konkrete Kalkulation des betroffenen Unternehmens einen solchen Unfallersatzpreis rechtfertigt. Die Prüfung kann sich vielmehr darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte bei Unternehmen dieser Art aus betriebswirtschaftlicher Sicht allgemein einen Aufschlag rechtfertigen. Die Kalkulation des Vermieters im Einzelfall spielt demgegenüber keine Rolle (vgl. BGH, NJW 2008, 2910 – Rdn. 16 gemäß Juris-Ausdruck; BGH, NJW 2007, 1449 – Rdn. 10 gemäß Juris-Ausdruck; BGH, NJW 2007, 3782 – Rdn. 8 gemäß Juris-Ausdruck – jeweils m. w. Nachw.). Soweit in der Entscheidung des BGH vom 11.03.2008 (VersR 2008, 699 – Rdn. 18 gemäß Juris-Ausdruck) eine abweichende Beurteilung anklingt, hat er in seiner Entscheidung vom 24.06.2008 – (NJW 2008, 2910 Rdn. 16 gemäß Juris-Ausdruck) die bis dahin vertretene Linie als die maßgebliche klargestellt. Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen, die Zuerkennung eines pauschalen Aufschlags wegen unfallbedingten Mehraufwands hindernden Bedenken, dass die Klägerin in I. Instanz nicht aufgezeigt hat, dass sich nach ihrer individuellen Kalkulation ein solcher Mehraufwand in den streitbefangenen Fällen realisiert hat. Nichts anderes gilt, soweit sie zu einem unfallbedingten Mehraufwand überhaupt nichts vorgetragen hat. Denn dass bei der Vermietung von Unfallersatzwagen im Regelfall spezifische, betriebswirtschaftlich sich niederschlagende Mehrleistungen (z.B. Auslastungsrisiko, höheres Forderungs- und Mietausfallrisiko) anfallen, lässt sich nicht von der Hand weisen. Eben dies kann dann aber im Rahmen des nach Maßgabe von § 287 ZPO bestehenden Schätzungsermessens berücksichtigt werden, ohne dass der Geschädigte oder das aus abgetretenem Recht des Geschädigten klagende Mietwagenunternehmen, der/das einen um einen pauschalen Zuschlag auf den Normalpreis erhöhten Tarif für die Anmietung eines Unfallersatzwagen verlangt, dies eigens vortragen muss.

b)                                                                                                                                                     

Die Zuerkennung einer wegen unfallbedingter Mehrleistungen aus betriebswirtschaftlicher Sicht gerechtfertigten pauschalen Erhöhung des Normalpreises scheitert indessen daran, dass im Streitfall davon auszugehen ist, dass den beiden Geschädigten ein günstigerer Normalpreis zugänglich war.

Dabei kann es dahinstehen, ob die Zugänglichkeit eines günstigeren Normalpreises hier einen Aspekt der von den Geschädigten – mithin der nach Abtretung des Ersatzanspruchs in deren Rechtsnachfolge stehenden Klägerin -darzulegenden und zu beweisenden „Erforderlichkeit“ bzw. der „Schadenshöhe“ betrifft (vgl. BGH, NZV 2009, 24 – Rdn. 14 gemäß Juris-Ausdruck) oder aber einen solchen der Schadensgeringhaltungspflicht, für deren Verletzung wiederum den Schädiger die Darlegungs- und Beweislast trifft. Für letzteres spricht hier zwar der Umstand, dass die betriebswirtschaftliche Legitimation einer Erhöhung des Normalpreises wegen unfallbedingter Mehrleistungen nach den obigen Ausführungen grundsätzlich zu bejahen ist und deshalb die Inanspruchnahme eines „Unfallersatztarifs“ grundsätzlich gerechtfertigt erscheint (vgl. BGH, a.a.O.; BGH, NJW2008, 2910 – Rdn. 26 gemäß Juris-Ausdruck). Indes bedarf dies letztlich keiner Entscheidung, weil es jedenfalls als unstreitig zu erachten ist, dass den Geschädigten ein günstigerer Normaltarif zugänglich war, sie also einen ihre unfallbeschädigten Fahrzeuge ersetzenden Mietwagen zu dem „Normalpreis“, der auch von Selbstzahlern hätte entrichtet werden müssen, hätten mieten können. Der Beklage hat in der Klageerwiderung mehrmals bestritten, dass den Geschädigten kein günstigerer Normalpreis ohne weiteres zugänglich war, was ersichtlich als Behauptung zu verstehen ist, dass den Geschädigten die Ersatzfahrzeuge zu dem Normalpreis unter zumutbaren Bedingungen zugänglich waren bzw. hätten angemietet werden können. Dass die Klägerin unstreitig nur einen einheitlichen Tarif anbietet, steht dem nicht entgegen; es geht darum, dass für die Geschädigten auf dem jeweils relevanten regionalen Markt die Ersatzfahrzeuge zum „Normaltarif ohne weiteres, also durchaus auch bei anderen Mietwagenanbietern zugänglich waren. Die Klägerin fordert hier auch nicht ihren einheitlichen Tarif, sondern berechnet die Forderung auf der Grundlage des „Normalpreises“ mit Pauschalzuschlag. Der vorstehenden Behauptung des Beklagten ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Aus diesem Grund ist die Zugänglichkeit des Normaltarifs als in erster Instanz unstreitig zu behandeln. Dass der Beklagte die behauptete Zugänglichkeit eines günstigeren Normalpreises nicht näher mit Tatsachenmaterial unterfüttert hat, stellt sich angesichts des Schweigens der Klägerin auf diese Behauptung als unschädlich dar. Die Anforderungen an die Darlegungslast definieren sich anhand des Vortrags des Prozessgegners. Schweigt dieser auf eine für sich genommen nicht näher substantiierte Behauptung, so bedarf es des weiteren Vorbringens nicht. Dem steht es auch nicht entgegen, dass sich aus dem unstreitigen Sachverhalt ergibt, dass der Geschädigte S. den Unfallersatzwagen in der Nacht an einem Wochenende anmietete. Denn ihm ist für die „Vermietung außerhalb der Geschäftszeiten“ ein gesonderter, mit dem hier in Frage stehenden pauschalen Zuschlag wegen betriebswirtschaftlicher unfallbedingter Mehraufwendungen nicht in Zusammenhang stehenden Betrag als „Nebenkosten“ in Rechnung gestellt worden. Dass der Normaltarif (ggf. um Nebenkosten erhöht) für ihn nicht ohne weiteres zugänglich war, folgt daher aus den erwähnten zeitlichen Umständen der Anmietung nicht, so dass dem Beklagten insoweit auch kein weiteres Vorbringen (für eine gleichwohl gegebene Zugänglichkeit) abzuverlangen war. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die Behauptung des Beklagten nach Maßgabe von § 138 Abs. 3 ZPO streitig stellen wollte. Angesichts des mehrfachen Einwands des Beklagten, dass den Geschädigten ein günstigerer Normaltarif ohne weiteres zugänglich gewesen sei, lässt das Schweigen der Klägerin, die pauschal erhöhte Normalpreise als jeweils erforderlichen Herstellungsaufwand ersetzt verlangt, nicht den Rückschluss darauf zu, dass die Zugänglichkeit günstigerer Tarife bestritten werden soll. Denn die Zugänglichkeit des Normalpreises kann durchaus auch dann bestehen, wenn die Inanspruchnahme eines durch Aufschläge auf den Normalpreis gebildeten Unfallersatztarifs grundsätzlich gerechtfertigt erscheint (vgl. BGH, NZV 2009, 24 -a.a.O. im Juris-Ausdruck), so dass sich ein Widerspruch zu dem Vortrag der Klägerin im übrigen nicht ergibt, wenn von einem „Nichtbestreiten“ der Behauptung des Beklagten ausgegangen wird. Soweit das Vorbringen der Klägerin in der Berufung als Bestreiten zu verstehen ist, ist das daher neu und ist sie gemäß. §§ 529, 531 ZPO damit präkludiert.

Ist es prozessual damit aber als feststehend zu erachten, dass die Geschädigten einen Ersatzwagen ohne weiteres zum Normalpreis anmieten konnten, so steht ihnen nur in Höhe dieses Betrages ein auf die Klägerin im Wege der Abtretung übergegangener Ersatzanspruch zu. Selbst wenn grundsätzlich die Inanspruchnahme eines Unfallersatztarifs gerechtfertigt wäre, so ist nach den die Schadensfälle kennzeichnenden konkreten Umständen jedenfalls die Erforderlichkeit eines den Normalpreis übersteigenden – erhöhten – Tarifs abzulehnen, wenn nicht sogar in Bezug auf die Erhöhungspauschalen die haftungsausfüllende Kausalität zu verneinen ist.

Der Frage, ob die Klägerin in dieser Situation, in welcher die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme von Unfallersatzpreisen zu verneinen ist, nicht ihrerseits noch die Möglichkeit hätte, darzulegen und zu beweisen, dass diese den Geschädigten unter Berücksichtigung der besonderen individuellen Gegebenheiten sowie Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten gleichwohl nicht zugänglich waren, braucht dabei nicht nachgegangen zu werden. Die Klägerin hat solche Umstände in der Berufung nicht vorgebracht.

3.                                                                                                                                                     

Soweit der Beklagte sich gegen die Zuerkennung der Kosten für die Fahrzeugversicherungen (Teil-A/Vollkasko) wendet, hat der Senat sich in seinem Urteil vom 18.03.2007 in der Sache 15 U 145/07 (OLGR 2008, 545 – Rdn. 40) für die grundsätzliche Ersatzfähigkeit ausgesprochen, weil der Geschädigte während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt sei, das er durch Versicherungen abwenden dürfe (a.a.O.). Der Senat bleibt auch nach erneuter Überprüfung bei dieser, dem besonderen Risiko bei kurzfristiger Anmietung eines fremden Fahrzeuges Rechnung tragenden Auffassung.

4.                                                                                                                                      

Nach alledem ermitteln sich die der Klägerin aus der Anmietung der Unfallersatzfahrzeuge nicht zuzusprechenden restlichen Mietwagenkosten wie folgt:

Aus dem Schadensfall … ergaben sich berechtigte Mietwagenkosten von 3.868,00 €, nämlich die Summe des Grundpreises von 3.192,00 € (2.926,00 € zzgl. 266,00 €) sowie der Kosten von 676,00 € (624,00 € zzgl. 52,00 €) für Voll-/Teilkasko. Abzüglich der hierauf vorprozessual geleisteten Zahlungen der Beklagten in Höhe von 2.089,64 € ergibt sich eine Differenz von 1.778,36 €. Für den Schadensfall S. ermittelte sich eine berechtigte Mietforderung von 1.726,50 € (1.402,50 € Grundpreis zzgl. 324,00 € Voll-/Teilkasko); unter Berücksichtigung der beklagtenseits vorprozessual hierauf geleisteten Zahlung in Höhe von 1.016,26 € verblieb ein Rest von 710,24 €. Der sich aus den beiden Restforderungen addierenden Summe von 2.488,60 € (1.778,36 € Rest Schadensfall B.; 710,24 € Rest Schadensfall S.) ist der von den Parteien nach der von ihnen im Verlauf des Rechtsstreits getroffenen Regelung einverständlich festgelegte Betrag von 942,50 € für die restlichen Nebenkosten („Zusatzfahrer“, „Winterreifen“, Vermietung außerhalb Geschäftszeiten“, „Zustellen/Abholen“) hinzuzurechnen, so dass sich insgesamt eine der Klägerin noch zustehende Forderung von 3.431,10 € ermittelt.

5.                                                                                            

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 BGB. Der Beginn der Verzinsungspflicht bestimmt sich vorliegend nicht nach Maßgabe von § 286 Abs. 3 BGB, sondern erst ab dem mit Zustellung der Klageschrift am 12.09.2008 herbeigeführten Verzug (§ 286 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Bestimmung des § 286 Abs. 3 BGB erfasst nur Entgeltforderungen, die bei richtlinienfundierte Auslegung (Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 „Zahlungsverzugsrichtline“) auf die Zahlung von Entgelt für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtete Forderungen sind. Zahlungsansprüche gegen Versicherungen (13. Erwägungsgrund der Zahlungsverzugsrichtlinie) sind hierin nicht einbezogen, auch Schadensersatzforderungen gehören nicht hierzu (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Auflage, § 286 Rdn. 27 m. w. Nachw.). Vor diesem Hintergrund bedurfte es der Mahnung oder eines dieser gleichgestellten oder sie ersetzenden Tatbestandes, um den Verzug der Beklagten zu begründen; derartige, den Verzugseintritt bereits vor der Klagezustellung herbeiführende Umstände sind hier nicht ersichtlich.

III.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 92 Abs. 1ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. mit § 26 Nr. 8 EGZPO.

Der Senat sah keinen Anlass für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO). Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Entscheidungsrelevant sind vorliegend ausschließlich auf den individuellen Sachverhalt bezogene Subsumtionen; kontrovers diskutierte oder in höchstrichterlicher Rechtsprechung noch ungeklärte Rechtsfragen sind nicht betroffen.

Soweit – instruktiv – das OLG Köln.

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