AG Dinslaken verurteilt beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 18.03.2010 (30 C 198/09) hat das AG Dinslaken die beteiligte Versicherung  zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 137,15 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht schätzt den Normaltarif auf der Basis eines Mittelwertes der Schwacke-Liste und der Fraunhofer Tabelle. Dabei unterlaufen dem Gericht allerdings Fehler, da es davon ausgeht, dass die Versicherungskosten in der Fraunhofer Tabelle enthalten sind.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist in Höhe des aus dem Tenor ersichtlichen Betrages begründet. Im Übrigen war sie abzuweisen. Der Kläger kann die Zahlung von Mietwagenkosten lediglich in Höhe von insgesamt 579,53 EUR verlangen; hierauf hat die Beklagte einen Betrag von 431,78 EUR gezahlt, so dass ein Restbetrag von 137,15 EUR verbleibt.

Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 3 PflVersG in Verbindung mit § 7 Abs.1 StVG. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten und ihres Versicherungsnehmers aus dem Unfall steht außer Streit.

Grundsätzlich kann der Geschädigte nach § 249 Abs.2 S.1 BGB als Herstellungsauf­wand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirt­schaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Dies umfasst grundsätzlich auch die Kosten der Anmietung eines Ersatz­fahrzeuges; hierüber besteht unter den Parteien auch kein Streit.

Die erforderliche Höhe der Mietwagenkosten beziffert das erkennende Gericht vorlie­gend mit 579,53 EUR, so dass sich abzüglich der vorprozessualen Zahlung in Höhe von 431,78 EUR ein Restbetrag von 137,15 EUR ergibt.

Erforderlichkeit nach § 249 Abs.2 S.1 BGB bedeutet für den Bereich der Mietwagen­kosten, dass der Geschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt  – nicht nur für Unfallgeschädigte –   erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grund-sätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann.

Grundsätzlich ist hierbei von dem als Normaltarif bezeichneten Preis auszugehen; hie­ran ändert sich im vorliegenden Fall deshalb nichts, weil die Klägerin nicht dargetan hat, dass der Geschädigte mangels Zugänglichkeit eines Normaltarifs in der konkreten Situ­ation einen darüber hinausgehenden Betrag verlangen könnte oder dass unter Um­ständen wegen etwaiger unfallbedingter Mehrleistungen ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif vorzunehmen war. Aus ihrem Vorbringen ergibt sich nicht, dass der Geschädigte nicht in der Lage war, ein Fahrzeug zu einem Normaltarif anzumieten.

Die Prüfung der Erforderlichkeit des streitgegenständlichen, dem Kläger in Rechnung gestellten Tarifs war vorliegend auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Mitarbeiter des Mietwagenunternehms dem Geschädigten bei Abschluss des Mietvertrages mögli­cherweise nicht hinreichend aufgeklärt haben. Auf eine Aufklärungspflichtverletzung im mietvertraglichen Verhältnis zwischen Mietwagenunternehmer und Geschädigten be­rührt den Anspruch des Geschädigten gegen Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversi­cherer nicht.

Der Haftpflichtversicherer des Schädigers hat dem Geschädigten nach § 249 Abs.2 S.1 BGB die objektiv erforderlichen Mietwagenkosten zu ersetzen. Hierzu ist der mit Rück­sicht auf die Unfallsituation gerechtfertigte Preis zu ermitteln, der im Einzelfall über dem Normaltarif liegen kann. Im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger kommt es vor diesem Hintergrund nicht darauf an, ob dem Geschädigten als Mieter ei­nes Ersatzfahrzeuges möglicherweise gegen den Vermieter ein vertraglicher Scha­densersatzanspruch wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht zusteht, den er einer Forderung des Vermieters auf Zahlung des Mietzinses entgegen halten könnte. Ein solcher Schadensersatzanspruch, den der BGH im Verhältnis der Mietvertragsparteien untereinander ausdrücklich bejaht hat (NJW 2007, 2759; NJW 2006, 2618), ändert nichts an der Verpflichtung des Schädigers, dem Geschädigten die objektiv erforderli­chen Mietwagenkosten zu erstatten. Allein hinsichtlich eines darüber hinausgehenden Teils einer Mietwagenrechnung kommt ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Vermieter in Betracht. Insoweit besteht aber ohnehin keine Leistungspflicht des Schädigers.

Das erkennende Gericht schätzt in Anlehnung an die Entscheidung des Landgerichts Bielefeld vom 09.10.2009 den Normaltarif auf der Grundlage des Mittelwerts zwischen dem Wert des so genannten Mietpreisspiegels der Firma Eurotax Schwacke (Schwacke-Liste) und dem Wert des so genannten Marktpreisspiegels Mietwagen Deutschland 2008 des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO (Fraunhofer Liste). Das Gericht schließt sich der Meinung an, wonach dies nach derzei­tigem Sachstand die am besten geeignete Methode für eine Schadensschätzung im Rahmen des § 287 ZPO darstellt.

Zwar lag dem Bundesgerichtshof eine Fallgestaltung, in der es um die Eignung der Fraunhofer Liste als Schätzungsgrundlage ging, bislang noch nicht zur Entscheidung vor. Die Fraunhofer Liste wurde jedoch bereits von diversen Obergerichten der Schwacke-Liste als geeignetere Grundlage einer Schätzung vorgezogen (OLG Mün­chen, r+s 2008, 439; OLG Köln, r+s 2008. 528; OLG Jena, Urteil vom 27.11.2008,1 U 555/07).

Die Abwägung der Werte der Fraunhofer Liste und der Schwacke-Liste führt zu dem Ergebnis, dass es gerechtfertigt erscheint, von dem Mittelwert zwischen dem Wert der Schwacke-Liste und der Fraunhofer Liste auszugehen. Insoweit bezieht sich das er­kennende Gericht auf die eingehenden Ausführungen in der Entscheidung des Landge­richts Bielefeld vom 09.10.2009, Aktenzeichen 21 S 27/09.

Der Normaltarif ist demnach wie folgt zu berechnen:

Die Schwacke-Liste weist für das Postleitzahlengebiet 465 in der Mietwagenklasse 5 einen 8-Tages-Tarif von insgesamt 715,00 EUR aus, die Fraunhofer Liste weist insoweit einen Mietpreis von insgesamt 369,82 EUR aus.

Die Kosten der Haftungsbeschränkung gehören grundsätzlich zu den erforderlichen Kosten im Sinne des § 249 Abs.  S 1 BGB. Während in der Schwacke-Liste die Kosten der Haftungsbeschränkung mit 175,42 EUR gesondert ausgewiesen sind, sind diese Kosten in den Mietpreisen der Fraunhofer Liste bereits enthalten. Die rechnerische Auf­gliederung des Mietpreises entsprechend der Fraunhofer Liste nach Grundpreis und Haftungsbeschränkung nimmt das Gericht wie folgt vor: als Berechnungsgrundlage dient das jeweilige Verhältnis zwischen Grundpreis und Haftungsbeschränkung nach Maßgabe der Schwacke-Liste. Demnach betragt die Gesamtsumme von Grundpreis und Haftungsbeschränkung bei der Schwacke-Liste 890,42 EUR; davon entfallen 80.3% auf den Grundpreis und 19,7% auf die Haftungsbeschränkung. Umgerechnet auf den Gesamtpreis der Fraunhofer Liste in Höhe von 369,82 EUR entfällt ein Betrag von 296,97 EUR auf den Grundpreis und ein Betrag von 72,85 EUR auf die Haftungsbe­schränkung.

Der Normaltarif (ohne Haftungsbeschränkung) beträgt nach der Schwacke-Liste 715,00 EUR und nach der Fraunhofer Liste 296,97 EUR, so dass sich ein Mittelwert von 505,99 EUR ergibt.

Die Kosten der Zustellung und Abholung sind vorliegend nicht ersatzfähig. Der Unfall hat sich in Dinslaken ereignet, so dass es nicht als erforderlich angesehen werden kann, dass der Geschädigte ein Fahrzeug aus Krefeld anmietet, das erst zur Repara­turwerkstatt verbracht musste. Es ist nicht ersichtlich, dass der Geschädigte nicht einen örtlichen Vermieter hätte in Anspruch nehmen können, so dass diese Kosten nicht an gefallen wären.  

Der Kläger kann ebenfalls die Kosten für die Nutzung des Fahrzeuges durch weitere Fahrer nicht berechnen. Er hat nicht dargetan, in welchem Umfang das geschädigte Fahrzeug auch von Frau A. und Frau B. genutzt wurde und weshalb es unbedingt erforderlich war, für die Mietdauer von lediglich acht Tagen die Möglichkeit der Nutzung durch weitere Fahrer vertraglich zu vereinbaren. Er hat nicht dargetan, weshalb es ihm diesbezüglich nicht möglich war, sich schadensmin­dernd zu verhalten.   

Von der erstattungsfähigen Grundgebühr  – also vom Normaltarif –  sind nach dem Grundsatz der Vorteilsausgleichung die während der Mietdauer ersparten Eigenauf­wendungen des Geschädigten in Folge der Nichtbenutzung des beschädigten Fahr­zeuges in Abzug zu bringen. Die Höhe wird in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung auf 10 Prozent geschätzt, § 287 ZPO. Bei einem Mittelwert von 506,99 EUR ergibt sich insoweit ein Betrag von 50,60 EUR.

Nach Vorstehendem ergibt sich folgende Berechnung:

Normaltarif                                                                                        505,99 EUR

Haftungsbefreiung                                                                           124,14 EUR

ersparte Aufwendungen                                                                 50,60 EUR

Zwischenergebnis                                                                           579,53 EUR

abzüglich Zahlung                                                                           431,78 EUR

Restbetrag                                                                                    137,15 EUR.

Der Kläger kann daneben die ihm entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen, die –  unter Zugrundelegung von Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 579,53 EUR –  nach einem Streitwert von 2.309,76 EUR zu ermitteln sind. Eine 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ergibt einen Gesamtbetrag von 272,87 EUR. Hiervon ist der bereits gezahlte Betrag von 229,55 EUR in Abzug zu bringen, so dass sich der aus dem Tenor ersichtliche Betrag ergibt.

Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen ergibt sich aus Verzugsgesichtspunk­ten. Die Beklagte ist durch das Anwaltsschreiben des Klägers vom 25.06.2009 mit Ab­lauf des 09.07.2009 in Verzug geraten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläu­fige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Soweit das AG Dinslaken.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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