AG Krefeld verurteilt Axa Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten

Mit Urteil vom 16.07.2010 (2 C 27/10) hat das AG Krefeld die Axa Versicherung  zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 680,26 € zzgl. Zinsen  verurteilt. Das Gericht legt den Normaltarif der Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Dem Kläger steht Ersatz weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 680,26 € zu, § 7 Abs. 1 StVG, § 3 PfIVG.

1.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH, NJW 2005, 51; NJW 2009, 58). Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.

Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann. Holt der Geschädigte – wie vorliegend – keine Vergleichsangebote ein, dann sind von dem Gericht die zu ersetzenden Mietwagenkosten nach § 287 ZPO zu schätzen. Hierbei können als Schätzgrundlage geeignete Listen oder Tabellen herangezogen werden (OLG Köln, Urt. v. 10.10.2008, 6 U 115 / 08, zitiert nach juris). Das Gericht zieht für diese Schätzung die von dem Kläger zur Akte gereichte Liste des Schwacke Mietpreis­spiegels heran. Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei dieser Liste um ein grundsätzlich geeignetes Mittel der Schadensschätzung handelt (vgl. nur: BGH, Urt. v. 18.05.2010, VI ZR 293/08 m.w.Nachw.) . Die von dem Beklagten hier­gegen vorgebrachten Bedenken greifen vorliegend nicht durch.

Ob die von der Beklagten vorgetragenen günstigeren tatsächlichen Internet-Ange­bote der Firmen Sixt, Europcar und Avis bereits zum Unfallzeitpunkt Geltung hatten, kann vorliegend dahinstehen, denn die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Zedent keine Möglichkeit hatte, eine Recherche im Internet vorzunehmen. Für die Frage der von der Beklagten zu ersetzenden angemessenen Mietwagenkos­ten sind aber nur solche Vergleichspreise heranzuziehen, die für den Geschädigten auch erreichbar sind. Zudem sind die weiteren Argumente der Klägerin hiergegen erheblich, da sie vorgetragen hat, dass der Zedent nicht in der Lage gewesen sei, die für diese Tarife erforderliche Vorfinanzierung aufzubringen.

Soweit der Beklagte Einwände gegen die Höhe der in dem Schwacke-Mietpreis­spiegel angegebenen Preise erhebt, so sind diese nicht geeignet, die grundsätzliche Tauglichkeit dieses Werkes als Schätzgrundlage in Abrede zu stellen. Es ist bei sol­chen Listen stets zu berücksichtigen, dass aufgrund der nur repräsentativen Erhe­bung der ausgewerteten Daten Ungenauigkeiten enthalten sind, die zu hinnehmba­ren Abweichungen zu tatsächlich feststellbaren Mietpreisen führen. Diese Unge­nauigkeiten haften aber in gleicher Weise auch der sogenannten Fraunhofer-Liste an. Der Beklagte hat aber neben diesen Abweichungen keine konkreten erreichba­ren Angebote für den Unfallzeitpunkt in Krefeld vorgelegt, so dass es einer weiteren Aufklärung nicht bedarf und das Gericht die Höhe des geschuldeten Schadenersat­zes in Ausübung seines Ermessens gem. § 287 ZPO schätzen darf.

Aus dem Schwacke-Mietpreisspiegel ergibt sich vorliegend unstreitig, dass im ein­schlägigen Postleitzahlenbereich „478“ für ein Fahrzeug der Klasse 5 ein Drei-Tagestarif von 357,00 € im Modus ausgewiesen wird. Hinzuzurechnen sind weiter­hin zwei Tagestarife von insgesamt 238,00 €, mithin für die gesamte Mietdauer ein Betrag von 595,00 €.

2.

Von diesem Betrag ist ein Abschlag vorzunehmen, wegen ersparter Eigenkosten des Klägers, der für die Dauer der Anmietung des Unfaflersatzfahrzeugs sein eige­nes Fahrzeug nicht benutzt hat. Die Höhe dieser Ersparnis schätzt das Gericht vor­liegend auf 5 % des Mietpreises aufgrund der nur geringen Anmietdauer. Die Er­sparnisse auf Seiten des Kläger sind nicht höher als die in Abzug zu bringenden 29,75 €, da sowohl Spritkosten von ihm für das Unfallfahrzeug selber zu zahlen sind und auch die Steuer- und Versicherungskosten für das verunfallte Fahrzeug weiter­laufen. Allenfalls ein geringerer Verschleiß ist in Betracht zu ziehen, der mit 5 % hin­reichend berücksichtigt ist.

3.

Die Beklagte ist weiterhin verpflichtet, auf den sich mithin ergebenden Betrag von 565,25 € einen pauschalen Aufschlag von 20 % auf denNormaltarif zu erstatten, da der Vermieter Leistungen erbracht hat, die durch die besondere Unfallsituation be­dingt waren. Hierzu zählt zum einen, dass der Vermieter, um in der Lage zu sein, Unfallersatzfahrzeuge zur Verfügung zu stellen, einen großen Fuhrpark bereit halten muss, um die kurzfristige Nachfrage nach verschiedensten Fahrzeugen aller Klas­sen anbieten zu können. Dies hat sich vorliegend auch konkretisiert, da der Kläger einen Ersatz für sein bei dem Unfall beschädigtes Fahrzeug noch am selben Tag benötigte. Zudem werden diese Fahrzeuge in der Regel auch ohne Vorleistungen vermietet und der Vermieter muss zudem teilweise bis zur Klarung in einem Rechtsstreit auf die Zahlung des Mietpreises warten. All dies rechtfertigt die Be­rechnung eines gesonderten Tarifs. Da der Schwacke – Mietpreisspiegel nur die Preise für den sogenannten Normaltarif angibt, ist im Wege der Schätzung hierauf ein Zuschlag vorzunehmen, der mit 20 % (= 113,05 €) in Ansatz gebracht wird.

4.

Der Kläger kann weiterhin den Ersatz der Kosten für die Haftungsbefreiung  in  Höhe von 112,89 € verlangen. Hierfür kommt es nicht einmal darauf an, ob für das verun-fallte Fahrzeug der Klägerin ebenfalls ein solcher Versicherungsschutz verein­bart war. Denn der durch einen Unfall Geschädigte ist während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichem Risiko ausgesetzt (BGH, Urteil vom 12.02.2005, VI ZR 74/04). Er hat regelmäßig ein schutzwürdiges Interesse daran, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und damit höherwertiger sind als die beschä­digten Fahrzeuge (OLG Köln, Urteil vom 18.03.2008. 15 U 145/07, zitiert nach Ju­ris, Rz. 40).

5.

Die Klägerin kann auch die Kosten für die Vereinbarung eines sogenannten Zweit­fahrers in Höhe von 75,02 € geltend machen. Der Unfallgeschädigte kann nicht da­rauf beschränkt werden, dass er für die Dauer der Ausfallzeit seines eigenen Fahr­zeugs das Fahrzeug nur alleine bewegen darf. Er hat – insoweit unstreitig- vorgetra­gen, dass das Fahrzeug in dem fraglichen Zeitraum auch von einer weiteren Person gefahren werden musste. Das hierfür zusätzliche Kosten durch den Autovermieter geltend gemacht werden ist aufgrund der eigenen Erfahrungen des Abteilungsrich­ters bei der Anmietung von Fahrzeugen gerichtsbekannt und folgt im Übrigen auch daraus, dass in der Schwacke-Liste hierfür ein gesonderter Tarif ausgewiesen ist.

6.

Schließlich sind auch die Kosten für die Zurverfügungstellung des Mietwagens bei der Reparaturwerkstatt und die dortige Abholung von der Beklagten in Höhe von jeweils 29,00 € zu erstatten. Denn es ist dem Geschädigten nicht zuzumuten, mit einem Taxi oder dem öffentlichen Personennahverkehr zu der nächsten (günstigs­ten) Automietstation zu fahren. Er hat vielmehr einen Anspruch darauf, ab der Re­paraturwerkstatt mobil gehalten zu werden.

II.

Die Beklagte hat sich infolge der Zahlungsaufforderung vom 29.06.2009 seit dem 30.07.2009 in Verzug befand, hat sie nach §§ 286, 288 BGB auch die geltend ge­machten Zinsen in der beantragten Höhe seit diesem Zeitpunkt zu zahlen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Anordnungen zur vorläu­figen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 11. 711, 108 ZPO.

Soweit das AG Krefeld.

Urteilsliste “Mietwagenkosten” zum Download >>>>>

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